Der Finanzminister ist geradezu in den Haushaltsausschuss geschlichen, um wenigstens optisch den vermeintlichen Beweis anzutreten, dass er sich um die Sache kümmert. Leider hat er an diesem Dienstagnachmittag inhaltlich nichts gesagt.
Exakt zur gleichen Stunde, als der Finanzminister den Abgeordneten des Haushaltsausschusses sagte, er und der Vorstand der Landesbank wüssten schlechterdings nichts, hat der Vorstand der Landesbank getagt. Wenn es falsch ist, was ich hier sage, soll ein Kollege aus dem Haushaltsausschuss das klarstellen. Der Finanzminister hat gesagt, der Vorstand wisse es nicht; denn wenn der Vorstand etwas wüsste, würde er es sagen. Der Vorstand der Landesbank wusste aber bereits seit Tagen – wahrscheinlich noch viel länger – von dieser Sache, weil solche Informationen nicht eine halbe Stunde vor einer Vorstandssitzung gegeben werden.
Bei einem geordneten Verhältnis zwischen der Staatsregierung, dem Verwaltungsrat und dem Vorstand einer Landesbank wäre es selbstverständlich, dass alles Wesentliche, was der Vorstand weiß, auch dem Finanzminister bekannt ist. Der Finanzminister hat aber nichts gewusst. Deshalb ist der Vorwurf des Herrn Fraktionsvorsitzenden Maget mehr als zehnmal berechtigt, wenn er sagt, Sie seien ahnungslos. Nach all dem sage ich: Sie sind der ahnungsloseste Finanzminister in dieser globalisierten Welt gewesen.
Meine Damen und Herren, in seinem heutigen Bericht hat der Finanzminister durchaus hörbar, aber kleinlaut einiges eingeräumt. Gleichzeitig hat er die Dinge so gewendet und dargestellt, dass ein naiver Zuhörer meinen konnte, diese Finanzmarktkrise – hineinreichend in die Bayerische Landesbank – wäre geradezu ein Segen für die Landesbank und den Freistaat Bayern gewesen.
Das ist natürlich nicht der Fall. Auch einige beschönigende Formulierungen – unter Benutzung bilanztechnischer Ausdrücke – in der Pressemitteilung des Vorstands der Bayerischen Landesbank können nicht über den Missstand hinwegtäuschen. Inzwischen wird nicht mehr nach HGB bilanziert, sondern nach neueren und moderneren Methoden. Ich will das nicht kommentieren.
Es wurde zum Beispiel gesagt, dass ein Teil dieser 1,9 Milliarden, nämlich 1,3 Milliarden Euro Wertberichtigung, entsprechend den Rechnungslegungsvorschriften über die Neubewertungsrücklage erfolgsneutral verrechnet worden seien. Meine Damen und Herren, ich will mich über die Details nicht auslassen. Eines steht aber unbestritten fest und ergibt sich aus dem Sachverhalt, auch wenn es nicht klar ausgedrückt wird: Das Eigenkapital der Bayerischen Landesbank ist jetzt um 1,9 Milliarden Euro geringer als vorher. Das ist der Tatbestand.
Deswegen ist die perspektivische Aussage des Herrn Kollegen Maget, wonach wir uns über die Frage des Nachschießens von Kapital in die Bayerische Landesbank nicht zum letzten Mal unterhalten hätten, mehr als berechtigt. Herr Kollege Ach, ich möchte an dieser Stelle nur auf einen Punkt aufmerksam machen, weil Sie mich gerade so interessiert anschauen. – Gell, da schauen Sie jetzt.
Meine Damen und Herren, Folgendes ist passiert: Die Landesbank hat vor wenigen Monaten eine Kapitalerhöhung in Höhe von 500 Millionen Euro bekommen. Das ist keine Kleinigkeit. Deshalb bin ich dieser Tage nachdenklich geworden und habe mich gefragt, ob die Herrschaften schon etwas geahnt und gespannt haben von dem, was auf sie zukommen wird.
Dann hat sich die BayernLB zusammen mit Finanzminister Huber gesagt, man könne vor der Presse nicht erklären, dass das wegen bevorstehender Risiken auf dem amerikanischen Subprime-Finanzmarkt gemacht werde. Man konnte von der Bank und von Herrn Huber also nicht erwarten, dass sie so ehrlich sind. Vielmehr haben sie gesagt, das müsse wegen Alpe Adria gemacht werden. Wie auch immer, es ist schon ein seltsamer Zufall, dass schon vor ein paar Monaten vorsorglich eine Kapitalerhöhung vorgenommen worden ist, um später sagen zu können, es ist zwar etwas passiert, aber wir wären davon nicht so berührt. Tatsache ist, dass das Eigenkapital der Landesbank um fast zwei Milliarden weniger geworden ist.
In der Pressemitteilung des Vorstands steht genau das, was der Finanzminister heute wiederholt hat. Vorgestern hat der Finanzminister gesagt, er wisse schlicht gar nichts. Heute sagt er, der in den letzten Monaten nichts gewusst hat, er könne aber aus heutiger Sicht davon ausgehen, dass die Wertpapiere insgesamt ordnungsgemäß bedient würden und dass es zu keinen Zahlungsausfällen komme. Ausgerechnet einem Finanzminister, der wochenlang nichts gewusst hat und der auch zur selben Stunde, als bei der Bank schon alles bekannt war, nichts gewusst hat, sollen wir glauben, dass er jetzt weiß, dass diese Papiere in der nächsten Zeit wieder werthaltig sein sollen.
Meine Damen und Herren, es gibt noch einen weiteren interessanten Punkt. Natürlich sitzen Sie, Herr Finanzminister – ich verwende jetzt einen vornehmen Ausdruck –, ganz schön in der Tinte. Sie reden sich nur heraus. Der Kollege Ach macht das pflichtgemäß auch. Er sagt schließlich immer das, was Sie sagen.
Jetzt reden Sie sich heraus und sagen, alle Welt mache das auch. „Alle Welt“ ist seit zehn Jahren das Lieblingswort der Neoliberalen. Ein anderer Ausdruck ist „Globali
sierung“. Wenn irgendwo ein Fahrrad umfällt, ist die Globalisierung die Ursache dafür. Sie sagen jetzt, alle Welt habe sich in diese Risiken gestürzt, oder keiner habe es gewusst und alle hätten es gemacht. Nichts ist falscher als diese dumme Schutzbehauptung, meine Damen und Herren!
Natürlich hat eine ganze Reihe von Banken das nicht gemacht, weil sie wussten, welche Risiken damit verbunden sind. Die NORD/LB hat es nicht gemacht. Die Hessische Landesbank hat es auch nicht gemacht. Eine ganze Reihe bedeutender Privatbanken hat es auch nicht gemacht. Warum nicht? – Weil sie sehr wohl wussten, welche Risiken sich hinter diesen intransparenten und undurchschaubaren sogenannten neuen Finanzinnovationen verstecken. Sie haben es nicht gemacht.
Ich habe hier eine Meldung der „Neuen Zürcher Zeitung“ über die Credit Suisse. Darin wird berichtet, dass die Credit Suisse gerade deswegen die Finanzmarktkrise hervorragend gemeistert hat, weil sie sich schon im Jahre 2006 aus diesem ABS-Segment vollständig in dem Wissen verabschiedet hat, dass es viel zu riskant wäre, sich auf dem Gebiet weiter zu engagieren. Mit diesen wenigen Beispielen erspare ich mir Weiteres. Es wäre mir nur eine Fleißaufgabe, die langen Aufsätze von vielen Ökonomen aus den letzten fünf Jahren und die Kommentare in den verschiedenen Wirtschaftszeitungen zu sammeln und zu zitieren, in denen klipp und klar vor diesen Risiken gewarnt worden ist. Es ist nicht so, dass es keiner hat wissen können. Viele haben es deswegen auch nicht gemacht.
Herr Finanzminister, deswegen verdrehen Sie die Tatsachen, wenn Sie jetzt sagen, alle hätten das nicht gewusst. Das ist eine ungenügende Entschuldigung, die wir so nicht hinnehmen können. Das muss ich Ihnen an der Stelle schon deutlich sagen.
Ich will hier nur in Klammern deutlich machen, was man nicht oft genug sagen kann. Die Kernfrage lautet: Welche Geschäftspolitik hat eine öffentliche und staatliche Bank zu betreiben? Das ist die Kernfrage, um die wir hier seit vielen Jahren streiten.
Eine ganze Reihe von Finanzministern und auch die Kollegen, die ich vor mir sehe, haben gemeint, die Landesbank sei eine Geschäftsbank, und deshalb müsse sie sich so gebärden wie andere Geschäftsbanken auch. Ich habe vorhin aber aufgezeigt, dass nicht alle Geschäftsbanken das gemacht haben. Das ist schon ein Punkt. Ich habe schon mehrmals im Haushaltsausschuss gesagt, dass Sie gefälligst die Grundlinien der Geschäftspolitik einer staatlichen Bank zu definieren haben. Die Geschäftspolitik einer staatlichen Bank ist etwas anderes als das, was jede Privatbank machen kann. Der Vergleich mit der IKB
Wenn die Union mit ihrer wundervollen Scheinheiligkeit – ein Talent, das man auf dieser globalisierten Welt nur selten beobachten kann – wegen der Vorfälle bei der IKB den Rücktritt von Ingrid Matthäus-Maier verlangt,
wenn Sie diese Maßstäbe anwenden, dann hätte der sehr verehrte Herr Ministerpräsident seinen Finanzminister heute gar nicht mehr reden lassen dürfen.
(Anhaltender Beifall bei der SPD – Franz Maget (SPD): Dann hätte er selbst aber auch nicht mehr reden dürfen, weil er auch dabei war!)
Meine Damen und Herren, ich möchte nur noch einen Punkt hier anführen. Herr Finanzminister, im Auftrag meiner Fraktion möchte ich Ihnen Folgendes sagen:
In drei Sekunden sage ich ganz schnell, dass noch längst nicht alle Fragen geklärt sind und dass der Finanzminister unverzüglich in den Haushaltsausschuss kommen sollte, um zu erklären, was mit den Zweckgesellschaften der Landesbank passiert und ob er bisher von dem, was heute bekannt wurde, alles offengelegt hat. Dieser Aufforderung, die vom Kollegen Ach unterstützt werden sollte,
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das, was die Opposition in der letzten Stunde vorgetragen hat, mag zwar einen gewissen Unterhaltungswert haben. Es bleibt aber der untaugliche Versuch, ein ritualisiertes und kalkuliertes Entsetzen zu verbreiten.
Herr Kollege Schieder, Sie und insbesondere die GRÜNEN sprechen allen Ernstes davon, dass der Verlust 1,9 Milliarden Euro betragen würde. Das ist in dieser wichtigen Debatte um die Landesbank eine Irreführung. Wir haben echte Zahlungsausfälle in Höhe von 150 Millionen Euro. Wir haben aufgrund von Marktveränderungen in Handelsbeständen eine Wertberichtigung in Höhe von 450 Millionen Euro. Bei 1,3 Milliarden Euro handelt es sich um Buchwertberichtigungen, die den Gewinn nicht belasten. Wir sind nicht wie andere Banken gezwungen, die Wertpapiere zu verkaufen.
Wenn wir dazu gezwungen wären, hätten Sie Recht. Das ist aber nicht der Fall, und deshalb verbreiten Sie hier die Unwahrheit.
Wir sind in der Lage, die Wertpapiere zu halten und sie erst dann zu verkaufen, wenn sie einen bestimmten Wert haben.