Protokoll der Sitzung vom 30.11.2005

Ich kann mich nicht erinnern, dass ich in Bezug auf Aichach mit solchen Vorwürfen konfrontiert worden bin. Bezüglich anderer Strafanstalten müsste ich nachforschen. Ich habe mir aber auch noch einmal genau sagen lassen, welche Anträge Frau D. gestellt hatte und wohin sie ausgeführt worden war. Das ist alles dezidiert nachgewiesen, sodass ich keinerlei Anlass habe, daran zu zweifeln, dass das richtige Angaben sind. Ganz im Gegenteil, es ist exakt vermerkt, wann Frau D. zu welchen Fachärzten ausgeführt wurde und weshalb diese Ausführungen so vonstatten gegangen sind.

Eine weitere Zusatzfrage, Frau Kollegin?

Sie halten demnach die ärztliche Versorgung in allen bayerischen Justizvollzugsanstalten für ausreichend?

Frau Staatsministerin.

Ich halte sie natürlich für ausreichend, denn sonst müsste ich das auch monieren.

Keine weitere Zusatzfrage. Vielen Dank, Frau Staatsministerin, das war es.

Dann darf ich das Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen aufrufen. Hier steht der Staatssekretär zur Beantwortung der Fragen zur Verfügung. Ich darf Frau Kollegin Narnhammer bitten, mit diesem Geschäftsbereich zu beginnen.

Herr Staatssekretär, wie viele und welche Städte bzw. Gemeinden in Bayern haben

wie die Stadt Grafi ng bei München – unter Berufung auf das Bayerische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz – BayKiBiG – die bestehenden Verträge über die Betriebsführung der Kindertagesstätten gekündigt und wie beurteilt die Staatsregierung dieses Vorgehen im Hinblick auf die Planungssicherheit von Trägern und Eltern, die Arbeitsplatzsituation der Erzieherinnen und die Sicherheit der Versorgung mit Kindertagesstättenplätzen?

Herr Staatssekretär.

Frau Kollegin, dem Staatsministerium ist lediglich der Vorgang in der Stadt Grafi ng bekannt geworden. Die Reaktion der Stadt Grafi ng, die Trägerschaft gegenüber allen Betreibern von Kindergärten und Horten in der Bärenstadt mit dem Hinweis auf das BayKiBiG zu kündigen, ist nicht durch das BayKiBiG veranlasst.

Im Gegenteil: Nach Artikel 4 Absatz 3 ist vorgesehen, dass die Gemeinden und die Träger der öffentlichen Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen sollen, soweit Kindertageseinrichtungen in gleichermaßen geeigneter Weise wie von einem kommunalen Träger auch von freigemeinnützigen Trägern betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können. Das ist das so genannte Subsidiaritätsprinzip. Dies gilt umso mehr, als die zum InKraft-Treten des BayKiBiG vorhandenen Plätze in den Kindergärten grundsätzlich als bedarfsnotwendig erachtet und auch so eingestuft werden. Soweit Gemeinde und freigemeinnützige Träger einen so genannten Betriebskostendefi zitvertrag abgeschlossen haben, kann dieser ggf. über das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage mit den Trägern neu verhandelt werden.

Das ist der berühmte Fall mit den acht Aras. Wenn ich einen Mietvertrag abschließe, ohne die dort vorhandenen Tiere zu kennen, diese aber dann laut werden, ist die Geschäftsgrundlage weggefallen. Sie sehen also, wir haben immer wieder Beispiele, die wir heranziehen können.

Eine Kündigung des Vertragsverhältnisses ist nach unserer Meinung gar nicht veranlasst, vielmehr sind die bestehenden Verträge unter Berücksichtigung der Gesetzesänderungen anzupassen.

Aufgrund des Sicherstellungsgebotes der Kommunen, ausreichend Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung zu stellen, des Subsidiaritätsprinzips sowie der Fiktion der Bedarfsnotwendigkeit der anerkannten Kindergartenplätze ist eine konkrete Gefährdung von Betreuungsplätzen oder Arbeitsplätzen in der Stadt Grafi ng nicht zu besorgen. Wir gehen davon aus, dass es zu einer raschen Einigung zwischen der Gemeinde, in dem Falle der Stadt, und den Trägern kommt.

Erste Zusatzfrage: Frau Kollegin Narnhammer.

Herr Staatssekretär, inwieweit wird jetzt die Staatsregierung auf den Bürgermeister

der Stadt Grafi ng einwirken, damit die Versorgung mit Plätzen in Kindertagesstätten beibehalten wird?

Herr Staatssekretär.

Frau Kollegin, wir werden natürlich nicht das Rechtsinstitut der kommunalen Selbstverwaltung beeinträchtigen, aber wir werden aufgrund Ihrer Hinweise sehr genau zuschauen, wie das dort weitergeht. Falls das notwendig werden sollte, bitte ich um Ihre Information. Dann werden wir nämlich gern bereit sein, hier vermittelnd zu unterstützen.

Weitere Zusatzfrage: Frau Kollegin.

Ist es der Staatsregierung möglich, vielleicht bei dem Bürgermeister anzurufen, um die Betriebsträgerschaft aufrechtzuerhalten?

Herr Staatssekretär.

Das ist sicherlich möglich. Ob es notwendig ist, werden wir dann sehen.

Keine weitere Zusatzfrage. Dann kommt die nächste Fragestellerin: Frau Kollegin Scharfenberg.

Herr Staatssekretär, wie hoch ist im Regierungsbezirk Oberpfalz der Bedarf an zusätzlichen Stellen für Schulsozialarbeit, wie verteilt sich dieser Bedarf nach den einzelnen Landkreisen bzw. kreisfreien Städten und wie viele dieser Stellen können im kommenden Jahr vom Freistaat bezuschusst werden?

Herr Staatssekretär.

Frau Kollegin, mit „Schulsozialarbeit“ werden vielfältige sozialpädagogische Aktivitäten an Schulen bezeichnet. Ich gehe davon aus, dass es sich hierbei um die Jugendsozialarbeit an Schulen handelt. Das ist das Angebot der Kinder- und Jugendhilfe auf der Basis des § 13 SGB VIII.

Der Bedarf für die Jugendsozialarbeit an Schulen ist durch die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, also durch die Landkreise und kreisfreien Städte, im Rahmen der Jugendhilfeplanung festzustellen. Hinweise hinsichtlich des Bedarfs im Regierungsbezirk Oberpfalz gibt die Zahl der Anträge auf eine staatliche Förderung im Rahmen der Jugendsozialarbeit an Schulen. In der Oberpfalz werden bereits neun Stellen für Jugendsozialarbeit an Schulen staatlich gefördert. Für 2006 liegen bei der Regierung der Oberpfalz vier Anträge zur Einrichtung neuer Stellen an Schulen vor. Sie betreffen in Amberg die Dreifaltigkeitsvolksschule und die Willmannschule/Sonderpädagogisches Förderzentrum, in Mitterteich die Haupt

schule und in Regensburg das Staatliche Berufsbildungszentrum.

Nach den derzeit im Haushalt 2006 veranschlagten Finanzmitteln für die Jugendsozialarbeit an Schulen werden die bereits staatlich geförderten Stellen weiter fi nanziert werden können. Dies steht allerdings unter dem Vorbehalt etwaiger Änderungen durch den Nachtragshaushalt 2006. Ein Ausbau des Förderprogramms würde eine Finanzmittelmehrung voraussetzen, die aufgrund der notwendigen Konsolidierung des Staatshaushaltes nicht möglich ist. Dementsprechend kann 2006 nach dem derzeitigen Stand keine zusätzliche Stelle fi nanziert werden.

Eine Zusatzfrage? Bitte schön.

Herr Staatssekretär, habe ich richtig verstanden, dass die neun staatlichen Stellen in der Oberpfalz erhalten bleiben und die vier Anträge auf neue Stellen ebenfalls erfüllt werden, sodass der Bedarf für das Schuljahr 2005/2006 gewahrt bleibt?

Herr Staatssekretär.

Verehrte Frau Kollegin, Sie haben mich gründlich falsch verstanden. Das habe ich auch nicht vorgetragen. Wir haben zurzeit vier weitere Antragsteller und Träger. Ich habe zum Schluss gesagt, dass wir aus der momentanen Situation heraus keine zusätzlichen Stellen fi nanzieren können.

Zusatzfrage: Frau Kollegin.

Also, ich habe Sie jetzt richtig verstanden, dass Sie die vier Anträge nicht erfüllen können, die neun staatlichen Stellen aber erhalten bleiben?

Das ist so.

Noch eine Zusatzfrage?

Das ist dann die letzte Zusatzfrage.

Die letzte Zusatzfrage: Die Erhaltung dieser neun staatlichen Stellen steht unter dem Diktat der Finanzen und der Haushaltssituation 2005/ 2006?

Herr Staatssekretär.

Ich brauche mich nicht zu wiederholen. Auch das habe ich Ihnen vorhin schon gesagt.

Die nächste Frage, bitte Frau Kollegin Werner-Muggendorfer.

Herr Staatssekretär, trifft es zu, dass es für Kindergärten mit überörtlichem Einzugsgebiet keinen zuständigen örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe gibt, um eine Bedarfsnotwendigkeit für Plätze zu beantragen bzw. festzustellen, und seit wann hat die Bayerische Staatsregierung von dieser Gesetzeslücke im BayKiBiG Kenntnis?

Herr Staatssekretär.

Frau Abgeordnete, das ist eine Frage, die ich so nicht bestätigen kann. Es ist keine Gesetzes- und Regelungslücke im BayKiBiG vorhanden, auch nicht in Bezug auf Kindergärten mit überörtlichem Einzugsgebiet. Vielmehr besteht hier sogar eine doppelte Möglichkeit – das ist für Sie wahrscheinlich auch der wichtigere Teil der Antwort – der Anerkennung der Bedarfsnotwendigkeit. Primär sind zunächst einmal die einzelnen Gemeinden für die Anerkennung der Bedarfsnotwendigkeit zuständig. Decken zum Beispiel mehrere Gemeinden ihren Bedarf an außerschulischer Bildung, Erziehung und Betreuung durch einen Hort in einer der Gemeinden – vielleicht der größten Gemeinde – ab, so erkennen diese Gemeinden die Bedarfsnotwendigkeit von Plätzen in diesem Hort damit auch an. Gerade bei Horten wird diese Fallkonstellation eines überörtlichen Einzugsbereichs relativ häufi g vorkommen. Sofern in einer Einrichtung über einen längeren Zeitraum von Familien aus einer anderen Gemeinde Plätze regelmäßig beansprucht werden, kann sich dies im Hinblick auf die Bedarfsanerkennung zu einer – sehr wichtig! – Verpfl ichtung der Aufenthaltsgemeinde verdichten.

Es gibt aber auch Einrichtungen, die zwar von Kindern aus mehreren Gemeinden besucht werden, bei denen die betroffenen Gemeinden aber ständig wechseln. Eine Gemeinde, aus der Kinder nicht kontinuierlich über die Jahre hinweg, sondern nur sporadisch von Zeit zu Zeit die überörtliche Einrichtung besuchen, wird diese Einrichtung dann nicht als bedarfsnotwendig anerkennen, wenn sie selbst über ein ausreichendes und ein ausreichend plurales Angebot verfügt. Wenn also mehrere Gemeinden nur kurzfristig die Einrichtung in Anspruch nehmen, kann es vorkommen, dass mehrere Plätze der Einrichtung von keiner Gemeinde als bedarfsnotwendig anerkannt werden, obwohl die Plätze stets voll belegt sind.

Und jetzt kommt der Teil der Frage, wo Sie meinen, es existiere eine Lücke. Es besteht nämlich hier dann möglicherweise aus der Gesamtsicht des Landkreises ein Bedarf für dieses Angebot. Deswegen sieht das BayKiBiG vor, dass in solchen Fällen die von keiner Gemeinde als bedarfsnotwendig anerkannten Plätze vom örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, also Landkreis oder kreisfreie Stadt, als bedarfsnotwendig anerkannt werden können. Örtlich zuständig ist hierfür nach dem klaren Wortlaut des § 86 Absatz 1 SGB VIII stets der Träger der öffentlichen Jugendhilfe, in dessen Bereich die Kinder, um

deren Bedarfsdeckung es geht, ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Damit kann der betroffene Träger einer überörtlichen Einrichtung einen Antrag auf Anerkennung der Bedarfsnotwendigkeit sowohl gegenüber den Gemeinden als auch gegenüber dem Landkreis stellen.