Protocol of the Session on July 17, 2013

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Im Übrigen darf ich mich den Wünschen des Kollegen Huber anschließen. Herr Dr. Beyer, wir werden Sie ob Ihrer interessanten Debattenbeiträge vermissen. Ihnen persönlich alles, alles Gute!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und des Ab geordneten Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP))

Vielen Dank, Kol lege Muthmann. – Für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Dr. Runge. Bitte sehr.

Herr Präsident, Kolle ginnen und Kollegen! Wie bereits anlässlich der Ers ten Lesung signalisiert, werden wir den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion unterstützen. Das wollen wir jedoch nicht als das – von Kollegen Huber leider verweigerte – Abschiedsgeschenk an Herrn Dr. Beyer verstanden wissen – selbstverständlich auch von unserer Seite alle guten Wünsche für Sie, Herr Kollege –, sondern es entspricht unserer Überzeugung, dass wir eine ent sprechende Regelung brauchen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben zwei Kernziele: einen generellen Mindest lohn für Bayern und – endlich – eine neue bayerische Tariftreueregelung. Es ist schon ausgeführt worden, dass bei uns viel zu viele Menschen, die Vollzeit ar beiten, dafür kein auskömmliches Entgelt erhalten. Das ist ein Skandal. Es kann nicht angehen, dass es immer mehr Aufstocker gibt, und es kann nicht ange hen, dass sich manche Unternehmen diese Situation zunutze machen und – letztlich zulasten der Steuer zahlerinnen und Steuerzahler – die Hand aufhalten.

Hier wurde versucht, es argumentativ so darzustellen, als ob es um die Alternative tarifliche Lohnuntergren ze oder genereller Mindestlohn gehe.

(Zuruf des Abgeordneten Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP))

Das ist keine Alternative, sondern eine Ergänzung; denn wir alle wissen, in welchen Branchen bereits die Allgemeinverbindlichkeit der tariflichen Lohnunter grenze gilt, wie leicht es aber auch ist, die Regelung en zu umgehen, das heißt, Tarifflucht zu begehen. Das alles ist kein Geheimnis. Deswegen meinen wir, dass ein solcher Mindestlohn als Ergänzung sehr sinnvoll wäre.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Selbstverständlich müssen wir auch über Geschich ten, wie sie Herr Kollege Muthmann skizziert hat, nachdenken, also darüber, dass die Schwelle gesenkt wird, ab der die Allgemeinverbindlichkeit greift. Der Landesinnungsverband der bayerischen Friseure hat gerade wieder einen entsprechenden Vorstoß unter nommen. Auch das ist eine Baustelle, an der es ohne Frage zu arbeiten gilt. Das bewahrt uns aber meines Erachtens und unseres Erachtens nicht vor der Not wendigkeit, auch einen gesetzlichen Mindestlohn ein zuführen.

Herr Kollege Huber, es ist doch klar, dass, wenn bei den Gerüstbauern die tarifliche Lohnuntergrenze bei 10 Euro und ein paar Zerquetschten liegt, diese dann greift und nicht der darunter liegende gesetzliche Min destlohn. Es geht nur um das Abpuffern.

Zur Tariftreueregelung. Ich erinnere immer wieder gerne an die stolz geschwellte Brust der damals zu ständigen Herren Stoiber und Wiesheu beim Beschäf tigungspakt Bayern. Ein ganz wesentlicher Baustein war die Tariftreue- und Nachunternehmererklärung. Herr Muthmann, das war damals kein Gesetz; das war nicht einmal eine Verordnung. Alle haben das ge lobt. Klar musste die eine oder andere Hürde über wunden werden. Unseres Erachtens war und ist eine solche Tariftreueregelung ein sinnvolles Instrument.

Es war sehr bedauerlich, dass sich der Bayerische Landtag Ende 2009 in Konsequenz des Rüffert-Urteils dazu entschlossen hat, die bayerische Tariftreuerege lung, die dann auch in Form eines Gesetzes gegos sen worden war, nämlich in das Bayerische Bauauf träge-Vergabegesetz, ersatzlos zu streichen. Unseres Erachtens sollten wir das machen, was mittlerweile mehr Bundesländer als vor dem Rüffert-Urteil ge macht haben. Mittlerweile haben mehr Bundesländer eine entsprechende Tariftreueregelung als vor dem Rüffert-Urteil im Jahre 2009. Selbstverständlich gibt es Wege, wie wir dieses europarechtskonform ma chen können. In den Branchen, die unter das Arbeit nehmerentsendegesetz fallen – das Bauhauptgewer be, das Baunebengewerbe, der Pflegedienst, die Abfallwirtschaft usw. –, sollen öffentliche Aufträge nur an die Bieter gehen, die mindestens die branchenspe zifischen Mindestlöhne zahlen.

(Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP): Wer kontrolliert das?)

Herr Muthmann, selbstverständlich ist dann zu erwar ten, dass die Mindestlöhne seltener unterlaufen wer den, als dies heute der Fall ist, da es noch andere Sanktionsmechanismen und andere Kontrollwege gibt

und es diese im Übrigen, werter Freiherr, auch gab. Dies ist auch durchexerziert worden.

(Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP): Es wird doch zum Teil kontrolliert! Die Baustellen werden doch kontrolliert!)

Aber sehr lasch. Selbst bei Aufträgen der öffentli chen Hand wird viel zu lasch kontrolliert.

Im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs und in ande ren Bereichen, in denen die öffentliche Hand der allei nige oder der dominierende Auftraggeber ist, kann es eine umfassende Tariftreueerklärung nach dem alten Vorbild geben. Das erlaubt das Recht. Das heißt, dass dann der jeweils repräsentative Tarifvertrag gilt und grundsätzlich als flankierende Maßnahme der schon angesprochene und von diesem Gesetzentwurf auch umfasste Mindestlohn.

Wir halten das Ganze für dringend notwendig, für an gesagt, und deswegen haben Sie weiterhin unsere freundliche Unterstützung.

Zum Kollegen Thomas Beyer noch einmal Servus und Danke schön!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der schon ange sprochene Freiherr von Gumppenberg hat jetzt das Wort. Bitte schön.

Herr Vi zepräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe überlegt, was ich zuerst sage, ob ich erst Herrn Dr. Beyer in die Pflicht nehme oder zunächst über den Mindestlohn spreche. Kollege Beyer, wir haben si cherlich in vielen Punkten sehr unterschiedliche Auf fassungen. Ich habe Sie aber sehr geschätzt. Ich be dauere es, dass Sie nicht mehr dem Landtag angehören werden und werde die Zusammenarbeit mit Ihnen vermissen. Herzlichen Dank! Soweit die gute Botschaft.

(Beifall der FDP, der CSU, der SPD und den FREIEN WÄHLERN)

Was nun Lohnuntergrenzen oder den Mindestlohn an geht, so möchte ich Ihnen sagen, dass wir für Lohn untergrenzen sind. Das erstaunt Sie.

(Zuruf von der SPD)

Wir sind auch für faire Löhne; wir sind für leistunge rechte Löhne. Wir sind aber dagegen, gesetzlich zu regeln, was den Tarifparteien vorbehalten ist. Dage gen sind wir in aller Entschiedenheit.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen im Grunde genommen, dass die Tarifauto nomie Fortbestand hat, dass sie lebt und dass wir nicht – Erwin Huber hat es bereits gesagt – die Ge werkschaften möglicherweise dadurch entmündigen, indem wir plötzlich den Lohnfestsetzer oder den lohn regulierenden Staat darstellen, der für die Gehälter, für die Löhne verantwortlich ist. Als Nächstes würden dann andere Bereiche folgen. Das kann nicht unser Interesse sein. Aus diesem Grunde lehnen wir den Gesetzentwurf der SPD ab.

Ich darf Sie aber etwas fragen - Herr Dr. Beyer, Sie sind angesprochen: Wie stellen Sie sich denn das in der Praxis vor? Ich bewege mich draußen relativ häu fig.

(Dr. Paul Wengert (SPD): 20 Länder in Europa haben das!)

Wie stellen Sie sich in der Praxis vor, dass Kommu nen kontrollieren, ob sich ihre Auftragnehmer an ge setzliche Mindestvorgaben zur Lohnbildung halten? Wie wollen Sie das denn kontrollieren? Sie wollen eine neue Bürokratie aufbauen. Das ist doch unmög lich lösbar.

(Beifall bei der FDP)

Im Augenblick wird das Wort immer noch von hier oben erteilt. Ich entnehme, Herr Kollege von Gumppenberg, dass Sie eine Zwischenfrage zulassen. Ist das richtig?

Auf ei gene Verantwortung, ja.

Herr Präsident, das ist eine Premiere. Das war eine Zwischenfrage des Red ners an ein Mitglied des Landtags. Ich beantworte die Frage aber gerne. Freiherr, ich verstehe gar nicht, warum Sie das für so schwierig halten. Das Instru ment der Tariftreueerklärung ist wohl ein bekanntes, nicht nur außerhalb Bayerns. Ich erinnere daran, dass wir das genau im Bauvergabegesetz hatten, bevor es nach dem Rüffert-Urteil wegen der Inhaltsgleichheit mit dem niedersächsischen Gesetz aufgehoben wer den musste oder sollte. Wir hatten das Instrument. Warum soll etwas, das über Jahre beim Kanal- und Straßenbau in der Gemeinde gegangen ist, nicht wie der gehen? Das ist die Antwort auf Ihre Frage. Es geht; die Tariftreueerklärung ist das Instrument.

(Beifall bei der SPD)

Herr Beyer, die Tariftreueerklärung geht, aber die Kontrol

le, die Sie den Kommunen oder den zuständigen Stel len der Kommunen abfordern, ist nicht realisierbar.

(Zurufe von der SPD - Unruhe)

Lassen Sie mich bitte ein Weiteres sagen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Paul Wengert (SPD))

Ich bin der festen Überzeugung, dass es im Bereich der sogenannten Leiharbeit eine Vielzahl schwarzer Schafe gibt. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir diesen Bereich durchaus ernsthaft im Auge haben müssen. Ich glaube auch: Wenn es um die Aufsto ckung geht, müssen wir ernsthaft darüber nachden ken, ob vieles, was gegenwärtig in der Industrie ge schieht, rechtens ist. Hier besteht zwischen uns Einigkeit. Ich bin aber – das gilt nun als Grundsatz – der festen Überzeugung, lieber Kollege, dass wir Löhne in diesem Bereich nicht gesetzlich und schon gar nicht ländergesetzlich regeln sollten, sondern dass wir es dabei belassen sollten, dass die Tarifauto nomie gilt. Wir als FDP wollen nichts anderes als das, und daran halten wir auch fest. Aus diesem Grunde werden wir Ihren Gesetzentwurf leider ablehnen.

(Beifall bei der FDP - Zurufe von der SPD)

Moment, Herr Kollege von Gumppenberg. Ich darf Sie bitten, noch am Mikrofon zu bleiben, weil Herr Kollege Hallitzky eine Zwischenbemerkung angemeldet hat.

Aber nicht wieder zum Kreisel von Waldkirchen.

Geschätzter Kollege Gump penberg, drei kleine Punkte. Erstens. Sie behaupten, dass die Gewerkschaften durch einen gesetzlichen Mindestlohn entmündigt werden würden. Glauben Sie ernsthaft daran, dass die Gewerkschaften ihn so mas siv fordern würden, wenn sie fürchteten, sie würden sich dadurch selbst als Kampforganisation entmündi gen? Der Mindestlohn soll eine zusätzliche unterste Linie sein – nicht mehr und nicht weniger. Das erste Argument ist also Unsinn.

Zweitens.