Protokoll der Sitzung vom 14.11.2001

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Staatsministerin Stewens.

Frau Staatsministerin Stewens (Sozialministerium) : Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Kaiser, wenn ich Ihnen jetzt richtig zugehört habe, dann – –

(Leeb (CSU): Das hat er gar nicht verdient!)

Es ist richtig: Das ist die andere Frage. Ich muss antworten; deshalb muss ich ihm schon zuhören. Aber diese Frage habe ich mir hin und wieder auch schon gestellt.

(Dr. Kaiser (SPD): Welche denn?)

Ob es sich lohnt. – Aus Ihrer Wortwahl eben habe ich entnommen, Ihnen wäre es am liebsten, der Deutsche Orden würde Pleite gehen.

(Dr. Kaiser (SPD) und Gartzke (SPD): Er ist schon pleite!)

Entschuldigung, einen Konkurs anmelden und gar nichts mehr sollte man.

(Dr. Kaiser (SPD): Eine Auffanglösung!)

Das Bestreben Ihrer Aktivitäten des ganzen Jahres ist es letztendlich, Unruhe in die Krankenhäuser und auch in die Suchteinrichtungen zu bringen,

(Dr. Kaiser (SPD): Ein Jahr ist vorbei! – Weitere Zurufe von der SPD – Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie schlafen! – Weitere Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unruhe und Unsicherheit bei den Beschäftigten und bei den Patienten zu erzeugen. In der von Ihnen gewünschten Form ist dies aber keineswegs gelungen. Die Belegungszahlen beider Krankenhäuser sprechen nach wie vor eine eindeutige Sprache. Das Krankenhaus Dillingen weist eine sehr gute Belegung auf.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatsministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Frau Staatsministerin Stewens (Sozialministerium) : Sie können hinterher noch fragen. Jetzt möchte ich erst einmal auf Herrn Kollegen Kaiser antworten.

Das Krankenhaus Dillingen ist von Januar bis Oktober 2001 zu 80,4% belegt und im letzten Jahr waren es 79%. In Buchloe sind die Belegungszahlen etwas nach unten gegangen, und zwar von 90% im letzten Jahr auf 84% im Zeitraum von Januar bis September 2001.

Eines möchte ich Ihnen auch noch grundsätzlich sagen. Sie fragen immer: Wie kann die Bayerische Staatsregierung im Sanierungsausschuss zustimmen? Ist Ihnen eigentlich – obwohl Ihnen offensichtlich zumindest die Kurzfassung des Sanierungskonzeptes vorliegt – entgangen, dass wir nicht einmal Stimmrecht im Sanierungsausschuss haben?

(Dr. Kaiser (SPD): Sie haben es abgesegnet!)

Wir sitzen dort nur wegen der Sicherstellung der Planbetten. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wie können Sie fragen, warum wir zugestimmt haben, wenn wir nicht einmal Stimmrecht im Sanierungsausschuss haben?

In diesem Zusammenhang will ich auch darauf hinweisen, dass das Sanierungskonzept der KPMG von den Banken und dem Deutschen Orden in Auftrag gegeben worden ist. Dieses Sanierungskonzept ist von den 40 Banken und ihren Vorständen exakt geprüft worden und hat die Zustimmung der Banken bekommen,

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Kaiser (SPD))

die dem Deutschen Orden letztendlich die Darlehen gegeben haben.

Herr Kollege Kaiser, Sie haben sehr stark auf die Körperschaft, auf die Verleihung der Körperschaftsrechte abgestellt. Aber der Deutsche Orden ist doch als gemeinnütziger Verein nach Bayern gekommen.

(Dr. Kaiser (SPD): Was Sie sagen, ist nicht wahr!)

Er ist als gemeinnütziger Verein aus Hessen nach Bayern gekommen. Das ist sehr wohl wahr. – Ich möchte es vorsichtig ausdrücken: Die Darlehensvergabe der Banken fasziniert natürlich durchaus. Aber können Sie denn tatsächlich exakt sagen, was der Hintergrund war, ob es nicht vielleicht die Gemeinnützigkeit war und gar nicht so sehr die Körperschaft?

Ich möchte noch etwas richtig stellen. Sie haben gesagt: Die Sanierung des Deutschen Ordens sei ein Fass ohne Boden, was die staatlichen Gelder angehe. Bislang ist noch keine Mark staatlicher Gelder in die Sanierung des Deutschen Ordens geflossen. Behaupten Sie bitte so etwas nicht in der Öffentlichkeit.

(Widerspruch des Abgeordneten Dr. Kaiser (SPD))

Es ist auch keineswegs das Bestreben der Staatsregierung oder unseres Hauses oder der anderen Häuser,

irgendetwas zu verschleiern. Sie bekommen jegliche Auskunft von uns, soweit es uns vor dem Hintergrund des Steuergeheimnisses, des Geschäftsgeheimnisses und des Bankengeheimnisses möglich ist, von denen wir bislang nicht entbunden worden sind, meine Damen und Herren. Dies sollte man durchaus berücksichtigen.

Noch etwas möchte ich dazu sagen. Von den Einrichtungen des Deutschen Ordens liegen 20 in Bayern und 140 in anderen Ländern der Bundesrepublik. Die Mehrzahl der Beschäftigten des Deutschen Ordens arbeitet in Nordrhein-Westfalen.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich möchte aufgrund all der Debatten noch einmal darauf hinweisen, dass die Bayerische Staatsregierung trotz Nachfrage von dem zu wahrenden Banken- und Geschäftsgeheimnis nicht entbunden wurde.

Das ist ganz wichtig. Daher können wir lediglich über die Rahmenbedingungen, nicht aber über konkrete Zahlen und Beträge berichten. Wie Sie sicher wissen, steht das Sanierungskonzept der Unternehmensberatungsgesellschaft KPMG. Das Sanierungskonzept sieht unter anderem vor, dass sich der Deutsche Orden von seinen sechs bundesweit betriebenen Krankenhäusern – Herr Kollege Kaiser, Sie haben darauf auch hingewiesen –

(Dr. Kaiser (SPD): Die hat er doch nicht mehr!)

trennen soll. – Das ist die Frage. Bayern ist mit den beiden Krankenhäusern in Buchloe und Dillingen betroffen.

Mit den hierbei zu erzielenden Verkaufserlösen wird der Deutsche Orden einen Teil der bestehenden Bankverbindlichkeiten abdecken können. Zu diesem Zweck hat der Deutsche Orden in den letzten Wochen intensive Sondierungsgespräche mit potentiellen Krankenhausträgern geführt und dies bereits weitgehend konkretisiert.

Aufgrund eines – Sie wissen das sehr genau – von den Franziskanerinnen von Dillingen, früherer Eigentümer der Krankenhäuser Dillingen und Buchloe, bei Gericht erwirkten Veräußerungsverbotes für beide Krankenhäuser gestaltet sich nun die Überführung dieser Krankenhäuser in eine neue Trägerschaft nicht ganz unproblematisch. Das Sozialministerium, also wir, hat die Sanierungsbemühungen des Deutschen Ordens im Interesse der Patienten und des Erhalts der Arbeitsplätze – nur deswegen, Herr Kollege Kaiser, sitzen wir ohne Stimmrecht im Sanierungsausschuss – in den Einrichtungen des Deutschen Ordens von Anfang an mit größter Sorgfalt und Aufmerksamkeit begleitet. Aufgrund fehlender rechtlicher Möglichkeiten ist das Sozialministerium jedoch auf Moderation und Überzeugungsarbeit beschränkt.

Um den beiden bayerischen Ordenskrankenhäusern eine gesicherte und soweit wie möglich turbulenzfreie Zukunft zu ermöglichen

(Zuruf von der SPD: Die gibt es nicht!)

wenn Sie so weitermachen, dann gibt es sie nicht –, ist die vom Sozialministerium präferierte

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist ein dicker Hund! Wer ist dafür verantwortlich?)

Nein, das ist kein dicker Hund – Lösung einer Überführung der beiden Krankenhäuser in kommunale Trägerschaft, durchaus auch unter Beteiligung Privater unser Ziel. Dieses Ziel ist jedoch nur durch eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen dem Deutschen Orden und einem neuen kommunalen Träger möglich. Um hierbei zu einer allen Beteiligten gerecht werdenden Lösung zu gelangen, wurde im Sozialministerium eine Vielzahl von Gesprächen mit allen maßgeblichen Beteiligten geführt.

Kernproblem der ganzen Angelegenheit ist es, sich über einen Kaufpreis zu einigen, der sowohl den Interessen der Gläubigerbanken des Deutschen Ordens, siehe KPMG-Gutachten als auch der Leistungsfähigkeit der potentiellen Übernehmer entspricht. Sie werden auch sicher dafür Verständnis haben, dass ich selbst dann, wenn es mir rechtlich erlaubt wäre, keine konkreten Zahlen über die im Raum stehenden Kaufsummen nennen kann, da dies entweder für die Verkäufer oder für die Erwerbsseite äußerst abträglich wäre. Vor dem Hintergrund unserer beiden Ziele wäre dies auch nicht zielführend. Ich kann Ihnen jedoch sagen, dass wir weiterhin dabei sind, mit Nachdruck und in vielfältigsten Gesprächen auf den unterschiedlichsten Ebenen eine tragfähige Lösung zu finden.

(Dr. Kaiser (SPD): Ein Jahr haben Sie bisher gebraucht!)

Nein, dazu haben wir kein Jahr gebraucht.

(Dr. Kaiser (SPD): Ein Jahr!)

Herr Kollege Kaiser, das ist schlicht und einfach nicht wahr. Sie verkennen, dass die Krankenhäuser dem Deutschen Orden gehören und dass letztendlich, wenn Sie es ganz genau nehmen, der gesamte Deutsche Orden, dieser Sozialkonzern, den Banken gehört, bei denen die Schulden angelaufen sind. Vor diesem Hintergrund musste die Frage eruiert werden: Ist der Deutsche Orden sanierbar oder ist er nicht sanierbar?

(Dr. Kaiser (SPD): Er ist nicht sanierbar!)

Dass vor diesem Hintergrund das KPMG-Gutachten – Auftraggeber waren die Banken und der Deutsche Orden, aber keineswegs die Bayerische Staatsregierung – aufgestellt werden musste, müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen, Herr Kollege Kaiser. Ich kann nur sagen, dass wir zur Zeit mit Nachdruck und in unterschiedlichsten Gesprächen dabei sind, eine gute, eine tragfähige Lösung zu finden, um möglichst früh eine neue Trägerschaft für beide Krankenhäuser in Dillingen und Buchloe zu erreichen.

Lassen Sie mich noch kurz auf die in der Presse angesprochene Problematik der Aufteilung der Weihnachtsgelder durch den Deutschen Orden eingehen – das stand auch schon in der Zeitung. Herr Kollege Kaiser, Ihr Statement hatte keinerlei Neuigkeitsgehalt. Sicher ist es richtig, dass die Aufteilung der Weihnachtsgelder in zwei Hälften, nämlich für November 2001 und Februar 2002,

für die betroffenen Arbeitnehmer eine soziale Härte darstellt – das verkenne ich nicht. Nach den von uns eingeholten Auskünften wurde diese Maßnahme aber mit den Vertretern aller Einrichtungen erörtert. Alle Verwaltungsleiter sind gefragt worden, und die Verwaltungsleiter haben wiederum alle Mitarbeitervertretungen gefragt. Meine Damen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, gerade auf Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnenseite ist dies auf Verständnis gestoßen.

(Dr. Dürr (BÜDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was bleibt ihnen übrig?)

Im Zuge der Sanierung eines Unternehmens stellt ein solcher Vorgang – das wissen Sie ganz genau – durchaus nichts Ungewöhnliches dar und kommt aufgrund der schlechten konjunkturellen Lage zur Zeit sicherlich auch in anderen Wirtschaftsbereichen der Bundesrepublik vor. Sie sehen auch, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchaus an der Sanierung ein Interesse haben; denn sie ist – zumindest nach Zeitungsberichten und jetzt nach Auskunft des Deutschen Ordens aufgrund einer Anfrage von uns – mit ihnen abgesprochen worden.