Protokoll der Sitzung vom 29.03.2007

weil uns die Wahlfreiheit auf diesem Gebiet sehr wichtig ist; das möchte ich nochmals sagen.

(Zuruf der Abgeordneten Karin Radermacher (SPD))

Ich weiß, Sie hören die Leistungen des Freistaats nicht so gerne. Aber im Endeffekt waren Sie sehr überrascht davon, dass es in Bayern, deutschlandweit gesehen, die meisten Kindergartenplätze gibt. Deswegen entbehrt das, was Sie, Herr Kollege Wahnschaffe, sagen, jeglicher Grundlage.

Ich möchte Ihnen zur Vorsorgeuntersuchung Folgendes sagen: Vom Grundsatz her sind wir der Ansicht – das werden wir in einer Gesetzesvorlage entsprechend verwirklichen –, dass in Bayern jedes Kind in den Genuss der Vorsorgeuntersuchung kommen soll. Ich sage ausdrücklich „Genuss“ der Vorsorgeuntersuchung, wie das übrigens auch in den nordischen Ländern, etwa in den skandinavischen Ländern, der Fall ist, wobei die Inhalte der Vorsorgeuntersuchung verändert werden müssen.

Wir sind der festen Überzeugung, es ist notwendig, in Bayern die hohe Teilnahmequote von durchschnittlich 90 % weiter zu erhöhen.

(Zuruf des Abgeordneten Joachim Wahnschaffe (SPD))

Sie sollten da durchaus mitmachen; denn es ist für unsere Kinder, für die gesamte Gesellschaft und für den Staat wichtig, dass wir Misshandlungen und Gefährdungen im Leben und in der Gesundheit der Kinder durch die Vorsorgeuntersuchungen rechtzeitig erkennen. Deswegen würden wir die Teilnahmequote von 90 % gerne noch weiter erhöhen.

(Beifall bei der CSU)

Die Aussprache ist abgeschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf auf der Drucksache 15/6810 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik empfi ehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU, das ist die Mehrheit. Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich komme nun zur namentlichen Abstimmung. Es geht um den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Herrmann, Kreuzer, Welnhofer und Fraktion CSU betreffend „Erhöhung der Mindestverbüßungsdauer bei lebenslanger Freiheitsstrafe“, Drucksache 15/7785. Ich eröffne damit die Abstimmung. Dafür sind fünf Minuten Zeit.

(Namentliche Abstimmung von 16.13 bis 16.18 Uhr)

Meine Damen und Herren, die Abstimmung ist abgeschlossen. Die Stimmen werden draußen ausgezählt. Das Ergebnis wird später bekannt gegeben. Darf ich bitten, die Plätze wieder einzunehmen?

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Darf ich bitten, zumindest die diversen stehenden Separatkonferenzen zu beenden?

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung die Tagesordnungspunkte 12 und 13 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes (Drs. 15/6238) – Zweite Lesung –

hierzu:

Änderungsantrag der Abg. Prof. Dr. Walter Eykmann, Ingrid Heckner u. a. (CSU) (Drs. 15/6684)

Gesetzentwurf der Abg. Franz Maget, Christa Naaß, Stefan Schuster u. a. u. Frakt. (SPD) zur Änderung des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes (Drs. 15/6300) – Zweite Lesung –

In die Beratung einbezogen wird folgender zwischenzeitlich zum Regierungsentwurf eingereichte Änderungsantrag auf Drucksache 15/6238:

Änderungsantrag der Abg. Prof. Dr. Walter Eykmann, Ingrid Heckner, Helmut Guckert u. a. (CSU) zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes (Drs. 15/7775)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Redezeit beträgt 15 Minuten pro Fraktion. Erste Rednerin: Frau Kollegin Heckner.

Sehr verehrter Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Novellierung des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes hat den Ausschuss des öffentlichen Dienstes von Mitte November bis zum heutigen Tage in fünf Sitzungen beschäftigt. Wir haben hier zwei Gesetzentwürfe vorliegen, nämlich den Gesetzentwurf der Staatsregierung und einen Gesetzentwurf der SPD. Ferner waren ein umfangreicher Änderungsantrag der CSU und 57 Petitionen zu beantworten. Wir wollten mit dem Gesetzentwurf der Staatsregierung und mit unserem Änderungsantrag ein Zeichen für mehr Beteiligung, weniger Bürokratie und praxisnahe Regelungen setzen, während der Gesetzentwurf der SPD von noch mehr Bürokratismus und Formalisierung der Beteiligung gekennzeichnet ist.

Wie sehr Sie, die Damen und Herren der SPD-Fraktion, derzeit mit den Spannungen zu den Gewerkschaften zu kämpfen haben, und die Tatsache, dass nahezu alle vom DGB eingebrachten Forderungen, so unrealistisch sie auch sein mochten, von Ihnen heftig unterstützt wurden, haben sich natürlich schon in diesen Beratungen niedergeschlagen.

Wir haben immer schon ein praxisnahes Bayerisches Personalvertretungsgesetz gehabt. Wir haben dieses Gesetz auf dieser Basis auch ausgebaut, das von gegenseitigem Vertrauen zwischen der Dienststellenleitung und der Personalvertretung geprägt ist.

Im Gesetzentwurf der SPD-Fraktion darf ich von einer Misstrauenskultur sprechen, wenn alles bis ins Kleinste geregelt sein muss und wenn man so tut, als seien Betriebsräte von Haus aus die besseren Menschen. Dass dem nicht so ist, können wir derzeit der Presse durchaus eindrucksvoll entnehmen.

(Beifall des Abgeordneten Manfred Ach (CSU)

Wir brauchen für diese vertrauensvolle Zusammenarbeit selbstverständlich klare, aber nicht überfrachtete rechtliche Regelungen, die bisher – wie gesagt – im Bayerischen Personalvertretungsgesetz bereits gegeben waren und nun aktualisiert werden. Wir nehmen die Erfordernisse einer modernen Verwaltung als Grundlage.

Der Gesetzentwurf der Staatsregierung und der Änderungsantrag der CSU verfolgen im Wesentlichen vier Ziele: Wir wollen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Mitbestimmungsrechten der Einigungsstelle vom 24. Mai 1995 umsetzen. Eine Novellierung war dringend notwendig. Wir haben die Novellierung dazu genutzt, um weitere Ziele zu erreichen. Wir wollen mehr Beteiligung, wir wollen die Arbeit der Personalvertretung erleichtern, und wir wollen weniger Bürokratie.

Lassen Sie mich zu dem ersten Ziel, zur Umsetzung des Verfassungsgerichtsurteils, einige Anmerkungen machen. Es geht hier um das Letztentscheidungsrecht der Einigungsstelle, das vom Gericht als zu weitgehend im bisherigen Personalvertretungsrecht bezeichnet wurde, da es im Konfl ikt mit dem Demokratieprinzip steht. Gemäß diesem Urteil kann die Einigungsstelle allenfalls im Bereich sozialer oder innerdienstlicher Angelegenheiten eine abschließende Entscheidung treffen. Diese Entscheidungen müssten ebenso einem parlamentarisch verantwortlichen Entscheidungsträger vorbehalten bleiben, sofern sie wegen ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwesen wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt sind. Das heißt, der Bayerische Landtag muss hier auf Entscheidungen der Einigungsstelle noch Einfl uss nehmen können bzw. auf die Umsetzung durch die oberste Dienstbehörde.

(Ludwig Wörner (SPD): Was?)

Die oberste Dienstbehörde setzt Empfehlungen der Einigungsstelle um. Wenn sie diesen Empfehlungen nicht folgt, besteht eine Begründungs- und Unterrichtungspfl icht. Das heißt, dass der Bayerische Landtag jederzeit die Staatsregierung auffordern kann, die Nichtübernahme von Empfehlungen der Einigungsstelle gegenüber dem Landtag zu begründen. Der Bayerische Landtag hat dann die Möglichkeit, Einfl uss zu nehmen. Das entspricht genau dem, was das Verwaltungsgericht gefordert hat.

Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion setzt die geforderte demokratische Legitimierung sehr viel bürokratischer um. Zu Beginn jeder Amtszeit sollen die drei Beisitzer jeder Einigungsstelle vom Bayerischen Landtag bestätigt werden. Der Intention des Gerichts wird damit widersprochen. Wenn wir die Besetzung der Einigungsstellen vornähmen, würde diese Besetzung politisiert werden. Derzeit werden Einigungsstellen ad hoc nach Themen und Problemstellungen besetzt.

(Manfred Ach (CSU): Das hat sich bewährt!)

Das heißt, die fachliche Kompetenz wird in den Mittelpunkt gerückt, nicht eine Parteizugehörigkeit. Der Verwaltungsaufwand würde sich bei dem von der SPD vorgeschlagenen Weg vervielfachen; denn es wären nicht nur die einzelnen staatlichen Ressorts davon betroffen, sondern sämtliche Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die bayernweit den Personalvertretungen nach dem Personalvertretungsgesetz unterliegen. Die verfassungsrechtlich abgesicherte Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden und Gemeindeverbände würde damit ebenso ausgehebelt werden, wenn wir von hier aus Einfl uss auf die Besetzung der Einigungsstellen

nehmen würden. Wir sind der Ansicht, dass wir die Beteiligungsrechte der Arbeitnehmer und die Prinzipien der Demokratie in der Balance halten.

Lassen Sie mich zu unserem zweiten Ziel, der Verbesserung der Beteiligungsrechte, kommen. Bei Bewährung von leistungsgerechter Bezahlung wollen wir, dass der Personalrat nicht nur über die Verteilung, sondern auch über die Höhe der gewährten Beträge und die Verteilung unter den Beschäftigten mit Begründung unterrichtet wird. Dies wird zukünftig im Rahmen der Dienstrechtsreform eine wesentliche Rolle spielen. Wir wollen, dass der Personalrat künftig bei der Bestellung und Abberufung von Schwerbehindertenbeauftragten und Gleichstellungsbeauftragten ein Mitwirkungsrecht erhält. Wir wollen das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung bei Versetzung und Umsetzung erweitern, auch dann, wenn der Beschäftigte mit dieser Versetzung oder Umsetzung einverstanden ist; denn es können schließlich auch andere Beschäftigte davon indirekt betroffen sein. Wir wollen die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch die Einräumung eines förmlichen Beteiligungsrechtes hierzu.

Lassen Sie mich noch einen Satz zu den sogenannten Ein-Euro-Jobs sagen, weil darüber bei uns sehr heftig diskutiert wurde. Nach unserer Ansicht handelt es sich hierbei nicht um eine Erwerbstätigkeit zur Erledigung öffentlicher Verwaltungsaufgaben, sondern um eine rein sozialrechtliche Maßnahme, um diese Menschen wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern. In den Gesetzentwurf und in unseren Änderungsantrag haben wir deshalb nicht aufgenommen, dass es sich um echte Mitarbeiter im Sinne der Mitbestimmung handelt. Derzeit liegt beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein Fall zur Klärung. Sollte sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof unserer Auffassung nicht anschließen, dann ist in der Folge keine Gesetzesänderung notwendig, sondern dann kann auf dem Verwaltungs- und Verordnungswege jederzeit die Mitarbeitereigenschaft zuerkannt werden. Wir sind der Ansicht, Gesetze sollten so schlank wie möglich sein. Nicht jeder eventuelle Fall muss im Einzelnen geregelt sein.

Unser drittes Ziel sind Änderungen, durch die die Arbeit der Personalvertretung erleichtert werden soll. Die Personalvertretungen sollen durch die Öffnung des Intranet einfacher an Informationen kommen. Künftig können Beschäftigte, deren Belange in einer Personalratssitzung behandelt werden, zu Sitzungen geladen und angehört werden. Neu ist in unserem Vorschlag, dass wir Vertreter der Stufenvertretung zu Personalratssitzungen oder Personalversammlungen zulassen, damit wir im Vorfeld bereits aufwendige Stufenverfahren vermeiden können, indem die Information so früh wie möglich erfolgt. Für Stufenpersonalräte haben wir eine neue Aufwandserstattungsregelung eingebaut, damit Stufenvertretungen in der Kostenfrage nicht von den sie entsendenden Verbänden abhängig sind.

Auf unsere Initiative hin wurde die Altersgrenze für das aktive und passive Wahlrecht für Jugend- und Auszubildendenvertretungen von 25 auf 27 Jahre erhöht, um die oft schwierige Gewinnung von Wahlbewerbern für die

Jugendvertretung zu erleichtern. Verwaltungsverfahren haben wir dadurch vereinfacht, dass wir bei Routineangelegenheiten, zum Beispiel der Anstellung von Beamten bzw. Ernennung von Beamten auf Lebenszeit, wobei es sich um ein Massengeschäft der Personalvertretungen handelt, die Beteiligung bei Ablehnung in das Gesetz hineinschreiben. Der Regelfall unterliegt nur der Mitwirkung.

Dienststellenleiter können künftig gegenüber der Personalvertretung analog einem modernen Personalmanagement auch andere Beschäftigte, die für irgendwelche Projekte zuständig sind, als Ansprechpartner anbieten. Wenn es sich um die Besprechung dieser Projekte handelt, muss nicht jedes Mal der Dienststellenleiter persönlich diese Gespräche führen.

Wenn Personalvertretungen aus irgendwelchen Gründen zwischendurch gewählt werden müssen und die Wahl weniger als ein Jahr vor der regelmäßigen Wahl stattfi ndet, kann die darauf folgende regelmäßige Wahl einmal ausgesetzt werden. Auch das spart Verwaltungsaufwand und Kosten. Die Amtsdauer der Jugendvertretung wollen wir von zwei auf zweieinhalb Jahre erhöhen und damit der regelmäßigen Amtsdauer der Personalräte von fünf Jahren annähern.

Zusammenfassend möchte ich klarstellen: Wir sind der Ansicht, dass wir eine sehr realitätsbezogene Änderung des Personalvertretungsgesetzes durchgeführt haben. Wir wollen keine Personalvertreter, die täglich mit dem Gesetzbuch unter dem Arm beim Dienststellenleiter aufkreuzen. Für die Beschäftigten ist es am wirkungsvollsten, wenn eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf beiden Seiten gegeben ist.

Ihre Anbiederung an die Gewerkschaften, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, schafft auch nicht mehr Rechtssicherheit. Funktionierende Verwaltungsabläufe und haushaltstechnische Erfordernisse sind Ihnen bei unseren Beratungen ziemlich egal gewesen. Sie wollen Personalvertretungen bei der Beratung von Prüfungsergebnissen der Dienststelle beteiligen. Wir haben das strikt abgelehnt; denn wir wollen nicht, dass der Eindruck entsteht, Personalvertretungen seien nicht unabhängig und objektive Leistungsfeststellungen sollten von den Probanden eventuell infrage gestellt werden. Wir wollen auch nicht – so wie Sie das wollten –, dass die Verschwiegenheitspfl icht prinzipiell aufgehoben wird und die Angelegenheit nur dann Artikel 10 unterworfen wird, wenn der Dienststellenleiter ausdrücklich sagt, dass sie der Verschwiegenheit unterliege. Wir halten das für absolut praxisfern; denn nur dann, wenn sich jeder darauf verlassen kann, dass das Gesprochene im Raume bleibt, kann eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Leben erfüllt werden.

Kostenträchtige Geschenke, die die SPD machen wollte, wie Freistellungsmöglichkeiten für Personalräte im Umfang von zehn statt bisher fünf Tagen über einschlägige Schulungs- und Bildungsveranstaltungen hinaus auch für Seminare, Foren, Konferenzen und Kongresse, eigenen sich wunderbar als Weihnachtsgeschenke. Aber wir müssen der Realität ins Auge sehen und berücksich

tigen, in welchem Umfang bei der Masse an Personalvertretungen Arbeitszeit ausfallen würde.

(Manfred Ach (CSU): Auch die Notwendigkeiten!)

Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses spricht von Notwendigkeiten. Soweit es notwendig ist, gibt uns die Urlaubsverordnung alle Möglichkeiten, den Besuch von Schulungen fallbezogen zu ermöglichen. Die Freistellungstage sollten nicht von Haus aus mit der Gießkanne verteilt werden, zumal die SPD in Ihrem Entwurf sogar über das Betriebsverfassungsgesetz hinausgeht.

(Ludwig Wörner (SPD): Wo? Beweisen Sie das einmal!)

Wir haben und wollen ein effi zientes Personalvertretungsgesetz.