Protokoll der Sitzung vom 24.10.2002

Werte Kolleginnen und Kollegen, trotz manchem nicht erfüllten Haushaltswunsch haben wir Grund – wie es vorhin der Minister schon getan hat – unserem Kollegen Manfred Ach und dem Haushaltsausschuss dankbar zu sein. Mit Billigung seines Ausschusses können wir auch in der Umweltpolitik Kurs halten. Das Arbeiten an, mit und für die Natur bedeutet nicht in Zeiträumen von fünf Jahren sondern in langfristigen Zeiträumen zu rechnen und zu denken.

(Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So langfristig auch wieder nicht!)

Bei Ihnen hätten ich gar nichts anderes erwartet.

Besonders wegen der kleiner gewordenen Spielräume bin ich dem Kollegen Ach besonders dankbar, dass er für die Fortführung des für unser Land so wichtigen Vertragsnaturschutzprogramms gesorgt hat.

(Beifall bei der CSU)

Wir haben damit nicht nur das Machbare getan, sondern wir haben damit dafür gesorgt, dass das Notwendige auf diesem Gebiet getan werden kann. Bei dieser Gelegenheit sage ich den Kollegen Dank, die nicht dem Umweltausschuss angehören, dass sie uns die ganze Zeit ertragen haben, weil wir ihnen mit dieser Querschnittsauf

gabe in ihre Politik hineinreden mussten. Ich bedanke mich für ihr bisheriges Verständnis und bitte sie, uns auch weiterhin ihr Verständnis zu geben; denn die Aufgabe des Umweltausschusses bleibt die gleiche. Dankbar bin ich auch den Fachleuten in den Ministerien, besonders im Umweltministerium, dass sie unsere Fragen und Neugierde ertragen haben. Hier lobe ich insbesondere und bedanke mich besonders bei den Angehörigen des Staatsministeriums für Landesentwicklung und Umweltfragen.

Zum Schluss mein Rat an Sie, die Damen und Herren der Opposition. Kümmern Sie sich neben Ihrer vorgetragenen Kritik, zu der ich soeben Stellung genommen habe, um die Umweltverbesserung in den Bundesländer und beim Bund, wo Sie mitregieren,

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Wir sind in Bayern!)

damit Sie dort erst einmal die Zahlen, die wir in Bayern beim Umweltschutz vorweisen können, auch erreichen.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wir sind im Bayerischen Landtag! – Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Wir sind bayerische Abgeordnete!)

Sie regen sich immer dann auf, wenn Sie merken, dass Sie erwischt worden sind.

Ich werde demnächst die Staatsregierung in einem Antrag bitten, ähnlich wie bei Pisa einen Vergleich der Ergebnisse der Umweltpolitiken der Länder herbeizuführen. Wir von der CSU werden währenddessen zusammen mit der bayerischen Bevölkerung dafür sorgen, dass wir auch im Umweltschutz Spitze bleiben. Ich meine, der Haushaltansatz 2003/2004 gibt uns dazu die Möglichkeit.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Garztke (SPD))

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr Mehrlich.

Saludos Amigos! Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es klingt schon seltsam – aus dem Munde eines Preußen vor allem – dass Sie, Herr Kaul, uns unser Heimatrecht in Bayern absprechen wollen. Dies ausgerechnet aus dem Munde eines geborenen Preußen. Das ist schon seltsam, um keine andere Ausdrucksweise zu gebrauchen.

(Kaul (CSU): Ich habe zitiert!)

Herr Vorsitzender des Umweltausschusses, Herr Kaul, ein Weiteres. Sie haben sich für die RZWas beim Kollegen Hofmann bedankt.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kaul?

(Zuruf des Abgeordneten Kaul (CSU))

Sie haben die RZWas mit dem Namen des Kollegen Hofmann verbunden. In der Tat, die Kommunen können sich wegen der RZWas beim Abgeordneten Hofmann bedanken. Ich wusste gar nicht, dass Sie sie verbrochen haben. Ich dachte, sie sei auf einem Kabinettsbeschluss zurückzuführen, wo die Eckpläne festgelegt worden sind, die die Förderschwellen angehoben und die Fördersätze gesenkt haben mit der Folge, dass 50% der Kommunen überhaupt keinen Zuschuss mehr bekommen. Sie können sich in der Tat beim Kollegen Hofmann bedanken und nicht zuletzt bei der Staatsregierung selbst.

(Beifall bei der SPD)

Hat man der Rede des Umweltministers aufmerksam gelauscht, hat man den Eindruck gewonnen, als sei bei Ihnen, Herr Dr. Schnappauf, noch gar nicht angekommen, dass Sie auch für die Abwasserentsorgung und die Trinkwasserversorgung zuständig sind. Darüber haben Sie nicht ein einziges Wort verloren. Gerade auf diesem Gebiet sind die Probleme, wie ich gerade im Zusammenhang mit der RZWas sagte, in besonderer Weise vorhanden.

Sie sprachen hingegen, dass Sie die Wasserstoffwirtschaft voranbringen wollten. Wie lange will denn die Staatsregierung die Wasserstofftechnik und -wirtschaft noch voranbringen? In den letzten zehn Jahren, seit dem Sie die Wasserstoffwirtschaft voranbringen, hat sich nichts getan. Außer Colloquien und außer Geldauszugeben ist nichts passiert. Sie sollten sich gegebenenfalls in Unterfranken beim Kollegen Kaul, mit dem ich in Bad Brückenau gewesen bin, erkundigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Stärke bzw. Schwäche eines Ministers wird nicht so sehr durch seine Medienpräsenz und das Medienecho und auch nicht durch seine Stellung im Kabinett deutlich, sondern nicht zuletzt und vor allem auch durch sein Ansehen im Parlament insgesamt und in seinem eigenen Hause.

Er muss sich unter anderem daran messen lassen, ob er in der Lage und willens ist, die Beschlüsse des Hohen Hauses gegenüber seiner Ministerialbürokratie und seinen nachgeordneten Behörden durchzusetzen. Daran wollen wir Sie, Herr Dr. Schnappauf, heute messen. Sie alle, meine Damen und Herren – auch von der Union – ahnen schon, zu welchem Ergebnis ich kommen werde. Ich bin mir sicher, dass Sie es schon ahnen.

(Hofmann (CSU): Mach es nicht so spannend!)

Am Beispiel von Wasser und Abwasser will ich es deutlich machen, lieber Walter Hofmann.

(Hofmann (CSU): Ich rasier‚ Dich schon!)

Des hasd no nie geschaffd, des wersd a heud ned schaff’n!

(Heiterkeit)

In der dreizehnten und in der vierzehnten Legislaturperiode wurden zahlreiche Beschlüsse zum Thema Abwasser – zum Teil auch einstimmig – gefasst. Forderungen wurden erhoben – nicht zuletzt von der CSU selbst –, kleine dezentrale und wohnortnahe Kläranlagen und Pflanzenkläranlagen bauen zu lassen. Man wollte neue Verfahren und Techniken zulassen, selbst wenn sie noch nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprachen. Bei diesen Forderungen des Hohen Hauses ist es bisher aber auch geblieben. Variantenplanungen sollten unter Beteiligung mehrerer Planungsbüros insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Kosteneinsparung zugelassen werden. Zuschüsse sollten sogar nur noch dann gewährt werden, wenn wohnortnahe Lösungen als Alternative zu einem Anschluss an eine zentrale Abwasserreinigung ernsthaft untersucht wurden.

Was war das Ergebnis dieser Anträge, meine sehr verehrten Damen und Herren? Die Umweltverbände, die kommunalen Spitzenverbände, die Kommunen und die Bürger selbst beschweren sich zunehmend darüber, dass trotz der Beschlüsse des Landtags in der Praxis nichts, aber auch gar nichts geschehen ist. Wir bekommen genau wegen dieser Politik immer mehr Petitionen in den Kommunalausschuss. Die Anzahl der Petitionen ist sprunghaft gestiegen. Die Bürger beschweren sich darüber, dass die Wasserwirtschaftsbehörden und auch die politische Spitze des Ministeriums offensichtlich nicht bereit und in der Lage sind, die Vorgaben des Parlaments umzusetzen. Selbst Bürgerinitiativen und Bürgerbegehren machen dies deutlich.

Dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, lieber Walter Hofmann, ist nicht zuletzt ein Ergebnis der schandhaften RZWas, mit welcher die Kommunen bis aufs Hemd ausgezogen und wonach ihnen keine bzw. nur mehr deutlich verminderte Zuschüsse gegeben werden. Sie müssten es eigentlich auch wissen – in der Anhörung in der letzten Woche ist es deutlich geworden, Herr Minister –, dass für die Abwasserentsorgung kurz-, mittel- und längerfristig Investitionen in Höhe von über 10 Milliarden e anstehen. Dass wir dabei keinen Antragsstau mehr haben, wie Sie selbst sagten, ist nur darauf zurückzuführen, dass die Kommunen überhaupt keine Anträge mehr stellen, weil sie wissen, dass sie keine Zuschüsse mehr bekommen.

(Beifall bei der SPD)

Das nennen Sie, Herr Hofmann und Herr Minister Dr. Schnappauf, eine zeitnahe Abwicklung von Zuschüssen. Das ist die ungeschminkte Wahrheit. Die Petitionen im Kommunalausschuss beweisen es überdeutlich. Ich bin mir sicher, dass nicht alle Petitionen zu diesem Thema nur bei uns im Kommunalausschuss, sondern auch bei Ihnen im Umweltausschuss landen.

(Hofmann (CSU): Das ist nicht wahr!)

Die Menschen regen sich nicht immer nur über die Kosten auf. Sie wollen eine übersichtliche, ortsnahe und naturfreundliche Lösung der Abwasserprobleme vor Ort. Sie wollen mitreden, wenn sie schon bezahlen müssen. Sie wollen mitgestalten, sie wollen Übersichtlichkeit. Meistens wird dies der Bevölkerung verwehrt, und damit treten Sie der Bevölkerung, die Eigeninitiative ergreift und mithandeln will, mit Stiefeln ins Gesicht. Mit Ihrer Politik erreichen Sie genau das Gegenteil dessen, was Sie angeblich wollen.

Selbst der Fraktionsvorsitzende der CSU hat vor einigen Jahren in einem Beitrag im „Münchner Merkur“ darüber geklagt, dass die Behörden den Landtag ausbremsen. Recht hat Herr Glück damit gehabt. Hier stellt sich schon die Frage, wie lange dieses Haus – vor allem die Mehrheit dieses Hauses – es sich noch gefallen lassen will, dass Beschlüsse vom Minister und von seiner Administration nicht umgesetzt werden. Das hat mit dem Dosenpfand begonnen und hat in der Abwasserentsorgung bzw. in der Bezuschussung nach der RZWas seinen Höhepunkt gefunden. Die Antwort auf eine schriftliche Anfrage aus dem Jahr 2000 hat ergeben, dass von 1000 privaten Pflanzenkläranlagen gerade einmal – man höre und staune! – 12 kommunale Anlagen dieser Art vorhanden sind. Eine erbärmliche Bilanz kann ich Ihnen, Herr Minister, da nur attestieren!

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, Sie persönlich sind gefordert. Zeigen Sie endlich einmal Stärke. Lassen Sie nicht nur buntes Papier bedrucken, sondern sorgen Sie dafür, dass die einschlägigen Beschlüsse des Landtags auch umgesetzt werden. Holen Sie endlich die amtliche Wasserwirtschaft aus dem Bremserhäuschen heraus. Wenn Sie dazu allerdings nicht in der Lage, vielleicht noch nicht einmal willens sind, sollten Sie persönliche Konsequenzen daraus ziehen.

(Beifall bei der SPD)

Sie hätten dann Ihr Haus und Ihre nachgeordneten Behörden nicht im Griff.

Aber was tun Sie? Sie nehmen die Gemeinden aus wie eine Martini-Gans. Im Zusammenhang mit der RZWas habe ich darauf schon hingewiesen.

(Loscher-Frühwald (CSU): Wie nimmt man eine Martini-Gans aus?)

Die Abwasserabgabe ist ein Skandal erster Ordnung. Zwischen 1998 und 2001 wurden 85 Millionen bis 111 Millionen DM den Kommunen als Abwasserabgabe abgenommen. Was wird mit dieser Abwasserabgabe gemacht? Die gesamte bayerische Wasserwirtschaft, die sich letztlich gegen die Kommunen richtet, muss von ihnen auch noch finanziert werden. Dafür werden jährlich 12 Millionen DM vorweg entnommen. Mit einem Großteil des übrigen Geldes stopfen Sie ganz offensichtlich Haushaltslöcher. 65 Millionen DM gingen 1998 aus der Abwasserabgabe an die Kommunen zurück. 29,8 Millionen DM waren es 1999. 73,8 Millionen DM waren es 2000, und 2001 waren es sage und schreibe 2,3 Mil

lionen DM von 111 Millionen DM Einnahmen, also ganze 2%, wurden davon an die Kommunen zurückgegeben. Das ist eine Schande, wie sie größer nicht sein könnte. Sie nehmen die Kommunen in der Tat wie eine Weihnachtsgans aus. Wenn es aber um die finanzielle Situation der Kommunen und deren Ursachen geht, stellen Sie andere an den Pranger. Vor diesem Hintergrund haben Sie dazu jedes moralische Recht verloren und verspielt.

Ein Letztes, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Privatisierungspläne zur Abwasserbeseitigung und -reinigung aus dem Umweltministerium sollten Sie nach der Anhörung von letzter Woche endlich aufgeben. Die Anhörung hat ein klares Ergebnis gezeigt: Bis auf den Vertreter von Vivendi haben sich alle Beteiligten gegen eine weitere Privatisierung der Abwasserentsorgung ausgesprochen. Bei der Einrichtungsprivatisierung werden schlimme Folge für die Bürger und für die Kommunalpolitik befürchtet. Es ist jetzt schon möglich, die Einrichtungen der Wasserversorgung zu privatisieren. Diese Möglichkeit wird aber nicht in Anspruch genommen. Es wäre ein Akt der Entbürokratisierung, wenn diese Möglichkeit wieder zurückgenommen würde.