Protokoll der Sitzung vom 16.12.2004

Abschließend danke ich dem Bayerischen Landtag für die Unterstützung in den Fragen, die mein Ressort betreffen. Ich danke dem Haushaltsausschuss mit seinem Vorsitzenden Manfred Ach für die sachkundigen Beratungen und dem Landwirtschaftsausschuss mit seinem Vorsitzenden Helmut Brunner für seine großartige Unterstützung.

(Beifall des Abgeordneten Sepp Ranner (CSU))

Ich bedanke mich beim Berichterstatter für den Einzelplan 08, Kurt Eckstein, und beim Berichterstatter für den Einzelplan 09, Johann Neumeier.

(Hans Joachim Werner (SPD): Gibt es nur einen? – Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Hat keine Mitberichterstattung stattgefunden?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte Sie um Ihre Zustimmung zu den vorgelegten Haushaltsentwürfen. Sie können daraus ersehen, dass wir den wichtigen Belangen, von denen nicht nur unsere Bauern und Waldbesitzer, sondern letzten Endes alle Bürger unseres Landes und die Zukunft des gesamten Landes betroffen sind, in guter Form Rechnung getragen haben.

(Lang anhaltender Beifall bei der CSU)

Im Ältestenrat wurde für die Aussprache eine Redezeit von 1 Stunde 30 Minuten vereinbart. Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 46 Minuten, auf die SPD-Fraktion 25 und auf die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN 19 Minuten. Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Ich darf Frau Kollegin Lück für die SPD-Fraktion das Wort erteilen. Bitte schön.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen, werte Kollegen! Wir behandeln heute Haushalte, die 86 % der Landesfläche mit einem 35%igen Waldanteil beinhalten. Auch den Wirtschaftsfaktor hat der Herr Minister schon angesprochen. Das ist gut so. Die wirtschaftliche Situation ist alles andere als gut. Allerdings ist dies fast überall so, nicht nur in der Landwirtschaft, und zwar auch, weil in den Neunzigerjahren notwendige Entscheidungen bewusst ausgesessen wurden.

(Beifall bei der SPD)

Das geht heute leider nicht mehr, weil wir in ein enges Korsett der EU eingebunden sind, dessen Stangen Sie, speziell Sie, eingezogen haben. Zeigen Sie doch deshalb nicht immer nach Berlin, Herr Minister! Es ist immer das gleiche Lied: Sie kehren vor der Tür von anderen – vor der eigenen Tür kehren Sie nicht.

(Beifall bei der SPD)

Liegt da vielleicht zu viel Dreck? Ich sage Ihnen: Wer laut genug brüllt, kann sich zwar in Bayern Gehör verschaffen, aber wahr wird es deswegen nicht.

(Beifall bei der SPD)

Ich wage nicht zu prognostizieren, wie es den Bauern unter einer schwarz-gelben Regierung ginge. Die damals propagierten Maßnahmen – Sie erinnern sich an die Petersberger Beschlüsse und die Aufstände – waren keine Grundlage für übertriebenen Optimismus. Wenn ich mir die Statistiken ansehe – übrigens Statistiken von der CSU und vom Bauernverband: Der Landwirtschaft ging es un

ter einer SPD-Regierung immer besser als unter schwarzgelb.

(Beifall bei der SPD)

Da können Sie noch so viel dagegen reden. Die Zahlen sprechen für sich, leider manchmal erst im Nachhinein.

Wir sind uns einig, dass gerade in Bayern eine bäuerliche Struktur mit Klein- und Mittelbetrieben für eine flächendeckende Landbewirtschaftung notwendig ist, um die Vielfalt unserer Kulturlandschaft und auch den vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereich mit seinen Arbeitsplätzen zu erhalten. Deshalb legen wir auch so viel Wert auf die Entwicklung der ländlichen Räume insgesamt.

Sie hingegen setzen in vorauseilendem – in Bayern heißt es ja: in vorausstolperndem – Gehorsam als einziger Minister die Reformvorgaben von Huber und Stoiber 1 : 1 um, opfern Strukturen und verfahren mit Ämtern und Schulen nach Gutsherrenart, anstatt anhand nachvollziehbarer Kriterien, die wir immer wieder verlangen. Andere Minister, die nicht wie Sie eine Lobby hinter sich haben, machen dieses Kasperltheater nicht mit.

(Beifall bei der SPD)

Sie sind, wenn man so sagen will, der negative Musterknabe in Stoibers Kabinett. Das hilft den Bauern leider wenig.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich haben wir Probleme in der Landwirtschaft durch sinkende Preise und den Druck durch einige Großabnehmer einerseits und die Einengung durch die EU und durch die WTO-Verhandlungen andererseits. Da gehen wir auch manchen Schritt gemeinsam, sowohl gegen Berlin – zum Beispiel wenn es um den Abbau der landwirtschaftlichen Sozialkassen geht – als auch gegen Brüssel. Oft aber trennen sich unsere Wege, weil wir den direkten Weg zum Ziel nehmen, Sie aber Zickzack gehen, um dann oft, wenn auch verspätet, auf unseren Trampelpfad einzuschwenken. Wir sind dann allerdings schon weit voraus.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie endlich auf unserem Weg sind, tun Sie dann so, als wenn Sie diesen Weg gerade erst und alleine gefunden hätten. Deshalb: Ehre wem Ehre gebührt, Herr Staatsminister Miller. Ich sage es zum wiederholten Male: Sie verkaufen sich bestens, aber auch das hilft den Bauern leider nicht. Speziell im Bundesrat agieren Sie nicht immer zum Nutzen der bayerischen Landwirte. Ich gebe aber zu: Sie haben ein noch größeres Talent als der Kaiser ohne Kleider. Zu meinem Erstaunen gelingt es Ihnen immer wieder, nackt vor die Bauern zu treten, ohne dass Ihre Nacktheit aufgedeckt wird.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie verkaufen Greueltaten als Wohltaten. Ich kann nur staunen, wie dies auch teils sehr wohlwollend von den Medien mitgetragen wird.

Es stimmt, dass wir vor zwei großen Herausforderungen stehen. Eine ist sicher die Umsetzung der GAP-Reform. Wir könnten allerdings schon sehr viel besser dastehen und weiter sein, wenn Sie einerseits im Bund nicht geblockt und andererseits Ihre Hausaufgaben besser gemacht hätten. Wir verlangen schon lange in X Anträgen, uns Ihre Vorstellungen von der Umsetzung preiszugeben, insbesondere wie eine neutrale Beratung, die ja auch von der EU bezuschusst wird, für die Bauern sichergestellt werden kann, ohne dass sich hier irgendwer lukrative Entgelte unter den Nagel reißt. Bis jetzt leider Funkstille! Sie sagen, Sie stehen den bayerischen Bauern in schwierigen Zeiten als verlässlicher Partner zur Seite. Auf gut schwäbisch würde ich dazu sagen: Ein echter Schmarren!

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Denn überall dort, wo Sie in Eigenverantwortung handeln könnten, streichen Sie auf Teufel komm raus und kaschieren das, indem Sie mehr Geld aus Brüssel und Berlin kassieren. In Brüssel und Berlin kämpfen Sie oft genug statt für vernünftige Rahmenbedingungen für Standpunkte, die Sie nie und nimmer selbst in den Reihen Ihrer Ministerkollegen durchsetzen könnten.

(Beifall bei der SPD)

Auf das effiziente Bildungssystem – von Ihnen dargestellt –, komme ich noch. Ihre Hilfe zur Selbsthilfe für die Bauern in Bayern steht auf sehr tönernen Füßen, nachdem Sie gerade diesen Bereich wirklich massiv rasiert haben.

Durch jede Haushaltsrede, die ich hier gehört habe, zieht sich ein roter Faden, nämlich alle Schuld nach Berlin abzuschieben und dabei völlig außer Acht zu lassen, dass Sie die Ursache der Probleme Deutschlands sowohl im Finanz- als auch im Landwirtschaftsbereich selbst geschaffen haben. Sie stellen Rot und Grün in Berlin dafür an den Pranger, dass sie den von Ihnen aufgetürmten Schuldenhaufen abzutragen versuchen. In Bayern lassen Sie sich dafür feiern – in Berlin schimpfen Sie. – Toll! Schlitzohrig!

(Beifall bei der SPD)

Sie verlangen von Berlin einerseits die Haushaltssanierung, sprich: die Einhaltung der Stabilitätskriterien, blockieren aber andererseits im Bundesrat jegliche Einsparung und prügeln uns für Kürzungen im Agrarbereich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Leider muss ich feststellen, dass Ihre Wertschätzung für die Bauern in diesem Haushalt keinen Niederschlag findet. Das Dilemma resultiert natürlich nicht nur aus diesem Jahr. Die Kurve für den Landwirtschaftshaushalt geht seit Ministerpräsident Stoibers Amtsantritt steil nach unten.

Apropos Ehrlichkeit: Es ist schlitzohrig bis zum Geht nicht mehr, die Senkung von 2004 auf 2005 mit 1,1 % anzuführen, anstatt die Senkung seit 2003 anzugeben, wo Sie immerhin 12,6 % gekürzt haben. Waren im Jahre 1994 noch 4,45 % des Gesamthaushaltes für die Landwirtschaft eingestellt, sind es 2005 gerade noch 2,99 %.

(Zuruf von der SPD: Das ist ja unglaublich!)

Natürlich geht es zur Wahl wieder ein bisschen hinauf. – Ein Narr, der Böses dabei denkt!

Gemessen am Gesamthaushalt ist also der Landwirtschaftshaushalt seit Ministerpräsident Stoibers Amtsantritt um ein Drittel gekürzt worden. Der Gesamthaushalt stieg aber im gleichen Zeitraum um 20,5 %. Der Einzelplan 08 wurde im gleichen Zeitraum um 20 % gekürzt. Tatsächlich: Sie sind ein Freund der Bauern. – Eine verquere Rechnung! Allein dem Ehrgeiz eines machtbesessenen Ministerpräsidenten, der, egal was es kostet, Klassenprimus im Sparen werden will, verdanken wir diesen neuerlichen Aderlass. Der Gesamthaushalt stieg von 2001 bis 2004 um 3,4 %; der Einzelplan 08 wurde dagegen um satte 12 % gekürzt. Übrigens: In Berlin wurde der Agrarhaushalt im gleichen Zeitraum um 7 % gekürzt. Das ist weit weniger als die Kürzungen, die Sie vornehmen. Einzig und allein die Mittel, die vom Bund und der EU kommen und von Bayern lediglich umverteilt werden, sind stabil geblieben oder verzeichnen Zuwächse. Das sind keine Kleckerlesbeträge, sondern immerhin 35 % des Einzelplanes, also über ein Drittel. Für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ fließen pro Jahr über 230 Millionen Euro nach Bayern, davon 97 Millionen Euro von der EU. Für bayerische Fördermaßnahmen wie Kulturlandschaftsprogramm, Dorferneuerung und Entwicklung der ländlichen Gebiete fließen noch einmal 148 Millionen Euro vom Bund und von der EU.

Verstehen Sie das nicht falsch. Natürlich wollen auch wir die Kofinanzierungsmittel vom Bund und der EU abschöpfen. Aber zur Wahrheit und Klarheit gehört es, dass Sie das auch sagen, statt sich mit fremden Federn zu schmücken.

(Beifall bei der SPD)

Sie dreschen bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit ungeniert auf Berlin ein, obgleich die Berliner – wie ich bereits sagte – aufgrund Ihrer Hinterlassenschaft mit dem Rücken zur Wand stehen. Die Berliner können nichts und niemanden zum Kaschieren ihres Haushalts heranziehen, wie Sie das machen. Dort kann man nicht sagen: Wir sparen intelligent, also auf gut Deutsch, mit dem Geld anderer. Die Bundesregierung muss für die Kürzungen, die wegen der Sanierung des Haushaltes schlicht überlebensnotwendig sind, selbst gerade stehen. Herr Staatsminister Miller Sie können sich also bei der EU und beim Bund bedanken. Schimpfen Sie nicht darüber, dass Sie vom Bund und der EU Geld bekommen, für das Sie sich dann feiern lassen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Noch etwas: Zeigen Sie nicht immer mit dem Finger auf die anderen Länder. Das wird langsam peinlich; denn Sie haben für ein derart überhebliches Auftreten überhaupt keinen Grund, wenn man in die Geschichte schaut. Wer erst massiv abgesahnt hat und sich dann auf den Standpunkt stellt, mir gebet nix, mag zwar kurzfristig schlau sein, aber das Blatt kann sich auch einmal wenden. Solidarität war und ist keine Einbahnstraße. Sie kann es auch nicht sein.

(Beifall bei der SPD)

Nun zu den Trampelpfaden: Als wir davon sprachen, dass unsere Bauern freie Unternehmer seien und ihre Chancen auch in Einkommensalternativen suchen müssten, haben Sie uns noch beschimpft. Heute ist das auch für Sie kein Thema mehr. Fakt ist, dass immer weniger Bauern in Bayern allein von der Lebensmittelerzeugung leben können. Neben den klassischen Betätigungen wie Urlaub auf dem Bauernhof und Dienstleistung bei der Pflege der Kulturlandschaft sehen wir in der Energiegewinnung besondere Chancen. Nachdem sich jetzt sogar Herr Dr. Stoiber zu den nachwachsenden Rohstoffen bekennt, hoffen wir auch bei Ihnen auf eine bessere Einsicht.

Endlich scheinen Sie auf unseren Pfad einzuschwenken. Wir verlangen von Ihnen aber nicht nur Luftblasen, wie das Bündnis „Bayerischer Klimaschutz“, sondern Taten. Sie haben jedoch die Ansätze für erneuerbare Energien und für nachwachsende Rohstoffe für die nächsten Jahre eingefroren. Wenn ich daran denke, dass die Mittel aus der dritten Tranche der Privatisierungserlöse mit einem Umfang von mehr als 8 Millionen Euro für die kommenden Haushalte ebenfalls weg sind, sind das massive Kürzungen. Stellen Sie also wenigstens die von uns geforderten zusätzlichen 2 Millionen Euro im Haushalt ein. Daraus könnte ein Marktanreizprogramm finanziert werden, das neben Biogas ausdrücklich auch den Einsatz von Holz und von biogenen Treibstoffen fördert. Dies würde im Übrigen den Vereinbarungen des Klimabündnisses entsprechen.

(Beifall bei der SPD)

Sie weisen immer wieder auf die Dieselsteuer und deren negative Auswirkungen hin. Wir stimmen Ihnen sogar – eingeschränkt – zu. Ich weise Sie jedoch darauf hin, dass wir durch den Einsatz von Rapsöl und anderen biogenen Treibstoffen nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit unserer Bauern erhöhen, sondern ihnen darüber hinaus ein wichtiges Einkommensstandbein verschaffen könnten. Dazu wäre es aber einerseits notwendig, die Technik der Fahrzeuge entsprechend zu ertüchtigen und andererseits mit den Tankstellen ein Konzept für ein bayernweites flächendeckendes Netz von Tankstellen mit Pflanzenölen und anderen biogenen Treibstoffen zu erarbeiten.