Protokoll der Sitzung vom 09.05.2001

Meine Damen und Herren, es ist zu befürchten, dass die Forderungen und Wünsche, sowie die berechtigten Interessen der Verbraucher auf der Strecke bleiben. Mit dem Totschlagargument wird sicherlich gerechtfertigt werden – wir haben dies vorher ausführlich gehört – dass der Verbraucher derjenige sei, der schuld sei, weil er nicht bereit sei, deutlich mehr für die Ernährung auszugeben. Meine Damen und Herren, wer hat denn bisher die Zeche gezahlt? – Das waren mit die Bauern aber auch die Verbraucher als Steuerzahler.

(Beifall bei der SPD)

Der Nachtragshaushalt unterstützt genau dieses. Deswegen können wir ihm nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Dr. Gröber, bitte.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Mit der Restredezeit von zwei Minuten bleibt nur, eine kurze Zusammenfassung zu geben. Aus Sicht der CSU ist die heutige Diskussion eine logische Fortsetzung der Diskussion, die wir vor Wochen führten, als wir per Gesetz das neue Ministerium eingeführt haben. Herr Minister Sinner hat sich seinerzeit sehr konsequent schwerpunktmäßig mit BSE und MKS beschäftigt.

(Zuruf des Abgeordneten Wahnschaffe (SPD))

Er hat heute aufgezeigt, wie wir in den nächsten Jahrzehnten im Interesse der Gesundheit und des Verbraucherschutzes agieren müssen. Ich glaube, es ist konsequent, diesen Weg fortzuschreiten. Ihre Beiträge, sehr verehrte Damen und Herren von der Opposition, waren eigentlich nichts anderes als ein mehr oder weniger geordnetes Rückzugsgefecht. Ich glaube, das ist konsequent, denn eigentlich ist die Welt verkehrt: Ursprünglich

hatten Sie in der Vergangenheit in Sachen Verbraucherschutz und Ähnlichem viele Dinge gefordert, die wir unter Umständen nicht genügend ernst genommen haben – ich sage das ganz offen –, weil wir das Geld nicht zur Verfügung stellen wollten. Heute, unter dem effektiven Druck der Gesamtereignisse, haben alle Politiker darauf reagiert und versuchen neue Wege zu gehen. Nun jammern Sie, dass es schade ums Geld sei und es durch die Errichtung des neuen Ministeriums hinausgeschmissen werde. Das ist der falsche Weg.

(Frau Dr. Baumann (SPD): Schönredner!)

Der richtige Weg ist, zu wissen, wie dynamisch die Entwicklung in Sachen BSE – hier müssen wir gemeinsam handeln – und in Sachen Verbraucherinformation ist. Zum Beispiel wirbt in der Ärztezeitung zur Zeit eine Firma für ein Probiotikum „Actimel“, einem Joghurt mit neuen probiotischen Laktobazillus-Kulturen und gleichzeitig gibt es die Überschrift „optimierte Ernährung“. Es geht dort nicht um die optimale, sondern um die optimierte Ernährung. Das heißt, es wird sich immer wieder etwas ändern, die Lebensmittel werden verändert, und wir müssen wachsam auf diese Entwicklungen eingehen und darüber gemeinsam informieren. Ich musste vorhin schmunzeln, als Herr Landwirtschaftsdirektor a.D. Geiger – SPD –, der die Politik der Staatsregierung über Jahre hinweg umgesetzt hat, diese jetzt kritisiert.

Frau Kellner sprach vorhin vom „kw-Vermerk“, was „künftig wegfallend“ heißt. Die GRÜNEN müssen sich sorgen, dass, wenn sie ihre Linie nicht endlich konsequent ändern, nach der Landtagswahl – dafür gehe ich jede Wette ein – der „kw-Vermerk“ bei ihnen steht und nicht beim Gesundheitsministerium. Wir werden den eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen. In diesem Sinne fordere ich Sie zu einer guten und intensiven Zusammenarbeit auf.

(Beifall bei der CSU – Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gröber kw.)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Das Wort zu einer zusammenfassenden Stellungnahme hat nun der Herr Staatsminister der Finanzen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst bedanke ich mich sehr herzlich für die zügige, engagierte und sachkundige Beratung des Doppelnachtragshaushalts 2001/2002 im Haushaltsausschuss. Herr Vorsitzender Ach, Herr stellvertretender Vorsitzender Strasser, meine Damen und Herren in diesem Ausschuss: Herzlichen Dank für die gewohnt sachkundige und präzise Arbeit.

Dieser Nachtragshaushalt dokumentiert einen gewaltigen Kraftakt in der Haushaltspolitik, der in der Bundesrepublik Deutschland beispiellos ist.

(Beifall bei der CSU)

Es gibt kein Land – –

(Zuruf des Abgeordneten Gartzke (SPD))

Gehen Sie sie in Ruhe durch – Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz – und schauen Sie, wie diese Länder auf die ungewöhnliche Herausforderung durch BSE reagiert haben. Sie werden feststellen, es war praktisch nichts. Schnell und energisch haben die Mehrheitsfraktion und die Bayerische Staatsregierung gehandelt. Wir haben mit dieser Maßnahme die Strukturen geändert und neue Strukturen und eine neue Politikausrichtung finanziert. Der Betrag in dem Nachtragshaushalt von 657 Millionen DM ist gewaltig im Vergleich zu dem, was die Bundesregierung unter einer neuen Ministerin aufbringt, die täglich im Fernsehen auftrat,

(Starzmann (SPD): Nur kein Neid!)

Netto nur 100 Millionen DM –.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie bestätigt auf diese Weise eine Politik, die wie folgt aussieht: Man will den Bauern und der Landwirtschaft helfen und lässt die Bauern die Notmaßnahmen selbst finanzieren.

(Zuruf des Abgeordneten Starzmann (SPD))

Wir haben die Maßnahmen durch neues und zusätzliches Geld seriös finanziert

(Zuruf des Abgeordneten Wörner (SPD))

und durch Einsparungen bei den Zinsen, die zeigen, dass sich Sparen lohnt. Im Jahre 1999 und im Jahr 2000 konnte ich durch sparsame Haushaltsführung erreichen, dass die Nettokreditermächtigung, die dieses Haus gegeben hat, jeweils nicht in Anspruch genommen werden musste. Das heißt, wir hatten den ausgeglichenen Ist-Haushalt schon auf dem Tisch. Wir haben uns dadurch Zinsen erspart. Die Zinsersparnis ist in die Finanzierung des Nachtragshaushalts eingeflossen. Meine Damen und Herren, in einer Formel zusammengefasst zeigt dies: Sparsamkeit hat sich gelohnt für die Bewältigung einer außergewöhnlichen Notsituation in der Ernährungsindustrie und in der Landwirtschaft. Das sollte uns Anreiz sein, auch in Zukunft sparsam zu sein und nicht unnötig die Verschuldung zu erhöhen.

Wir haben nicht nur viel Geld bereitgestellt, sondern wir haben auch neue Strukturen geschaffen. Wir haben uns im Freistaat Bayern nicht damit begnügt, lediglich ein Türschild umzuändern, so wie bei Frau Künast. Wir haben Kontrolle und Handeln auseinandergelegt.

(Zurufe der Abgeordneten Gartzke und Wahn- schaffe (beide SPD))

Ich sage Ihnen heute: Dieses Handeln wird in anderen Ländern in den nächsten zehn Jahren – die brauchen immer ein bisschen länger – Beispiel geben. Der Frei

staat Bayern hat im Jahre 1970 beispielgebend ein neues Umweltministerium geschaffen.

(Frau Radermacher (SPD): Sie wissen schon, was damals die Ursache war!)

Alle anderen Länder und der Bund haben dann Schritt für Schritt auch Umweltministerien geschaffen. Ich sage Ihnen voraus: Ein entsprechendes Verbraucherschutzministerium werden die anderen Länder und letztlich auch der Bund ebenfalls einführen müssen,

(Wahnschaffe (SPD): Nehmen Sie den Mund nicht zu voll!)

weil das eine Zukunftsaufgabe ist, die wir alle miteinander bewältigen müssen. Bayern ist wieder vorangegangen.

(Starzmann (SPD): Wollen Sie das Landwirtschaftsministerium beibehalten oder ganz abschaffen?)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch eine kurze Anmerkung zur Frage von Frau Kellner machen, wie das denn bei Frau Hohlmeier mit der Zusatzsperre und der so genannten Mittagsbetreuung sei.

(Frau Radermacher (SPD): Wieso so genannte?)

Es ist völlig richtig, dass Frau Hohlmeier auf die Mittagsbetreuung keine Zusatzsperre machen muss, wenn sie das für richtig hält. Die Logik ist ganz einfach: Die Gesamtsumme der Zusatzsperre beträgt 129 Millionen DM. Auf den Einzelplan 05 entfallen davon 6,8 Millionen DM. Wie diese Zusatzsperre im Einzelnen in ihrem Haus erbracht wird, ist eine Frage der Prioritätensetzung der Kultusministerin. Bei der Mittagsbetreuung geht es um einen Betrag von 460000 DM.

(Wahnschaffe (SPD): Hört, hört! Das ist die Familienpolitik der CSU!)

Konzentrieren Sie sich doch bitte auf meine Rede.

(Starzmann (SPD): Auf die niedrigen Zahlen haben wir uns konzentriert!)

Diese 460000 DM erbringt sie dann nicht über die Mittagsbetreuung, sondern in anderen Bereichen, was im Vollzug eines derart großen Haushalts – mehr als 10 Milliarden DM – nach meiner Einschätzung relativ leicht möglich ist.

(Wahnschaffe (SPD): Das ist die politische Prioritätensetzung!)

Das zur Aufklärung.

Meine Damen und Herren, ich bin besonders dankbar dafür, dass eine Lösung für die Schülergruppen gefunden wurde, die ihre Reisen absagen mussten, auch auf Empfehlung der Staatsregierung. Es wäre nicht sinnvoll gewesen, in der Hoch-Zeit von MKS nach England zu reisen. Das hätte die Öffentlichkeit wohl nicht verstanden. Diese Billigreisen, die man offenbar nur unter ganz

bestimmten Stornobedingungen bekommt, mussten aber dennoch bezahlt werden.

Wir können für derartige Dinge keinen Vollkaskoschutz übernehmen. Das würde zu weit gehen. Der Staat kann nicht überall mit offenen Händen bereit stehen und sagen: Wir bezahlen alles. Aber wir haben gemeinsam mit Herrn Kollegen Ach eine Lösung gefunden. 3 Millionen DM für diese Storno-Kosten sind, glaube ich, ein Signal des guten Willens und helfen ganz konkret. Ich bedanke mich in diesem Zusammenhang auch beim Haushaltsausschuss.

Meine Damen und Herren, wir haben in der Finanzierung – das ist mir wichtig – für das Jahr 2001 eine Erhöhung der Neuverschuldung um 67 Millionen DM, aber im zweiten Jahr, 2002, keine Erhöhung der Nettoneuverschuldung. Damit keine Missverständnisse entstehen, möchte ich das noch einmal verdeutlichen. Der Weg zum ausgeglichenen Haushalt spätestens im Jahr 2006 geht nur über planmäßige Schritte des Abbaus der Nettoneuverschuldung von 230 Millionen DM. Beim Ist haben wir, wie ich gerade dargelegt habe, in den letzten zwei Jahren Glück gehabt und gute Ergebnisse. Aber der planmäßige Abbau der Verschuldung muss weitergehen.

Aufgrund der Mehreinnahmen im letzten Jahr hatten wir gemeint, darüber noch etwas hinausgehen zu können, und haben die Nettoneuverschuldung über die ursprünglich geplanten 230 Millionen DM hinaus noch einmal um 67 Millionen DM verringert. Zur Finanzierung dieses besonderen Nachtrags gehen wir wieder auf die ursprüngliche Planung, also auf Schritte von 230 Millionen DM, zurück. Das heißt – und das ist die entscheidende Nachricht –, wir bleiben konstant auf dem Weg der Reduzierung der Nettoneuverschuldung hin zu einem ausgeglichenen Haushalt mit Schritten von 230 Millionen DM. Es läuft also nichts aus dem Ruder, alles ist jetzt wieder auf dem normalen, planmäßigen Weg.