Protokoll der Sitzung vom 12.07.2001

Ich höre schon zu, Herr Staatsminister Huber, Sie brauchen nicht nervös zu werden!

Zwischenrufe von der Regierungsbank gibt es nicht, Herr Staatsminister Huber. Es gibt Abgeordnetenstühle.

(Beifall bei der SPD)

Frau Staatsministerin Stewens, in der Sitzung des Haushaltsausschusses am vergangenen Dienstag haben Sie auf die unmittelbar bevorstehende Bekanntmachung des KPMG-Gutachtens verwiesen. Heute vertrösten Sie uns wieder und sagen, es müsse erst ganz ordentlich geprüft werden und dann könne man darüber beraten. Wir lassen uns nicht mehr länger hinhalten und wehren uns dagegen, dass Sie nicht bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und die Dinge auf den Tisch zu legen.

(Beifall bei der SPD)

Am Freitag hat es eine Presseerklärung des Deutschen Ordens zur Sanierungsausschusssitzung gegeben. Die Reaktion eines CSU-Landrates, nämlich von Herrn Dr. Dietrich, darauf war ganz einfach: „Deutscher Orden – arrogant und rotzfrech!“

(Beifall bei der SPD)

Das war die Reaktion des zuständigen Landrates, Frau Staatsministerin Stewens, und da erwarten Sie von uns, dass wir ruhig sind und sagen: Warten wir erst einmal ab, bis die mit ihrem Gutachten zu Rande gekommen sind. – Nein, wir wollen jetzt endlich Aufklärung haben.

(Beifall bei der SPD)

Nun zu den Kliniken in Buchloe und in Dillingen. Frau Staatsministerin, Sie sollten bekannt geben, wie Sie sich eine Sanierung vorstellen. Der Freistaat Bayern hat dort auf die Absicherung seiner Fördermittel im Grundbuch verzichtet.

(Zuruf von der SPD: Unerhört!)

Es heißt in dem Brief von Herrn Faltlhauser an mich:

Daraufhin wurde die auf dem Krankenhausgrundstück in Buchloe eingetragene Grundschuld von 33,9 Millionen DM am 24. November 1999 und die in Dillingen eingetragene Grundschuld von 90,1 Millionen DM am 14. März 2000 gelöscht.

Kurz danach hat der Deutsche Orden eine Briefgrundschuld eintragen lassen, die er zur Sicherung von Darlehen an die Banken weitergegeben hat. Wie wollen Sie denn mit dem Landkreis verhandeln? Über 130 Millionen

DM Grundschuld liegen darauf. Wie wollen Sie das regeln? Darüber hätten Sie vorhin in Ihren Ausführungen etwas sagen sollen.

(Beifall bei der SPD)

Die Krankenversorgung in den Häusern Dillingen und Buchloe ist eben nicht gesichert, wie Sie, Frau Staatsministerin, behauptet haben. Mir liegt ein Brief des Deutschen Ordens vom 8. Mai dieses Jahres vor. Darin wird berichtet, dass der AOK in Dillingen ein Pfändungsbeschluss von einer Bank über 3,7 Millionen DM vorliege. Dann kommt ein entscheidender Satz:

Dies lässt die Frage nach der Versorgung der Patienten entsprechend unserem Krankenhausversorgungsvertrag infrage stellen. Eine entsprechende Anfrage seitens der AOK ist bereits erfolgt.

Das schreibt die geschäftsführende Direktorin des Krankenhauses St. Elisabeth an den Geschäftsführer des Deutschen Ordens: Die Sicherstellung der Patientenversorgung in Dillingen ist nicht mehr gewährleistet. – Das wird in internen Vermerken schriftlich festgehalten. Kümmern Sie sich doch darum, ehe Sie Kritik an der SPD üben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Es gibt einen weiteren Brief vom 3. November 2000, in dem sich das Krankenhaus darüber beschwert, dass es beim Einsatz von Zivildienstleistenden nicht mit rechten Dingen zugeht, weil nämlich der Deutsche Orden mit einer Luxemburger Logistikfirma zwei Töchtergesellschaften gegründet hat, die rein gewerblich arbeiten, wobei auch Zivildienstleistende eingesetzt wurden.

Kümmern Sie sich bitte um diese Dinge, damit es im Krankenhaus mit rechten Dingen zugeht!

(Beifall bei der SPD)

Sie hätten auch etwas zu dem Brief von Prälat Döring an Kardinal Wetter sagen können. In diesem Brief wird auf ein Gutachten eines namhaften Kirchenrechtlers Bezug genommen. Dieses Gutachten ist von der Anwaltskanzlei Bub, Gauweiler & Partner bestellt worden. Erkundigen Sie sich doch bitte bei Ihrem Parteifreund Peter Gauweiler, was in dem Gutachten steht.

Was davon hier bekannt geworden ist, ist hochbrisant. Es heißt nämlich:

Mit Datum vom 30. 04. 2001 legte Prof. Dr. A. von Campenhausen das vom Rechtsanwaltsbüro angeforderte... Gutachten zu der Frage vor, inwieweit Rechtsgeschäfte, mit denen frühere Organanwälte den Deutschen Orden verpflichtet haben, zum Beispiel der frühere Prior und der frühere Geschäftsführer, wirksam sind, wenn sie unter Nichteinhaltung der so genannten Rom-Grenze getätigt wurden.

Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis: Weil die RomGenehmigung nicht vorliegt, sind – das geht aus dem Brief hervor – alle Rechtsgeschäfte oberhalb der Rom

Grenze ungültig. Die Rom-Grenze liegt meines Wissens bei 2 Millionen DM. Das heißt, alle Geschäfte könnten rückabgewickelt werden.

Zu dieser Problematik haben Sie überhaupt nichts gesagt. Besorgen Sie sich bitte das Gutachten. Berichten Sie im Landtag, ob das richtig ist oder nicht!

(Beifall bei der SPD)

Die Geschäftspartner des Deutschen Ordens müssen einmal wissen, woran sie sind. Es ist eine paradoxe Situation, dass beispielsweise bei Krediten von 2 Millionen DM dann die an die Banken gezahlten Zinsen zurückgegeben werden müssen, weil die Verträge ungültig sind. Das kann doch wohl nicht wahr sein.

Ich frage mich: Welche Rolle spielt eigentlich Peter Gauweiler in dieser Sache? Warum hat er das Gutachten überhaupt angefordert? Sie sollten einmal Auskunft darüber geben, warum solche Dinge geschehen.

Ich nehme Bezug auf Seite 3 des Schreibens, Frau Staatsministerin Stewens. Zu welchen Konsequenzen kommt Herr Döring? Die zuständige römische Aufsicht kann aufgrund nicht rechtzeitig wahrgenommener Aufsichtspflicht von der Mithaftung nicht freigesprochen werden. Das steht unter Punkt 5.

Jetzt Punkt 6:

Es ist genau zu prüfen, ob und ggf. in welcher Weise das Sanierungskonzept der KPMG-Gesellschaft Rom in der Folge die Katholische Kirche in Deutschland mit in die Pflicht nimmt. Sollte eine Inpflichtnahme der Kirche erfolgen, wovon auszugehen sei, so müsse diese in eine konzertierte Aktion mit dem Staat und den Banken eingebunden werden.

Herr Döring verlangt hier eine Einbindung des Staates in das Sanierungskonzept. Dazu sollten Sie einmal eine ganz klare Aussage machen. Die hätten wir gern vom Ministerpräsidenten gehört. Er schickt immer Frau Stewens vor, die das Problem eigentlich nur aus der Zeit vor ihrer Amtszeit als Ministerin geerbt hat.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb ist es gerechtfertigt, dass wir hier Auskünfte bekommen.

Jetzt zu den mittelständischen Unternehmen, Frau Stewens. Sie haben einen Brief von einem Bauunternehmer aus Pfaffenhofen bekommen. Herr Kollege Glück – er ist jetzt nicht da – hat davon eine Abschrift bekommen. In dem Brief heißt es:

Sehr geehrte Frau Staatsministerin,

der Deutsche Orden mit Sitz in Sielenbach, Landkreis Aichach, ist ein Klosteranwesen mit der Wallfahrtskirche Maria-Birnbaum. Das Klostergebäude wurde renoviert. Jetzt sind noch Rechnungen von 210000 DM offen. Der Handwerker hat eine Sicherungshypothek eintragen lassen und hat versucht,

auf allen möglichen Wegen zu seinem Geld zu kommen.

Hier wird beklagt:

Ein großes Dilemma stellt zudem die rechtliche Stellung des Deutschen Ordens dar. Man ist als Auftraggeber glücklich, Aufträge von solchen Institutionen zu erhalten, da diese den Anschein erwecken, eine große Vertrauenswürdigkeit, Zuverlässigkeit und finanzielle Sicherheit zu bieten. Durch die Verleihung des Status Körperschaft des öffentlichen Rechts wurde dem Deutschen Orden der staatliche Segen unter anderem auch für diese Eigenschaften erteilt. Man hat frappierenderweise bei dem Zahlungsverzug dieser Körperschaft das Problem, seine Forderungen mit gängigen Möglichkeiten, zum Beispiel durch Zwangsvollstreckung, Pfändung usw., einzutreiben. Diese Möglichkeiten wurden durch den Rechtsstatus genommen. Der einzige Weg ist, die für den Gläubiger kostenintensive Zwangsversteigerung des Sicherungsobjekts zu erlangen.

Versteigern Sie einmal eine Kirche oder ein Klosteranwesen! –

Für uns als steuerzahlenden Betrieb und als Privatperson ist es unverständlich, dass uns die Möglichkeit genommen wird, durch Ausschöpfung der allgemein geltenden gesetzlichen Mittel an unser Geld zu kommen. Eben von diesem Gesetzgeber wurde einer Institution ein Status verliehen, der genau diese Situation zulässt.

(Beifall bei der SPD)

Die Verleihung der Körperschafteigenschaft ist die Wurzel des Übels. Dazu haben Sie keine Aussagen gemacht.

Es gibt auch andere Mittelständler, die sich an Herrn Huber gewendet haben. In einem Schreiben vom 16. März 2001 wird gesagt, man habe nur eine lapidare Antwort von einer Beamtin der Staatskanzlei bekommen. In der Antwort heißt es: Wir haben Ihr Anliegen an den Sanierungsausschuss weitergegeben. Im Sanierungsausschuss kriegen wir aber auch keinen Bericht. Was passiert mit den Leuten, die Forderungen geltend machen? Herr Huber, darüber würden wir gern Auskunft haben.

Jetzt kommt das stärkste Stück. Sowohl Herr Glück als auch Frau Stewens verweisen auf den Staatsanwalt. Der soll jetzt prüfen. Aber die Staatsanwaltschaft ist untätig; sie macht nichts. Die erste Strafanzeige stammt vom 5. Dezember 2000, also von vor über einem halben Jahr. Es ist eine Strafanzeige gegen die beiden Hauptbeteiligten, den Prior und den früheren Geschäftsführer. Beide sind bis gestern noch nicht vernommen worden. Der Generalstaatsanwalt Froschauer hat Gespräche mit Herrn Gauweiler geführt. Hier liegt also eine Untätigkeit der Justiz und der Staatsanwaltschaft vor.

(Wahnschaffe (SPD): Wann geht der in Pension?)