Zum Tiermehl komme ich später noch. Aber was Sie, Herr Maget, zuletzt im Hinblick auf eine Verlautbarung der Landwirtschaftsberatung zitiert haben, die Sie jetzt dem Landwirtschaftsminister angelastet haben,
Denn es war bis zum Ende des Jahres in Deutschland fachlich völlig unbestritten – allein bezüglich der Verfütterung an Schweine und Geflügel ist es nach wie vor fachlich nicht in Frage gestellt –, dass die Verfütterung von Tiermehl in diesem Bereich eine einwandfreie Art der Fütterung ist. Da könnten Sie jede von einem SPD-Landwirtschaftsminister geführte Fachverwaltung fragen. Verboten ist die Tiermehlverfütterung jetzt richtigerweise deswegen, weil die Verschleppungs- und Vermischungsproblematik
Das ist richtig. Wenn Sie dem aber zustimmen, haben Sie vorher in unredlicher Weise versucht, der bayerischen Landwirtschaftsverwaltung und dem Landwirtschaftsminister etwas anzulasten.
Das ist leider Gottes das Strickmuster Ihrer ganzen Argumentation. Darauf komme ich später noch zurück.
Natürlich wirkt ein Brief, wie ihn Frau Staatsministerin Stamm im Hinblick auf das Risikomaterial geschrieben hat, aus heutiger Sicht schmerzlich. Aber ich darf Ihnen auch die Antwort von Herrn Funke auf den Brief von Frau Stamm vorlesen:
Sehr geehrte Frau Kollegin! Für Ihr Schreiben vom 19. Juni 2000, in dem Sie auf die beabsichtigte Einstufung des wissenschaftlichen Lenkungsausschusses bezüglich BSE sowie die sich daraus ergeben
den Konsequenzen hinweise, danke ich Ihnen. Herr Minister Miller hat sich in gleicher Angelegenheit an mich gewandt. Ich teile Ihre Auffassung voll und ganz.
Auch ich bin der Auffassung, dass sich eine Einstufung an objektiven Kriterien wie zum Beispiel Anzahl der einheimischen BSE-Fälle oder die Ergebnisse der durchgeführten BSE-Schnelltests orientieren muss. Durch die Bewertung des so genannten geografischen BSE-Risikos durch den wissenschaftlichen Lenkungsausschuss wird der Versuch unternommen, Wahrscheinlichkeiten anzunehmen, die nicht belegt werden können und somit rein spekulativ sind. Zudem – auch hier stimme ich mit Ihnen überein –
wird die Bewertung vorgenommen, die nicht den Kriterien des Internationalen Tierseuchenamtes entspricht. Sie dürfen versichert sein, dass ich, soweit mir das möglich ist, auf die Gremien der Gemeinschaft einwirken werde, um eine realistische Einstufung für Deutschland zu erwirken.
Herr Maget, wenn man nicht ein parteipolitisches Spiel betreibt, sondern in Anspruch nimmt, als Anwalt der gesamten Bevölkerung aufzutreten,
Tatsache ist, meine Damen und Herren, dass in Deutschland alle, die regieren, egal, ob Schwarz, Rot oder Grün, letztlich vor denselben Fragen und in der Regel in ziemlich ähnlicher Kritik stehen. Da, glaube ich, muss man sich fragen: Warum ist das so? Ich unterstelle niemandem, dass er, egal, an welcher Stelle, in dieser Problematik bewusst fahrlässig gehandelt hat.
Ich sehe das Problem mehr darin, dass es in hohem Maße ein Unterschied ist, ob jemand in Regierungsverantwortung eine Entscheidung mit allen Konsequenzen vertreten muss oder ob man etwas fordern kann, sei es in der Opposition oder als Einzelpersönlichkeit, weil man es nicht verantworten muss.
Ich nehme als Beispiel die Frage des Risikomaterials. Bei mir waren auch Metzger und haben gesagt: Herr Glück, wir kämpfen gegen die Handelsketten. Wir kämpfen mit geringsten Erträgen gegen die Handelsketten. Nun aber soll uns – dies ganz in der Sichtweise, wie es zum Beispiel Herr Funke geschrieben hat – gleichwohl eine zusätzliche Belastung auferlegt werden, die wir
kaum mehr verkraften. Ich gebe zu, dass ich in dieser Situation gesagt habe: Ja, da muss man die Verhältnismäßigkeit und die Frage prüfen, ob dies tatsächlich dafür steht.
Ich stehe heute noch dazu, dass ich dies den Metzgern erklärt habe und mich daraufhin auch an das Sozialministerium und an die Staatskanzlei mit der Bitte gewandt habe, dies sorgfältig abzuwägen. Ich stehe auch heute noch zu der Sichtweise, die ich hier vor einem halben Jahr hatte.
Im Übrigen habe ich mir eben noch einmal das schicken lassen, was Kollege Hartenstein am 28. November gesagt hat. Dabei muss ich den Zuschauern und Zuhörern sagen: Der Kollege gehörte früher zur Fraktion der GRÜNEN.
Aber auch – und da muss ich Herrn Miller durchaus Recht geben – das, was von Seiten der SPD und der GRÜNEN gekommen ist, bedarf einer kritischen Würdigung. Frau Biedefeld hat Beispiele aus der 12. und 13. Legislaturperiode aufgezählt, Herr Starzmann ebenfalls. Dann ist es still geworden – von einer Ausnahme abgesehen, nämlich der Ausweitung der Tests und vielleicht auch noch der Kennzeichnung –, als es um die 14. Legislaturperiode ging. Warum wohl, muss man in diesem Zusammenhang fragen. Ganz einfach: Falsch verstandene Rücksichtnahme gegenüber den Freundinnen und Freunden in Berlin, die sich in ihren Handlungen um keinen Deut davon unterschieden haben und auch unterscheiden, was vorher von der schwarz-gelben Regierung gemacht worden ist. Das ist Faktum.
Eben, meine Damen und Herren von der Opposition: Es ist ein großer Unterschied, ob man für Entscheidungen einstehen muss und ob man dafür eine Rechtsgrundlage hat.
Die Frau Bundesgesundheitsministerin Fischer hat doch eine sehr schmerzliche Bauchlandung gemacht, um es einmal so auszudrücken, als sie am Abend forderte, dass bestimmte Wurstwaren zurückgezogen werden müssen, und am Morgen danach zugeben musste, dass sie dafür keine Rechtsgrundlage hat. Dann aber bleibt nur ein Appell. Das ist die Realität für diejenigen, die in der Verantwortung stehen.
Ich nehme als Beispiel die Verfütterung von Tiermehl; ich habe davon vorhin schon im Hinblick auf Schweine und Geflügel gesprochen. Die EU hat das Verbot bis jetzt nur auf ein halbes Jahr befristet. Auch dies war nur erreichbar, weil mittlerweile Frankreich große Probleme hat.
Es ließe sich eine ganze Reihe weiterer Beispiele anführen. Darauf will ich jetzt verzichten. Nur sollten wir uns immer darüber im Klaren sein, dass es ein großer Unterschied ist, ob man Entscheidungen verantworten muss oder nicht.
Nun erwarte ich nicht, dass die Opposition im Hinblick auf Mängel und Irrtümer der Regierenden kritiklos ist. Aber ich erwarte eine faire Bewertung. Davon aber, Herr Maget und Herr Dürr, kann keine Rede sein, wenn man sieht, welchen Maßstab Sie an Bayern und an Berlin anlegen. Schon deswegen sind alle Ihre diesbezüglichen Wertungen zutiefst unglaubhaft, unabhängig davon, dass einige aus meiner Sicht fachlich nicht haltbar sind.
Ich habe Ihre diversen Pressekonferenzen und Presseerklärungen in den letzten Wochen verfolgt, und im Übrigen habe ich Ihr Manuskript schon durchgelesen, weil es auf der Pressetribüne bereits verteilt worden ist.
Wenn es um konkrete Bewertungen, Annahmen und Vermutungen geht, ist die Fachwelt weitgehend uneinig über die Ursache. Mittlerweile haben wir die Situation, dass quasi nichts mehr ausgeschlossen wird und dass man von kaum einem Wissenschaftler noch eine klare Aussage bekommt.
Aber Politik muss in dieser Situation gleichwohl handeln. Das Risiko bleibt uns nicht erspart, aber wir müssen auch noch handlungsfähig bleiben.
Dasselbe gilt im Hinblick auf die Verbreitungswege. Nach den Erfahrungen in Großbritannien und anderswo, auch in der Schweiz, haben wir nur in einem Punkt eine hohe Wahrscheinlichkeit, nämlich dass wohl Tiermehl ein wesentlicher Träger der Verbreitung ist. Ebenso gibt es aber viele Argumente dafür, dass es das Tiermehl allein nicht sein kann oder dass es auch andere Träger der Verbreitung gibt. Jetzt, meine Damen und Herren von der Opposition, appelliere ich an Ihr Gewissen: Wer von Ihnen hat denn vor vier Wochen davon gesprochen, dass Milchaustauscher, dieses Ersatzfutter, Träger der Infektion sein könnten?