Protokoll der Sitzung vom 18.10.2006

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Richtig!)

Das Gegenteil ist der Fall. Bei den Fällen, die Sie angesprochen haben, handelt es sich um Einzelfälle. Wir haben im Ausschuss immer wieder diskutiert und feststellen können, dass in fast 99 % der Fälle die Polizei in bewährter Weise und mit großer Einsatzbereitschaft und Engagement dafür sorgt, dass sich die Bürgerinnen und Bürger sicher vor Kriminalität fühlen können. Nicht umsonst sind wir „Marktführer“ bei der inneren Sicherheit. Das kommt nicht von ungefähr.

Ich bestreite nicht, dass in Einzelfällen die privaten Sicherheitsdienste eingesetzt worden sind, ohne dass vorgesetzte Stellen befragt worden sind oder ohne dass die entsprechende Zustimmung, wie das normalerweise erforderlich wäre, eingeholt worden ist. In der Tat – darüber sind wir uns im Hohen Hause einig – ist die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausschließlich Aufgabe der Polizei und von niemandem anderen. Wenn gewisse Einzelfälle auftreten, muss man diesen nachgehen, sie aufklären und schleunigst abstellen.

(Christa Naaß (SPD): Dazu brauchen wir Personal!)

Das entsprechende Personal, Frau Kollegin, ist zweifelsohne vorhanden. Ich darf daran erinnern, dass der Personalstand bei der bayerischen Polizei noch nie so hoch war wie derzeit. Wir haben 38 000 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte im Einsatz – so viele wie noch nie.

Dass es da und dort – aus welchen Gründen auch immer – gewisse Lücken gibt, weil Krankheitsfälle auftreten, sonstige Probleme sich zusammengeballt haben und deshalb Engpässe bestehen, bestreite ich nicht. Normal wäre es, dass man versucht sich gegenseitig zu helfen und dass der Leiter der Polizeiinspektion einen Engpass an die Polizeidirektion meldet, damit die Polizei mit einem internen Ausgleich ihren Aufgaben in dieser schwierigen Situation gerecht werden kann. Ich verstehe nicht, dass man, ohne die vorgesetzten Stellen einzuschalten, nach „Gutsherrenart“ selbst versucht, irgendwelche private Security-Dienste einzusetzen. Das ist meines Erachtens nicht in Ordnung. Diesen Dingen müssen wir nachgehen, und diese Dinge müssen abgestellt werden. Es gibt keinen Zweifel daran, dass die Polizei nicht nur zuständig für die Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung ist, sondern dass sie auch in der Vergangenheit in hervorragender Art und Weise in der Lage war, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu garantieren und sicherzustellen.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Nicht überall!)

Frau Kollegin Schmitt-Bussinger, Sie sagen: nicht überall. Wir haben die Einzelfälle gehört.

Ich greife Einzelfälle aus Oberbayern heraus, zum Beispiel Karlsfeld und Altomüster. Sie haben eine Verbindung zur

Polizeireform hergestellt und gemeint, dass es wahrscheinlich aufgrund der Polizeireform hier und dort Schwierigkeiten gibt, weshalb private Sicherheitsdienste eingesetzt werden müssten.

(Christa Naaß (SPD): Das hat sie von Unterfranken gesagt!)

Ich erinnere Sie daran, dass die Polizeireform in Oberbayern noch gar nicht angelaufen ist.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das hat sie nicht gesagt!)

Die Kollegin hat die oberbayerischen Fälle angesprochen. Auf diese nehme ich Bezug. Dort ist die Polizeireform noch gar nicht angelaufen. Das Argument zieht also nicht. Es geht völlig ins Leere.

Die Schwierigkeiten, die ich gerade dargelegt habe und die ich nicht wegwischen will, kann man nicht mit der Polizeireform in Verbindung bringen. Man muss sich den Einzelfall ansehen und prüfen, wie man den Problemen gerecht werden kann. Das werden wir tun. Wir verweigern uns nicht. Nicht umsonst wird auf meine Initiative hin am 08.11.2006 im Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit die Sache aufgegriffen, zu der das Innenministerium berichten wird. Wir werden breit darüber diskutieren. Danach werden wir entscheiden, wie künftig zu verfahren ist. Schon heute ein Zerrbild zu zeichnen, ist nicht richtig. Wahrscheinlich gehört es zur Politik, mit Schaufensteranträgen zu versuchen, politisches Kapital zu ziehen. Zielführender wäre es gewesen, wenn wir uns in aller Ruhe und Sachlichkeit – das zeichnet im Übrigen unseren Ausschuss aus – mit diesen Fragen beschäftigt und entsprechend darauf reagiert hätten.

Mir war es ein Bedürfnis, darauf hinzuweisen, dass der Polizei ein Bärendienst erwiesen wird, wenn man behauptet, sie wäre nicht in der Lage, für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu sorgen, weshalb auf private Sicherheitsdienste zurückgegriffen werden müsse. Dem ist nicht so.

(Christa Naaß (SPD): Das hat niemand gesagt. Sie verdrehen die Argumente!)

Es handelt sich um Einzelfälle. Verglichen mit der Fülle von Kriminalfällen in Bayern und Einsatzfällen der bayerischen Polizei liegen die Problemfälle im Prozent- oder sogar im Promillebereich. Daraus zu schließen, dass die Polizei nicht in der Lage sei, für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu sorgen, sodass auf private Sicherheitsdienste zurückgegriffen werden müsse, zeichnete ein Zerrbild, das geradegerückt werden muss. Ich bin der Meinung, dass wir dazu in der Lage sind. In der Ausschusssitzung am 8. November 2006 werden wir die Dinge klären können, damit die Dinge künftig so gehandhabt werden, wie sie nach Recht und Gesetz zu handhaben sind.

(Christa Naaß (SPD): Ohne dass die Leute in Schweinfurt etwas „auf den Deckel kriegen“!)

Das wäre ein eigenes Thema. Ich bin sicher, dass Herr Staatsminister Dr. Beckstein darauf eingehen wird.

Mir war die Klarstellung wichtig, dass nach der Gesetzeslage ausschließlich die Polizei für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständig ist. Sollte anderes geschehen sein, werden wir dem nachgehen. Wir werden diese Dinge abstellen und auch in Zukunft den Zustand haben, wie wir ihn all die Jahre in Bayern gehabt haben, nämlich dass sich die Bürgerinnen und Bürger in Bayern sicher fühlen können, weil Bayern eine hervorragend ausgestattete und motivierte Polizei hat, die diese Aufgaben in bewährter Weise auch in Zukunft erfüllen wird.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Kamm. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sicherheit ist Aufgabe der Polizei und – das sei an dieser Stelle auch vermerkt – nicht der Bundeswehr und nicht von privaten Sicherheitsdiensten. Wir haben überhaupt kein Verständnis dafür, dass bewaffnete Personen ohne die erforderliche Ausbildung, ohne die entsprechende Schulung in den sensiblen öffentlichen Räumen der Innenstädte Sicherheitsstreife gehen. Wir haben überhaupt kein Verständnis, dass dies – zumindest in einigen Orten – mit dem Einverständnis der örtlichen Polizei geschieht, und noch weniger Verständnis dafür, dass dies offenbar auch mit Billigung der übergeordneten Stellen und des Innenministeriums geschehen ist. Ich denke, es muss eine deutliche Grenze gezogen werden, was bestimmte Ordnungsdienste tun können und was Aufgabe der Polizei ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sicherlich gibt es in sehr vielen Kommunen kommunale Ordnungsdienste, die ohne Waffen, lediglich ausgestattet mit Jedermannsrechten zum Vollzug einer kommunalen Satzung, etwa im Abfallbereich, beitragen und die auch als Ansprechpartner für die Bürger fungieren und dadurch zu einem guten Klima und einem guten Stadtbild beitragen.

Es gibt sicherlich auch private Unternehmen, die in ihrem eigenen Hoheitsbereich Sicherheitsdienste engagieren, aber es kann nicht angehen, dass im öffentlichen Raum bewaffnete Sicherheitsdienste Kompetenzen an sich ziehen, die sie nicht haben sollen.

Herr Dr. Beckstein, Sie haben im Zuge der Auseinandersetzung um die Vorkommnisse in Schweinfurt deutlich gemacht, dass Sie die Sicherheitsdienste nicht für akzeptabel halten. Die Frage ist: Ist Ihrem Ministerium bekannt gewesen, dass tatsächlich in mehreren Kommunen bewaffnete Sicherheitsdienste – offenbar mit Billigung der örtlichen Polizei – eingesetzt werden? Welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Sachverhalt?

Wenn Kommunalpolitiker zu der Auffassung gelangen, dass mehr für die Sicherheit am Ort getan werden muss,

und sie den Beschluss fassen, dass sie Sicherheitsdienste engagieren wollen, um Vandalismus und Sachbeschädigungen zu verhindern, ist die Frage: Was ist im letzten Jahr im bayerischen Polizeidienst passiert? Wir haben so viele Beamte, wie wir sie noch nie vorher hatten, aber man sieht sie hauptsächlich bei Großveranstaltungen wie der Fußballweltmeisterschaft. Man hat die Polizeibeamten aber vor Ort beim Public-viewing vermisst, man hat sie auch im normalen Vollzugsdienst nicht mehr gesehen, weil sehr viele Kräfte abgeordnet worden sind. Ich denke, wir müssen überprüfen, wo eigentlich die Beamten sind, die vor Ort Dienst tun sollten, und was muss getan werden, damit dies wieder geschieht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Um das Wort hat Herr Staatsminister Dr. Beckstein gebeten. Bitte schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will zunächst auf die wichtige Sachfrage eingehen, will mich aber auch einer Antwort auf die Frage nach dem Polizeichef in Schweinfurt nicht entziehen. Sie haben einen Anspruch darauf, und deshalb werde ich dazu ein Wort sagen.

Zunächst zu der Sachfrage. Ich sage ein herzliches Dankeschön an Herrn Kollegen Jakob Kreidl, der hier in nüchterner und sachlicher Weise, aber höchst kompetent vorgetragen hat, dass die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit die Aufgabe der Polizei ist. Ich glaube, hierüber sind wir uns alle einig. Deswegen ist es nicht vertretbar, wenn jemand einen privaten Sicherheitsdienst – bewaffnet und mit Uniform – auf Streife schickt, der zum Beispiel amerikanische Soldaten, die die deutsche Rechtslage nicht kennen, kontrolliert. Das ist nicht vertretbar.

Es gibt aber auch noch eine andere Seite. Liebe Frau Kollegin Schmitt-Bussinger, hier haben Sie nicht sehr gut recherchiert. Ich muss das sagen, schon wegen der Berichte heute. Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, insbesondere was Kommunalsatzungen angeht, ist nicht nur Aufgabe der Polizei, sondern auch Aufgabe der Kommune, die eine solche Satzung erlassen hat, zum Beispiel für einen Badesee. Deswegen ist das, was am Karlsfelder See und am Waldschwaigsee passiert ist, auch Sache der Kommune.

Ich lese auszugsweise aus dem Bericht vor: Die Gemeinde hat eine Satzung für beide Bereiche erlassen, in der Verhaltensregeln für Badegäste festgelegt sind. In den jährlich wiederkehrenden Sicherheitsgesprächen der Polizeiinspektion Dachau wird diese Thematik eingehend diskutiert. Die Dachauer Polizei stellt sicher, dass die genannten Naherholungsgebiete zu den relevanten Zeiten mit Unterstützung durch Diensthundeführer verstärkt bestreift werden. Dann geht es weiter: In einer weiteren Besprechung hat das Landratsamt mitgeteilt, dass Ordnungspersonal dazu angehalten wird, Badegäste zur Einhaltung der Satzung anzuhalten. Das ist in keiner Weise zu beanstanden. Es wird weiter berichtet, dass im Zusammenspiel der Ordnungskräfte für die Einhaltung der Satzung gesorgt wird, zum Beispiel für die Einhaltung des Verbots, Fla

schen mitzubringen. Mit der Polizei, die in dem Fall herbeigerufen worden ist, ist es gelungen, bestimmte Personen festzunehmen, um auf diese Weise eine Störung dauerhaft zu unterbinden.

Wir haben hier sicher einen Teil Ordnungsrecht, der zulässigerweise angegangen wird. In diesem Zusammenhang will ich zwei Fragen aufwerfen, die unter Umständen noch diskutiert werden müssen. Im Ausschuss wird das mit Sicherheit erfolgen. Zum einen geht es darum, dass es ohne Zweifel unproblematisch gewesen wäre, wenn nicht private Sicherheitsdienste, sondern genauso ausgestattete Mitarbeiter der Gemeinde eingesetzt worden wären. Dann wäre der Einsatz unproblematisch, weil die Einhaltung der Satzung durchgesetzt würde. Die Frage, ob man dafür auch private Sicherheitsdienste einsetzen kann, ist seit der Änderung der Gewerbeordnung vor drei Jahren sicher zulässig. Ich glaube aber, das ist nicht der Schwerpunkt der Auseinandersetzung. Deswegen will ich das nicht weiter ausführen. Es wäre jedenfalls ohne weiteres zulässig, auch uniformiertes Personal der Gemeinde einzusetzen, um die Einhaltung von Parksatzungen beispielsweise in Mittelfranken durchzusetzen.

In Nürnberg bestreifen die Beschäftigen der NOA Parkanlagen, um darauf zu schauen, ob irgendein Fehlverhalten festzustellen ist und ob zum Beispiel die Hundehäufchen satzungsgemäß in eine Tüte oder was weiß ich wie entsorgt werden. Es wird auch nachgesehen, ob Abfallkörbe überfüllt sind, und darauf geachtet, dass Leute, die öffentliches Ärgernis erregen, zurechtgewiesen werden und bei Streitigkeiten die Polizei geholt wird. Die Tätigkeit der NOA, die bei uns Stadtwacht heißt und im Übrigen von der EU gefördert wird, ist zulässig. Beschäftigt sind vor allem Langzeitarbeitslose.

In der Stadt Fürth gibt es die Aktion „Gute Geister“, deren Konzept Oberbürgermeister Dr. Jung, den Sie vielleicht noch aus seiner Zeit hier im Landtag kennen, erarbeitet hat, um mit jedermanns Rechten dafür zu sorgen, dass Ordnungsverstöße in Parkanlagen abgestellt werden. Parkanlagen sind öffentlich. Soweit Friedhöfe bestreift werden – die NOA hat auch die Aufgabe, den Südfriedhof und den Westfriedhof zu bestreifen –, ist das rechtlich unproblematisch, weil das Areal privat ist. Aber auch in Parkanlagen ist die Beanstandung von Ordnungsverstößen durch die Gemeinden zulässig, weil diese auch Ordnungsbehörden sind.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Darum geht es jetzt nicht!)

Nein, aber Sie haben doch kritisiert, was an dem See im Landkreis Dachau geschehen ist. Ich kann hier nur sagen, nach dem, was ich berichtet habe, haben Sie falsch recherchiert. Die Vorwürfe, die heute in der „Süddeutschen Zeitung“ erhoben werden, gehen fehl. Ich sage dazu, es ist völliger Unsinn, zu behaupten, es war eine Maßnahme der Polizei. Wenn ein Bürgermeister Leute einstellt, um eine Badesatzung durchzusetzen, dann muss er das nicht dem Innenministerium melden. Sie sollten dann einen Gesetzentwurf vorlegen, wonach Bürgermeister solche Dinge, die der Innenminister für problematisch hält, vorher anmelden muss; dann werden wir das prüfen. Es

ist aber völlig daneben, die kommunale Selbstverwaltung zu beachten und gleichzeitig mir vorzuhalten, dass das eine Maßnahme sei, die an mir vorbeiging. Ich bitte um Nachsicht, wenn ich sage, das ist schlecht recherchiert. Ich kann das nur zurückweisen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Staatsminister, erlauben Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Schmitt-Bussinger?

Sehr gern.

Bitte, Frau Kollegin.

Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, dass sich dies in der Marktgemeinde Altomünster ganz anders verhält und dass es hier tatsächlich um eine Kontrolle im Rahmen der öffentlichen Sicherheit geht und nicht, wie Sie es für Karlsfeld dargestellt haben, um die Aufrechterhaltung der Ordnung? Darauf sind Sie nämlich interessanterweise nicht eingegangen. Hier ging es offensichtlich darum, Ruhestörung und Vandalismus zu verhindern. Können Sie das bestätigen, ja oder nein?

Herr Staatsminister.

Ich habe jetzt darüber gesprochen, was am Karlsfelder See und am Waldschwaigsee war, während sich die nächste Ziffer auf Altomünster bezieht. Zunächst will ich aber sagen, dass es sich am Karlsfelder See und am Waldschwaigsee eindeutig um die Durchsetzung einer kommunalen Badesatzung gehandelt hat. Ihre Kritik ist falsch. Insbesondere ist die Kritik, dass diese Maßnahme an uns vorbeigelaufen wäre, völlig falsch, weil es nicht eine Maßnahme der Polizei, sondern eine Maßnahme der Gemeinde war. Die Frage, ob die Gemeinde zu weitgehende Aufgaben wahrgenommen hat, werden wir sorgfältig prüfen. Dazu kann ich Ihnen heute aber noch nichts sagen.

Herr Staatsminister, es wurde erneut eine Zwischenfrage angemeldet. – Frau Kollegin Kamm.