Protokoll der Sitzung vom 07.02.2007

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD)

Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt nennen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir fordern einen Cluster „Erziehung und Bildung“.

(Renate Ackermann (GRÜNE): Cluster?)

Der Begriff Cluster ist für den einen oder anderen vielleicht negativ besetzt. Ich habe auch schon Stimmen gehört, die gesagt haben: Nun wollt ihr die Kinder auch noch in einen Wirtschaftscluster hineinpressen. – Das wollen wir beileibe nicht. Ich verstehe unter einem Cluster eine Plattform, bei dem alle an einem Thema Beteiligten zum Wohle und zum Fortschritt desselben zusammengeführt werden und zusammenarbeiten. Genau deshalb fordern wir einen Cluster „Erziehung und Bildung“, damit sich die Gesellschaft auf derselben Augenhöhe wie die Cluster für

Nanotechnologie, für Biotechnologie, für Medizintechnik oder in anderen Bereichen dem Menschen, vor allem dem jungen Menschen widmet und zuwendet.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Sind Sie bei Ihrem Kinderkongress zu diesem Ergebnis gekommen?)

Wissenschaftler, Praktiker, Kommunen, professionell und ehrenamtlich Tätige sollen zusammengebunden werden, um gemeinsam an einer so wichtigen Frage wie Erziehung und Bildung zu arbeiten. Das ermöglicht uns, dass das Thema Kinder und Familie, letztendlich aber das Thema Mensch, ins Zentrum unserer Politik zu rücken. Dieses Thema ist genau so wichtig wie das Thema Innovation und Wettbewerb oder wie alle anderen Themen. Ich mag den Begriff „Human Ressource“ eigentlich nicht besonders, aber dieser Begriff umschreibt treffend, dass eine Gesellschaft dann zukunftsfähig ist, und die Zukunft erfolgreich meistern kann, wenn die Menschen gut und werthaltig erzogen worden sind, und wenn die Menschen kompetent sind für die Aufgaben, die auf sie zukommen, wenn die Menschen gut gebildet sind. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Ackermann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als ich den überaus revolutionären CSU-Antrag

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und bei der SPD)

gelesen habe, da habe ich mich erst einmal gefragt, was das jetzt eigentlich soll.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Ein Cluster!)

Aber dann ist es mir eingefallen: Sie haben heute Abend ein Gespräch mit der Bundesfamilienministerin, und da müssen Sie irgendetwas vorweisen. Deshalb müssen wir heute diesen Antrag über uns ergehen lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Wenn es denn überhaupt ein Antrag wäre! Es ist aber noch nicht mal einer. Denn das, was Sie da hineinschreiben, können wir überhaupt nicht beschließen. Wir können nicht beschließen, dass Kinder starke Eltern brauchen. Wo wollen Sie das denn anordnen? Mir fehlen die Worte für so eine Formulierung. Es steht hier:

Der Landtag wolle beschließen: Kinder brauchen starke Eltern.

Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Und, noch schlimmer: Im nächsten Absatz schreiben Sie:

Die Staatsregierung wird daher aufgefordert zu prüfen – –

Das heißt, es wird überhaupt noch nichts gemacht und auch noch nichts beschlossen, sondern erst einmal soll die Staatsregierung prüfen, ob Kinder starke Eltern brauchen.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN – Thomas Kreuzer (CSU): Sie müssen den ganzen Antrag lesen! Grauenvoll!)

Dieser Antrag ist ein absolutes Armutszeugnis, sogar für Ihre Fraktion.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich schlage Ihnen stattdessen vor, endlich einmal Ihre Hausaufgaben zu machen. Es geht nämlich darum, gesellschaftliche Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass Kinder starke Eltern haben können, dass sie stark sein können.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN und der SPD)

Dafür schaffen Sie aber keine Voraussetzungen, sondern Sie schwächen die Eltern, wo Sie nur können, indem Sie so handeln, wie Sie handeln. Das werde ich Ihnen jetzt gleich anhand Ihres eigenen Antrags vorstellen.

Sie schlagen zum Beispiel vor, dass man in Kindertageseinrichtungen Senioren und Familien mit Babys einladen sollte, übersetzt: Sie schlagen vor, dass man Omas und Opas sowie Frauen mit Neugeborenen in den Kindertageseinrichtungen zur Betreuung von Kindern einsetzen soll.

(Renate Dodell (CSU): Nein, eben nicht! Aber ihr kapiert es ja gar nicht!)

Ehrenamt, danke! Das ist so etwas Erbärmliches. Stellen Sie lieber Erzieherinnen ein, die gut qualifi ziert sind.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN und der SPD)

Sie fordern, der Bildungs- und Erziehungsplan solle weiterentwickelt werden. Ja, setzen Sie ihn doch endlich einmal um, dann sind wir schon einen Schritt weiter.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Mit einem vernünftigen Personalschlüssel!)

Sie fordern, schulübergreifend soll Partnerschaft in Kindertagesstätten und Schulen gestärkt werden. Mit Erzieherinnenmangel und mit Lehrermangel werden Sie schul

übergreifend überhaupt nichts machen, weil Sie nämlich keine Kapazitäten dafür haben.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN und der SPD)

Ich sage Ihnen etwas: Durch die Einführung haben Sie nicht nur die Schulen geschwächt, sondern Sie haben auch die Ehrenamtlichen sowie die Vereine und Verbände geschwächt. Denn die Kinder haben keine Zeit mehr, dorthin zu gehen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Aber Sie fordern doch die Ganztagsschulen!)

Sie begeben sich mit Ihrer blödsinnigen Politik Ihres eigenen Nachwuchses.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Sie haben über Monate hinweg nichts verstanden!)

Bei diesem Antrag ist es eine Ehre, nichts zu verstehen. Der ist absolut blödsinnig.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN und der SPD)

Ich will mich aber jetzt nicht länger bei Ihrem Antrag aufhalten, denn das lohnt sich nicht. Wir haben Ihrem Antrag, der ein Prüfantrag ist, einen Antrag entgegengestellt, bei dem wir Sie zum Handeln auffordern. Sie sollen nämlich handeln, nicht prüfen, und deshalb fordern wir Sie auf, bei den Elternbeiträgen für Kinderkrippen durch staatliche Zuschüsse endlich dafür zu sorgen, dass die Elternbeiträge nicht so hoch sind, dass die Eltern sich die Beiträge nicht leisten können. Ich habe eine Beitragsaufstellung mitgebracht. Die Beiträge sind so hoch, dass sie sich kein Mensch leisten kann. Vielleicht ist das ja auch gewollt.

Unser Antrag geht dahin, dass diese Elternbeiträge abgesenkt werden auf das Niveau des Elternbeitrags in Kindergärten.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Sie machen sich jetzt immerhin Gedanken über Kinder – wir tun das schon länger. Deshalb haben wir immer wieder gesagt: Wir müssen Kinder in den Mittelpunkt stellen. Wir brauchen eine Stärkung im frühkindlichen Bereich, wir brauchen Betreuungsmaßnahmen, wir brauchen frühkindliche Bildung, wir brauchen Kinderkrippen. Wir brauchen kein Spargesetz, wie Sie es mit dem BayKiBiG herausgebracht haben. Wir brauchen einen fl ießenden Übergang zur Grundschule, wir brauchen keine riesigen Eingangsklassen mit 31 Kindern, wie in WestMittelfranken fl ächendeckend vorhanden. Wir brauchen eine neunjährige gemeinsame Schulzeit und keine frühe Selektion.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Wir brauchen Ganztagsschulen und wir brauchen einen Unterricht, der die Kinder mitnimmt und in den Mittelpunkt stellt, der kleine Klassen und gut ausgebildete Lehrer hat. All das verhindern Sie systematisch, und zwar in jedem Bereich.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN und der SPD)

Ihr Wunschzettel fürs Christkind, als Dringlichkeitsantrag getarnt, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sie durch Ihre Spargesetze letztendlich die Grundlagen für eine vernünftige Bildung und Erziehung schon längst zerstört haben. Stellen Sie endlich die Kinder in den Mittelpunkt! Tun Sie etwas, reden Sie nicht nur und hören Sie endlich auf mit Ihren scheinheiligen Schaufensteranträgen. Stimmen Sie unserem Antrag zu, dann haben Sie heute wenigstens etwas geschafft.