Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst lasse ich über den Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 14/6641 abstimmen. Ich gehe davon aus, dass über den Gesetzentwurf nur noch in der geänderten Fassung abgestimmt werden soll. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt auf Drucksache 14/9928 die Ablehnung des Gesetzentwurfs in der geänderten Fassung. Wer entgegen der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und Herr Kollege Hartenstein. Der Gesetzentwurf ist abgelehnt und damit auch der Änderungsantrag 14/7366.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die mitberatenden Anträge der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf den Drucksachen 14/7321, 14/7322 und 14/7323. Ich lasse zunächst über den Antrag auf Drucksache 14/7321 betreffend „Konzept für die Vernetzung der Opferhilfe“ abstimmen. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt auf Drucksache 14/9929 die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen der Beschlussempfehlung dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzei
chen. – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und Herr Kollege Hartenstein. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Der Antrag ist abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag auf Drucksache 14/7322 betreffend „Aus- und Weiterbildung für Polizei, Justiz, Verwaltung und Ärzteschaft“. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt auf Drucksache 14/9930 wiederum die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen der Beschlussempfehlung dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Gibt es Stimmenthaltungen? – Eine Stimmenthaltung des Kollegen Hartenstein. Der Antrag ist ebenfalls abgelehnt.
Ich lasse jetzt über den Antrag auf Drucksache 14/7323 betreffend „Bereitstellung der notwendigen Mittel für die Opferhilfe“ abstimmen. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt auf Drucksache 14/9931 die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und Herr Kollege Hartenstein. Gibt es Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine. Der Antrag ist abgelehnt. Damit ist der Tagesordnungspunkt 9 erledigt.
Ich eröffne die Allgemeine Aussprache. Die Redezeit pro Fraktion beträgt 30 Minuten. Der erste Redner ist Herr Kollege Schuster.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich inhaltlich in die Debatte einsteige, möchte ich mich bei meiner Fraktion dafür bedanken, dass ich als neuer Abgeordneter zum
Gesetz über die Einführung Integrierter Leitstellen reden darf. Ein Gesetz, das von der ersten Antragstellung bis zu seiner Fertigstellung über zehn Jahre braucht, muss ein wichtiges Gesetz sein.
Bereits 1991 hat mein Landtagskollege Dr. Hahnzog bezüglich der einheitlichen Notrufnummer eine Anfrage gestellt. Weitere Anträge, Anfragen und Vorschläge der SPD-Fraktion zur Umsetzung der einheitlichen Notrufnummer folgten. Erst jetzt – über zehn Jahre danach – hat es die Staatsregierung fertig gebracht, ein Gesetz zur Einführung Integrierter Leitstellen auf den Tisch zu legen, das heute in die Zweite Lesung geht. Die Staatsregierung hat jedoch bis heute keine einheitliche Notrufnummer zu Stande gebracht; denn die Kassenärztliche Vereinigung wird sich nicht an der Integrierten Leitstelle beteiligen, sondern ihr eigenes System in Bayern aufbauen.
denn dem Bürger wird mit dem Gesetz zur Einführung Integrierter Leitstellen vorgegaukelt, dass er unter einer Telefonnummer die Feuerwehr, den Rettungsdienst und den ärztlichen Bereitschaftsdienst erreichen könne. Das ist leider nicht der Fall. Da aus unserer Sicht beim Gesetz zur Einführung Integrierter Leitstellen weiterer Veränderungsbedarf gesehen wird, haben wir sechs Änderungsanträge eingebracht, die unserer Einschätzung nach im Gesetz verankert werden müssen.
In Artikel 2 Absatz 1 ist nur die Rede davon, dass die Integrierte Leitstelle Aufgaben im Rahmen von Notfallmeldungen und Alarmierungen für Rettungsdienst und Feuerwehr zu erledigen habe. Die äußerst wichtige Funktion einer Integrierter Leitstelle im Rahmen des Katastrophenschutzes bleibt unberücksichtigt. Lediglich in der Begründung des Gesetzes steht:
Sie übernimmt die Alarmierung des Rettungsdienstes, der Feuerwehr sowie weiterer Einheiten, Einrichtungen, Stellen und Personen sowohl bei alltäglichen Gefahrenlagen als auch in den Fällen, in denen die Alarmierung eine Planung nach dem Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes zugrunde liegt oder die Alarmierung durch die Führungsgruppe Katastrophenschutz oder die Örtliche Einsatzleitung veranlasst wird. Die Integrierte Leitstelle wird damit in ihrem Zuständigkeitsbereich zur zentralen, alarmauslösenden Stelle der nicht polizeilichen Gefahrenabwehr.
Artikel 2 legt die Aufgaben der Integrierten Leitstelle abschließend fest, das heißt, dass die Leitstelle weitere Aufgaben nicht übernehmen darf. Diese Beschränkung sei notwendig, damit die Funktionsfähigkeit der Leitstelle, die eine sachlich und räumlich sehr umfangreiche Aufgabenstruktur hat, nicht durch andere Aufgaben beeinträchtigt wird.
Aus unserer Sicht und aus Sicht der Verbände muss die wichtige Funktion der Integrierten Leitstelle, nämlich die Alarmierung im Katastrophenfall, im Gesetz stehen und dürfte nicht nur so nebenbei in der Begründung des Gesetzes vorkommen.
Da uns die Vergesslichkeit von Mitgliedern der Staatsregierung schon des Öfteren aufgefallen ist, gehen wir davon aus, dass dies ebenfalls der Vergesslichkeit zuzurechnen ist.
Deshalb fordern wir, im Artikel 2 Absatz 1 den Satz: „Das gilt auch im Katastrophenfall.“ einzufügen.
Ein ganz besonderes Highlight im Gesetzentwurf ist der ziemlich spät eingefügte Artikel 10 Absatz 1 Nummer 10 des Gesetzes. Unsere Forderung, diesen Artikel zu streichen, deckt sich mit allen Forderungen der Fachverbände. Außerdem widerspricht der Artikel 10 Absatz 1 Nummer 10 dem Grundgedanken des Gesetzes zur Einführung Integrierter Leitstellen, der da heißt: Alles aus einer Hand.
Zur einheitlichen Nutzung der Notrufnummer 112 gibt es keine Alternativen. Sie bietet die einzige realisierbare Möglichkeit, die bestehenden Nachteile in der Rettungsdienst- und Feuerwehralarmierung zu beseitigen.
Mögliche Alternativen zur Errichtung Integrierter Leitstellen hat der vom Staatsministerium des Innern bei den Vorarbeiten zum Gesetzentwurf beauftragte Gutachter sorgfältig untersucht. Alle anderen denkbaren Lösungen weisen jedoch erhebliche fachliche Nachteile auf und sind darüber hinaus sowohl in den Investitionskosten als auch in den Betriebskosten teurer. Die Zusammenführung der Notrufabfrage und der Alarmierung für Rettungsdienst und Feuerwehr in Integrierten Leitstellen bringt den im Vergleich höchsten Sicherheitsstandard für die Bevölkerung zu finanziell tragbaren Bedingungen.
Die Möglichkeit, nach Artikel 10 Absatz 1 Nummer 10 weiterhin neben den Integrierten Leitstellen Feuerwehreinsatzzentralen für die Alarmierung der Feuerwehr bestehen bleiben zu lassen, weisen fachliche Nachteile auf, und die Investitions- und Betriebskosten werden höher.
Ich will nur mal die fachlichen Nachteile beleuchten: Es fallen Notrufabfrage und die Alarmierungsfunktion auseinander. Der Notrufabfragende kann nicht in die Alarmierungsentscheidung eingreifen, obwohl er wesentlich bessere und umfangreichere Informationen hat. Der Disponent in einer abgesetzten Feuerwehreinsatzzentrale, der die Alarmierungsentscheidung trifft, kann nicht die vollen Informationen haben, weil er nicht mit dem Anrufer gesprochen hat. Ich könnte Ihnen zehn weitere Punkte nennen. Das würde aber den zeitlichen Rahmen sprengen.
Die fachlichen Nachteile die ich vorgetragen habe und auch die, die ich nicht vorgetragen habe, wurden vom Landesfeuerwehrverband Bayern und von der Arbeitsgemeinschaft der Berufsfeuerwehr dem Innenministerium vorgetragen. Trotz der gesamten Nachteile hält das Innenministerium, allen voran Innenminister Dr. Beckstein, am Artikel 10 Absatz 1 Nummer 10 fest. Dies können wir nicht mal mehr als politisches Zugeständnis an einen Fachverband werten. Hier ist der Innenminister vor einem Landrat und seinem Kreisbrandrat, der seine Zentrale behalten möchte, eingeknickt.
Das ist völlig unverständlich für den Landesfeuerwehrverband Bayern und die Leiter der Berufsfeuerwehren. Herr Innenminister – er ist leider nicht da – erzählen Sie mir bitte nicht, dass Artikel 10 Absatz 1 Nummer 10
(Willi Müller (CSU): Der Staatssekretär ist da! – Frau Radermacher (SPD): Der versteht es vielleicht auch!)
könne das Problem Integrierte Leitstelle Nürnberg/Fürth/ Erlangen gelöst werden. So wie die Vergesslichkeit ist uns auch das Einknicken der Staatsregierung bekannt – siehe Factory-Outlet-Center.
Hinzu kommt – das möchte ich anmerken – dass in dem Artikel 10 Absatz 1 Nummer 10 einige Sicherungen eingebaut wurden. Die Feuerwehrzentrale muss ständig mit zwei Disponenten besetzt sein und durch eine wissenschaftliche Untersuchung muss der Nachweis erbracht werden, dass die Alarmierung durch die Feuerwehreinsatzzentrale ebenso sicher und schnell funktioniert wie die Alarmierung durch eine Integrierte Leitstelle. Wer soll denn Ihrer Meinung nach die wissenschaftliche Untersuchung durchführen? Wer beauftragt denn Ihrer Meinung nach den Gutachter? – Der Kreisbrandrat des Landkreises, der seine Leitstelle behalten möchte?
Wenn, dann müsste es wenigstens heißen: Eine vom Staatsministerium des Inneren in Auftrag gegebene wissenschaftliche Untersuchung.
Das sind die kleinen fachlichen Fehler, auf die ich hinweisen wollte. Wir gehen davon aus, dass sich diese Untersuchung erübrigt, da aus fachlicher Sicht feststeht, dass Artikel 10 Absatz 1 Nummer 10 gestrichen werden muss.