Das kann es doch wohl auch nicht sein, dass ein Vertrag, der vor über einem Jahr paraphiert wurde, ewig im Ministerium liegt, ehe er im Kabinett und im Landtag weiterbehandelt wird. Gerade dieser Vertrag gäbe die Möglichkeit für Verbesserungen im Preis-/Leistungsverhältnis. Da ist das Interesse im Ministerium offensichtlich auch nicht sehr groß. Nach wie vor werden Geldmittel aus dem Nahverkehr, Regionalisierungsmittel, abgezweigt, beispielsweise für die Transrapidplanung. Ihr Parteifreund Gauweiler hat den Transrapid ja so schön als Vorortbahn bezeichnet, die überflüssig und unsinnig ist. Da gehen die Geldmittel rein und nicht in die Verbesserung der Leistungen des Nahverkehrs.
Sie sollten stärker dafür sorgen, dass die Geldmittel dahin kommen, wo sie hingehören, und nicht zweckentfremdet werden.
Zum Abschluss möchte ich noch ein Beispiel vortragen, um zu zeigen, wie Sie denken und wohin Sie die Mittel auch im neuen Haushalt geben wollen. Wir unterstützen zwar das Antragsbegehren, aber ich möchte schon aufzeigen, wie Sie anderswo handeln. Mir liegt der Entwurf des Doppelhaushalts 2005/2006 vor, Stand 28. September 2004. Im Einzelplan 7 heißt es auf Seite 44 zur Verwendung des Erlöses aus dem Verkauf der Regentalbahn im letzten Absatz auf dieser Seite: „Der restliche Erlös von 19,4 Millionen Euro soll in Höhe von 7 Millionen Euro zur Restfinanzierung des Ausbaus des Flugplatzes Hof – Plauen verwendet werden.“ Sie verwenden also Mittel aus dem Verkauf von Eisenbahninfrastruktur, um den Konkurrenten Luftverkehr auszubauen.
Dieser Antrag der CSU ist eigentlich ein Schaufensterantrag und eine Heuchelei. Weil aber der Inhalt in Ordnung ist, werden wir ihm trotzdem zustimmen.
(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN – Heiter- keit bei der SPD – Joachim Wahnschaffe (SPD): Das war eine Rolle rückwärts!)
Herr Staatssekretär Spitzner hat für die Staatsregierung um das Wort gebeten. Bitte, Herr Staatssekretär.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir ein paar Anmerkungen. Frau Dr. Kronawitter, Sie haben die Preiserhöhung beim Bayernticket angesprochen. Bitte unterscheiden Sie intellektuell genau: Es ist der Antrag auf Erhöhung von 15 Euro auf 18 Euro gestellt worden. Das ist Tatsache. Tatsache ist auch, dass wir diesem Antrag auf Preiserhöhung ganz bewusst bis dato nicht zugestimmt haben, weil uns einiges an der Argumentation der Bahn nicht stimmig und überzeugend genug erschien.
Herr Staatssekretär, dürfen wir Ihre Stellungnahme so verstehen, dass Sie diesem Antrag nicht stattgeben werden? Mit „Sie“ meine ich das Wirtschaftsministerium.
Antrag zu stellen. Der Antrag ist gestellt und nach unserer Meinung nicht mit stichhaltigen Argumenten untermauert worden. Die Bahn hat gesagt, sie wird in der laufenden Diskussion noch weitere Argumente bringen. Sie können davon ausgehen, dass wir diese Argumente sehr kritisch und sorgsam prüfen werden. Deswegen kann ich heute noch nichts sagen.
Zweitens. Herr Kollege Dr. Magerl, Sie haben kritisiert, dass der Verkehrsdurchführungsvertrag noch nicht endgültig beschlossen, sondern nur paraphiert wurde. Warum hat Otto Wiesheu das getan? – Otto Wiesheu hat das im Interesse des Freistaates Bayern und im Interesse der Bahnkunden getan.
Nein, das ist keine Prestigefrage. Reden Sie mit Ihren Verkehrspolitikern in den anderen Landesparlamenten. Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Verkehrspolitiker in den anderen Landesparlamenten, ob von der grünen oder von der roten Seite, uns beneiden, weil sie meinen, die Bayern handeln im Interesse der Bahnkunden konsequent. Wir haben nach der Paraphierung festgestellt, dass einiges noch nicht stimmig ist. In diesem Fall gibt es zwei Möglichkeiten: Man kann sagen, Hühneraugen zudrücken, wir unterzeichnen. Das wäre der falsche Weg. Dafür würden Sie uns hier im Hohen Hause zu Recht kritisieren. Otto Wiesheu hat deshalb ganz klar gesagt, wir wollen hier nachverhandeln. Frau Dr. Kronawitter, Sie haben schon dargelegt, was die Bahn permanent fordert. Wir wollen in den Nachverhandlungen festgelegt haben, dass solche Step-by-step-Forderungen der Bahn künftig ausgeschlossen sind.
Drittens. Man kann über die Bahnmittel streiten. Herr Kollege Dr. Magerl, Preiserhöhungen bei großen Neubaustrecken der Bahn gibt es derzeit nicht nur in Bayern, sondern auch in Nordrhein-Westfalen oder in Hamburg, wo Sie an der Regierung sind.
Ich darf Ihnen Folgendes sagen: Als wir 1998 die Bundestagswahl verloren haben, waren Otto Wiesheu und ich an dem bewussten Montag furchtbar geknickt.
Hören Sie doch zu. Wir saßen beieinander und haben gesagt, wir sind gute Demokraten und erkennen dieses Ergebnis an.
Wir haben uns gesagt, ein Positives hat die Entscheidung: Die GÜNEN haben angekündigt, es gibt Geld, Geld und nochmals Geld für die Schiene. Ich habe zu Otto Wiesheu gesagt, wir werden in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren aus dem Bundeshaushalt so viel Geld für die Schiene bekommen, dass wir uns nicht mehr retten können. Wir bedauern schon jetzt unseren Kollegen Günther Beckstein, weil er für die Straße nichts mehr bekommt. Ihr Kollege Schmidt hat gesagt, das wird Wirklichkeit werden. Fazit Ihrer Versprechungen: Inflation der Hoffnungen, In
flation der Sprüche, Begeisterung, Verwirrung, Ernüchterung, Suche der Schuldigen, Bestrafung der Nichtschuldigen, Auszeichnung der Nichtbeteiligten – genau das ist gekommen.
Meine Damen und Herren, im Grunde genommen ist bis dato bis auf Ihre Sprüche nichts gekommen. Es war nichts. Herr Dr. Magerl, wir haben unsere Korrekturen wenigstens zugegeben, aber Sie haben bis heute nichts korrigiert. Fakt ist, dass noch nie so wenig Geld für die Schiene im Bundeshaushalt vorhanden war wie derzeit. Das ist der eigentliche Skandal.
Ich komme kurz zum Antrag. Erstens. Herr Staatsminister Dr. Wiesheu hat klar und deutlich erklärt, dass die von der DB AG als Begründung angeführte Kostensteigerung bei der Energie kein Argument ist, weil die DB AG von den Ländern ohnehin einen Ausgleich für Energiekostensteigerungen erhält.
Zweitens. Er hat auch klar gesagt, die gestiegenen Infrastrukturkosten sind bereits im Zugkilometerdurchschnittspreis berücksichtigt, den die Länder als Besteller von Nahverkehrsleistungen bezahlen.
Drittens. Der von der DB AG herangezogene Vergleich mit Verkehrsverbünden und den dortigen Kostensteigerungen – das ist das Argument, das die DB AG immer vorbringt – hinkt unserer Meinung nach, weil es regional zum Teil sehr deutliche Unterschiede in der Struktur der erbrachten Verkehrsleistungen gibt. Letztlich liegt die Tariferhöhung unserer Auffassung nach weit über der Teuerungsrate der letzten beiden Jahre.
Ich sage klar und deutlich, wir wollen in den nächsten Tagen und Wochen über den neuen Zehn-Jahres-Verkehrsdurchführungsvertrag noch einmal intensiv verhandeln und für Bayern attraktive und günstige Tarifangebote sowie eine Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur sichern. Damit wollen wir mehr Fahrgäste auf die Schiene bringen. Vor diesem Hintergrund passt die Tariferhöhung der DB AG von 4,1 % nicht in die jetzige Zeit. Das ist die klare Position von Staatsminister Dr. Wiesheu und der Bayerischen Staatsregierung.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Christian Magerl hat gesagt, das, was Kollege Rotter gesagt hat, war zum Teil richtig. Er hat sich vornehm ausgedrückt und von einer „gewissen Heuchelei“ gesprochen. Man muss aber sagen, das war Heuchelei in hohen Dosen und auf hohem Niveau und das Werfen von Nebelkerzen. Leider ist der Minister nicht da, aber sein Staatssekretär macht es uns leichter, weil bei ihm
Ich komme zum Verkehrsdurchführungsvertrag. – Jetzt ist auch der Minister da. Herr Staatssekretär Spitzner, Sie haben von einem offenen Geheimnis gesprochen. Für uns ist etwas ganz anderes ein offenes Geheimnis: Vor drei Jahren hätte der Vertrag endlich fertig sein sollen. Seit einem guten Jahr befinden wir uns in einem vertragslosen Zustand. Wo klemmt es? – Wir haben viele Punkte im Ausschuss diskutiert, aber wir wissen genau, wo es wirklich klemmt, nämlich bei der Verknüpfung von Nahverkehr und Fernverkehr. Es gibt einen Rahmenvertrag, in dem sich beides wiederfindet. Wir halten unseren Vorwurf aufrecht, der Freistaat bedient die Bahn im Nahverkehr und macht es ihr dort leicht, um umgekehrt im Fernverkehr von der Bahn AG bedient zu werden bei Prestigeprojekten.
700 Millionen Euro sind kein Pappenstiel. Diese Summe zahlen wir der Bahn jedes Jahr allein an Bestellgeldern für Nahverkehrsleistungen. Daneben gibt es die eine oder andere zusätzliche Förderung. Wir meinen, es gilt immer noch der Spruch, wer zahlt, schafft an. Tatsächlich könnte man besser und mehr anschaffen und die Bahn in ihre Grenzen weisen. Was passiert stattdessen? – Wettbewerb in homöopathischen Dosen, kaum ein Aufschrei bei den Plänen, Schalter zu schließen und Zugbegleitpersonal abzubauen. Das ist viel zu harmlos. Wenn wir bezahlen, wollen wir besser mitreden können, aber wir kennen selbstverständlich die Verknüpfungen.
Herr Kollege Rotter, falls ich Sie richtig verstanden habe, sprechen Sie von Duzfreunden, auf der einen Seite der Kanzler und auf der anderen Seite Bahnchef Mehdorn. Da haben Sie es doch viel näher: Gehen Sie doch zu Ihrem Verkehrsminister, der versteht sich prächtig mit dem Bahnchef. Ich habe schon oft gesagt und sage es auch hier wieder, obwohl Herr Söder mich dafür schon manches Mal gern hätte rügen lassen: Pack verträgt sich, Pack schlägt sich.
Frau Präsidentin, ich danke Ihnen für Ihre Einschätzung. Ich kommentiere diese Einschätzung jetzt nicht.
Zum zweiten Punkt, den Sie angesprochen haben, Herr Staatssekretär. Es ging dabei um die zwei Gründe für die Schieflage der Bahn. Zum einen sind das in der Tat gravierende Managementfehler. Ich sage nur: Tarifreform. Daneben aber steht die Kostenexplosion bei Großprojekten. Sie haben hier treuherzig versichert, das seien auch Projekte in Berlin und in Nordrhein-Westfalen. Wer diese Projekte aber zu verantworten hat, das haben Sie nicht gesagt. Dafür war nämlich die alte Bundesregierung unter Kohl und Waigel verantwortlich.
Es war in den Zeiten von Kohl und Waigel, als die Hochgeschwindigkeitsstrecke Frankfurt-Köln beschlossen wurde, die jetzt, genauso wie München-Ingolstadt-Nürnberg, aus dem Ruder gelaufen ist. Der Lehrter Stadtbahnhof führte zum dritten Milliardenloch, das jetzt gestopft werden muss. Doch das Ende der Kosten ist nicht in Sicht, weder mit der Strecke München-Ingolstadt-Nürnberg noch mit dem Transrapid. Wenn wir uns die Strecke Nürnberg-Erfurt ansehen, die durch den Gottesgarten und den Thüringer Wald führt, dann sind wir irgendwann bei 8 Milliarden Euro. Sie brauchen sich doch nicht wundern, wenn die Bahn AG Not leidet. Auch hier haben Sie die Misere originär mitzuverantworten.