haben. Vom Grundsatz her ist es super. Es gibt bundesweit 460 Millionen Euro mehr für unsere Familien. Ich vermute, es werden etwas mehr werden. Das begrüße ich wirklich ohne Wenn und Aber.
Gleichzeitig hat man gesagt: Die Kinderbetreuung muss ab dem ersten Euro absetzbar sein, und zwar für die Doppelverdiener bei einem Alter des Kindes von 0 bis 14 Jahren. Das umfasst die gesamte Kinderbetreuung, auch jene im Bereich der Elternbeiträge, Kindergärten und Horte. Davon haben auch die Alleinerziehenden und diejenigen, die weniger Geld haben, etwas. Es war meine Kritik zu Anfang, dass man gerade bei den Kleinen die Schwelle von 1000 Euro eingebaut hatte. Jetzt ist es für die Doppelverdiener mit Kindern von 0 bis 14 Jahren – –
(Karin Radermacher (SPD): Welche Doppelverdiener? – Joachim Wahnschaffe (SPD): Uns geht es darum, dass die Frauen entlastet werden!)
Einen Moment, bitte. Hören Sie doch einfach einmal zu. Sie haben gesagt, es betreffe nur die haushaltsnahen Dienstleistungen. – Auch bei den Einverdienerhaushalten ist der gesamte Kindergartenbereich von drei bis sechs Jahren mit hineingenommen. Dies ist das gleiche Lösungsmodell wie für die Doppelverdienerhaushalte.
Zusätzlich läuft bei den Einverdienerhaushalten – ich versuche es Ihnen doch nur zu erklären, weil ich merke, dass es hier Schwierigkeiten gibt – die Förderung für die Kinder von null bis drei und von sechs bis 14 Jahren dann unter „haushaltsnahe Dienstleistungen“! Das gilt aber nur für die Einverdienerhaushalte in den genannten Jahrgängen. Da ist es möglich, 12 %, maximal 2400 Euro pro Jahr, von der Steuerschuld abzusetzen. Diese Möglichkeit ist gegeben worden. Das wären also maximal 200 Euro im Monat.
Ich bitte also darum, das Modell so zu verstehen, wie es gedacht ist. Das heißt, es gibt bei den Doppelverdienerhaushalten keine Altersgrenzen für die Kinder, sondern nur bei den Einverdienerhaushalten. Aber gleichzeitig gibt es bei den Einverdienerhaushalten dann auch die Erleichterungen in den haushaltsnahen Dienstleistungen.
In diesem Bereich hätte ich mir durchaus noch Verbesserungen vorstellen können, da können nämlich ein Stück weit die Kindermädchen – in einem bestimmten Alter der Kinder – abgesetzt werden. Ich hätte mir gern gewünscht, dass wir hier überall der Tagespfl ege Vorrang geben, weil ich gerade in der Tagespfl ege neue Arbeitsmöglichkeiten sehe. Ich meine schon, das ist ein ganz, ganz wichtiger Bereich, weil es familiennahe und kinderfreundliche Betreuungsmöglichkeiten sind.
Vor diesem Hintergrund gilt es gerade bei der Ausgestaltung des Elterngeldes sehr genau hinzuschauen, dass wir hier eine sozial ausgewogene und familienfreundliche Lösung bekommen.
Frau Ministerin, ich wollte nur noch einmal darauf hinweisen, dass uns diese Vermischung zwischen Krippen und Tagesmüttern, wie Sie sie immer wieder vornehmen, nicht weiterbringt. Wenn wir von Bildung für Kinder sprechen, müssen wir auch vom Ausbau von Kinderkrippen sprechen.
Und diese Kinderkrippen machen nun einmal nur 2,8 % des Betreuungsangebotes aus. Es tut mir ja auch Leid, aber es ist so. Die Kinderkrippen müssen wir ausbauen; denn sonst nützen uns die Steuererleichterungen, so gut sie sein mögen, überhaupt nichts,
Ich hatte es vorhin schon ausgeführt: Wir können nicht davon ausgehen, dass sich jeder wie Frau von der Leyen einen Stamm von Mitarbeitern im Haushalt hält, sondern die meisten Familien haben diese Möglichkeit nicht und sind auf Kinderkrippen angewiesen.
Deswegen müssen wir da handeln und da Arbeitsplätze schaffen und nicht im familien- oder haushaltsnahen Bereich. Das sind nicht die Arbeitsplätze, die wir wollen. Das hilft unseren Kindern nichts, das hilft der Bildung nichts. Diese Steuererleichterungen helfen in erster Linie den Steuerberatern, denn die werden in Zukunft etwas zu tun haben.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag in der geänderten Fassung auf Drucksache 15/4668 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CSU und SPD. Gegenstimmen? – BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist so beschlossen.
Dringlichkeitsantrag der Abg. Franz Maget, Dr. Linus Förster, Wolfgang Hoderlein, Hermann Memmel, Rainer Volkmann, Ludwig Wörner u. a. u. Frakt. (SPD) EU-Dienstleistungsrichtlinie verbessern (Drs. 15/4652)
Dringlichkeitsantrag der Abg. Margarete Bause, Dr. Sepp Dürr, Ulrike Gote, Dr. Martin Runge u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) EU-Dienstleistungsrichtlinie (Drs. 15/4666)
Sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen, sehr geehrter Herr Präsident! Selten hat ein Gesetzentwurf aus Brüssel die Gemüter so bewegt wie der Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie über Dienstleistungen im Binnenmarkt vom Februar 2004, über den in den kommenden Tagen im Europäischen Parlament, aber auch in der Bundesregierung befunden wird.
Für uns Sozialdemokraten im Bayerischen Landtag ist es nun die Frage, ob die Koalitionsfraktionen bzw. die Regierungsparteien, zu denen, liebe Kollegen und Kolleginnen von der CSU, nun auch Ihre Partei gehört, zu einer gemeinsamen Position zur EU-Dienstleistungsrichtlinie fi nden werden.
Im Vorfeld der Behandlung zweier Anträge von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS. Linke letzte Woche im Bundestag, aber auch im Vorfeld der Beratungen im Europäischen Parlament, scheint es für uns immer mehr fraglich zu sein, ob auch alle Abgeordneten der CSU im Bundestag und im Europäischen Parlament kapiert und realisiert haben, was es für uns bedeutet, dass wir im Interesse der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und der Verbraucher und Verbraucherinnen in Bayern und Deutschland den so genannten Bolkestein-Entwurf ablehnen und auf Nachbesserungen drängen, wie sie von der Genossin Evelyn Gebhardt als Berichterstatterin im Europäischen Parlament vorgeschlagen wurde.
Wir von der SPD dachten an sich, dass hier alles klar sein müsste, wenn sich die Koalition an ihren Koalitionsvertrag hält; denn dort steht, dass das Herkunftslandprinzip beim Schutz der sozialen Standards nicht wirklich zum Ziel führt. Herr Koch beispielsweise hat im Bundesrat noch einen weiteren Antrag eingebracht, in dem steht, dass das Herkunftslandprinzip nur für den Marktzugang gelten solle. Ich kann mich erinnern, dass der Bundesrat mit einer 16 : 0-Entscheidung gegen das Herkunftslandprinzip votiert hat. Das hat auch Evelyn Gebhardt in Brüssel so vorgetragen.
Also: Eigentlich müsste alles klar sein, und Sie könnten mich zu Recht fragen, wie ich einen Dringlichkeitsantrag zu dieser Dienstleistungsrichtlinie hier im Plenum rechtfertigen möchte.
Die Antwort liegt im Verhalten einiger Ihrer Kollegen im Bundestag und im Europäischen Parlament und vorrangig im Verhalten eines exponierten Vertreters, des Staatssekretärs im Wirtschaftsministerium, Herrn Wuermeling, und seinem Kampf für die Anliegen Bolkesteins und McCreevys.
Herr Wuermeling hat in seiner Zeit in Brüssel sehr viel Energie investiert, damit das Herkunftslandprinzip nicht verändert wird. Er hat sich dem in den Weg gestellt und hat dafür gesorgt, dass gerade die Konservativen in Brüssel diesen notwendigen Veränderungen nicht zugestimmt haben. Er hat gesagt, dass die Kritik – die übrigens nicht nur vonseiten der Sozialdemokraten und der Gewerkschaften, sondern auch von Wohlfahrtsverbänden, Handwerkskammern und Mittelstand, nicht zuletzt auch in der Anhörung in diesem Hause, geäußert wurde – eine
unredliche Panikmache vonseiten der Linken sei. – Es war übrigens das erste Mal, dass ich erlebt habe, dass Roland Koch wegen seiner Positionierung in der Politik als Linker bezeichnet wurde.
Nun geht es hier und heute darum, dass wir Nein sagen zu der Position des Staatssekretärs Wuermeling und auch nationalen Druck aufbauen, dass wir geschlossen auftreten und ein klares Signal für ein soziales Europa mit einer sinnvollen Dienstleistungsrichtlinie setzen,
weil Deutschland im Europäischen Rat nur geschlossen sein Gewicht zugunsten einer akzeptablen Lösung einbringen kann, wenn wir geschlossen agieren und uns von Kollegen wie Herrn Wuermeling nicht auseinander bringen lassen.
Wir sehen hier in Ihnen, liebe Kollegen und Kolleginnen von der CSU, hoffentlich Verbündete im Interesse eines sozialen Europas und appellieren an Sie, Ihren Einfl uss auf diese abtrünnigen Kollegen geltend zu machen, mit einer Zunge hinsichtlich der Dienstleistungsrichtlinie, wie wir das auch in unserem Koalitionsvertrag in Berlin vereinbart haben, zu sprechen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, vor einigen Tagen ist das neue Europa-Barometer erschienen. Aus diesem geht hervor, dass mittlerweile 64 % der Deutschen die europäische Einigung als negative Entwicklung ansehen. Diese Zahl müsste eigentlich diesem Hohen Hause eine Warnung sein, und zwar nicht nur, wenn wir darüber debattieren, warum in manchen Ländern die Verfassung der EU abgelehnt wurde; denn ein wichtiges Motiv für diese Ablehnung war, ist und bleibt, dass immer mehr Menschen die EU nur noch als Instrument für eine immer weiter um sich greifende Liberalisierung der Wirtschaftsordnung sehen und damit verbunden für die Entrechtung von Arbeitnehmern, die Senkung der Löhne und den Verlust von Arbeitsplätzen in der Bundesrepublik Deutschland.
In diesem Zusammenhang ist seit eineinhalb Jahren eine öffentliche Diskussion um die EU-Dienstleistungsrichtlinie im Gange, wie es wohl noch kaum eine andere EU-Richtlinie bisher geschafft hat. Und warum ist das so? Weil es hier um eine Grundsatzfrage geht: Wollen wir es zulassen, dass der Markt und die Wirtschaft den Primat vor der Politik und der Zivilgesellschaft, vor sozialen Einrichtungen und den öffentlichen Körperschaften einnehmen kann? Sind wir der Meinung, dass die Marktkräfte allein als Regulativ der Einkommens- und vor allem der Chancenverteilung in unserer Gesellschaft ausreichen? Oder halten wir es als Politiker für notwendig, dass wir uns hier im Gemeininteresse einmischen und über gesetzliche Vorschriften und andere Maßnahmen für einen sozialen Ausgleich und für Chancengerechtigkeit zu sorgen haben?
Wir von der SPD-Fraktion in diesem Hohen Hause haben uns diese Fragen gestellt. Die Antwort können Sie aus unserem Antrag herauslesen. Trotzdem möchte ich an dieser Stelle noch einmal eines klarstellen. Die Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen halten eine Öffnung des EU-Binnenmarktes für Dienstleistungen, wie sie Art. 49 des EG-Vertrages vorsieht, für richtig und auch für notwendig. Deswegen versuchen wir auch, hier geschlossen für einen Kompromiss zu werben. Niemand kann und wird anzweifeln, dass hier nach wie vor Hemmnisse bestehen, die potenzielle Marktteilnehmer diskriminieren, und dass Wirtschaftswachstum und mehr Beschäftigung behindert werden. Aber eine Öffnung des Marktes nach dem alleinigen Herkunftslandprinzip, also der Ideologie der Herren Bolkestein, Glos und McCreevy folgend, ist mit uns Sozialdemokraten auf keinen Fall machbar. Denn so ist das Modell der Sozialen Marktwirtschaft, um das uns entgegen mancher Darstellung der Medien oder manchen Experten immer noch die meisten Staaten beneiden, praktisch ausgehebelt. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass diese Wirtschaftsordnung nicht nur einen allgemeinen relativen Wohlstand und wirtschaftliche Stärke nach Deutschland gebracht hat, sondern auch ein hohes Maß an sozialem Frieden und eine im internationalen Vergleich niedrigere Zahl an Arbeitskämpfen. Das ist ein wesentlicher, großer Standortvorteil für Deutschland.
Was passiert, wenn diese Ordnung, die von den meisten Menschen in unserem Lande als gerecht empfunden wird, verletzt wird, können wir momentan bei AEG in Nürnberg sehen. Die Vorgänge dort sollte sich der neue Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Ihr Parteifreund Dr. Joachim Wuermeling, deutlich vor Augen führen, wenn er nach wie vor die umfassende Beibehaltung des Herkunftslandprinzips fordert.
Bei den Beratungen im Europaparlament konnte das diesem Irrsinn zugrunde liegende Herkunftslandprinzip leider dank der konservativen Europäischen Volkspartei, der auch die CSU angehört, bislang nicht entschärft werden. Vor der Beschlussfassung kommt es jetzt darauf an, die Richtlinie so zu verbessern, dass sie das Ziel von mehr Beschäftigung ohne negative Folgen für so viele erreicht.
Es ist unserer Meinung nach nicht hinzunehmen, dass die Öffnung der Dienstleistungsmärkte zu Lohn-Dumping und zu einem Wettrennen der Staaten um die niedrigsten Sozialstandards und somit zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen führt, dass Umweltstandards und Verbraucherschutz abgeschwächt, dass nationales Arbeitsrecht ausgehöhlt und die Sicherheit und Qualität von Dienstleistungen gemindert, Leiharbeitnehmer entrechtet und die öffentliche Daseinsvorsorge privatisiert werden können. Deshalb muss die Gültigkeit des Herkunftslandprinzips strikt begrenzt werden.
Wenn es nach manchen Sozialdemokraten wie dem Kollegen Wörner und mir ginge, würden wir das Herkunftslandprinzip streichen. Zumindest sind wir hier um einen Kompromiss bemüht. Für die Einbringung von Dienstleistungen muss stattdessen das Recht des Landes gelten, in dem dieses geleistet wird, des Ziellandes; auch dessen Kontrolle und Überwachung ist Aufgabe der Behörden
dieses Landes. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Bundesregierung und das Europäische Parlament dafür eintreten und dafür sorgen, dass die Richtlinie dahingehend verändert wird, dass das Herkunftslandprinzip nur für den Marktzugang gilt, die Erbringung und Kontrolle der Dienstleistungen aber nach den Regeln des Ziellandes erfolgen müssen.
Wenn wir es nicht schaffen, dies in einem sinnvollen Kompromiss festzulegen, müssen wir damit rechnen, dass der Europäische Gerichtshof anstelle der Legislative hier die Rechtsetzung übernimmt und das Herkunftslandprinzip fl ächendeckend für den gesamten EU-Binnenmarkt verbindlich vorschreibt.
Dass die Leistungen der Daseinsvorsorge, insbesondere die Wasserversorgung und die Abfallentsorgung genauso wie die Sozial-, Bildungs- und Pfl egedienstleistungen nicht nur vom Herkunftslandprinzip, sondern auch vom gesamten Geltungsbereich der Richtlinie ausgenommen werden müssen, darüber müsste in diesem Hohen Hause eigentlich Einigkeit herrschen. Aber wie schon erwähnt: Wenn man sich vor Augen führt, wie sich, werte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, einige Ihrer Parteifreunde im Europäischen Parlament bei der Abstimmung über die Privatisierung der Wasserversorgung verhalten haben, kommen mir nun leider doch wieder Zweifel.
Nun gut. – Wenn ich sehe, dass alle unionsgeführten Länder, also auch Bayern, im Bundesrat gegen die umfassende Einführung des Herkunftslandprinzips gestimmt haben, dann bin ich wieder besserer Hoffnung, dass sich auch Ihr Parteikollege Michael Glos im EU-Ministerrat darauf besinnen wird, dort die Interessen der Bundesregierung zu vertreten und nicht die seines Staatssekretärs; denn diese Interessen sind im Koalitionsvertrag von CDU und SPD deutlich formuliert.