Ich füge hinzu: Wer die PDS hoffähig macht, ist für mich kein glaubwürdiger Kritiker in diesen Fragen.
Meine Damen und Herren, wo war denn von Empörung die Rede, als in Frankreich die Kommunisten und in Italien die Neokommunisten am Regierungstisch saßen?
Wenn es um eine parteipolitische Auseinandersetzung darüber geht, wer sich wie zu den Parteien rechts außen verhält, empfehle ich eindringlich, die Erinnerungen von Simon Wiesenthal zu lesen.
Es geht um die Art der Regierungspolitik in Europa. Herr Maget, ich empfehle Ihnen, in den Erinnerungen von Simon Wiesenthal nachzulesen, wer die Nazis in Österreich hoffähig gemacht hat. Simon Wiesenthal hatte eine erbitterte Auseinandersetzung mit Bruno Kreisky, weil Bruno Kreisky um der Regierungsfähigkeit der SPÖ willen einen Herrn Peter, der zu den berüchtigten SS-Mordbrigaden des Zweiten Weltkriegs gezählt hat, gestützt hat und damit die Nazis hoffähig gemacht hat, nur um regieren zu können.
In Europa ist eine grundsätzliche Debatte notwendig, wie Europa künftig aussehen soll. Ich sage klar, wir wollen nicht, daß sich Europa – wie Herr Prodi in Riga propagiert hat – künftig in die innenpolitische Willensbildung der Völker einmischt und das Selbstbestimmungsrecht nicht respektiert.
Herr Präsident, liebe Kollegen, liebe Kolleginnen! Lieber Herr Glück, zuerst möchte ich sagen, worin ich Ihnen zustimme. Ich stimme Ihnen zu – wir haben gestern darüber am Telefon gesprochen –, dass ein solche Debatte, egal, ob sie wirklich zur Frage der Kompetenzerweiterung der EU oder zu dem Thema, das Sie tatsächlich gewählt haben, stattfindet, nicht in 5- oder 10-Minuten-Beiträgen geführt werden kann. Wir sollten uns im Hinblick auf die Geschäftsordnung überlegen, wie wir auf aktuelle Dinge mit vernünftigen Debattenbeiträgen des Parlaments, nicht unbedingt der Regierung, reagieren können.
Zum Zweiten stimme ich Ihnen eindeutig zu, was Ihre Beurteilung des Trauerspiels anbelangt, das ein Teil der Medien – ich betone: ein Teil der Medien – im Zusammenhang mit der neuen Koalition in Österreich geboten hat. Es ist genauso, wie Sie es geschildert haben: Man hat Herrn Haider auf diese Art und Weise die Massen auch noch zugetrieben. Wie man sich derartig fahrlässig auf solche Debatten vorbereiten kann, spottet jeder Beschreibung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, lassen Sie mich aber nach der Sinnhaftigkeit der heutigen Debatte fragen. Gestern wurde in Berlin im Rahmen einer Aktuellen Stunde, die zu einer normalen Debatte wurde, dasselbe Thema unter Beteiligung von Herrn Stoiber diskutiert, das heute in anderer Besetzung hier diskutiert wird. Ich habe mir das Protokoll der Debatte gestern Nacht noch beschafft. Ich sage – das ist keine Kritik –, wenn Sie die 200 Seiten lesen, werden Sie merken, es können heute hier gar keine grundsätzlichen neuen Gedanken geäußert werden. Ich frage mich, was wir mit einer Kompetenzverlagerung von Europa in die Länder überhaupt noch wollen. Wenn wir so weitermachen und immer nur „nachtarocken“, machen wir uns selbst überflüssig.
Eine wirklich seriöse Debatte zum Thema „Kompetenzerweiterung“ bzw. „Rückverlagerung von Kompetenzen in die Länder“ wird wohl erst im Zusammenhang mit der Regierungserklärung im September möglich sein.
Erstens. Wir sind uns einig: Eine föderale Europäische Union, wie wir sie alle wollen, muss Kompetenzen an Bund und Länder abgeben.
Zweitens. Wir sind uns wahrscheinlich außerdem einig, dass das Programm der derzeit beginnenden Regierungskonferenz im Vorfeld der Osterweiterung der Euro
Drittens. Wir sehen – allerdings im Gegensatz zu Ihnen – in der Einführung von Mehrheitsentscheidungen – wohlgemerkt, nach einer Kompetenzbegrenzung der EU – eine wesentliche Verbesserung der Integration der Europäischen Union und ihrer Aufnahmefähigkeit im Zuge der Osterweiterung.
Allerdings spielen Sie, Herr Stoiber, bei der Kompetenzbegrenzung der Europäischen Union wie so oft ein doppeltes Spiel.
Immer wenn es Ihnen passt, prangern Sie die angebliche Allzuständigkeit der EU und die überbordende Bürokratie an, die doch überwiegend von ihren Mitgliedsstaaten und auch vom Freistaat Bayern verursacht ist. Wenn es Ihnen aber in den Kram passt, von der Mutti Europa den bösen Buben Bundesregierung verhauen zu lassen, dann schert Sie die Kompetenzbegrenzung der Europäischen Union einen feuchten Staub.
So jüngst geschehen, als Sie die EU zum Eingreifen gegen den in Ihren Augen falschen Atomkurs der Bundesregierung zwingen wollten, aber zur Kenntnis nehmen mussten, dass in Brüssel niemand im Traum daran denkt, den Mitgliedstaaten die Form ihrer Energieversorgung vorzuschreiben. Ich sage nur: Gott sei Dank. Sie haben sich da eine blutige Nase geholt.
Ich wünsche mir übrigens sehr, dass Sie Ihre populistische Verbalgegnerschaft zur EU endlich aufgeben, dass Sie endlich dazu beitragen, Europa bei den Bürgerinnen und Bürgern populär zu machen, natürlich nicht dadurch, dass Sie die Augen vor Fehlentscheidungen verschließen – diese müssen korrigiert werden –, sondern durch Herausstellen der positiven Leistungen Europas gerade auch für Bayern. Ich wünsche mir, dass Sie auch nur ein einziges Mal in diesem Landtag eine Europadebatte unter positiven Vorzeichen führen.
Sie sehen – das hat Herr Glück hier geäußert – eine unerträgliche Kompetenzüberschreitung der Europäischen Union in den Sanktionen gegen Österreich. Hier möchte ich eines ganz klarstellen.Es gibt keine Sanktionen der Europäischen Union, sondern es gibt solche der einzelnen Mitgliedsstaaten. Es gibt keine Sanktionen gegen Österreich, sondern es gibt sie gegen die rechtsrechtspopulistische, in Teilen sogar rechtsradikale neue Regierungskoalition.
Dies eindeutig klarzustellen, gebietet die Redlichkeit. Denn niemand beabsichtigt juristische Schritte gegen die neue Koalition. In keinem Gremium der EU wird ihr die Mitarbeit verweigert. Selbstverständlich, Herr Stoiber – das ist eine Ihrer größten Sorgen –, wird sogar die österreichische ÖVP-Außenministerin von Herrn Außenminister Fischer bei Verhandlungen mit Handschlag begrüßt. Wenn das unsere Sorgen sind, dann weiß ich nicht, welche Sie sonst noch haben.
Noch viel wichtiger, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist dies: Niemand, keines der Mitgliedsländer, kein vernünftiger Mensch in Bayern oder Deutschland, hält sämtliche Österreicher für rechtsradikal oder undemokratisch. Dies zeigen uns schon die Hunderttausenden, die seit der Regierungsbildung gegen diese neue Koalition in Wien und anderswo in Österreich auf die Straße gegangen sind und an deren Seite wir sind.
(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CSU: Und die aus Deutschland eingereist sind!)
Ein demokratisch-freiheitlicher Warnschuss der Mitgliedsländer musste sein. Aber, das gebe ich hier zu, dieser Warnschuss hätte mit einer Schreckschusspistole, nicht mit einem Gewehr abgegeben werden müssen.
Ich schließe mich Armin Thurnher, dem Chefredakteur der Wiener Stadtzeitung „Falter“, an, der geschrieben hat:
Die öffentliche Aufregung Europas über die Regierungsbeteiligung der Haider-FPÖ und über deren christlich-soziale
Wir als Bayern-SPD haben deshalb den Besuch des österreichischen Präsidenten hier in Bayern ausdrücklich begrüßt. Denn er ist für uns ein wichtiger Garant der österreichischen Demokratie.
Er hat wohl auch eine etwas andere Sicht der Dinge als Sie. Er sieht das Problem, wie er bei seinem Besuch in Bayern gesagt hat, nicht vorrangig im europäischen Ausland, sondern im österreichischen Inland. Er hat nämlich nicht wie Sie die ÖVP-FPÖ-Koalition gefordert und per Ratschlag gefördert.
Die Europäische Union ist längst nicht mehr nur ein Binnenmarkt, nur eine Wirtschaftsgemeinschaft. Sie verkör
pert viel mehr, nämlich gemeinsame kulturelle, demokratische und ethische Werte. Aber die FPÖ steht eben nicht auf dem Boden dieser gemeinsamen Werte.
Lesen Sie das Wahlprogramm nach. Da finden Sie nicht nur verquaste, als denklogisch bezeichnete Aussagen über österreichische Volksgruppen, sondern auch solch problematische Sätze wie den, dass Südtirol zum Spielball inneritalienischer Kräfte werden könne, dass Südtirol die Möglichkeit zum Beitritt zur Republik Österreich offen gehalten werden müsse, und es zur Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts Südtirols die historische Aufgabe Österreichs sei, den Bestand der deutschen Volksgruppen mit allen Mitteln zu sichern.
Im Regierungsprogramm findet sich das dann immerhin in dem Satz wieder: „... die Anliegen, die Interessen der altösterreichischen Minderheiten im Ausland zu fördern“.
Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen von der CSU, sind denn in Ihren Augen Veröffentlichungen Haiders im trauten Verein mit Frey und Schönhuber in dem vom deutschen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Tübinger Hohenrain Verlag wirklich noch als rechtspopulistisch zu bezeichnen? Ist es noch rechtspopulistisch, einen FPÖ-Mann als Minister vorzuschlagen, der von Präsident Klestil Gott sei Dank abgelehnt wurde, der sich im Wahlkampf mit Sprüchen über die kostenlose Abgabe von Hormonpräparaten an Ausländer, um deren Fruchtbarkeit zu steigern, hervorgetan hat?
Und kann Herr Haider noch als Demokrat bezeichnet werden, wenn er vor SS-Kameradschaften redet und der SS gute Charaktereigenschaften bescheinigt oder in Österreich eine neue, dritte Republik installieren will und gleichzeitig die klassische Form der repräsentativen Demokratie für überlebt erklärt?