Ein Letztes: Wir haben – die Zahlen sind mehrfach genannt worden – das Recht, das bisher besteht, ausgeschöpft, um möglichst viele genetische Fingerabdrücke abzunehmen und zu speichern.
Ich sage es hier ausdrücklich: Wir haben sämtliche Speichelproben – sowohl präventiv für die Zukunft als auch retrograd – vollständig und ohne jeden Rückstand abgespeichert. Wir haben sie auch von denen, die im Gefängnis sind, abgespeichert. In der „Süddeutschen Zeitung“ stand dazu ein Artikel, der missverständlich war. Dazu kann ich nur sagen, die Speichelproben haben wir zu 100 % ausgewertet. Sie können exakt ohne jede Verzögerung abgerufen werden. Gewisse Wartezeiten haben wir bei minder priorisierten Straftaten, zum Beispiel wenn wir bei einem Dieb zu Hause Diebesgut finden und auf dem Diebesgut irgendetwas festgestellt werden kann. Das sind aber Spuren, die in den meisten anderen Ländern überhaupt nicht untersucht werden. In diesem Fall muss zuerst ein Richter entscheiden, damit wir tatsächlich auf Spuren untersuchen können. Erst dann können die Spuren im Labor untersucht werden.
Warum sind wir gegen die richterliche Vorkontrolle? Die richterliche Nachkontrolle findet neben der Kontrolle durch den Datenschutzbeauftragten und neben der innerdienstlichen Kontrolle auf jeden Fall statt. Die richterliche Vorkontrolle führt nur zu Verzögerungen und bindet massiv Arbeitskapazität. Wenn sich der Polizeibeamte am Freitagnacht in Furth im Wald nicht sicher ist, ob er einen genetischen Fingerabdruck nehmen soll, müsste er in der Nacht erst nach Amberg oder nach Weiden fahren. Dort ist aber kein Richter. Selbst wenn der Richter nachts aus dem Bett geholt würde, bräuchte man noch jemand, der den Beschluss schreibt. Das wäre erst am Montag möglich. In vielen Fällen würde die Untersuchung dann eben nicht durchgeführt. Wir sind in Bayern deswegen spitze bei der Kriminalitätsbekämpfung, weil wir die rechtsstaatlichen Möglichkeiten ausschöpfen. Dazu gehört es auch, dass wir die Möglichkeiten des genetischen Fingerab
Meine Damen und Herren, wir haben folgende Geschäftslage. Da die Redezeit der Staatsregierung deutlich über der Redezeit der Fraktionen liegt, bekommen alle Fraktionen noch einmal auf Antrag fünf Minuten Redezeit. Die Fraktion der GRÜNEN hat einen solchen Antrag gestellt. Wer meldet sich zu Wort? – Frau Kollegin Stahl.
Vieles von dem, was hier gesagt wurde, ist einer Kommentierung nicht Wert. Ich möchte mich hier auch nicht auf differenzierte Auseinandersetzungen mit einem konkreten Gesetzentwurf einlassen, denn dieser konkrete Gesetzentwurf liegt uns bis zum heutigen Tage nicht vor. Wir haben am Montag oder am Dienstag im Justizministerium angerufen und wollten wissen, ob für diese Woche parlamentarische Initiativen zur DNA-Analyse vorliegen. Dort hieß es nein, man lasse sich noch Zeit bis nächste Woche. Am nächsten Tag wurden in der Kabinettssitzung Beschlüsse zur DNA-Analyse gefasst. Meine Herren und Damen, wenn wir bereits aus der mittleren Ebene des Justizministeriums – dasselbe gilt auch für das Innenministerium – belogen werden, brauchen Sie doch nicht allen ernstes zu glauben, dass wir Ihren Vorstößen nur einen Funken von Vertrauen entgegenbringen.
Mit einem sehr dürren Papier durfte sich dann die Frau Justizministerin an einer Debatte im Innenausschuss beteiligen, wo man sich noch in einer niveauvollen Auseinandersetzung auf einer Ebene treffen könnte. Bisher sind DNA-Analysen, die unter Richtervorbehalt gestanden haben, im Rechts- und Verfassungsausschuss debattiert worden, weil eben auch Verfassungsrecht betroffen ist. Meine Kollegen, die Herren Ritter und Schindler, haben noch einmal aufgedröselt, was hier sehr wohl zu beachten ist. Ich bin entsetzt über Ihren Umgang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Sie sprechen davon, dass Sie bis an die Grenzen der Möglichkeiten gehen, die das Verfassungsgericht gesteckt hat. Ich sage, Sie begehen ganz klar und bewusst Verfassungsbruch.
Herr König, es mag Ihnen gefallen oder nicht. Es ist mir ehrlich gesagt auch ganz egal. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass die Vorschläge, die heute vorgetragen wurden – das bedeutet ja noch nicht einmal, dass sie Inhalt einer Gesetzesvorlage werden –, meines Erachtens zu weit gehen. Wir werden sehen, was in diesem Entwurf
letztlich steht, denn wir haben in der Debatte im Innenausschuss auch erfahren müssen, dass es sehr unterschiedliche Positionen gibt. Herr Ritter hat es ebenfalls gesagt. Von einzelnen CSU-Kollegen wird für eine sehr weitgehende DNA-Analyse gesprochen. Andere – sogar die Ministerin – sind etwas zurückhaltender.
Herr Beckstein, Sie sagen, wir müssen den technischen Anforderungen der Täterinnen und Täter gerade in der organisierten Kriminalität gewachsen sein. Da gebe ich Ihnen Recht. Wir müssen auf Vieles reagieren. Wir müssen die Polizei dazu gut ausstatten. Ich frage mich aber, wieso eine Untersuchung Ihrer Dienststellen ergeben hat, dass PCs im Gebrauch sind, die älter als fünf Jahre sind. Von der Software will ich gar nicht reden. Sie reduzieren Computerarbeitsplätze, weil Sie die Neuanschaffung von PCs finanzieren müssen. Sie sprechen von technischen Anforderungen, denen wir gewachsen sein müssen. Ich spreche nicht über die – –
Genau, wir sprechen noch nicht einmal über die Ausstattung der Pkws mit Digitalfunk. Hier gibt es seit Jahren Handlungsbedarf. Sie kommen mit der Finanzierung nicht zu Potte.
Bei uns wäre die Polizei anders ausgestattet. Von uns würde die Polizei das bekommen, was zu ihrem Schutze und was für die Ermittlung notwendig ist. Wir setzen auf die klassische Polizeiarbeit. Die DNA-Analyse wird Sie überhaupt nicht retten.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute begehen wir den „Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus“. Ich begrüße als Gast den Direktor des Anne-Frank-Museums in Amsterdam, Herrn Hans Westra, der anlässlich der Anne-Frank-Ausstellung in der Staatskanzlei hier ist. Ich begrüße als Gäste auch Herrn Harald Eckert, den Vorsitzenden des Vereins „Christliche Freunde Israels“, und seine Begleiter.
Meine Damen und Herren, der heutige Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus steht am Beginn eines Jahres, in dem es viele Anlässe gibt, der Ereignisse des Jahres 1945 zu gedenken. Schon jetzt möchte ich darauf hinweisen – ich bitte Sie auch, das in Ihren Planungen zu berücksichtigen –, dass am 27. April eine gemeinsame Veranstaltung des Bayerischen Landtags und der Bayerischen Staatsregierung im Herkulessaal der Münchner Residenz anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung der Konzentrationslager in Bayern stattfinden wird.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Wie gehen wir mit diesen schmerzlichen Gedenktagen, genauer, mit dieser schmerzlichen Wirklichkeit um? Dies sorgfältig zu bedenken ist wichtig, damit in diesem
Jahr nicht gerade diejenigen Resonanz und Zustimmung erhalten, die im Wachhalten der Erinnerung eine ständige Demütigung der Deutschen sehen, die Unsicherheiten im Umgang mit diesem schmerzlichen Teil unserer Geschichte, Verletzungen durch pauschale Urteile, politisch ausnutzen.
Dazu eine Anmerkung, die die Aufgabe nicht ausreichend beschreibt, die aber Anstoß für eine gründlichere und tiefer gehende Reflexion sein kann. Für ein Volk gilt, was für den einzelnen Menschen wichtig ist:
Wer die Kraft hat, zu den Schattenseiten seiner Person zu stehen – jeder von uns hat solche –, zu vielleicht auch schwerwiegenden Fehlern, wer den Mut hat, sich damit auseinanderzusetzen, der wird daraus neue Kraft gewinnen, eine Souveränität, die die Schuld in das Ganze seines Lebens einordnet. Damit wird die Schuld angenommen als Wirklichkeit, aber sie wird sein weiteres Leben nicht bestimmen, nicht dominieren. Schuld, Vergangenheit, Neubeginn, Negatives und Positives werden eine Einheit.
Unser Volk hat sich auch dem Tiefpunkt seiner Geschichte gestellt, einen Neuanfang gefunden: Es ist nun ein anderes Deutschland. Aber dieser Weg ist eine ständige Aufgabe und nicht mit einem Mal abgeschlossen.
Noch einen weiteren Aspekt, ja vielleicht einen Ankerpunkt dieser Diskussion will ich benennen. Es gibt keine - womöglich fortwirkende - Kollektivschuld der Deutschen, nirgendwo in der Welt ein „Tätervolk“, erst recht nicht eine daraus abgeleitete Schuld eines Einzelnen. Es gibt jedoch gemeinsame und bindende Verpflichtungen aus unser Geschichte, ihren Tiefen und ihren Höhen. Lassen Sie uns gerade in diesem Jahr schmerzlicher Gedenktage eine solche Souveränität entwickeln und leben.
Werte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor sechzig Jahren erlebte die Welt den Abschluss der dunkelsten Phase der deutschen Geschichte: Der von den Nationalsozialisten verbrecherisch heraufbeschworene Zweite Weltkrieg ging zu Ende. Mit dem Ende des Krieges wurden die Verheerungen, die der Zweite Weltkrieg angerichtet hatte, in ihrem ganzen Ausmaß erkennbar: 55 Millionen Opfer waren weltweit zu beklagen, wobei die Zivilbevölkerung in einem bis dahin nicht gekannten Ausmaß betroffen war. Mit Entsetzen und Abscheu erfuhr die Welt von den Konzentrationslagern: 6 Millionen Menschen waren dort grausam umgebracht worden, und diejenigen, die diese Hölle überlebten, waren meist für ihr Leben körperlich und psychisch gezeichnet. Auschwitz, an dessen Befreiung der heutige Tag erinnert, ist zum Synonym geworden für das menschenverachtende System des Nationalsozialismus.
Immer wieder gibt es in unserem Land heftige Diskussionen, wenn der Holocaust mit anderen schrecklichen Ereignissen verglichen wird. Die Absicht ist dabei meistens, die einmalige Dimension des Holocaust durch Verweis auf andere Massentötungen zu relativieren. Und täuschen wir uns nicht: Dies findet durchaus Anklang, wie man in Gesprächen auch feststellen muss. Warum kann man zum Beispiel die Opfer des Terrors von Stalin mit den Ermorde
ten durch die Nazis nicht vergleichen, womöglich gegenrechnen? Hier hilft auch nicht einfach empörte Zurückweisung. Sie ist oft nur Nährboden für neue Mythen und Verschwörungstheorien. Präzise Argumentation ist notwendig. Worin besteht die Einmaligkeit, die Einmaligkeit des Holocaust, warum sind Vergleiche falsch und nicht zulässig?
Der Kieler Historiker Michael Salewski hat kürzlich zur Einzigartigkeit des Holocaust einen für mich besonders bemerkenswerten Beitrag erbracht. Er schreibt in einem Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 25. Januar – ich zitiere –:
Nicht die Rassenfrage war der Kern des entstehenden Antisemitismus, sondern die viel entscheidendere Frage nach dem Mensch- oder Nichtmenschsein der Juden. Die gängigen Metaphern, mit denen die Juden von den Antisemiten belegt wurden, hätten aufmerken lassen müssen: „Parasiten“, „fauler Schimmel“, „Ungeziefer“, „Läuse“, „Ratten“. Das ergibt nur dann einen Sinn, wenn den so Stigmatisierten das Menschsein prinzipiell abgesprochen wurde. Damit ist eigentlich schon erklärt, warum es zum Holocaust kam, vielleicht sogar kommen musste. Denn wer hätte Skrupel, Bazillen, Ungeziefer, Schimmel zu vernichten – möglichst hygienisch? …
Der Holocaust ist also keineswegs ein Derivat des Rassismus. Die Juden wurden nicht vernichtet, weil sie einer minderen Rasse angehörten, sondern weil sie
überhaupt keiner menschlichen Rasse angehörten. Das ergibt sich logisch aus dem Umstand, dass der Nationalsozialismus zwar zwischen „höheren“ und „niederen“ Rassen unterscheiden zu können glaubte, die „niederen“, „minderwertigen“ in eine Art von Sklaverei zu zwingen sich bemühte, nicht aber mit dem Ziel, sie physisch auszurotten. In den Plänen für die neue Ostsiedlung wurde es greifbar: Die germanischen Herrenmenschen sollten über Heere von slawischen Untermenschen gebieten. Systematisch auszurotten waren sie aber nicht, und dies schon aus einem banalen Grund: Die minderwertigen Rassen hatten die minderwertigen Tätigkeiten zu leisten.
Aus diesem Grunde ist es unzulässig, den Rassismus, den es ja keineswegs nur in Deutschland gab, mit dem Holocaust zu vermengen. Der Holocaust speist sich nicht aus der Rassendiskussion des 19. Jahrhunderts, sondern ist Folge des Postulats von der Nichtmenschlichkeit der Juden.
Soweit das Zitat. – Ein solcher Zivilisationsbruch ist wohl einzigartig in der Menschheitsgeschichte.
Meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Diese geschichtliche Wirklichkeit zeigt auch das Ausmaß des Skandals der NPD im Sächsischen Landtag. Es geht dabei um mehr als den absichtsvollen, aber aus den gerade dargelegten Gründen falschen Vergleich des Holocaust mit der schrecklichen Bombardierung von Dresden. Wer den Toten das Gedenken und die Ehrerbietung verweigert, macht sich die Geisteshaltung der Nazis zu Eigen, verweigert den Respekt des Menschen zu anderen Menschen, weil sie für ihn keine Menschen sind. Das ist nicht nur ein politischer Skandal, das Verhalten der NPD-Abgeordneten ist ein tiefer Kulturbruch, eine Verweigerung gegenüber den Grundlagen der menschlichen Zivilisation. Das ist die eigentliche Dimension des Skandals. – Damit müssen wir uns mit sachlicher Kompetenz, mit Überzeugungskraft und mit Leidenschaft auseinandersetzen, gegen diesen Ungeist kämpfen.
Meine Damen und Herren, die Anzahl der Zeitzeugen wird immer kleiner, die Aufgabe des Erinnerns fällt nun den Nachgeborenen zu, die die NS-Zeit nur noch aus den Erzählungen der Eltern und Großeltern und aus geschichtlichen Dokumentationen kennen. Der Gefahr, dass das Gedenken aufgrund der immer größeren zeitlichen Distanz zum bloßen Ritual wird, entgehen wir wohl am ehesten dann, wenn wir uns weiterhin um eine aktive Auseinandersetzung mit der NS-Zeit bemühen. Unter „aktiver Auseinandersetzung“ verstehe ich vor allem die Aufgabe, politische und gesellschaftliche Entwicklungen der Gegenwart aufmerksam zu verfolgen und daraus entsprechende Schlüsse zu ziehen. Der heutige Gedenktag erhält dann einen ihm angemessenen Sinn, wenn wir nicht nur trauernd zurückblicken, sondern wenn wir das Gedenken auch als Auftrag begreifen für unser eigenes Handeln.
Orientierung bietet dabei das Vorbild von Menschen, die es während der Herrschaft des Nationalsozialismus wagten, sich der Gewalt und der Unmenschlichkeit entgegenzustellen. Noch 1945 wurden viele von ihnen hingerichtet, weshalb wir auch ihrer heute in besonderem Maße gedenken. Viele sind bekannt, aber es gab auch Tausende, die wir heute nicht mehr kennen. Sie ließen sich nicht verführen von der großmäuligen Nazipropaganda, und sie waren mutig genug, sich nicht der Gewalt zu beugen und lieber zu sterben, als der Sache der Unmenschen zu dienen. Auch das zähle ich zur aktiven Auseinandersetzung mit dem Erbe unserer Geschichte: uns immer wieder dieser großartigen Menschen zu erinnern, die mit ihrem Leben bewiesen haben, dass auch in dunkler Zeit das Licht der Menschlichkeit nicht verlöscht. Wir wollen uns bemühen, dieses Licht weiter in die Zukunft zu tragen.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie nun bitten, sich zum ehrenden Gedenken an alle Menschen, die der Tyrannei und den barbarischen Verbrechen der Nationalsozialisten zum Opfer gefallen sind, von Ihren Plätzen zu erheben.
Haushaltsplan 2005/2006; Einzelplan 10 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen
Das Wort hat Frau Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen. Im Ältestenrat wurde für die Haushaltsrede eine Redezeit von 30 Minuten vorgesehen. Frau Staatsministerin, Sie haben das Wort.