Frau Kollegin Sandt, ich muss den ideologischen Erguss, anders kann man es nicht nennen, den Sie gerade abgelassen haben, etwas korrigieren.
Sie wissen ganz genau, dass wir derzeit über die Bundesrepublik hinweg einen Zubau von maximal 2 % haben. Der Rest ist alter Mietbestand, bei dem die Mietpreise republikweit zwischen 2 und 16 Euro betragen und weit auseinanderklaffen. Wir wollen verhindern, dass bei jeder neuen Vermietung der Mietpreis exorbitant steigt. Sie zerstören mit jeder Weitervermietung preiswerten Wohnraum, den Sie niemals durch Neubauten ersetzen können, weil ein Neubau immer mehr kostet als alte Wohnungen. Vielleicht erschließt sich Ihnen das. Offenbar ist Ihnen der Mietwohnungsmarkt fremd.
Ich möchte Ihnen einen zweiten Punkt sagen: Ich kann Ihre Ideologie verstehen. Mit der Subjektförderung machen Sie Kosten, die der Staat oder die Stadt tragen müssen, über die Mietbeihilfe zum Durchlaufposten von den Mietern hin zum Vermieter. Sie wollen die Subjektförderung. Das bedeutet, dass Sie den Vermietern auf zwei Ebenen helfen wollen. Man könnte es auch anders nennen. Sie sagen: Der Vermieter kann verlangen, was er will, weil den Rest der Staat über die Mietbeihilfe zahlen muss.
Ein dritter Punkt. Liebe Frau Kollegin, ich möchte Sie daran erinnern, dass in der Zeit, in der Schwarz-Gelb
in Bayern regiert hat, die Zahl der gebauten Wohnungen radikal reduziert wurde. Im letzten Jahr haben Sie leicht aufgemörtelt, um im Wahlkampf besser dazustehen. Sie haben aber nicht ausgeglichen, was Sie vorher weggenommen haben.
(Von der Rednerin nicht autori- siert) Zu Ihrer letzten Aussage: Wir haben gar nichts weggenommen, sondern fortwährend aufgestockt. In den Jahren 1998 bis 2004 war die FDP nicht an der Macht. Wir sind seit dem Jahr 2008 in der Verantwortung. Seitdem wurden die Mittel erhöht. Im Jahr 2012 wurde die Summe auf 155 Millionen Euro erhöht. Messen Sie uns bitte an der Legislaturperiode 2008 bis 2013.
Dass wir in München zu wenig Zubau haben, ist auch der SPD mit ihrer Politik und solchen Anträgen geschuldet. Wenn ein Antrag Ideologie pur ist, dann ist das Ihr Antrag. Gott sei Dank haben Sie keine Möglichkeit, in diesem Land falsche Anreize zu setzen. Wir haben die richtigen Anreize gesetzt.
Frau Kollegin Sandt, bitte bleiben Sie noch. Mir liegen noch Wünsche nach zwei weiteren Zwischenbemerkungen vor. Die nächste Zwischenbemerkung wird Frau Kollegin Kamm für die GRÜNEN machen.
Sehr geehrte Kollegin, Ihnen ist in Ihrem Liberalisierungseifer wohl entgangen, dass es bei diesem Antrag um eine Begrenzung der Mieten bei Wiedervermietungen geht und nicht um die Mieten bei Neuvermietungen. Wenn jemand eine Wohnung neu errichtet, wird er mit einer kostendeckenden Miete kalkulieren. Das Problem ist, dass auf angespannten Wohnungsmärkten immer ordentliche Schippen draufgeschlagen werden, wenn ein Mieterwechsel erfolgt. Das ist der Grund, warum die Mietpreisspirale in bestimmten nachgefragten Stadtteilen so in die Höhe steigt. Dort werden bei Gebäuden, die vor vierzig bis fünfzig Jahren errichtet worden
sind, teilweise 40 bis 50 % mehr Miete kassiert, ohne dass dementsprechende Kosten gegenüberstünden. Letztlich geht es um eine Begrenzung von spekulativen Gewinnen und nicht um eine weniger interessante Investition in den Neubau.
Sie sagen gerade, dass bei Häusern, die vor vierzig bis fünfzig Jahren errichtet wurden, die Mieten erhöht wurden. Wenn dort die Mieten gezahlt worden sind, die vor 40 bis 50 Jahren üblich gewesen waren, müssen die Mieten bei Wiedervermietungen natürlich entsprechend erhöht werden. Wenn ich heute in eine Wohnung investieren will, wäre es für mich doch ein Investitionshemmnis, wenn ich weiß, dass ich die Miete nicht weiter erhöhen darf, wenn ein Mieter auszieht.
(Markus Rinderspacher (SPD): Der Vermieter darf die Miete um 10 % erhöhen, aber nicht mehr! Jetzt zeigen Sie Ihr wahres Gesicht!)
- Glauben Sie, dass der Vermieter nur für zwei Jahre rechnet? Die allgemeine Preisentwicklung seit dem Jahr 1998 war sehr viel höher als 10 %.
Zu einer weiteren Zwischenbemerkung erteile ich Herrn Kollegen Glauber für die FREIEN WÄHLER das Wort.
Liebe Kollegin Sandt, ich habe noch eine Frage, da Sie soeben gelobt haben, was Sie landespolitisch im Haushalt getan haben. Erklären Sie doch bitte den Bürgern, dass wir Ende der Neunzigerjahre für die Wohnraumförderung in Bayern 350 Millionen Euro zur Verfügung hatten, im Jahr 2003 146 Millionen Euro und im Jahr 2012 155 Millionen Euro. Sie haben die Fördermittel gerade einmal um 9 Millionen Euro erhöht, bei einer mindestens zehnprozentigen Inflation.
Erklären Sie bitte den Bürgern, was Sie wirklich getan haben. In der Zeit Ihrer Verantwortung ist der Landeshaushalt um 7 Milliarden Euro gestiegen. Die Wohnbauförderung wurde von Ihnen jedoch gerade um 9 Millionen Euro erhöht. Das ist nicht einmal ein Inflationsausgleich. Wollen Sie uns jetzt erklären, dass Sie mit 9 Millionen Euro bei insgesamt 7 Milliarden Euro Einnahmen eine tolle Leistung vollbracht hätten? Verscheißern Sie bitte die Leute draußen nicht!
(Von der Rednerin nicht autori- siert) Der Vergleich mit den Neunzigerjahren ist nicht angemessen. Dass die Förderung damals höher war, ist eine andere Geschichte. Wir haben die Mittel erhöht, seit wir in der Verantwortung stehen. Ich verweise noch einmal auf die Bundesmittel, die die Förderung ergänzen.
Wünsche nach weiteren Zwischenbemerkungen sehe ich nicht. Wir kommen nun zur vermutlich letzten Rednerin dieser Debatte, nämlich Frau Staatsministerin Dr. Beate Merk.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die in den Ballungsgebieten stark steigenden Mieten bedeuten für viele Mieter eine erhebliche Belastung. Darüber sind wir uns alle einig. Deswegen ist es wichtig und richtig, dass wir uns mit dem Thema Miete und insbesondere mit der Miethöhe beschäftigt haben und uns auch weiterhin, in die nächste Legislaturperiode hinein, damit beschäftigen werden. Das gilt nicht nur für die Bundespolitik, sondern auch für die Länder.
Die Mietpreisbremse bei Neuvermietungen habe ich vor Wochen, zuletzt am 24. Mai 2013, vorgeschlagen. Die Bundeskanzlerin hat diese rechtliche Möglichkeit nun selbst aufgegriffen. Wir machen sie zum Bestandteil des Wahlprogramms von CDU und CSU.
- Das ist ja auch nichts Schlimmes. Wenn ich das sage, bestätigen Sie zumindest, dass es so ist. Diese rechtliche Möglichkeit muss jedoch in eine Konzeption passen, die die Interessen von Mietern und Vermietern in einen angemessenen Ausgleich bringt. Wir brauchen eine ausgewogene soziale Balance in unseren Ballungszentren. Ich glaube, auch darüber sind wir uns einig. Allein mit der schnellen Forderung pauschaler Regelungen werden wir diesem Ziel nicht gerecht. Der Dringlichkeitsantrag ist auch nicht zu Ende gedacht. Er fordert eine flächendeckende Regulierung auch dort, wo kein Wohnungsmangel herrscht. Dies ist ein völlig unnötiger Eingriff in die Vertragsfreiheit,
und ich sage auch, dass dies ganz besonders in diesen Bereichen zu einer Hemmung von Wohnungsbau- und Wohnungssanierungsmaßnahmen führen könnte. Das muss man gut bedenken. Ich sage auch das, was uns unser Kollege Eberhard Rotter, in diesem Bereich als Experte ausgewiesen, deutlich gemacht hat: Über das gesamte Spektrum bedeutet dies, dass wir eine Vielzahl von Maßnahmen aufeinander abstimmen und miteinander verknüpfen müssen, sodass es wirklich eine Gesamtkonzeption aus einem Guss ist, die tatsächlich auch von allen als eine deutliche und sinnhafte Verbesserung angesehen wird.
Der Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER enthält sicherlich gute Gedanken – Stichwort: Regionalisierung -, dennoch meine ich, dass es sich um einen reinen Schaufensterantrag handelt. Denn - auch das hat Eberhard Rotter schon angesprochen – wir stehen wenige Tage vor Ende der Legislaturperiode des Deutschen Bundestages, meine lieben Kollegen; neue Regelungen können dort nicht mehr verabschiedet werden. Das wissen Sie auch.
Zuallerletzt: Wir haben die Kappungsgrenze zum frühestmöglichen Zeitpunkt bereits im März in München und ab dem nächsten Monat in über 60 Gemeinden Bayerns gesenkt. Die Wohnungsbauförderung wurde mit zusätzlichen 50 Millionen Euro auf insgesamt eine halbe Milliarde Euro für den Zeitraum 2013 und 2014 erhöht. Wir sind das Bundesland, in dem sowohl im Jahr 2011 als auch im Jahr 2012 die meisten Wohnungen fertiggestellt worden sind. Wir haben im März in einem umfassenden Paket schon den ersten Schritt einer solchen Konzeption, die aufeinander abgestimmt war, auf den Weg gebracht, als es darum ging, sich für die grundlegende Reform des ErneuerbareEnergien-Gesetzes einzusetzen, als es um eine wirksame Strompreisgrenze ging, als es um entsprechende Möglichkeiten ging, Wohnungsbauten und den Mietwohnungsbau mit Maßnahmen im steuerlichen Bereich weiter auf Vordermann zu bringen und mehr Unterstützung zu leisten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, schließlich habe ich auch bereits gesagt, dass wir das Thema "bezahlbarer Wohnraum" zum Inhalt unseres Wahlprogramms gemacht haben, mit dem wir nach der Wahl entsprechende Gesetze zum Schutz der Mieterinnen und Mieter auf den Weg bringen können.
(Volkmar Halbleib (SPD): Aber Sie haben doch die ganze Zeit regiert! Sie regieren doch vier Jahre in Berlin und in München, schieben aber alles auf die nächste Periode! - Gegenruf des Abgeordneten Thomas Hacker (FDP))
- Wir haben eine ganze Menge auf den Weg gebracht, und wir werden auch weiterhin eine ganze Menge auf den Weg bringen. Reden Sie mir nicht ständig dazwischen, sondern hören Sie mir zu. Ich habe nämlich gesagt, dass wir dieses Thema bereits auf den Weg gebracht haben. Sie wissen auch, dass wir diese Gesetze nicht in München, sondern, wie Herr Hacker eben schon richtig gesagt hat, in Berlin umsetzen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass dies ein Wahlkampfmanöver ist, lieber Herr Kollege Wörner, wollen wohl auch Sie nicht bestreiten. Wir brauchen ein sorgfältig abgestimmtes Gesamtkonzept, das letztlich zu mehr Investitionen im Mietwohnungsbau führt, das diejenigen ermuntert, die ihr Kapital in den Mietwohnungsbau stecken wollen. Das ist unser Ziel. Wenn das Angebot an Wohnraum erhöht wird,
(Ludwig Wörner (SPD): Warum haben wir dann die Landesbank-Wohnungen nicht gekauft, wenn wir das Kapital stärken sollen?)
dann schaffen wir es, dass die Mietpreise nicht mehr so exorbitant steigen. Wir lehnen Ihre Anträge deswegen ab, weil wir ein sinnvolles Gesamtkonzept bevorzugen und Ihnen ein solches auch vorlegen werden.
Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Da die SPD zu ihrem Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat, lasse ich zuerst über den nachgezogenen Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/17347 – das ist der Antrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER – abstimmen. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Ich sehe die Hände aus den Fraktionen der FREIEN WÄHLER, der SPD und der GRÜNEN. Gegenprobe! – Das waren die Fraktionen der CSU und der FDP. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Wir kommen zur namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/17327 – das ist der Antrag der SPD-Fraktion. Wir nehmen uns fünf Minuten Zeit für die Abstimmung, die ich jetzt eröffne. Die Boxen befinden sich an den üblichen Stellen. Ich bitte Sie, Ihre Stimme abzugeben.
Die fünf Minuten sind um. Wir schließen die Abstimmung. Wir zählen das Ergebnis außerhalb des Saales aus und geben es Ihnen so schnell wie möglich bekannt.