Protokoll der Sitzung vom 16.07.2008

Weitere 20 Milliarden Euro stehen noch im Feuer. Sie müssen mit 6 Milliarden Euro abgeschirmt werden. Das werden Sie doch nicht bestreiten, oder?

Wie groß aber ist das Ausmaß des Debakels insgesamt? Klar ist, dass der Schaden weit über diese 100 Millionen Euro Zahlungsausfälle hinausgeht, hinter denen sich Finanzminister Huber über Monate hinweg verschanzt hatte. Die Bank selbst rechnet bereits mit weiteren Zahlungsausfällen, also echten Verlusten, in Höhe von insgesamt 1,2 Milliarden Euro bis zum Ende der Laufzeit. Das räumt die Bank selbst bereits ein.

Elftens. Einen nicht unerheblichen Teil des Schadens sollen offenbar die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bank auffangen. Im Juni hat der Vorstand einen drastischen Personalabbau angekündigt. 350 Arbeitsplätze fallen bei uns weg.

Wie schaut es in den USA aus? Der Präsident des Sparkassenverbandes, Dr. Naser, hat in seinem schon zitierten Brief vom 31.10. festgestellt, die 800 Mitarbeiter, die über die Bank verteilt in Financial Markets tätig seien, würden derzeit nicht einmal ihre Kosten verdienen. Auch das ist ein Schaden, und auch das heißt nichts anderes als Personalabbau.

Kolleginnen und Kollegen, es ist höchst schäbig, wenn Vorstand und Verwaltungsrat für ihr eigenes Versagen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter büßen lassen. Für dieses Versagen werden wir alle direkt und indirekt in die Pflicht genommen. In diesem Jahr werden die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen die Folgen des Debakels erstmals zu spüren bekommen, Herr Minister, wenn es trotz aller Bilanztricksereien, anders als im letzten Jahr, keine Dividende mehr geben wird. Die vorher genannten staatlichen Fonds sind aber jetzt dank Ihnen, Herr Finanzminister, dank der CSU und dank der Staatsregierung inzwischen auf Dividenden angewiesen. Ihre Fördermöglichkeiten hängen nicht mehr von den Zinsen ab, sondern von den Dividenden der Landesbank. Zu den anderen Fonds, die ich schon genannt habe, ist das der Fonds „Hochschule International“. Es geht um Kultur, um Umwelt und Naturschutz. Es gibt weniger Geld für Hochschulen, Natur, Umwelt und Naturschutz.

Außerdem – und das werden die Bürgerinnen und Bürger zu spüren bekommen – hat der Finanzminister bereits angekündigt, dass dann der Landeshaushalt, also die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, einspringen müssten. Das wird am Ende dieses Jahres der Fall sein. Die Menschen in Bayern sind von den Verlusten der Landesbank nicht nur als Steuerzahler und Steuerzahlerinnen betroffen. Wir alle sind doppelt betroffen: als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und über die Sparkassen unserer Kommunen. Die 4,5 Milliarden Euro Verluste und Abschreibungen, die die Bank bereits ausweist, schmälern den Gewinn. Damit werden

(Zuruf des Abgeordneten Philipp Graf von und zu Lerchenfeld (CSU))

natürlich schmälern die den Gewinn! – den Menschen in Bayern Milliarden Euro fehlen.

(Philipp Graf von und zu Lerchenfeld (CSU): Sie können immer noch nicht einen Jahresabschluss einer Bank lesen!)

Damit werden den Menschen in Bayern Milliarden Euro fehlen. Natürlich schmälern sie die Gewinn- und Verlustrechnung zum Teil, zum anderen Teil stehen sie in der Neubewertungsrücklage und werden zum Ende der Laufzeit den Gewinn schmälern. Das ist doch sonnenklar.

(Beifall der Abgeordneten Maria Scharfenberg (GRÜNE))

aufgefangen werden. Minister Huber erklärte dazu am 3. April im Landtag:

Mit einer Garantie, meine Damen und Herren, sichert der Freistaat Bayern ein staatliches Vermögen. Entschlossenes Handeln wendet Schaden von unserer Bank ab.

Der Schaden war schon eingetreten. Huber weiter:

Nur so lassen sich Rating-Verschlechterungen

ein Schaden –

mit ihren vielfältigen negativen Auswirkungen für die Bank vermeiden.

Von diesen Rating-Verschlechterungen waren auch die Sparkassen bereits betroffen, wie der Sparkassenpräsident selbst eingeräumt hatte. Das heißt, der Schaden war bereits eingetreten, und nur durch den Schirm von insgesamt sechs Milliarden Euro wird er nicht wirksam.

Sechstens. Die Wirtschaftsprüfer geben Verlustwarnung. Bereits für dieses Jahr wird der Landesbank wegen der ABS-Investments ein operativer Verlust vorhergesagt. Das heißt, dass die Dividende in diesem und in den folgenden Jahren gekürzt oder gar völlig ausfallen wird.

Siebtens. Das Eigenkapital musste aus Mitteln staatlicher Fonds, unter anderem dem Umweltfonds, dem Kulturfonds, dem Altlastensanierungsfonds und dem Naturschutzfonds erhöht werden. Das bedeutet eine Verwässerung der Dividende. Falls es doch eine Dividende gäbe, würde sie pro Eigentümeranteil kleiner ausfallen. Auch das ist ein Schaden.

Achtens. Die Stützung der Sachsen LB in Höhe von 2,2 Milliarden Euro schränkt die Handlungsfähigkeit der Bank weiter ein – ein weiterer Schaden.

Neuntens. Je länger die Krise dauert, je länger der Bank von den Eigentümern keine klare Struktur und keine klare Geschäftsstrategie auferlegt werden und je länger der Landesbankenbereich in Deutschland nicht konsolidiert wird, desto schneller sinkt der Wert unserer Bank. Auch das ist ein erheblicher materieller Schaden.

Zehntens. Anstieg der Pro-Kopf-Verschuldung. Eine Studie der US-Investmentbank Merrill Lynch stellt fest, dass die deutschen Bundesländer höher verschuldet sind als allgemein angenommen. Man müsste – so sagt die Investmentbank – auch die staatlichen Garantien und Risikoabschirmungen mit einrechnen, Herr Finanzminister. Damit steige die Pro-Kopf-Verschuldung in Bayern wegen der Landesbank um zehn Prozent, sagt die USInvestmentbank Merrill Lynch.

(Philipp Graf von und zu Lerchenfeld (CSU): Das ist doch ein solcher Schmarrn!)

Sie können sich gerne dazu äußern.

laufen kann. Das ist doch ganz klar. Das interessiert die Menschen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es geht um viel Geld. Es geht um politisches Versagen. Es geht um fehlende Wirtschaftskompetenz. Beckstein, Huber und die heutige CSU können nicht mit Geld umgehen, und das interessiert die Wählerinnen und Wähler.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Da brauche ich noch gar nicht über die Landesbank zu reden, schon fragen mich die Leute: Was ist mit der Landesbank? – Das ist ein Thema, das lässt sich gar nicht vermeiden.

(Zuruf des Abgeordneten Alexander König (CSU))

Ich weiß, dass das nicht jedem gefällt und auch dem kleinen Schreier da vorne nicht. Das ist mir sonnenklar.

(Alexander König (CSU): Das sagt gerade der Richtige!)

Es gefällt vor allem denjenigen nicht, die sich bisher in sträflicher Weise nicht um den Zustand der Landesbank und die Zukunft der Bank gekümmert haben. Genau die sorgen sich jetzt um den Ruf der Bank. Das sind auch diejenigen, die behaupten, wir würden mit diesen Diskussionen der Bank und damit Bayern schaden. Aber der Bank und Bayern schaden nicht wir. Der Bank und Bayern schaden Huber und Beckstein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Huber und Beckstein schaden Bayern, weil sie im Verwaltungsrat nicht richtig kontrolliert haben und weil sie das Vertrauen in die Landesbank zerstört haben.

(Walter Nadler (CSU): Das ist ein Demagoge!)

Bevor wir uns genauer ansehen, in welchem Umfang Beckstein und Huber versagt haben, noch ein kurzer Blick darauf, warum die Geschäfte, die die Landesbank betrieben hat, ins Debakel geführt haben. Die Zeugen konnten dafür keine Gründe finden. Es war, so sagen sie, sozusagen unvermeidlich. Gell, Herr Kollege Welnhofer? – Niemand wusste, was man anders oder besser hätte machen können, und das ging so weit, dass Sie als Ausschussvorsitzender mehrfach Zeugen gefragt haben: Wenn alle alles richtig gemacht haben, warum ist dann das herausgekommen? – Darauf haben Sie keine Antwort gegeben, Herr Kollege. Auf die Antwort warte ich noch.

Seit dem Wegfall der Gewährträgerhaftung ist die zentrale Frage ungeklärt, wo und womit soll die Landesbank Geld verdienen. Bis dahin hatte sie praktisch eine sichere Lizenz zum Gelddrucken: Sie hat, weil der Staat bürgte, Geld aufnehmen und konkurrenzlos günstig weiterverleihen können, ohne viel zu tun. Seit dem Ende der Gewährträgerhaftung sieht sich die Landesbank einer

Sie schmälern den Gewinn. Diese Milliarden Euro werden den Menschen in Bayern fehlen, und zwar sowohl den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern als auch den Sparkassen sowie den Kommunen. Verteilt auf die einzelnen Sparkassen geht es um Beträge von einigen Millionen Euro, die im Laufe der nächsten Jahre vor Ort für Kredite an den Mittelstand, als Ausschüttung an die Kommunen oder für Kultur- und Sportsponsoring fehlen werden.

Dann ist da noch der Anteil der Sparkassen an der 6-Milliarden-Euro-Bürgschaft. Der beträgt 2,4 Milliarden Euro. Das anteilige Risiko muss schließlich auf die einzelnen regionalen Sparkassen aufgeteilt werden. Die Sparkasse München etwa wäre im Falle des Falles laut ihrem Chef Harald Strötgen mit bis zu 208 Millionen Euro an der Garantie beteiligt.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Die werden sich bedanken!)

Strötgen sagt, das wäre das zweifache Jahresergebnis der Sparkasse. Um solche Volumina geht es hier.

Die Sparkasse Fürstenfeldbruck andererseits ist an der Landesbank mit 1,3 % beteiligt. Eine Inanspruchnahme aus der Bürgschaft träfe diese Sparkasse mit 12 Millionen Euro.

So kann sich jeder ausrechnen, was für die eigene Stadt- und Kreissparkasse auf dem Spiel steht. Das ist das kleine Einmaleins, von dem der Finanzminister gestern gesprochen hat. Genau das exerziere ich Ihnen gerade vor. Klar ist, für die kleinen und mittleren Sparkassen gefährdet die Bürgschaft die Existenz. Das hat auch Sparkassenpräsident Naser bereits eingeräumt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit dieser Schadensliste, Kolleginnen und Kollegen, haben Sie einen ersten Überblick über das ganze Ausmaß des Debakels. Dass es so weit kommen konnte, dafür ist ein eklatantes Versagen bei Führung und Kontrolle der Bank durch den Verwaltungsrat, namentlich durch Beckstein und Huber, verantwortlich. Es ist höchste Zeit, dass wir die Diskussion darüber eröffnen, was zu tun ist, damit es nicht wieder so weit kommt. Diese Diskussion, Kolleginnen und Kollegen, werden wir natürlich auch im Wahlkampf führen; das ist klar. Wir sprechen im Wahlkampf all die Fragen an, die für Bayern wichtig sind und die die Menschen in Bayern interessieren.

(Alexander König (CSU): Bewusst die Unwahrheit sagen!)

Wir sagen bewusst die Wahrheit im Unterschied zu Ihrem Finanzminister. Das ist der Unterschied.

(Zurufe von der CSU)

Warum sollen wir darüber nicht reden? Es ist ein wichtiges Thema – das werden Sie einräumen –, es interessiert die Menschen. Selbstverständlich reden wir über das, was bei der Landesbank schief gelaufen ist und was besser