Protokoll der Sitzung vom 09.07.2003

Es ist leider nicht nachzuvollziehen, wie sich Wartezeiten von bis zu 15 Jahren errechnen sollen.

Die Rücksprache beim BLSV und bei den zuständigen Beamten des Kultusministerium hätte dies bald geklärt, denn die sind sicher des Rechnens mächtig und wären in der Lage gewesen, dies innerhalb von wenigen Minuten aufzuzeigen. Es geht weiter:

Auf diese Spekulationen, die zu den Verunsicherungen der Vereine geführt haben, möchte ich daher auch nicht weiter eingehen, da sie einer sachlichen Grundlage entbehren.

Man kann sich nur noch wundern; denn ich kann mir nicht vorstellen, dass der BLSV ein SPD-lastiger Verband ist, der derartige Dinge schreibt, damit die SPD sie weiterverbreiten kann.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wohltuend von der Antwort des Bayerischen Kultusministeriums hebt sich die Antwort des Bayerischen Ministerpräsidenten ab. Man höre und staune, im Gegensatz zu Frau Kultusministerin Hohlmeier und zu Herrn Staatssekretär Freller leugnet der Bayerische Ministerpräsident nicht, dass es ein Problem gibt, sondern er stellt ausdrücklich dar, dass es ein Problem gibt und weist darauf hin, wie er sich die Problemlösung vorstellt. Er schreibt mir unter anderem:

Die CSU-Landtagsfraktion hat am 21. Mai 2003 beschlossen, im Nachtragshaushalt 2004 bei der Investitionsförderung des Sportstättenbaus sicherzustellen, dass die staatlichen Zuschussmittel für die anfinanzierten sowie die bewilligten und zur Auszahlung im aktuellen Doppelhaushalt angekündigten Maßnahmen... erbracht werden. Sie will nach Ablauf der Antragsfrist die Situation bewerten und sich um eine Lösung der Probleme derjenigen Vereine bemühen, denen eine Auszahlung im nächsten Doppelhaushalt 2005/2006 in Aussicht gestellt wurde. Die Staatsregierung begrüßt diese Beschlusslage der Mehrheitsfraktion.

Er hat immerhin anerkannt, dass es ein Problem gibt. Im Verhältnis zur zuständigen Sportministerin ist es ein enormer Fortschritt, dass der Ministerpräsident ein solches Problem ausdrücklich anerkennt und nicht nur darauf hinweist, dass es einer Lösung bedarf, sondern auch darauf hinweist, wie diese Lösung aussehen könnte.

Auf einem ganz anderen Blatt steht, inwieweit es richtig sein kann, die Feuerwehr, wenn bereits Feuer auf den Dächern ist, erst nach der Wahl zu rufen, um diese Brände zu löschen. Damit können wir uns und auch die betroffenen Vereine nicht zufrieden geben.

(Beifall bei der SPD – Güller (SPD): Betretenes Schweigen bei der CSU!)

Das von der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt aufgelegte Sonderprogramm ist grundsätzlich nicht schlecht. Es hat hervorragende Zinskonditionen von 1,25%. Ein Darlehen hat aber im Gegensatz zum Zuschuss die Eigenart, dass es zurückgezahlt werden muss. Somit kommen zu den 1,25% Zinsen 5% Tilgung

jährlich. Vereine, die sich auf einen Zuschuss verlassen haben, sind nicht in der Lage, dies zu leisten.

(Zuruf des Abgeordneten Ritter (CSU))

In Augsburg gibt es einen Verein – wie viele in ganz Bayern – der auf einen Zuschuss von 650000 e vertraut hatte, weil sein Finanzierungsplan ausdrücklich anerkannt worden war. Dem Verein wird nun gesagt, er müsse statt des Zuschusses ein Darlehen in Höhe dieses Betrages aufnehmen und mit einem Kapitaldienst von 6,25% tilgen. Ein solcher Verein kann das Darlehen nicht refinanzieren. Das ist überhaupt nicht möglich, wenn der Finanzierungsplan darauf abgestellt wurde, dass 650000 e Zuschuss in Aussicht gestellt sind.

(Beifall bei der SPD)

Das Programm ist ein gutes Programm, aber nur als Ergänzung zur klassischen Sportförderung geeignet und nicht als Ersatz für die klassische Sportförderung.

(Beifall bei der SPD)

Ich habe Briefe und Zuschriften von Bürgermeistern, Vereinen und Kreisverbänden des BLSV aus ganz Bayern bekommen. Da bei einigen von Ihnen das Problembewusstsein noch nicht vorhanden ist, möchte ich es nicht versäumen, einige Passage daraus zu zitieren. Schließlich hat offensichtlich das zuständige Ministerium das Problem noch nicht wahrgenommen. Ein Bürgermeister aus Schwaben schreibt:

Der TSV... kann sich Zins und Tilgung für dieses günstige Darlehen nicht leisten! Mit dem staatlichen Rückzug fällt ein grundsolider Finanzierungsplan in sich zusammen. Unter den nunmehrigen Bedingungen hätten weder der Sportverein noch die Gemeinde die Maßnahme jemals begonnen. Leider stehen wir mitten in der Baumaßnahme – nur wissen wir heute nicht, wie es weitergehen soll.

Mit der Art und Weise des Eingriffs in bewilligte Maßnahmen des Sportstättenbaus hat der Freistaat Bayern aufgehört, ein verlässlicher Partner der Kommunen und Vereine zu sein.

Ein DJK-Sportverein aus Oberbayern schreibt:

Seit vielen Jahren sind wir sehr intensiv... um die Aufstellung eines Bebauungsplans... und eines fundierten Finanzplans bemüht.... Dieser enthält einen Zuschuss in Höhe von 124755 e durch den Bayerischen Landessportverband e.V. der uns mit Bewilligungsbescheid vom 07. 02. 2002 in Aussicht gestellt wurde. Zwischenzeitlich haben wir den ersten Bauabschnitt unseres Vorhabens mit viel Eigenleistung bereits realisiert.

Mangels entsprechender Mittelzuweisungen seitens des Bayerischen Landtags wurde uns nunmehr vom BLSV angeboten, den oben angeführten Zuschuss

in ein zinsverbilligtes Darlehen umzuwandeln, das wir letztlich aus eigenen Mitteln zu tilgen haben....

Wir halten insbesondere im Hinblick auf den zu unterstellenden Vertrauensschutz die Zurücknahme bereits ausgesprochener Bewilligungen für untragbar.

Ein Bürgermeister aus dem Raum Aschaffenburg teilt mit:

Ein solches Programm hilft den betroffenen Vereinen und Kommunen nicht, da zum einen der Zuschuss in Höhe von 360972 e endgültig verloren geht und die Belastung von Zins und Tilgung (über 6% p.a.) zu hoch ist und einen Sportverein in den Ruin treibt.

Ein BLSV-Kreisverband schreibt:

Viele Vereinsvorsitzende, die mit ihren Vereinen vor einigen Jahren bereits ihre Baumaßnahme durchgeführt haben, bangen aufgrund der Mittelknappheit und der damit fehlenden zugesagten Zuschüsse um ihre wirtschaftliche Existenz.

Ein anderer BLSV-Kreisverband schreibt:

Der Sportkreis... ist dabei mit acht Vereinen und einer Gesamtsumme von rund 3 Millionen e betoffen! Nach der bisherigen Fördermethode wurden daraus circa 30% übernommen, die sich in zwei Drittel Zuschuss und ein Drittel Darlehen aufsplitten. Nach dem neuen Sonderprogramm – nur Darlehen – erhöht sich der Förderbetrag zwar auf 45% bei 1,25% Zins und 22 Jahre Laufzeit. Aber damit wird diese nun reine Darlehensbelastung für die Vereine zu einem unwägbaren Risiko, das von verantwortungsbewussten Vorstandschaften kaum eingegangen werden kann.

Ein anderer BLSV-Kreisverband listet auf, welche Vereine bei ihm betroffen sind. Er kommt unter anderem zu dem Ergebnis:

Die Finanzierung über das neue Förderprogramm aus Mitteln der Bayerischen LABO stellt den Verein vor Probleme, die derzeit nicht absehbar sind.... Auch in anderen Vereinen meines Sportkreises stößt die Rücknahme der staatlichen Förderung in den letzten Jahren, insbesondere aber die massive Kürzung für das Jahr 2003 auf nicht einmal mehr 4 Millionen e, auf absolutes Unverständnis.

Ich könnte hier weiter aus dem Schreiben eines Kreisverbandes zitieren.

Wiederum andere Kreisverbände schreiben das Gleiche. Ein Beispiel:

Die nunmehr vorgenommenen finanziellen Kürzungen des Sportbetriebs, insbesondere des regulären Sportstättenbaus der Vereine, können jedoch für eine Vielzahl von Vereinen das Aus bedeuten. Während in der Vergangenheit staatliche Sonderpro

gramme zum Abbau eines akuten Antragsstaus zusätzlich zum regulären Sportstättenbau aufgelegt wurden, wird durch das neue Sonderdarlehensprogramm die reguläre Förderung nahezu vollständig ersetzt. Dies bedeutet einmal, dass alle Vereine, die aufgrund der bereits bewilligten regulären Mittel ihre Baumaßnahmen begonnen und die eine dazu erforderliche Zwischenfinanzierung auf die in Aussicht gestellte Mittelausreichung im Jahr 2003 oder in den Folgejahren ausgerichtet haben, mangels staatlicher Zuwendungen im regulären Förderbereich mit völlig unrealistischen Wartezeiten konfrontiert werden.

Und so geht es weiter fort. Ich könnte endlos zitieren, was dazu in ganz Bayern von 860 Sportvereinen geschrieben worden ist.

Das Kultusministerium hatte sich in seiner Antwort auf meine schriftliche Anfrage darauf zurückgezogen, dass es hier nur um eine Mache der SPD gehe und das Problem in Wirklichkeit offensichtlich gar nicht existiere.

Worauf, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist eigentlich das Problem zurückzuführen, das sich jetzt so zugespitzt hat? Es ist auf zwei Sündenfälle zurückzuführen.

Sündenfall Nummer eins war, dass Sie vor etwa sechs Jahren endlich dem Drängen der SPD stattgegeben haben, die Übungsleiterzuschüsse zu erhöhen. Das war der Punkt 1 des SPD-Antrags.

Dieser Antrag hatte aber auch einen Punkt 2. Die SportInsider wissen das. Dieser Punkt 2 hat geheißen – Herr Kollege Ritter und Herr Kollege Kränzle, Sie kennen das –: Dafür sind die entsprechenden Haushaltsmittel zur Verfügung zu stellen. Sie haben Punkt 1 zugestimmt und damit gegenüber den Sportvereinen Augenwischerei betrieben. Aber Punkt 2 haben Sie abgelehnt, wonach die notwendigen Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden sollten.

Das bedeutet, dass seit dieser Zeit die Übungsleiterzuschüsse von der linken in die rechte Tasche geschoben worden sind, das heißt sie werden auf Kosten des Sportstättenbaus finanziert. Nachdem die Übungsleiterstunden ständig zunehmen, was wir uns ja alle wünschen – denn das bedeutet mehr Jugendliche und Kinder in den Sportvereinen –, werden immer mehr Übungsleiterzuschüsse gezahlt, und das bedeutet automatisch immer weniger Mittel im Sportstättenbau.

Ich nenne den Sündenfall Nummer zwei. Sie haben vor etwa sechs Jahren die zweite Säule der Sportförderung gekappt. Unsere erfolgreiche Sportförderung in Bayern hat 50 Jahre lang zwei Säulen gehabt. Die erste Säule war die Förderung kommunaler Breitensportanlagen aufgrund Artikel 10 FHG. Das heißt, wenn eine Kommune eine Breitensportanlage errichtet oder saniert hat, hat sie staatliche Zuschüsse zwischen 30 und 60% – je nach der Finanzkraft der Kommune – bekommen. Dies haben Sie ersatzlos gestrichen. Damit ist eine wichtige Säule zusammengebrochen. Damit sind jetzt noch mehr Sportvereine gefordert, vereinseigene Sportstätten zu

errichten und zu unterhalten. Das bedeutet, dass der Antragsstau beim BLSV ständig zugenommen hat, weil die andere Säule der Sportstättenförderung von Ihnen weggebrochen worden ist.

Das waren die beiden Sündenfälle. Sie konnten sie über einige Jahre kaschieren, indem Sie Mittel aus Privatisierungserlösen einsetzten. Aber jetzt kommen diese Mittel nicht mehr. Damit bricht die ganze Sache in sich zusammen. Deswegen müssen Sie endlich wieder so viel Mittel zur Verfügung stellen, dass man die dringendsten Maßnahmen durchführen kann.

(Beifall bei der SPD)

Mittelkürzungen von 80 bis 90% wie hier im Sportstättenbau hat es in keinem anderen Bereich gegeben. Dem kann niemand widersprechen. Das bedeutet: Sie müssen endlich wieder einmal bereit sein, in diesem Bereich etwas mehr zu tun, als Sie getan haben.

Aus diesem Grund meine ich, es ist dringendster Handlungsbedarf vorhanden. Etwas Besseres kann der öffentlichen Hand eigentlich gar nicht passieren, als wenn man noch ein paar Dumme – ich sage das in Anführungszeichen –, ein paar Ehrenamtliche findet, die bereit sind, die Last und die Belastung auf sich zu nehmen, um eigene Sportanlagen zu errichten und zu betreiben. Die zahlen nämlich 40 bis 50% der Kosten solcher Maßnahmen aus der eigenen Tasche, aus der Vereinskasse und aus Spenden und dergleichen mehr. Damit entlasten sie den Staat um circa 50% der Kosten dieser Maßnahmen.

Beinahe noch wichtiger ist dies: Die Vereine betreiben und unterhalten diese Sportanlagen völlig allein, ohne die Kommunen oder den Staat zu belasten. So etwas kann man doch nicht durch eine Kahlschlagpolitik kaputt machen, wie sie es getan haben.