Zur Frage der Fortsetzung der EU–Gemeinschaftsinitiative Interreg nach 2006 hat sich das federf ü h rende Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Te c h n o l o g i e bereits mit Schreiben vom 28. November des Jahres 2002 an das Bundeswirtschaftsministerium gewandt. Dabei wurde unter Hinweis auf den großen Erfolg von Interreg und die Bedeutung im Hinblick auf die Osterweiterung der Union eine Fortführung dieses EU–Sonderprogramms nach 2006 nachdrücklich gefordert. Dies gilt insbesondere für die jetzige bayerisch–tschechische Außengrenze, aber auch für die Binnengrenze zu Österreich.
Der Bayerische Ministerrat hat sich in seiner Sitzung am 20.05.2003 ausdrücklich für eine besondere Förderung der Regionen an der Grenze zu den Beitrittsstaaten in der Förderperiode 2007 bis 2013 ausgesprochen. Diese Position Bayerns werden wir im Rahmen der Erörterung der künftigen Strukturf o n d s f ö rderung der EU mit allem Nachdruck vertre t e n.
Herr Staatssekretär, die von Ihnen genannten Bemühungen der Staatsregierung sind – ich würde sagen – hochrespektabel. Dem ersten Teil Ihrer Antwort muss ich aber entnehmen, dass die Chancen aufgrund der geringen Aktivitäten der Europäischen Union und der Bundesregierung o ffenbar nicht besonders positiv einzuschätzen sind. Meinen Sie nicht, dass bei einem Wegfall der Förderung für das Gebiet auf der bayerischen Seite und einer Höchstförderung jenseits der Grenze, also auf der tschechischen Seite, bei zahlre i c h e n Betrieben auf der bayerischen Seite zwischen Passau und Hof die Lichter ausgehen werden? Wir sehen doch bereits den Anfang, zum Beispiel mit dem Betrieb in Regen.
Herr Kollege Kobler, ich sehe die Angelegenheit nicht ganz so dramatisch. Allerdings bin ich Realist genug, um zu sehen, dass die von uns allen befürchtete Tatsache, dass jenseits der Grenze in Tschechien Höchstfördersätze bezahlt werden und bei uns in Bayern null Fördermöglichkeiten bestehen, natürlich eine erhebliche We t t b e w e r b s v e rzerrung bedeuten würde, die sicher dazu führen würde, dass die eine oder andere Arbeitsplatzverlagerung von Bayern nach Tschechien erfolgen würde und dass zudem Neuinvestitionen, die wir gerade im Raum Passau, aber auch – Herr Stahl – im Raum Neustadt/Weiden/Tirschenreuth entlang der gesamten Grenze dringend nötig haben, unterbleiben würden.
Deshalb haben wir vonseiten der Bayerischen Staatsregierung klar und deutlich gesagt, unabhängig von den Diskussionen in Europa fordern wir ein eigenes Förderprogramm für das Gebiet entlang des früheren eisernen Vorhangs. Wir sind sehr dankbar, dass Ministerpräsident Stoiber dies in der Ministerpräsidentenkonferenz vor einigen Monaten durchgesetzt hat und dass die Ministerpräsidentenkonferenz einstimmig – das ist beachtlich – den Beschluss gefasst hat, die Bundesregierung zu beauftragen, dafür in Brüssel zu kämpfen.
Herr Kollege Kobler, ich sage ohne Polemik, aber mit einem großen Schuss Bitterkeit: Ich sehe bisher
keinen Ansatz für einen konkreten Erfolg. Bisher sind mir auch keine konkreten Initiativen der Bundesregierung in dieser Richtung bekannt.
Herr Staatssekretär, ist Ihnen bekannt, dass die Bundesregierung vor wenigen Tagen auf die Anfrage des CSU– B u n d e s t a g s a b g e o rdneten Georg Gierisch geantwortet hat, dass nach den bisherigen Äußerungen der Kommission davon auszugehen ist, dass sie auch die Fortführung von Maßnahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit befürworten wird. Die Bundesregierung hat referiert, dass darüber hinaus die Zusammenarbeit der Regionen beiderseits der neuen Binnengrenze – das ist das bisherige Interreg-Programm III – auch in der erweiterten Gemeinschaft grundsätzlich gewährleistet sein soll. Die Bundesregierung hat sich darüber hinaus in dem Eckpunktepapier, das sie zur Strukturdiskussion im vorigen Jahr vorgelegt hat, deutlich dafür ausgesprochen, dass es eine Fortführung dessen, was das Interre g - I I I - P rogramm bedeutet, geben soll. Außerdem hat ganz aktuell Kommissar Verheugen der Presse in München gegenüber ausgeführt, dass er sich persönlich dafür einsetzen wird, dass es einen eigenen Status gibt, damit Förderungen in diesem Gebiet möglich werden im Rahmen der dann neu aufgelegten Strukturpolitik, sei es, dass man dann sagt, das ist Ziel-2*, oder dass man dem eine andere Bezeichnung gibt.
Das ist Ihnen in dieser Deutlichkeit sicher nicht bekannt gewesen, sonst hätten Sie das in Ihre Ausführungen mit einbezogen.
H e r r Staatssekretär, bitte. R01156 Staatssekretär Hans Spitzner (Wirtschaftsministe- rium): Um ihre achtunddreißig Sätze umfassende Frage zu beantworten, diese Äußerung der Bundesregierung ist mir sehr wohl bekannt gewesen. Ich sage aber auch wieder ohne jegliche Polemik, mir sind alle einschlägigen Äußerungen von Verheugen und vom Herrn Kanzler himself, die er bei uns in Ostbayern in den letzten Monaten und Jahren gemacht hat, ebenso bekannt. Ich darf darauf hinweisen, dass die Äußerung zur Antwort des Abgeordneten Girisch meines Erachtens sehr optimistisch ist, weil die Kommission diese Äußerung unter der Prämisse abgibt, dass offensichtlich auch die von ihr ins Auge genommene und geforderte Aufstockung des deutschen Beitrags zur künftigen Finanzierung der Osterweiterung Wirklichkeit werden wird. Da diese Aufstockung aber nicht der Fall sein wird, wird die Antwort der Kommission dann anders lauten. Ich betone noch einmal, Frau Kollegin Kronawitter, wir hätten alle diese Probleme nicht, wenn sich der Bund von sich aus bereit erklärt
hätte, unser Ertüchtigungsprogramm mit einem Volumen von 100 Millionen Euro mit einem eigenen Programm mit zusätzlichen 100 Millionen Euro aufzustocken. Dann stünden wir heute wesentlich besser da und könnten so manche Forderungen, die gerade berechtigterweise aus dem niederbayerischen, dem oberpfälzischen und dem oberfränkischen Bereich kommen, entsprechend günstig finanzieren.
Herr Staatssekretär, diese von Ihnen angesprochene mögliche Sonderförderung oder das mögliche Sonderprogramm sind natürlich für das Überleben im Rahmen der Osterweiterung in den angrenzenden Regionen ein wirkliches Megathema. Können Sie eventuell schon angedachte Inhalte nennen, die ein solches Sonderprogramm oder einen Sonderstatus für das derzeitige Ziel–2–Gebiet enthalten könnten? Kann darüber schon laut nachgedacht werden?
Herr Kollege Kobler, es ist schwierig, auf Ihre Frage eine detaillierte Antwort zu geben. Sie würde viel zu viele Spekulationen auslösen. Ich sage aber nochmals, uns wäre auch in Bayern unabhängig von einem Programm schon dann geholfen, wenn sich die Bundesregierung stärker dafür einsetzen würde, den so genannten Beihilfespielraum der jeweiligen Länder innerhalb bestimmter Grenzen zu erweitern. Ich glaube, wir sollten uns in diesem Hause alle miteinander darin einig sein, dass es recht und billig ist, dass wir bestimmte für die Region strukturpolitisch eminent wichtige Projekte mit eigenen bayerischen Mitteln finanzieren und bezuschussen dürfen, ohne dass wir jeweils einen langen Nachfrageprozess in Brüssel brauchen. Frau Kollegin Kronawitter, darin sind wir uns einig. Herr Wiesheu und ich haben das seit Jahren angemahnt, darin haben wir aber bisher keinerlei Unterstützung.
Ich würde gerne mit Ihnen Weihnachten mitten unter dem Jahr feiern, Frau Kollegin Kronawitter, wenn wir diesbezüglich eine endgültige positive Zusage von der Bundesregierung bekommen würden.
Das sind doch alles Spekulationen, das kennen wir doch schon. Ich wäre froh, wenn die Bundesregierung eine endgültige definitive Entscheidung in diese Richtung treffen würde. Ich würde dann ausnahmsweise
Sehr geehrter Herr Staatssekretär, welche Beiträge stehen aus den EU–Ziel–2–Mitteln für Bayern nach der Neufestlegung auf die sechs Schwerpunkt bereiche und der Freigabe der 4 % Reservemittel für die einzelnen Bereiche zur Verfügung, die noch nicht gebunden sind?
Herr Kollege Schuster, der bisher im Rahmen des Ziel–2–Programms Bayern 2000 bis 2006 zur Verfügung stehende Betrag an EU–Strukturfondsmitteln in Höhe von 536 Millionen Euro wird sich durch die Zuteilung der Leistungsreserve auf insgesamt 560 Millionen Euro erhöhen. Die Mittel der Leistungsreserve in Höhe von knapp 24 Millionen Euro sollen annähernd hälftig auf die beiden Gebietskulissen Ziel–2 und Phasing–Out verteilt werden und vollständig dem Europäischen Fonds für die Regionalentwicklung – dem so genannten EFRE – zugeteilt werden.
Die bisher sechs Programmschwerpunkte bleiben mit geringfügigen inhaltlichen Anpassungen erhalten. Parallel zur Zuteilung der Leistungsreserve ist ein Antrag auf Programmänderung gestellt worden, der eine Mittelumverteilung vor allem unter dem Gesichtspunkt der Absorptionsfähigkeit enthält.
Im Endergebnis sollen die Schwerpunkte 1 „Ergänzung der Infrastrukturen“ und 6 „Technische Hilfe“ gekürzt werden. Aufstockungen im Ausmaß von bis zu 17 % sind dagegen vorgesehen für die Schwerpunkte 2 bis 5. Dabei profitieren die Schwerpunkte 2 „Wettbewerbsfähige Unternehmen“ und 5 „Lebenswerte Stadtstrukturen“ am meisten.
Anders als in den vergangenen Strukturfondsperioden wird in der Periode 2000 bis 2006 beim Programmvollzug nicht mehr auf die Mittelbindung als maßgebliche Größe, sondern vielmehr auf den Auszahlungsstand abgestellt. Es wurden für das Ziel-2Programm Bayern 2000 bis 2006 zum Stand 31. Dezember 2003 bei der Kommission auf der Basis getätigter Auszahlungen EU–Mittel in Höhe von 155 Millionen Euro – das sind knapp 30 % des Gesamtkontingents – abgerufen. Damit liegen die Auszahlungen voll im Plan, es sind keine EU-Mittel im Jahr 2003 verfallen. Die Verwendung der Mittel ist bezogen auf
die Förderzuständigkeiten der sieben programmbeteiligten bayerischen Ressorts vollständig aufgeteilt. Die genauen Programminhalte und Zuständigkeiten können Sie der Website meines Hauses zur EU– Strukturfondsförderung entnehmen.
Herr Staatssekretär. Staatssekretär Hans Spitzner (Wirtschaftsministe- rium): Wir haben ein Problem mit der Kofinanzierung durch die Gemeinden. Das leugne ich gar nicht. Sie kennen die Situation vieler Gemeinden insgesamt, wobei bei uns die Situation noch mit am besten ist. Es gibt aber da und dort bei den Gemeinden Probleme, die Eigenmittel darzustellen. Das ist völlig klar. Wir werden alles tun, um diese Mittel nicht verfallen zu lassen, sondern um sie auszuschöpfen.
Sehen Sie nach der Neufestlegung eine Chance für das EU–Ziel–2–Gebiet der Nürnberger Südstadt, dort noch stärker als bisher Forschung in Energietechnik ähnlich dem Institut für neue Materialien in Fürth zu etablieren?
Herr Kollege Schuster, es kommt bei diesen Maßnahmen immer auf ganz konkrete sinnvolle Projekte an. Ich habe eben von dieser Umschichtung auf Infrastrukturmaßnahmen gesprochen. Hier wird natürlich eine ganze Reihe von Projekten angemeldet werden. Dann gilt es, dass von den zuständigen Gremien die jeweils sinnvollsten Projekte ausgewählt werden. Ich würde nicht ausschließen, dass das von Ihnen angesprochene Projekt, wenn es sinnvoll ist, mit einer Förderung rechnen kann.
Keine weiteren Zusatzfragen mehr. Nachdem die Frau Kollegin Dr. Kronawitter noch hier ist, würde ich darum bitten, dass wir ihre Frage als letzte noch behandeln. Vielleicht können wir es etwas kürzer machen, damit wir nicht zu lange überziehen. Damit ist jedem Rechnung getragen.
kretär, ich bedanke mich dafür, dass ich meine Frage noch unterbringen darf. Ich glaube, sie kann auch sehr schnell erledigt werden.
Wann legt die Bayerische Staatsregierung den Ge setzentwurf für die Änderung des Bayerischen Lan desplanungsgesetzes vor und ist die Aussage „die Landesplanung wird auf das bundesrechtlich not wendige Maß reduziert“, die Ministerpräsident Dr. Ed mund Stoiber in der Regierungserklärung getroffen hat, dahingehend zu interpretieren, dass seitens der Regierung mit Zustimmung der CSU-Landtagsfrakti on beabsichtigt ist, die gesetzliche Grundlage so zu ändern, dass das ebenfalls angekündigte Landesent wicklungsprogramm ohne Landtag verabschiedet werden kann?
Frau Kollegin, ich darf die Frage wie folgt beantworten: Sie haben Recht, die Staatsregierung beabsichtigt, den Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes im Sommer dieses Jahres vorzulegen. Das Raumordnungsgesetz des Bundes schreibt bekanntlich einen Raumordnungsplan für das Landesgebiet – also das Landesentwicklungsprogramm – als zwingendes Instrument der Landesplanung vor. R01157 Das Bundesrecht enthält aber keinerlei Vorgaben über das Verfahren zur Beschlussfassung über den Raumordnungsplan für das Landesgebiet. Insofern bleibt das Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes abzuwarten.
Ich stelle fest, Sie haben sich nicht festgelegt. Können Sie aber bestätigen, dass das, was jetzt 30 Jahre lang in Bayern Praxis war, nämlich die Einbeziehung des Parlaments in die Erarbeitung des LEP, gute Praxis war? Könnten Sie als Staatssekretär es befürworten, dass es weiterhin so bleibt?
Wir werden das Gesetz beraten. Die Stimme des Staatssekretärs Spitzner ist eine von achtzehn Stimmen im Kabinett. Wir werden das Gesetz dann
dem Landtag vorlegen. Ich habe vor diesem Hohen Hause so viel Respekt, dass ich dem Parlament nicht zwingend vorschreiben möchte, ob es eine Beratung wünscht oder nicht.