Protokoll der Sitzung vom 27.11.2007

Diese Ausführungen waren meiner Ansicht nach für das Kernanliegen völlig irrelevant. Sie haben dann viele Dinge durcheinander gemischt wie beispielsweise Sportwetten mit Lotto,

(Ulrike Gote (GRÜNE): Vernetztes Denken!)

Vertriebssystem und tatsächliches Angebot der Staatlichen Lotteriegesellschaften. Sie haben aber keine Antwort auf die entscheidende Frage gegeben: was Sie, die GRÜNEN, tatsächlich wollen!

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das haben wir doch gesagt!)

Wenn Sie das Problem, welches vom Bundesverfassungsgericht vorgegeben wurde, nämlich die Eindämmung der Sucht im Spiel, tatsächlich ernst nehmen würden, dann müssten Sie die Antwort geben, welche Struktur Sie wollen. Wir geben, gemeinsam mit den Sozialdemokraten und mit 15 anderen Bundesländern, die Antwort: Wir wollen das staatliche Monopol aufrechterhalten.

Wir haben gerade hier in Bayern – wir sind hier beispielhaft, nachprüfbar diejenigen, die vorangehen – die Werbung entsprechend heruntergefahren und nichts mehr gemacht. Damit haben wir auch nachweisbar Erfolg.

(Zurufe von der SPD)

Wenn Sie sich im Detail darum kümmern, können Sie sich davon überzeugen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Ihre Vorstellungen laufen darauf hinaus, die Liberalisierung zu wollen und damit einen flächendeckenden harten Wettbewerb ins Leben zu rufen; noch dazu mit Wettbewerbern, mit denen ich nicht in Wettbewerb treten wollte, denn diese Gesellschaft ist nicht immer die ange

nehmste. Sie fördern damit aber einen Wettbewerb, der zum Ergebnis haben wird, dass die Sucht massiv gefördert wird, so wie wir es in England und anderen Ländern haben. Wenn Sie das wollen, müssen Sie das hier sagen! Oder aber legen Sie diesem Hohen Haus doch dar, was Sie als Alternative wirklich wollen. Das heißt: das Kernanliegen, um das in diesem Staatsvertrag geht, wird von Ihnen nicht angegangen.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Stahl (GRÜNE))

Sie haben kein Konzept. Deshalb halte ich es für eine Ungeheuerlichkeit, dass Sie fordern, diesen Staatsvertrag abzulehnen.

(Beifall bei der CSU)

Bitte schön, Herr Kollege Dr. Runge.

Nur einige wenige Antworten auf diese unflätigen Ausfälle.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der CSU)

Kann der Welnhofer nicht mal aus dem Blickfeld gehen? Ich habe sonst Schwierigkeiten, Herrn Faltlhauser anzureden.

(Zurufe von der CSU)

Diese Gesellschaft, die Sie angesprochen haben, ist nicht weniger unangenehm als in Teilen die Staatliche Lotterieverwaltung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Bundesverfassungsgericht hat – wenn Sie das Urteil nur einigermaßen ernsthaft wiedergeben – nicht die Sucht als ganz großes Problem dargestellt, sondern es hat gesagt, dass es zwar das staatliche Monopol geben darf, aber nur, wenn wirklich ein überragend wichtiges Ziel damit verfolgt wird. Dieses überragend wichtige Ziel ist eben die Bekämpfung der Spielsucht. Nur das könnt Ihr sagen und dann müsst Ihr das auch so machen. Aber Sie machen genau das Gegenteil.

Schauen Sie sich einmal im Lande um. Ich habe Ihnen vorhin das Beispiel genannt. In einem Münchner Supermarkt wird weiterhin massiv geworben. Sie sehen die Werbung in Sportsendungen und bei anderen Sendungen und Sie wollen doch auch möglichst viele Einnahmen dabei erzielen.

(Prof. Dr. Kurt Faltlhauser (CSU): Sagen Sie doch, was Sie wirklich wollen!)

Sie haben doch selbst gerade beklagt, dass die Kümmerexistenzen gefährdet werden.

Wir haben genau gesagt, was wir wollen. Wir haben nichts vermengt. Sie aber haben es über den und mit dem Glücksspielstaatsvertrag vermengt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Gerichtsurteil hat sich zunächst nur auf die Wetten bezogen. Sie aber haben dann alles ohne große Not in den Staatsvertrag hineingepackt. Ich habe den Weg aufgezeigt, den wir gehen wollen; das haben wir bereits vor eineinhalb Jahren in schriftlichen Unterlagen dokumentiert. Ich bin sicher, dass Sie sich das angeschaut haben.

Und nun zu den Überlegungen zur Suchtbekämpfung und Suchtprävention. Wir haben hierzu unsere eigene Anhörung mit der Crème de la crème der deutschen Suchtbekämpfung und Suchtforschung durchgeführt. Eines der Credos dabei war, dass man froh war, dass mit diesem Thema endlich begonnen wird und sich die Politik endlich um diese Fragen kümmert. Es ist nicht so entscheidend, ob es jetzt ein Monopol geben darf oder ob die Privaten zugelassen werden. Entscheidend ist, dass sich die öffentliche Hand dieser Frage annimmt. Das heißt, sie muss die Suchtforschung unterstützen und Wege suchen, wie hier Jugendschutz und Spielerschutz betrieben werden können. Aber noch einmal: Das Verfassungsgericht hat nicht gesagt, es müsse aufgrund der Suchtfrage gehandelt werden. Es hat vielmehr gesagt, dass das, was wir in Bayern betreiben, verfassungswidrig ist, da damit ein Monopol unter dem Deckmäntelchen der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe betrieben wird. Und genau das Gegenteil der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe hat man gemacht, und wie die Praxis zeigt, geschah dies trotz der Schaffung von Ersatzrecht. Durch das Bundesverfassungsgericht wird hier der gleiche Weg gegangen. Das ist Scheinheiligkeit pur. Aber so sind Sie halt mal!

(Beifall bei den GRÜNEN – Prof. Dr. Kurt Faltl- hauser (CSU): Ich habe noch immer nicht gehört, was Sie jetzt eigentlich wollen!)

Vielen Dank, Herr Kollege. Jetzt darf ich noch Herrn Staatssekretär Heike das Wort erteilen. Sie dürfen ruhig einmal hier heroben lächeln, Herr Staatssekretär, noch zu so später Stunde.

Frau Präsidentin, gegen das Lächeln ist doch gar nichts zu sagen. Ich freue mich, dass wir das alle so humorvoll nehmen.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen! Das Bundesverfassungsgericht hat gefordert, zum 1. Januar 2008 eine gesetzliche Neuregelung des Sportwettenrechts durchzuführen. Dabei wurde vom Verfassungsgericht – das ist eben kein rechtsfreier Raum, wie vorhin versucht wurde zu erklären – dem Gesetzgeber vorgeschrieben, in einer von zwei verschiedenen Möglichkeiten tätig zu werden, nämlich entweder durch eine klare ordnungsrechtliche Ausrichtung des bestehenden staatli

chen Monopols am Ziel der Spielsuchtbekämpfung oder eben über eine allgemeine Liberalisierung vorzugehen.

Kollege Runge, wie Sie das vom Tisch bekommen wollen, ist sicherlich schwierig nach dem, was Sie hier eben erzählt haben und wo Sie Kollege Faltlhauser mehrfach gefragt hat, was Sie eigentlich wirklich wollen. Wenn Sie wirklich die Liberalisierung wollen, wollen Sie meines Erachtens nach nicht wirklich das, was wir wollen, nämlich den Schutz derjenigen, die durch Spielsucht gefährdet sind.

Der Glücksspielstaatsvertrag, der allen Länderparlamenten zur Schlussabstimmung vorgelegt wurde, und dem bereits mehrere Länderparlamente zugestimmt haben, entscheidet sich für den ersten Weg. Im Staatsvertrag wird an den Kernzielen, die seit langem die Glücksspielgesetzgebung der Länder leiten, festgehalten. Eine Politik der strikten Regulierung des Glücksspiels, wie sie bereits verfolgt worden ist, soll eben genau den Schutz der Spieler und der Allgemeinheit gewährleisten. Die Kanalisierung und Begrenzung des Angebots wird auf zwei Wegen erreicht. Einerseits soll das bestehende Monopol bei Sportwetten und Lotterien mit besonderem Gefährdungspotenzial erhalten bleiben. Diese Begrenzung des Angebots erscheint zur Vermeidung der Glücksspielsucht unabdingbar.

Andererseits wird ein umfassender Erlaubnisvorbehalt auch für die staatlichen Angebote aufgenommen. Jede Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichen Glücksspielen bedarf einer Erlaubnis des jeweiligen Landes. Die Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele ohne diese Erlaubnis ist verboten. Auf die Erteilung der Erlaubnis besteht kein Anspruch. Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn die Veranstaltung oder die Vermittlung den Zielen des Staatsvertrages, insbesondere der Spielsuchtprävention zuwiderläuft.

Es werden strenge Vorgaben für den Jugend- und Spielerschutz aufgestellt, das Verbot der Teilnahme Minderjähriger, die dringende und verpflichtende Erstellung eines Sozialkonzeptes. Es muss also ein Sozialkonzept aufgestellt werden, das systematisch zur Spielsuchtvermeidung führen soll. Das Personal ist zu schulen und die Spieler, insbesondere die gefährdeten Spieler, sind auch über Risiken und Hilfsangebote aufzuklären und nicht zuletzt soll es ein übergreifendes Sperrsystem geben, das Spielsüchtige oder erkennbar Gefährdete wirksam von der Teilnahme am Spiel ausschließt.

Aufgenommen wurden auch noch weitere Verbote, nämlich das Glücksspiel im Internet und die Werbung dafür. Das führt ja bei Suchtexperten immer wieder dazu, darauf hinzuweisen, dass das besonders suchtgefährdend ist und eine Angebotsbegrenzung im Internet nicht zu erreichen ist. Auch die Fernsehwerbung wird verboten, weil die Werbung in diesem Medium größte Breitenwirkung erzielt und insbesondere auf Jugendliche und andere gefährdete Gruppen ausgerichtet ist.

Der Staatsvertrag setzt mit konsequenter Ausrichtung am Ziel der Spielsuchtvermeidung und -bekämpfung die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts um. Der

Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Bayerischen Spielbankmonopol vom 26. März dieses Jahres zeigt, dass an der Verfassungsmäßigkeit des im Staatsvertrag vorgesehenen klar ordnungsrechtlich ausgerichteten Monopols für Wetten und Lotterien mit besonderem Gefährdungspotenzial kein Zweifel besteht. Das ist eben kein rechtsfreier Raum, Herr Kollege Runge, oder gar, wie Sie es geäußert haben, ein außerhalb des Rechts Stehen, sondern das ist an dem, was die Verfassungsrichter uns aufgegeben haben, auch fixiert und festgehalten.

(Beifall bei der CSU)

Im Übrigen – das sollte man auch nicht vergessen – ist der Glücksspielstaatsvertrag an die Anforderungen, die auch der EuGH in Übereinstimmung mit dem Bundesverfassungsgericht formuliert hat, fixiert und damit eben auch wieder nach den Regeln des Gesetzes und der Rechtsprechung konform.

Im Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland – das musste dazu kommen – werden die öffentlichen Aufgaben zur Erreichung der oben beschriebenen Ziele des Glücksspielstaatsvertrages, nämlich die Glücksspielaufsicht, die Sicherstellung eines ausreichenden Angebots sowie die Sicherstellung der wissenschaftlichen Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Spielsucht begründet.

Im Ausführungsgesetz werden des Weiteren die inhaltlichen Anforderungen des Glücksspielstaatsvertrags für die dort vorgesehenen Erlaubnisse zu einem Prüfprogramm der Erlaubnisbehörden zusammengefasst. Die Regelungsinhalte der Erlaubnisse werden normiert, die behördliche Zuständigkeit bestimmt und Ordnungswidrigkeitentatbestände für Verstöße gegen die Bestimmung des Glücksspielstaatsvertrages vorgesehen.

Der Gesetzentwurf schafft die organisatorischen und datenschutzrechtlichen Voraussetzungen für das im Glücksspielstaatsvertrag geforderte übergreifende Sperrsystem.

Die im Änderungsantrag des Kollegen Welnhofer und anderer vom 02.11.2007 enthaltene Änderung erfolgten zur Vermeidung einer etwaigen europarechtlichen Notifizierungspflicht des Ausführungsgesetzes. Auch wenn von einer Notifizierungspflichtigkeit nicht zwingend auszugehen ist, ist die höchst vorsorglich beantragte Änderung natürlich zu begrüßen, um etwaige Bedenken erst gar nicht entstehen zu lassen. Der Änderungsantrag wurde in die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen aufgenommen und hat damit seine positive Erledigung gefunden.

Der Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland und das Gesetz zur Ausführung dieses Staatsvertrages gewährleisten eine zukunftssichere Gestaltung des Glücksspielwesens. Ich bitte deshalb um Zustimmung zum Glücksspielstaatsvertrag und auch um die Annahme des Ausführungsgesetzes.

(Beifall bei der CSU)

Herr Dr. Runge, ist das eine Zwischenintervention? – Ja, bitte schön. Herr Staatssekretär würden Sie bitte nochmals an das Rednerpult kommen?

Herr Staatssekretär, erstens, wir nehmen das Thema „Suchtbekämpfung“ durchaus ernst. Wir freuen uns, dass hier jetzt etwas passieren soll. Es ist aber erstaunlich, dass erst jetzt etwas passiert; jahrelang war dieses für den Freistaat, für die anderen Länder und für die Staatliche Lotterieverwaltung wohl kein Problem.