Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. – Doch, Herr Wörner. Drei Minuten haben Sie noch.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der Meinung, es war eine gute Diskussion. Die Enquete-Kommission hat eine Reihe von Ergebnissen gebracht, die es umzusetzen gilt. Ich rede jetzt nicht deswegen, weil Ruth Paulig vorhin gesagt hat, sie hätte das letzte Wort, sondern es gibt schon noch einige Bemerkungen zu machen.
Ich denke, es wird in der Zukunft Aufgabe sein, die Ergebnisse der Kommission so schnell wie möglich umzusetzen. Wir haben keine Zeit mehr, lange zu warten. Wir meinen, es ist notwendig, den Umstieg aus der Kernenergie so rasch wie möglich zu vollziehen. Allein aus dem Grund, den Herr Söder angesprochen hat. Er sagt, wir seien von außen abhängig. Ich sage Ihnen: Das Potenzial der Gefahren – gerade bei Auseinandersetzungen mit Terroristen – steht im eigenen Land. Das Gefahrenpotenzial ist erheblich größer, als wenn wir ein Tankschiff mit Öl nicht bekommen.
Wir haben in der gesamten Enquete-Kommission gemerkt, dass vonseiten der CSU Bewegung in die Diskussion geraten ist. Die CSU hat sehr viele Positionen aufgeben und hat Positionen übernommen.
Sie haben viele Positionen übernommen. Der Versuch des Wirtschaftsministers, über den Energiedialog vieles von dem auszuhebeln, was wir gemacht haben, ist nicht ganz gelungen.
Ich glaube, es ist gut, dass wir die Ergebnisse gemeinsam tragen können. Was den CO2-Ausstoß anbelangt, haben wir Nachholbedarf; das ist unstrittig. Das ist ein Ergebnis der Kommissionsarbeit. Wir werden diesen Nachholbedarf massiv einfordern.
Ein weiteres und für mich wichtiges Ergebnis ist, eine Energiebilanz zwischen den einzelnen Verkehrssystemen zu ziehen. Auch wenn es wehtut, so hat sich bei dieser Bilanz herausgestellt, dass der Transrapid der größte Energiefresser überhaupt ist. Wir sollten diese Statistik nicht übersehen und sie weiterhin nutzen, um deutlich zu machen, wo dieses System vernünftig eingesetzt werden kann. Nicht eingesetzt werden sollte er auf der kurzen Strecke.
(Kaul (CSU): Ist das wirklich in der Kommission so festgestellt worden? Das glaube ich nicht, Herr Wörner!)
Wir sind der Meinung, dass es dringend erforderlich ist, hinsichtlich der Erforschung der Geothermie an Geschwindigkeit zuzulegen. Wir leisten uns den Irrsinn, dass wir auf einem der größten Wärmepotenziale Deutschlands sitzen und dies nicht hinreichend nutzen. Es ist dringend erforderlich, hier nachzulegen. Wir werden in den nächsten Monaten versuchen, dieses Thema in das Parlament einzubringen. Wir glauben, dass das Eisen geschmiedet werden muss, solange es noch warm ist. Es ist ein gut vorbereitetes Eisen. Ich bedanke mich ausdrücklich bei den Sachverständigen dafür, dass es zu diesem Ergebnis gekommen ist.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache ist geschlossen. Mit dem abschließenden Bericht ist die Tätigkeit der Enquete-Kommission „Mit neuer Energie in das neue Jahrtausend“ beendet. Das Hohe Haus nimmt hiervon zustimmend Kenntnis.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Stahl Christine, Dr. Dürr, Köhler Elisabeth und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Durchführung einer Anhörung zur Gesetzesinitiative 14/12261 von Abgeordneten der CSU-Fraktion zur Änderung des Polizeiaufgabengesetzes, insbesondere zur Einführung einer präventiven Überwachung der Telekommunikation (Drucksache 14/12304)
Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion über dieses ungeheuerliche Vorhaben aus „Teilen“ der CSUFraktion – so wird es berichtet – hat gestern begonnen. Wir werden die Diskussion heute fortsetzen und wir werden sie in diesem Landtag in verschiedenen Stadien fortsetzen. Vielleicht kommen wir noch in dieser Legislaturperiode zu Ende. Ich glaube, auch den „anderen“ Teilen der CSU wäre es ganz recht, wenn es nicht zu einer endgültigen Beschlussfassung käme. Das, was hier als Anschlag auf grundlegende Prinzipien des Rechtsstaats versucht wird, ist ziemlich einmalig in der Geschichte der anderen Länder, auch wenn sie von CDU-Regierungen und CDU-Mehrheiten bestimmt werden.
Hier werden nicht nur ganz abstrakt grundlegende Rechtsprinzipien verletzt. Bei diesem Thema rühren sich Gruppen und einzelne Menschen, die sonst oft nicht ganz so sensibel sind, wenn es um politische Entwicklungen geht. Das ist, so glaube ich, ein ganz besonderes Zeichen und ein Ruf an die CSU, sich das noch einmal zu überlegen.
Wir hatten schon einmal eine ähnliche Geschichte, als es um den Lauschangriff ging. Bei diesem Thema ist es dank großen Einsatzes wenigstens gelungen, in Bezug auf besondere Vertrauensverhältnisse keine die Wanzen anbringen zu lassen – nicht in der Kanzlei des Anwalts, nicht in der Praxis des Arztes, nicht im Pfarrhaus oder gar im Beichtstuhl. All dies hatte die CSU damals beabsichtigt. Damals ist die Presse relativ spät wach geworden. Diesmal ist sie es zum Glück rechtzeitig. Wir begrüßen es und werden die gemeinschaftlichen Bestrebungen unterstützen.
Es sind nicht nur die Vertreter unserer vierten Gewalt, die befürchten, dass das offene Klima kaputt gemacht wird. Es besteht die Situation, dass nicht nur dann, wenn tatsächlich abgehört wird, eine Beschädigung des freiheitlichen Klimas eintritt, sondern gerade die Befürchtung, dass jeder zu jeder Zeit abgehört werden kann, verhindert gerade eine Offenheit im Kommunikationsprozess. Dieses ist, so glaube ich, eine ganz schlimme Entwicklung in einer Gesellschaft, in der Kommunikation und ein unbefangener Austausch sowieso etwas zurückgeht.
Ich freue mich auch, dass etwa die Evangelisch-Lutherische Kirche Bayerns zu diesem Thema Stellung bezogen hat. Sie hat am 6. Mai eine Pressemitteilung herausgegeben, in der es heißt:
Dies erkennen wir natürlich auch an. Es geht hier aber um die Mittel, die benutzt werden, lieber Herr Kreuzer. Sie waren in der Überzogenheit und Verfassungswidrigkeit von Mitteln immer an der Spitze. Hierin ist die CSU Spitze. Vom Innenministerium ist niemand da. Es würde mich interessieren, ob es die genannten Kollegen selber fertiggebracht haben, den Antrag aufs Papier zu schreiben oder wer die eigentlichen Ghostwriter waren.
Niemand ist hier. Vielleicht – das wäre noch die positivste Interpretation, Herr Güller – sagen die: Ein so fürchterliches Zeug hätten wir nicht gemacht und deswegen sind wir nicht hier. Bei der Aktionseinheit, die sonst stattfindet, kann ich mir das aber nicht vorstellen.
Die Evangelische Kirche führt weiter aus, wenn von Seiten des Staates die Religionsfreiheit tangiert werde, sei eine entsprechende Information notwendig. Es heißt:
Es ist notwendig, dass der Staat bei Planung gesetzlicher Vorhaben, von denen Kernelemente der Religionsfreiheit tangiert werden, frühzeitig und eingehend das Gespräch mit Kirchen und Religionsgemeinschaften sucht.
Vielleicht ist auch das ein Grund, dass der Synodale Beckstein heute nicht da ist, weil er wohl auch mitbekommt, was seine Kirche zu diesem absonderlichen Vorhaben von Mitgliedern der CSU-Fraktion sagt.
dass der Staat seinen Pflichten zum Schutz von Grundrechten nachkommt, ist ein hohes Gut, das zu den wesentlichen Grundlagen der Glaubwürdigkeit des demokratischen Rechtsstaats zählt und nicht durch übereilte Gesetzgebungsverfahren gefährdet werden darf.
Dies zeigt auch, dass das, was wir in der Nummer 2 unseres Antrags fordern, nämlich ein breit gestreutes Hearing zu machen, den Kern der gesellschaftlichen Diskussion trifft. Es hat vor nicht allzu langer Zeit schon einmal ein solches Hearing im Thüringischen Landtag stattgefunden. Die Gutachter und Sachverständigen wurden von der dort regierenden CDU ausgesucht. Jedenfalls haben sie alle – was ich gelesen habe – Positionen im Umkreis der CDU gehabt.
Dort war ein ehemaliger CDU-Innensenator aus Berlin, Herr Werthebach. Er hat schon grundsätzlich infrage gestellt – auch dies werden wir dann zu diskutieren haben –, dass hier die Länder nach unserer Gesetzgebungskompetenz überhaupt eine Gesetzgebungsbefugnis haben. Die Regelung der Rechte des Fernmeldeverkehrs ist Bundessache. Dieses wurde nicht nur von Herrn Werthebach so bestätigt, sondern – da wird es besonders interessant – dort ist ein Bundesverwaltungsrichter – ich weiß nicht, ob er noch aktiv ist oder schon im Ruhestand –, Herr Honnacker, aufgetreten. Der sagte, sein Interesse und seine Sachkunde rührten daher, dass er früher Abteilungsleiter „Polizei“ im Bayerischen Staatsministerium des Innern war. Man habe deswegen, aus seiner Sicht zu Recht, nie diesen Weg beschritten, den jetzt die CSU – oder Teile der CSU, so muss man sagen – beschreitet, weil man dort der Auffassung war, dass eigentlich keine bayerische Gesetzgebungskompetenz bestünde. Das war der Sachverständige Nummer zwei.
Noch schöner ist es, dass als Sachverständiger Nummer drei, der stellvertretende Polizeipräsident von München dort in Erfurt vor dem Thüringischen Landtag auftritt. Der sagt, als Polizist möchte er das natürlich haben. Er meint, es muss aber irgendwie begrenzt sein, in welchen Fällen man abhören darf, da wäre ein allgemeiner Katalog der „Straftaten von erheblicher Bedeutung“ zu weit
Überall hakt es: beim Schutz der Vertrauensverhältnisse, bei der Gesetzgebungskompetenz und bei den Fällen von Anlassverdacht, die hier eine Rolle spielen. Ein solch unmögliches Gesetzgebungsvorhaben habe ich in diesem Haus selten erlebt. Nach meiner Einschätzung bedient dies im Wahlkampf die Stammtische. Nichts anderes steckt dahinter.
Dem sollten wir hier gemeinschaftlich entgegentreten. Ich hoffe, dass sich die CSU auf diese Sachverständigenanhörung einlässt. Ich bin gespannt, welche Sachverständigen sie versucht, in der Bundesrepublik zusammenzukratzen, die etwas Gutes an ihrem Gesetzentwurf lassen. Damit ist ein gewisses Risiko verbunden; das wage ich heute schon zu prophezeien.
Vielleicht gelingt es, jemanden aus der Vergangenheit herzuholen, der inzwischen andere Schlagzeilen machte, weil er horrende Beträge für Beratungstätigkeit für Herrn Kirch bekommen hat. Da gab es einen Justizsenator in Berlin namens Scholz, der dort für die CDU Justizsenator war, aber der heute, glaube ich, immer noch Parteimitglied der CSU ist und am Grundgesetzkommentar mitschreibt. Ich bin gespannt, wenn Sie Rupert Scholz benennen, was der uns erzählen wird, wo er die verfassungsrechtlichen Bedenken sieht. Das Verfassungsrechtliche ist das Eine, das Politische ist das Andere. Sie machen hier eine freie und offene Gesellschaft kaputt, weil sich dann niemand mehr darauf verlassen kann, ob er abgehört wird und ob nicht gleich, auch wenn er irgendwo ist – es soll auch der Standort festgestellt werden –, dass dann die Polizei auftaucht und ihn mit irgendetwas konfrontiert.