Protokoll der Sitzung vom 27.06.2000

Außer der des Herrn Staatsministers Dr. Beckstein liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Bitte, Herr Staatsminister.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde mich kurz fassen. Ein fünfundzwanzigprozentiges Zustimmungsquorum für verfassungsändernde Volksentscheide, die auf ein Volksbegehren zurückgehen, ist eine wohl ausgewogene Lösung. Ein solches Quorum sichert einerseits den gebotenen Bestandsschutz der Verfassung und trägt andererseits der hohen Wertschätzung Rechnung, die die Volksgesetzgebung in der Bayerischen Verfassung erfährt. Die Bandbreite bei der Bestimmung eines solchen Quorums für verfassungsändernde Volksentscheide ist aus verfassungsrechtlichen Gründen sehr begrenzt.

Die Entscheidung, die der Verfassungsgerichtshof anlässlich der so genannten Senatsentscheidung getroffen hat, ist ganz eindeutig. Es wird auch dargelegt, dass es sich um eine Aufgabe der gegensätzlichen Verfassungsgerichtshofsentscheidung aus dem Jahre 1949 handelt. Das Innenministerium hatte sich bisher immer an die frühere Verfassungsgerichtshofsentscheidung gebunden gefühlt, auch wenn die Juristen im Hause gesagt haben, dass sehr viel für das in der nunmehr getroffenen Entscheidung zum Ausdruck gekommene Erfordernis eines Quorums spreche.

Eine vergleichbare Auffassung wird auch in einem Gutachten eines unabhängigen Wissenschaftlers vertreten. Wir haben deshalb davon auszugehen – hier sollte die Opposition kein schlechter Verlierer sein –, dass die Entscheidung des unabhängigen obersten bayerischen Gerichts anzuerkennen ist, anstatt nach weiteren Lösungen zu suchen, die nicht den Kriterien des Verfassungsgerichtshofs entsprechen.

Die Ausführungen des Kollegen Güller sind ganz offensichtlich nicht mit dem in Übereinstimmung zu bringen, was das Verfassungsgericht dargestellt hat. Zu sagen, in der ersten Runde Quorum, dann wieder einfache Mehrheit, ist nach unserer Interpretation des Verfassungsgerichtshofs ein glasklarer Verstoß gegen dessen Entscheidung. Es kann nicht Aufgabe des Parlaments sein, Gesetze zu erlassen, die der Auslegung des Verfassungsgerichtshofs klar widersprechen. Die Bandbreite ist hier ganz begrenzt. Die Regelung, die wir vorschlagen, entspricht derjenigen, die der Verfassungsgerichtshof als Übergangsregelung in Kraft gesetzt hat. Deshalb besteht kein Zweifel daran, dass es sich um eine zweckmäßige Regelung handelt.

Vorzugswürdige Alternativen sind auch während der Ausschussberatungen nicht dargestellt worden. Deswegen meine ich, dass der Gesetzentwurf der Staatsregierung den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die der Verfassungsgerichtshof im Rahmen der so genannten Senatsentscheidung formuliert hat, entspricht. Er ist auch verfassungspolitisch der richtige Weg. Ich bitte deshalb das Hohe Haus, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Ich bedanke mich ausdrücklich dafür, Herr Staatsminister, dass Sie sich an der Disziplin des Parlaments beteiligt haben. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 14/2453 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechtsund Parlamentsfragen auf Drucksache 14/3782 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe, dass im § 2 als Datum des Inkrafttretens der 1. August 2000 eingefügt wird.

Wer dem Gesetzentwurf mit dem vom federführenden Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen vorgeschlagenen Inkrafttretenszeitpunkt zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist es so beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt wurde, treten wir gemäß § 60 der Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. Widerspruch erhebt sich nicht. Wer dem Gesetzentwurf mit dem vom federführenden Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen vorgeschlagenen Inkrafttretenszeitpunkt seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen bitte ich, auf die gleiche Weise anzuzeigen. –

(Unruhe)

Ich kann keine Mehrheit feststellen.

(Welnhofer (CSU): Ich schon!)

Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Mehrheit auf Seiten der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN liegt.

(Widerspruch bei der CSU – Herrmann (CSU): Wir sind über 40, und ihr seid weniger! – Mehrlich (SPD): Hammelsprung!)

Meine Damen und Herren, wir machen ganz einfach einen Hammelsprung.

(Folgt Abstimmung gemäß § 134 Absatz 2 der Geschäftsordnung)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Abstimmung ist abgeschlossen. Mit Ja haben 71 Kolleginnen und Kollegen gestimmt, mit Nein 47. Damit ist der Gesetzentwurf angenommen.

(Unruhe)

Ich denke, die Aufregung ist nicht notwendig. Ich freue mich außerordentlich darüber, jetzt Kolleginnen und Kol

legen zu sehen, die ich heute noch gar nicht zu Gesicht bekommen hatte.

(Heiterkeit – Zurufe)

Das ist doch ein positiver Effekt. Es muss auf beiden Seiten dazu gekommen sein. Herr Kollege Eckstein, da haben Sie Recht. – Unabhängig von alledem ist der Gesetzentwurf angenommen und zum Gesetz erhoben worden. Dieses trägt den Titel: „Gesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes“.

Ich rufe nun auf:

Tagesordnungspunkt 3

Gesetzentwurf der Staatsregierung

zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Betreuungsgesetzes (Drucksache 14/2811)

Zweite Lesung –

Ich eröffne die allgemeine Aussprache. – Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Daher schließe ich die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 14/2811 sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen auf Drucksache 14/3733 zugrunde.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Es ist wunderbar, wenn viele Menschen im Saal sind. Doch müsste es etwas ruhiger sein als jetzt, damit man hier arbeiten kann.

(Zurufe von der CSU: Das kommt davon!)

Gut, ich sehe ein, dass ich selbst schuld bin. – Der federführende Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfiehlt, dem Gesetzentwurf mit verschiedenen Änderungen zuzustimmen. Ich verweise insoweit auf Drucksache 14/3733. Abweichend von Nummer 2 der Beschlussempfehlung, schlage ich vor, § 2 des neuen Gesetzes wie folgt zu fassen: „Dieses Gesetz tritt mit Wirkung zum 1. Juli 2000 in Kraft.“

Wer dem Gesetzentwurf in der vom federführenden Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfohlenen Fassung unter Berücksichtigung der von mir vorgeschlagenen Änderung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktion der CSU, die der SPD und die des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine. Dann ist so beschlossen.

Da kein Antrag auf Dritte Lesung gestellt wurde, treten wir gemäß § 60 unserer Geschäftsordnung unmittelbar in die Schlussabstimmung ein. Ich schlage vor, sie in einfacher Form durchzuführen. – Widerspruch dagegen erhebt sich nicht. Wer also dem Gesetzentwurf in der vom federführenden Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen empfohlenen Fassung und unter Berücksichtigung der von mir vorgeschlage

nen Änderung seine Zustimmung geben will, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. – Das sind wiederum alle Fraktionen, alle anwesenden Kolleginnen und Kollegen. Damit ist das neue Gesetz einstimmig beschlossen. Es trägt den Titel: „Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Betreuungsgesetzes“.

Ich rufe nun zur gemeinsamen Beratung auf:

Tagesordnungspunkt 4

Gesetzentwurf der Abgeordneten Renate Schmidt, Werner Schieder, Nentwig und anderer und Fraktion (SPD)

eines Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Bauaufträge im Freistaat Bayern (Bayerisches Bauauf- träge-Vergabegesetz – BayBAVG) (Drucksache 14/2638)

Zweite Lesung –

hierzu:

Änderungsantrag der Abgeordneten Renate Schmidt, Werner Schieder, Nentwig und anderer und Fraktion (SPD) (Drucksache 14/3041)

Tagesordnungspunkt 5

Gesetzentwurf der Staatsregierung

über die Vergabe von Bauaufträgen im Freistaat Bayern (Bayerisches Bauaufträge-Vergabegesetz – Bay- BauVG) (Drucksache 14/3498)

Zweite Lesung –

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurde eine Redezeit von dreißig Minuten je Fraktion vereinbart. Gibt es Wortmeldungen? – Als erstem Redner erteile ich Herrn Kollegen Schieder das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst zwei Feststellungen machen.

Erstens. Die SPD-Fraktion hat schon im letzten Jahr erkannt, dass eine gesetzliche Regelung der jetzt in Rede stehenden Materie notwendig ist,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)