Protokoll der Sitzung vom 13.12.2005

(Beifall bei der SPD)

Nun zur Besetzung des Hochschulrates über die Mitglieder des Senats hinaus: Festgelegt ist, dass acht Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Kultur und insbesondere von der Wirtschaft künftig diesen Hochschulrat besetzen und über die Geschehnisse an den Hochschulen entscheiden sollen. Mir ist nicht klar, wieso Themen wie die interne Struktur der Hochschule, die Ausarbeitung der Grundordnung oder die Wahl des Rektors von Externen vorgenommen werden sollen. Ich halte das für ein ganz schlechtes Vorgehen, weil die Autonomie der Hochschule reduziert und nicht ausgebaut wird.

(Beifall bei der SPD)

Mehr Demokratie ist ebenfalls nicht zu erkennen. Wir haben stets gefordert: Nicht nur Autonomie, sondern

mehr Demokratie an den Hochschulen. Die Mitsprachemöglichkeiten der Gruppen, insbesondere des nichtwissenschaftlichen Personals, werden reduziert. Der Konvent der wissenschaftlichen Mitarbeiter ist nur durch eine Kann-Bestimmung vorgesehen. Die verfasste Studierendenschaft wird überhaupt nicht erwähnt.

Ich möchte darauf hinweisen, dass an den Hochschulen weder Konvent noch Sprecherrat ernst genommen werden. Es gibt seit 30 Jahren ohne gesetzliche Grundlage an fast allen Hochschulen Fachschaftsräte, ASten, die ihre Arbeit sehr gut machen. Ich habe Respekt vor den Studierenden, die diese Arbeit ohne entsprechende fi nanzielle Mittel bewältigen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abgeordneten Dr. Ludwig Spaenle (CSU))

Herr Spaenle, nur mit der Ruhe. Sie dürfen wahrscheinlich auch noch, vermute ich.

(Dr. Ludwig Spaenle (CSU): Ich darf immer!)

Zum Thema Studiengebühren haben wir hier schon viele Ausführungen gemacht. Die Zeit ist heute auch relativ knapp. Daher beschränke ich mich auf die Anmerkung: Wie wollen Sie erklären, dass Sie Studierende von den Hochschulen fern halten, wenn schlussendlich der Etat der einzelnen Hochschulen teilweise nicht einmal um 3 % erhöht wird? Wir wissen alle, dass dies für die Hochschulen wenig bedeutet, verbunden mit Ihrem Rückzug aus der Finanzierung der Hochschulen. Bei der Notwendigkeit, die Hochschulen zu fi nanzieren, ist klar, wohin die Reise gehen wird: eindeutig dahin, dass nach 2008 die Frage der Studiengebühren hier wahrscheinlich ganz anders diskutiert wird. Dann sind ja auch die Landtagswahlen vorbei.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD) und Joachim Wahnschaffe (SPD))

Was wird zum Thema Studiengebühren von einer Seite gesagt, die Sie von der CSU vielleicht besonders interessiert, dem Forum Hochschule und Kirche? Dort wird gesagt, auch Darlehensformen, wie sie diskutiert werden, vermögen nicht die abschreckende Wirkung von Studiengebühren auf Kinder aus einkommensschwachen Familien aufzuheben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das ist der Weg, den Sie in der Bildung gehen. Wir teilen ihn nicht.

Zum letzten Punkt: Universitätsklinika. Hierzu gibt es von unserer Seite sehr viel Kritik. Ich möchte nur einen Punkt herausgreifen. Das ist die Besetzung des Aufsichtsrates. Daran kann man erkennen, wohin bei Ihnen die Reise geht. In diesem Aufsichtsrat sind keinerlei Beschäftigte vorgesehen. Bei großen öffentlichen Krankenhäusern ist sogar eine paritätische Besetzung möglich wie bei den städtischen Kliniken in München, wie beim Klinikverbund

in Hannover und zahlreichen anderen. Auch für die bayerischen Universitätskliniken wäre es wünschenswert, dass die Beschäftigten viel stärker einbezogen würden. Dieses Gremium sollte nicht besetzt werden, ohne die Arbeit, die Leistung, die Sach- und Fachkenntnis der Beschäftigten zu bewerten und einzubinden.

Schlussendlich bleibt als Ergebnis mein Eingangssatz: Was lange währt, wird endlich neoliberal.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Spaenle.

(Zuruf von der CSU: Gib´s ihm!)

Sehr geehrter Herr Präsident, Hohes Haus! Frau Kollegin Rupp, das war Nörgeln auf niedrigstem Niveau,

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

waren sachliche Fehlleistungen, offensichtliche Lesefehler, glatte Fehlbehauptungen. Insofern hoffe ich, dass Sie zu den kenntnisreichen und niveauvollen Debattenbeiträgen, die wir sonst von Ihnen gewohnt sind, im Ausschuss zurückkehren. Wahrscheinlich ist es die Verwirrung des neuen Hauses.

(Unruhe bei der SPD – Joachim Wahnschaffe (SPD): Das war jetzt noch nicht besser! – Karin Radermacher (SPD): Das war jetzt „ganz hohes Niveau“!)

Wenn Sie so gut könnten, wie Sie wollten, das ist dann schon eindeutig.

Die bayerische Hochschulgesetzgebung steht vor einem ganz wesentlichen Schritt.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Der Präsident hat gesagt, Sie sollen nicht andere niedermachen!)

Wir machen uns auf, im Gegensatz zu Ihnen.

Die bayerische Hochschulgesetzgebung steht vor einem ganz wesentlichen Schritt. Mit einem umfassenden Reformwerk, dem wahrscheinlich umfassendsten seit über 30 Jahren, wird die wichtige gesellschaftliche, wissenschaftliche, kulturelle, ökonomische, also gesamtgesellschaftliche Bedeutung der hohen Schulen in unserem Lande ein großes Stück nach vorne gebracht. Die Universitäten sind Unternehmungen mit eigenem gesellschaftspolitischem Auftrag. Sie sind erstens zuständig für die Mehrung des Wissens und dessen Vermittlung. Als Zweites haben sie eine hohe ökonomische Bindungswirkung und auch Schöpfungskraft, und als Drittes sind sie der Marktplatz des gesellschaftspolitischen Austauschs. Dem Ziel, diesen drei Kernaufgaben insbesondere als Innovationsmotoren in einer postindustriellen Gesellschaft gerecht zu werden, werden wir mit diesem Reformansatz ein großes Stück näher kommen.

Wir geben den Hochschulen Gestaltungsfreiheit und ein Höchstmaß an Eigenverantwortung, um mit ihrer eigenen Entscheidung über das Profi l und den Kurs der Hochschule ihrer fachimmanenten und ihrer Standortkonkurrenz, die sich in den letzten Jahrzehnten in ungeheurem Maße beschleunigt hat, gerecht zu werden. Demgegenüber steht der Rückzug des Staates auf strategische Lenkungsaufgaben, auf wissenschaftspolitische strategische Letztverantwortung. Diese Überwälzung von Aufgaben aus Kernbereichen der Wissenschaftspolitik, aber auch in der fi nanziellen Verantwortung kennzeichnet die Grundphilosophie dieser Hochschulgesetzgebung: in einem Höchstmaß Eigenverantwortung gegenüber den Studierenden, aber auch gegenüber dem gesellschaftlichen Auftrag, Spitzenleistungen in Forschung und Lehre zu erbringen.

Dazu kommt eine Fortentwicklung des Hochschulpersonalrechts. Im Gegensatz zu dem, was Sie behauptet haben, Frau Rupp, hat die Klage des Freistaats Bayerns gegen diesen Teil der Hochschulrahmengesetzgebung in keiner Weise die Juniorprofessur zum Inhalt gehabt, sondern das De-facto-Verbot der Habilitation. Das war der Grund, und die Watsch´n, die die damalige Bundesbildungsministerin dafür erhalten hat, schallt heute noch durch Berlin.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Die Fortentwicklung des Hochschulpersonalrechts im Sinne eines Höchstmaßes an Qualität durch ein möglichst breites Maß an Qualifi kationswegen in der wissenschaftlichen Laufbahn zum Ersten, die besondere Verantwortung der Wissenschaftspolitik für die Akademikerinnen in unserem Land als Zweites und als Drittes eine schlagfertige akademische Personalentwicklung mit einem hohen Maß an Eigenverantwortung auch in diesem Bereich für die Hochschule, allerdings eine strategische Letztverantwortung des Staatsministers bei der Berufung kennzeichnen die personalpolitische Gesetzgebungsanlage im Hochschulpersonalgesetz.

Die Universitätsklinika und die medizinische Forschung sind Teil des dritten Gesetzes. Hier gilt es, insbesondere die notwendigen massiven Veränderungen in der wirtschaftlichen Situation der Universitätsklinika durch die Einführung der Fallpauschalen auf der einen Seite und die Notwendigkeit, unternehmerische Eigenverantwortung auch im Klinikbereich andererseits mit den Anforderungen an eine hochleistungsuniversitäre Medizin in Einklang zu bringen.

Deshalb wird die Überführung der Universitätsklinika nach dem Beispiel des Klinikums rechts der Isar der Technischen Universität München in die Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts zum Regelfall erklärt. Es wird dem einzelnen Klinikum in institutioneller Kooperation mit der medizinischen Fakultät, repräsentiert durch Sitz und Stimme des Dekans nicht mehr im Aufsichtsrat des Klinikums, sondern im Vorstand des Klinikums, eine hohe Selbstständigkeit eingeräumt.

Der Herr Staatsminister hat darauf hingewiesen, dass auch hier mit einer Öffnungsklausel weiteren fortschrittli

chen Entwicklungen der Weg geöffnet wird, wie überhaupt das Einräumen von Gestaltungsspielräumen ein weiterer Grundcharakter dieser Gesetzgebung ist. Es wird nicht mehr eine bestimmte Matrix, wie etwa bei der Hochschulorganisation, defi niert, sondern es werden in einem Höchstmaß Gestaltungsspielräume eingeräumt, die im Zusammenwirken mit der Öffnungs- oder Experimenttierklausel für jede Hochschule an jedem Standort in diesem Land ein Optimum an eigenverantwortlicher Entwicklungsmöglichkeit einräumt.

Die Hochschulgesetzgebung wird mit diesem großen Reformansatz den Herausforderungen der Wissenschaft und Forschung an einem rohstoffarmen Standort in einem Hochlohnland in hohem Maße gerecht. Wir werden uns damit in einem evolutionären Prozess an die Spitze der Hochschulgesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland setzen.

Durch die Beteiligung der Gruppen am Kerngeschäft von Forschung und Lehre, etwa durch die qualifi zierte Mitwirkung der studentischen Vertreter, der Frauenbeauftragten, des wissenschaftlichen Mittelbaues mit voller Stimmberechtigung in den Prüfungskommissionen – über eine entsprechend qualifi zierte Mitwirkung und Mitarbeit der Frauenbeauftragten in allen Gremien, auch im Hochschulrat, über eine Repräsentanz der Frauenbeauftragten wird noch nachzudenken sein – stellen wir die Mitwirkung der Hochschulfamilie auf Dauer sicher.

Was wir nicht tun und was wir nicht wollen, ist, die einzelne Hochschule in der Form der Gruppenuniversität, wie sie sich nicht bewährt hat, fortzuführen, sondern wir werden die qualifi zierte Mitwirkung der hochschulpolitischen Gruppen im Kerngeschäft von Forschung und Lehre fortsetzen.

In summa: Die Hochschulen müssen ihrem Auftrag als Innovationsmotoren und gleichzeitig Diskussionsforen der zentralen Zukunftsprobleme unseres Landes in einem wesentlich höheren Maß von Eigenverantwortung gerecht werden können und gleichzeitig ihren zentralen gesellschaftspolitischen Auftrag, Mehrung des Wissens, Umsetzung in ökonomischen Wohlstand, aber auch Wahrnehmung von gesellschaftspolitischer Verantwortung an der Schwelle des 21. Jahrhunderts. Dazu leistet dieser Reformansatz einen ganz wesentlichen Beitrag.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Gote.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Um die heute hier eingebrachten Hochschulgesetze insgesamt zu bewerten, Herr Minister Goppel, sollte man sich zunächst einmal die Chronik Ihrer Hochschulpolitik der letzten Jahre vor Augen führen. Dem neuen Minister wurde gleich nach seiner Wahl aus der Staatskanzlei ein Pfl ichtenheft überreicht, noch ehe er selbst einen Gedanken zu diesem neuen Bereich fassen konnte, der ihm übergeben worden war. Es folgten Ankündigungen zum neuen Hochschulrecht, das quasi eine Zeitenwende einleiten sollte. Die Zeit dafür war in Bayern

längst überreif. Das Hochschulrecht in Bayern war längst nicht mehr Spitze und es war notwendig, dass etwas passiert. Wir haben allerdings noch einige Jahre darauf warten müssen.

Im Jahre 2004 folgte dann der fi nanzielle Kahlschlag an den Hochschulen durch den Sparhaushalt. Mit diesem Sparhaushalt, mit dem zum ersten Mal tatsächlich netto radikal in den Hochschulbudgets gekürzt wurde, haben Sie eine Sparpolitik fortgesetzt, die schon vor Jahren begonnen worden war. Denn in der Tat zieht sich der Freistaat Bayern schon seit Jahren aus der Hochschulfi nanzierung schrittweise zurück. Aber so dreist, wie das in den letzten Jahren geschah, war es vorher noch nie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es folgte dann die Mittelstraß-Kommission quasi zur externen Legitimation dieses Kurses mit dem schönen Zauberwort „Profi lbildung“ im Mittelpunkt. Profi lbildung wäre eigentlich ein sehr sinnvoller Prozess, würde er nicht durch Sie völlig konterkariert und nur noch zum Abbau von Ressourcen benutzt, statt an den Aufbau zu denken.

In Sachen Hochschulentwicklungsplanung gab es in all diesen Jahren nur eine Leerstelle und es ist auch für die Zukunft nichts zu erkennen.

Fortsetzung fand diese Chronik im Innovationsbündnis, das zugegebenermaßen einen gelungenen Marketingtrick darstellt. Dazu konnte man neulich noch lesen – auch das Handelsblatt ist darauf hereingefallen –, dass Sie für die Hochschulen Planungssicherheit versprochen hätten. Diese Planungssicherheit hatten die Hochschulen zwar schon einmal, aber sie ist inzwischen längst verloren gegangen. Sie wird ihnen durch dieses Bündnis nicht zurückgegeben; denn es wurde damit nur das ausgeglichen, was im Jahre 2004 gekürzt worden war, und es gab nichts darüber hinaus.

(Beifall bei den GRÜNEN)