Protokoll der Sitzung vom 28.06.2005

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Runge.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Es ist immer wieder das gleiche Lied, das gleiche Spiel: Gibt es etwas Erfolgversprechendes zu vermelden, dann reklamieren Stoiber und die Seinen sofort die Urheberschaft, und bei schlimmen Ereignissen wie auch bei schlimmen Zahlen wird jedes Mal abgetaucht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist egal, ob es sich hierbei um gesamtwirtschaftliche Daten oder um Unternehmensschicksale handelt. Geht‘s gut, war‘s Stoiber, geht‘s schlecht, waren es immer die anderen.

Die Liste der Pleiten, von Pech und Pannen ist ellenlang. Ein paar Unternehmen sind genannt worden. Die HypoVereinsbank, Grundig, Bayernwerk, Maxhütte, LWS, Kirch, aber auch die ganzen Onlineaktivitäten mit den Telecentern könnten wir herausbrechen, die OWZ GmbH und viele Unternehmensschicksale mehr, wo es ganz massiven Einfl uss der Staatsregierung gab, auch wenn Herr Bernhard treuherzig versucht hat, uns etwas anderes glauben zu machen, und wo es dann eben massiv schief gegangen ist.

Ich erlaube mir, geschätzter Kollege Maget, die Liste in der Überschrift noch zu erweitern. Ich sage nämlich: Pleiten, Pech, Pannen, Rechtsbrüche und Filz. So muss man es nämlich nennen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Ich greife einige wenige Beispiele heraus: Die Maxhütte ist kurz angesprochen worden. Im Grunde muss das Fazit wirklich lauten: Kaputtsanierung auf dem Rücken der Beschäftigten, gut 500 Millionen Mark an Steuergeldern in den Sand gesetzt, davon die letzten 74 Millionen Mark wirklich illegal gegen die Vorschriften des einschlägigen Stahlbeihilfekodex. – So viel zu den Rechtsbrüchen, aber dafür bringen wir noch jede Menge weiterer Beispiele. So sieht die Bilanz aus.

Dabei erinnern wir uns noch gut an die Jubelchöre, es war im Jahr 2000, über die Rettung der Maxhütte. Da haben die Herren Wiesheu und Stoiber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Wer war der Wirt? – Der Wirt war der damalige CSU-Freund und Großspender Max Aicher, der letztlich die Rettung verhindert hat. Es war schon vorher klar, dass er auf dem einen oder anderen Weg die Firma ausplündert, und er hat dann auch die letzte Sanierungsmöglichkeit, nämlich die Übernahme von Stahlwerk und Röhrenwerk durch Grossmann, damals verhindert. Ganz entscheidend war ja: Die Staatsregierung wollte ihrem Freund Herrn Aicher die Übernahme der restlichen Maxhütteanteile auch noch versüßen mit weiteren 180 Millionen Steuermark. Dies ist dann Gott sei Dank durch die Europäische Kommission verhindert worden. Fazit: Die Staatsregierung hat zum einen auf den falschen Mann gesetzt, zum anderen auf die falsche Technik.

Wir haben immer gesagt: Leute, Ihr müsst weggehen von der Verhüttung über Hochöfen hin zur Sekundärverhüttung. Das kostet zwar Arbeitsplätze, aber nur so ist der Laden sanierungsfähig. Leider ist das damals nicht gemacht worden gegen die großen Mehrheiten aus SPD und CSU, und heute stehen wir eben vor dem Scherbenhaufen.

Schneider Technologies ist angesprochen worden. Herr Wiesheu, es tut uns allen Leid, dass Sie damals auf einen Hochstapler hereingefallen sind. Nachdem Sie sich großartig für die Rettung des Unternehmens im Unterallgäu haben feiern lassen und auch bei den Gläubigerbanken im Wort gestanden sind, konnten Sie Ihre Fehler halt nicht eingestehen. Was ist passiert? – Systematisch ist eine Schadensabwälzungsaktion durchgeführt worden zulas ten der Steuerzahler, zulasten der Letztanleger, zugunsten der Gläubigerbanken und zugunsten auch mancher Großanleger. Ebenso systematisch ist der Landtag immer wieder mit der Unwahrheit bedient worden. Die Sanierungsaktivitäten der Staatsregierung und der LfA waren so angelegt, dass sie von Anfang an keinen Gewinn für das Unternehmen und seine Mitarbeiter hätten bringen können. Fazit: Millionen an Steuergeldern sind in den Sand gesetzt worden, unter anderem auch Gelder der LfA und der Bayerischen Forschungsstiftung. Es war ein wohl inszenierter Börsenschwindel, nicht mehr und nicht weniger.

Zum Thema Hypo-Vereinsbank: Herr Bernhard hat ganz unschuldig getan. Wir haben aber vorher doch die Zitate gehört. Ist jetzt das, was vorher verkündet wurde, richtig oder das, was hinterher dementiert wurde? Beides kann ja wohl nicht zusammengehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Fakt war doch: Die kränkelnde Vereinsbank musste unbedingt mit der damals schon schwer angeschlagenen Hypobank zusammengehen. Es galt schließlich, den Bankenstandort München gegenüber dem Standort Frankfurt zu stärken. Das Ganze hat sich sehr schnell als Fass ohne Boden erwiesen. Es hat sich sehr schnell erwiesen, dass viel zu viele Leichen im Keller waren, unter anderem die Immobilienfi nanzierung in den neuen Ländern. Unser Ministerpräsident war ja auch in anderen Fällen sehr begeistert von diesem guten Geschäft. Es gab aber auch andere uneinbringbare Darlehen, ich nenne nur das Stichwort Kirch. Ergebnis ist jetzt das Aus für die Bayernbank, die jetzt allenfalls als Satellit von Mailand aus gesteuert wird.

Es gibt aber auch noch ein anderes sehr bedauerliches Ergebnis für den Freistaat Bayern, nämlich die Anlage der Gelder der Forschungs- und der Landesstiftung. Auch dies wurde schon kurz angesprochen. Das ist immer kritisiert worden – Sie können es beispielsweise im Rechnungshofbericht für 1993 und 1996 nachlesen, wo es ganz klar heißt: Das ist nicht rentierlich, schaut euch an, was öffentliche Anleihen an Zinsen bringen würden. Das Ergebnis war: Es musste nachgeschossen werden aus regulären Haushaltsmitteln. – Schön, dass Sie nicken, Herr Neumeier.

Gleichzeitig ist davor gewarnt worden, nur in eine Bank hineinzugehen. So etwas macht kein Anleger. Das Ergebnis ist jetzt, dass auch noch ein massiver Substanzverzehr droht. Fakt ist, dass die Stiftungsgelder missbraucht worden sind für bank-, industriepolitische und vor allem imagepolitische Ziele, und so etwas ist schlicht und einfach nicht hinnehmbar.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt haben wir als Presseerklärung die wunderschöne Replik des Kollegen Herrmann lesen dürfen

(Franz Maget (SPD): Airbus, das ist Klasse!)

auf das Thema der Aktuellen Stunde und auch schon den ersten zaghaften Ansatz des Kollegen Bernhard. Da lesen wir: Aktive Wirtschaftspolitik Bayerns erfolgreich. Bayern betreibt erfolgreiche Industriepolitik. Von uns klar die Botschaft: Wir sind schon immer sehr vorsichtig gewesen und haben gesagt, bestimmte Unternehmenspolitik hat der Staat, hat die Regierung nicht zu machen. Wir freuen uns über das Einlenken der SPD, wenn ich das so verstehen darf, was die Unternehmenspolitik anbelangt. Ergebnis der von Ihnen, Herr Bernhard, als erfolgreich skizzierten Unternehmens- und Industriepolitik ist doch, dass ein Unternehmen nach dem anderen an die Wand gefahren worden ist.

(Beifall bei den GRÜNEN – Zuruf des Abgeordne- ten Dr. Otmar Bernhard (CSU))

Herr Herrmann, Sie geißeln in Ihrer Presseerklärung die Rekordarbeitslosigkeit. In Bayern gibt es bedauerlicherweise einen ganz massiven Anstieg bei den Arbeitslosenzahlen. In absoluten Zahlen wie auch in relativen Zahlen haben wir uns gegenüber anderen Bundesländern ver

schlechtert. Herr Stoiber ist mit dem Spruch angetreten, er wolle die Arbeitslosenzahlen halbieren. Als er im Mai 1993 anfi ng, waren wir bei 269 000, im Mai dieses Jahres hatten wir beispielsweise 466 000, also von wegen Halbierung. Es hat fast eine Verdoppelung stattgefunden.

In den letzten sechs Jahren schaut es im Vergleich mit Baden-Württemberg und Hessen in Bayern noch sehr viel schlechter aus. Jetzt kommt unser Wirtschaftsminister Wiesheu treuherzig mit der Ausrede – ich schaue zur Bank der Journalisten, die die Ausrede immer glauben –, Bayern würde ungleich stärker durch Zuwanderung und durch Berufspendler aus anderen Bundesländern belastet. So war es kürzlich in der „Süddeutschen Zeitung“ nachzulesen. Da empfehle ich einen Blick in die statistischen Jahrbücher. Das ist wirklich eine freie Erfi ndung. Der Einwohnerzuwachs Bayerns entspricht dem Baden-Württembergs, und was den Pendlersaldo betrifft, liegt er in Baden-Württemberg beim Zweieinhalbfachen und in Hessen beim Zweifachen dessen von Bayern. Diese Länder haben also mehr Pendler zu verkraften. Das heißt, diese Ausrede kann nicht ziehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abgeordneten Hoderlein (SPD))

Die regionalen Disparitäten werden immer wieder bestritten. Sie sind im Grunde genommen relativ gewachsen. Schauen Sie sich doch auf der einen Seite die Zahlen von Donauwörth und Freising an, die von Coburg und Hof auf der anderen Seite! – Fazit: Kehren Sie doch bitte mal vor der eigenen Haustür, bringen Sie den eigenen Laden in Ordnung, anstatt immer nur auf die anderen zu zeigen! Ein Superminister Stoiber als Wirtschafts- und Finanzminister wäre der Super-Gau für die Republik. Diesen gilt es zu verhindern!

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Staatsminister Dr. Wiesheu.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Der Ausredner!)

Herr Präsident, Hohes Haus! Ich möchte bei diesem Thema gern auf einige Punkte eingehen. Eine Vorbemerkung: Herr Maget, eigentlich hätte ich Ihnen bei diesen Themen im Bayerischen Landtag etwas mehr Seriosität und mehr Argumentationskraft zugetraut.

(Christa Steiger (SPD): Ausgerechnet!)

Die geistige Tieffl iegerei, die hier heute praktiziert worden ist, sollte man nicht auf Dauer praktizieren. Es ist leider so.

(Karin Radermacher (SPD): Da sind wir jetzt aber gespannt auf Ihre Höhenfl üge!)

Herr Runge hat eine alte Rede recycelt; die hat er hier schon dreimal gehalten, und sie kommt immer wieder. Sie

sagen, Unicredit und HVB zeigten das Scheitern der CSUIndustriepolitik.

(Dr. Martin Runge (GRÜNE): Es geht um die Fusion Hypo-Vereinsbank!)

Dazu will ich Ihnen mitteilen, falls Sie es noch nicht gelesen haben: Die Fusion von HVB und Unicredit ist nicht im bayerischen Kabinett beschlossen worden, sondern vom Aufsichtsrat der Hypo-Vereinsbank und vom Aufsichtsrat der Unicredit. Sie sagen doch immer, wir sollten uns raushalten. Das ist ein Beispiel, wo wir uns herausgehalten haben.

(Lachen bei der Opposition – Dr. Martin Runge (GRÜNE): Nachdem Sie sie vorher in den Dreck gefahren haben!)

Ihr Lachen zeigt die pralle Dummheit, die Sie bei dem Thema haben. Sie tun so, als ob nur die Hypo-Vereinsbank in Deutschland Probleme hätte.

(Franz Maget (SPD): Ja, ja!)

Jetzt passen S’ auf: Sprechen wir doch von der Fusion von Hypo und Vereinsbank. Schauen Sie sich doch die Lage einmal an! Wie war es bei den deutschen Banken in den letzten Jahren? – Die Deutsche Bank hatte massive Schwierigkeiten und hat Tausende von Leuten entlassen. Wie war es bei der Dresdner Bank? – Die Dresdner Bank hatte massive Schwierigkeiten und wäre wahrscheinlich schon – ich weiß nicht, wo –, wenn nicht die Allianz dort eingestiegen wäre.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Die schmeißen doch die Leute nur raus, weil sie Gewinn machen wollen, nicht weil sie Schwierigkeiten haben!)

Denken Sie doch erst einmal nach, bevor Sie hier quatschen! Die Dresdner Bank wäre irgendwo, wenn die Allianz sie nicht übernommen hätte. Die Übernahme der Dresdner Bank war für die Allianz und das Rating der Allianz sowie die Kursbewertung der Allianz von Schaden. Das hat aber nichts mit der bayerischen Industriepolitik zu tun.

Auch die Commerzbank hatte über Jahre hinweg größte Schwierigkeiten. Bei anderen Banken war es genauso. Dass die Banken in der Börsenbewertung in Deutschland derzeit alle weit unten sind – das war nicht nur die HypoVereinsbank, sondern das gilt generell –, liegt daran, dass die wirtschaftliche Lage in Deutschland so miserabel ist. Das schlägt auf die Banken durch, und deswegen haben sie zu kämpfen. Und da kommen Sie daher und meinen, das wäre ein spezifi sch bayerisches Problem! Das ist ein gesamtdeutsches Problem, weil in Berlin eine derart miserable Wirtschaftspolitik betrieben wird, dass es der Wirtschaft insgesamt schlecht geht.

(Beifall bei der CSU – Lachen bei der Oppo- sition)

Fragen Sie doch einmal bei den Banken nach, was an Forderungsausfällen zu verzeichnen ist, wenn wir derzeit 40 000 Pleiten haben. Diese 40 000 Pleiten haben wir nicht in Bayern, sondern in Deutschland. Da schlägt die Bundespolitik durch.

(Franz Maget (SPD): Die schlechte Bundespolitik ist auch für das Logistikzentrum von BMW zuständig, oder? Ist da auch die Bundespolitik schuld? – Joachim Wahnschaffe (SPD): 17 % Rendite hatte die Deutsche Bank!)

Jetzt passen Sie auf! Herr Clement hat zum Beispiel am Samstag vor einer Woche gesagt, man solle doch nach Branchen unterschiedliche Tarifverträge machen.

Da nenne ich Ihnen gleich einmal ein Beispiel, weil Sie von BMW reden. Machen Sie doch einmal einen Tarifvertrag für die Automobilbranche. Wie schaut dieser Tarifvertrag denn aus? Nehmen Sie BMW als Maßstab oder Audi oder Opel oder Ford? Was ist denn Ihr Maßstab?

(Franz Maget (SPD): Aha! Was ist die Konsequenz? BMW läuft gut, weil es in Bayern ist? Ford läuft schlecht, weil es in Köln ist?)