Protokoll der Sitzung vom 25.06.2008

(Beifall bei der SPD)

Was haben Sie für lobende Worte für den letzten Sozialbericht gefunden, nachdem er dann endlich geboren war – dazu sage ich dann auch noch etwas. Mich erinnert das an 1998. Ein präventiver Ansatz sollte es sein, der wegweisende Bericht war das Schlagwort, Qualität und Weitsicht sind einmalig. Wir kennen das schon, in Bayern ist immer alles Spitze. Sie wollten Sozialpolitik für das nächste Jahrtausend machen. Wir sind dabei, aber wir brauchen die Analyse als Grundlage dafür, dann machen wir auch mit.

Ich muss jetzt wirklich einmal fragen: Warum dauert diese Veröffentlichung so lange? – Frau Ackermann hat schon ein paar Gründe genannt, warum es so lange dauert. Mich erinnert diese Diskussion schon arg an das

Jahr 1998. Damals war es auch so; da war eine Legislaturperiode eigentlich schon zu Ende. Dann haben wir auf nicht ganz legalen Wegen – das weiß ich jetzt nicht mehr genau – den Sozialbericht in die Hand bekommen und haben den vor Ihnen veröffentlicht. Ich erinnere mich noch gut, weil es damals hieß, die Interpretation müsse erst noch erfolgen, das müsse erst noch beschrieben bzw. interpretiert werden, was darin steht.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Ins rechte Licht gerückt werden!)

Manches müsse ins rechte Licht gerückt und die richtige Interpretation gefunden werden. Das erinnert mich schon arg an diese Diskussion. Es scheint so zu sein, dass Ihnen das Ergebnis des Sozialberichts nicht passt. Sie sagen selbst, wir brauchen verlässliche Daten.

Ich frage mich schon: Sind die nur für die Staatsregierung oder für die staatstragende Partei bestimmt? Dürfen die anderen nicht wissen, was darin steht, wenn man verlässliche Daten einfordert?

(Beifall bei der SPD)

Viele Einzelheiten kennen wir schon aus vielen anderen Erhebungen. Es wäre aber wichtig, dass wir in Bayern gerade über die Regionen Bescheid wüssten und auf die Regionen herunterrechnen könnten, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind.

Ich habe auch den Eindruck – Kollege Wahnschaffe hat das schon angesprochen –, dass die Kahlschlagspolitik von 2004 der Grund dafür ist, dass es gar so lange dauert, dass man einiges nicht so in der Konsequenz sehen will, die Auswirkungen, die damals diese Kahlschlagspolitik hatte.

Ich will nur einen Bereich herausgreifen, und zwar die Kinder. Ich kann hier über Jugendliche und über Erwachsene reden; aber Kinder sind immer die Leidtragenden, die können nichts für ihre Lage. Wir wissen, zum Beispiel, dass wir in Bayern 150 000 Kinder im Hartz-IV-Bereich haben.

Wir wissen, 8 % der Kinder verlassen die Schule ohne Abschluss, viele Jugendliche haben keinen Ausbildungsplatz. Sie haben es selbst angesprochen. Was bedeutet es denn für die Kinder und Jugendlichen, Verlierer zu sein und nicht dazuzugehören? – Das müssen wir uns doch einmal vor Augen halten und daraus die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Das wollen wir doch gerne politisch diskutieren. Was nützt es mir denn, wenn die Frau Staatsministerin irgendwann im August den Sozialbericht irgendwo vorstellt und wir hier im Parlament können ihn nicht mehr diskutieren? Das ist unser ureigenstes Recht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das ist Missachtung des Parlaments, wenn wir darüber nicht diskutieren dürfen. Das muss man hier schon einmal sagen.

Was es für Belastungen für die Kinder sind, hätte ich gerne noch erklärt. Mir ist es aber noch wichtiger, zu fragen: Was passiert, wenn der Sozialbericht nicht während der Legislaturperiode vorgestellt wird? Herr Präsident, werden Sie dann das Ministerium rügen, oder was passiert denn dann? – Das ist ein Beschluss, der nicht beachtet und vollzogen wird. Da muss ich mich schon fragen – Herr Unterländer hat schon einiges daraus zitiert –, dürfen das nur Bestimmte wissen oder ist es die Arroganz der Staatsregierung und der staatstragenden Partei, dass wir nicht darüber befi nden dürfen, dass wir nicht mitdiskutieren dürfen. Ich sage noch einmal: Das ist eine Missachtung des Parlaments.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Nächste Rednerin: Frau Kollegin Brendel-Fischer.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es hat sich wie auch vor zwei Wochen heute wieder der Raum entwickelt zur Darstellung eines Horrorszenarios, wie es unser Freistaat in keiner Weise verdient.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Warum haben wir dann den Bericht noch nicht?)

Wenn Sie monieren, dass dieser Bericht nicht Ihren zeitlichen Vorstellungen entsprechend herausgegeben wird, habe ich dafür noch Verständnis. Sie rücken aber in Ihrer Prioritätenliste eine Dokumentation an die erste Stelle, anstatt zu überlegen: Was ist alles passiert? Was hat sich in den letzten Jahren auch zum Positiven verändert,

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Nicht viel!)

gerade auch im Hinblick auf eine bessere ganzheitliche Bildung und auch zu einem guten Stück Armutsprävention?

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das brauchen nicht wir zu machen! Da verwechseln Sie Regierung und Opposition!)

Ich darf nur an die großen Bemühungen im frühkindlichen Bereich erinnern. Wir sind auf einem sehr guten Weg. Was Sie immer kritisiert hatten, die geringe Anzahl an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren, da sind wir nicht im Schneckentempo, sondern in einem fl otten Tempo gegangen. Wir sehen es an den Bedarfsmeldungen der Kommunen, dass nicht überall der Bedarf in so hoher Zahl auf einen Schlag kommt. Wir gehen weiterhin

maßvoll und bedarfsgerecht vor, auch in Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Das Maß aller Dinge!)

Ich darf an die Initiative im Bereich des Kinderschutzes erinnern, wo die Ministerin große Schritte gegangen ist und in Kürze einen Aktionsplan umsetzen wird, mit dem Kinderschutzstellen in den einzelnen Regierungsbezirken geschaffen werden, weil wir in den letzten Jahren nicht nur in Bayern entsprechende Vorkommnisse hatten, die uns natürlich nicht gefallen und zu einer entsprechenden Sozialisation von Kindern und Jugendlichen beitragen. Es hat allein zum sogenannten Krippenprogramm des Bundes in Bayern 100 Millionen Euro zusätzliche Mittel gegeben.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Was ist denn das?)

Kein anderes Bundesland hat so großes Engagement an den Tag gelegt.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Des Weiteren darf ich daran erinnern, dass wir auch auf dem Feld der Familienbildung viele Möglichkeiten ausgeschöpft haben.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Wie viel gibt der Bund?)

Ich darf erinnern an die Initiative „Soziale Stadt“, die auch mit bayerischem Geld in den Kommunen umgesetzt wurde.

Ich darf an die Kindertagesstättenqualität erinnern,

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Wo bleibt denn die?)

die Ihnen und auch uns im derzeitigen Stadium noch nicht ganz gefällt. Auch wir streben weitere Optimierungsmöglichkeiten an. Die Frau Ministerin hat zum kommenden Kindergartenjahr eine Verbesserung des Anstellungsschlüssels in Aussicht gestellt.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): In Aussicht gestellt!)

Wie wir zum Beispiel Migrantenkinder fördern.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Dazu gibt es eine Untersuchung!)

dass wir, nachdem das sehr gut angelaufen ist, die Stunden auf 240 erhöht haben, dass wir den Übergang von der Kindertagesstätte zur Schule gut in den Griff bekommen und für alle Kinder, auch für unsere einheimischen, das Sprachtrainerprogramm in Kürze starten – die Qualifi zierungen sind bereits angelaufen –, das wird auch von den Einrichtungen positiv gesehen. Ich war erst gestern Nachmittag in der Kindertagesstätte in meinem Stimmkreis.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Ich auch!)

Es schaut nicht so schlecht aus, wie Sie das immer darstellen.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Wie schlecht schaut’s dann aus?)

Wir gehen nicht den einfachen Weg zu sagen: Abschaffung der Hauptschule. Nein, wir wollen ganz gezielt einen bayerischen Weg gehen

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Sie gehen gar keinen!)

und nicht die Schwächen der Kinder noch mehr herauskehren, sondern ihre Stärken stärken.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das tut die Schule gerade nicht!)

Diese Stärken liegen bei den Hauptschülern vor allem im praktischen Bereich. Sie werden sich noch wundern, was wir in der Hauptschule noch alles auf den Weg bringen werden.

Wir arbeiten gut mit den Praxisklassen. Das ist auch eine Sonderform, die man in anderen Bundesländern nicht kennt. Solche Einrichtungen sollten Sie nicht mit Ihrem kritischen Vorurteil, sondern mit einem objektiven Blick besuchen.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Den haben Sie wohl, was? – Glocke des Präsidenten)

Die Ganztagsschule – ich hoffe, ich werde heute nicht überziehen –, ist auf einem guten Weg, sie wird auch gut angenommen. Man sieht auch keine Benachteiligung einzelner Räume. Oberfranken wird des Öfteren genannt. Gerade dort, wo die Schulen entsprechende Anträge gestellt haben, können sie sie auch auf den Weg bringen.