Martin Runge
Sitzungen
16/11
16/12
16/14
16/15
16/16
16/17
16/19
16/20
16/23
16/25
16/27
16/28
16/30
16/31
16/32
16/33
16/34
16/35
16/37
16/39
16/40
16/42
16/44
16/45
16/46
16/48
16/50
16/52
16/53
16/56
16/60
16/65
16/66
16/67
16/68
16/69
16/72
16/73
16/76
16/77
16/78
16/79
16/81
16/85
16/87
16/88
16/91
16/94
16/96
16/100
16/101
16/105
16/107
16/109
16/112
16/113
16/121
16/122
16/125
16/127
16/128
16/130
16/132
Letzte Beiträge
Frau Präsidentin, Frau Ministerin Merk, Herr Ministerpräsident, werte Kolle ginnen und Kollegen! Der Untersuchungsausschuss, mit dem wir uns hier gerade auseinandersetzen, war der kürzeste, der intensivste und nach unserer Mei nung ein effektiver und effizienter. Er war auch sehr ertragreich. Den Danksagungen, die wir heute haben hören dürfen, schließen wir uns selbstverständlich
von dieser Stelle aus an. Ich möchte noch einmal kurz in Erinnerung rufen, was für uns die Wurzel bzw. die Motivation war, diesen Untersuchungsausschuss zu beantragen und dann einzusetzen. Die Wurzel war, dass wir in mehreren Sitzungen des Rechtsauschus ses - ich erinnere mich an drei Sitzungen, eine im De zember 2012 und dann je eine am 28. Februar und am 7. März 2013 - immer wieder von der Ministerin und von leitenden Beamten mit Halb- und Unwahrhei ten bedient wurden. Darauf haben wir gefordert, dass es so nicht weitergehen kann. Erstens ist der Rechts ausschuss kein Untersuchungsausschuss und zwei tens kann es überhaupt nicht angehen, dass uns lau fend Unwahrheiten erzählt werden.
Ich möchte zunächst einmal die Erkenntnisse aus der Arbeit des Untersuchungsausschusses, aber auch aus weiteren Recherchen zusammenfassend umrei ßen, bevor wir dann in Details einsteigen. Es ist ganz klar und heute schon gesagt worden, dass es uns nicht zusteht, die Frage zu beantworten, ob Gustl Mol lath an einer psychiatrischen Erkrankung leidet oder nicht. Hierfür gibt es berufenere Menschen; berufener zum einen von der Profession her und zum anderen möglicherweise auch aufgrund ihrer Nähe zu Herrn Mollath.
Jedoch erlauben wir uns nach eingehender Befas sung mit dem Fall schon eine Bewertung der Causa Mollath: Gustl Mollath ist massiv in seinen Rechten verletzt worden. Der Weg und die Methodik, wie man ihn in die Psychiatrie weggesperrt hat, widersprechen allen Grundsätzen von Rechtsstaatlichkeit. Die Zu schreibung von Gemeingefährlichkeit und die entspre chende Beweisführung vor Gericht basierten auf mehrfachem Rechtsbruch. Nachlesen können Sie das beispielsweise im Wiederaufnahmeantrag des Ober staatsanwaltes Dr. Meindl aus Regensburg in der Ver sion von Mitte Dezember 2012. Einweisungs- und Prognosegutachten wurden mehrheitlich allein nach Aktenlage erstellt, wobei diese wiederum wesentliche Sachverhalte falsch dargestellt hat.
Gustl Mollath fand keinerlei rechtliches Gehör. Das gilt in zweierlei Hinsicht: Zum einen betrifft es seine Anzeigen gegen Bankmitarbeiter und Bankmitarbei terinnen und deren Kunden und Kundinnen, und zum anderen betrifft es die Schuldvorwürfe und die Anzei gen gegen ihn. Staatsanwaltschaft und Steuerfahn dung hätten den Anzeigen zu den anonymisierten Ka pitaltransfers in die Schweiz, hinter denen Herr Mollath bekanntlich Schwarzgeldverschiebung und Steuerhinterziehung vermutet hat, zwingend nachge hen müssen, was sie leider nicht getan haben. Fakt ist auch, dass es im Verfahren und in der Entschei dung gegen Gustl Mollath zu krachenden Rechtsfeh lern gekommen ist, was nicht nur Mollaths Anwalt,
sondern auch die Staatsanwaltschaft Regensburg veranlasst hat, hier von Rechtsbeugung und Vertu schung selbiger zu sprechen und zu schreiben. Wir erinnern noch einmal an die beiden Versionen des Wiederaufnahmeantrages von Mitte Dezember letzten Jahres und von Anfang Februar dieses Jahres.
Im Bestreben, die Schieflagen, Fehler und Rechtsbrü che zu vertuschen, begann dann rasch ein Schwei ge-, Lügen- und Verschleierungskartell in Politik und Justiz sein unseliges Wirken. Wie ich eingangs schon sagte, haben Dr. Beate Merk und bayerische Spitzen beamte nicht einmal davor zurückgeschreckt, den Landtag und die Öffentlichkeit immer wieder mit Halb- und Unwahrheiten zu bedienen. Das ist kurz umrissen das Fazit der Arbeit des Untersuchungsausschusses und aus weiteren Recherchen, wobei meine Vorred nerin und mein Vorredner schon ausgeführt haben, dass wir uns mit diesem Fall weiter beschäftigen. Es gibt weitere Akten, die uns jetzt vorliegen, und wir werden weiter nachbohren und unsere Konsequenzen daraus ziehen.
Einige wenige Streiflichter aus dem Untersuchungs ausschuss möchte ich Ihnen vorstellen. Manche sind schon angesprochen worden, die können wir uns des halb an dieser Stelle ersparen. Aber ich möchte Ihnen noch einmal die scheinbar völlig unterschiedliche Auf fassung und die ganz unterschiedlichen Eindrücke aufzeigen, die wir von der SPD, den FREIEN WÄH LERN und den GRÜNEN auf der einen Seite und auf der anderen Seite Sie von der FDP und der CSU hat ten. Wir haben Finanzbeamte erlebt, die über eine viel zu geringe Personalausstattung, vor allem bei den Prüfdiensten - das sind Betriebsprüfung, Steuerfahn dung und Umsatzsteuersonderprüfung – und über massive Arbeitsüberlastung geklagt haben und des halb froh darüber waren, einen Grund finden zu kön nen, um Akten schnell beiseitelegen zu dürfen. Au ßerdem gab es das schon angesprochene Telefonat des Richters der siebten Strafkammer beim Landge richt Nürnberg-Fürth mit dem Chef der Steuerfahnder beim Finanzamt Nürnberg-Süd, in dem der Anzeigen erstatter Gustl Mollath als nicht zurechnungsfähig er klärt wurde, was wiederum ein Grund dafür war, Mol laths Anzeigen nicht weiter zu verfolgen.
Herr Dr. Herrmann, Sie haben hierzu Ausführungen gemacht; diese Ausführungen haben aber nichts mit der Realität zu tun, sie haben nichts damit zu tun, was in den Aktenvermerken, die es ja doch gab, stand, und sie haben vor allem nichts damit zu tun, was der damals zuständige Steuerfahnder Schreiber vor dem Untersuchungsausschuss gesagt hat. Ich zitiere Herrn Schreiber aus dem Untersuchungsausschuss am 14. Mai:
Einige Zeit später - ich weiß nicht, wie lang es genau gedauert hat - hat sich mein Stellenleiter, der Herr Kummer, mit mir in Verbindung gesetzt und gesagt, dass der Richter bei ihm angerufen habe und ihm mitgeteilt habe, dass der Herr Mol lath letztlich nicht zurechnungsfähig sei. Damit war die Anzeige für mich auch nicht mehr weiter überprüfbar.
Diese Aussage finden Sie in dem Protokoll unseres gemeinsamen Untersuchungsausschusses. Dieses zu verniedlichen, ist einfach nicht angebracht.
Der Präsident des Landesamtes für Steuern ist hier schon mehrfach bemüht worden. Aber weil es gar so schön war, bemühe ich ihn noch einmal, und ich setze auch noch eins drauf. Wir haben den Präsidenten er lebt, wie er zuerst die Existenz von Aktenvermerken zu dem oben genannten Telefonat und die Bedeutung des Telefonats für die Einstellung von Untersuchun gen der Steuerfahndung geleugnet hat. Anschließend hat er in einem unseligen Zusammenspiel mit seiner Pressestelle versucht, sich durch rabulistische Diffe renzierungen herauszureden, indem er die Begriffe Notiz, Vermerk, Aktenvermerk, Aktennotiz, hand schriftlich und getippt verwendet und behauptet hat, dazwischen liege jeweils ein großer Unterschied. Schließlich war er im Untersuchungsausschuss be müht, das Bestreiten einer real existierenden Presse mitteilung erklären zu können. Sie erinnern sich, wie er gesagt hat, aus seinem Haus kämen offizielle und nichtoffizielle Pressemitteilungen. All diese Dinge mussten wir wirklich sehr "überzeugend" finden.
Es geht weiter. Ein Verfahren beim Amtsgericht Nürn berg zog sich trotz der behaupteten Dringlichkeit, wel che mit der großen Gefährlichkeit von Herrn Mollath begründet war, mehr als zweieinhalb Jahre hin. Der Vorgang des Verfassens eines sechsseitigen gerichtli chen Beschlusses nahm sehr viele Wochen in An spruch, was vor allem mit der Dauer des Abtippens und des Korrekturlesens begründet wurde. Spannend war nur, dass von demselben Richter viel längere Schreiben äußerst schnell angefertigt werden konn ten. Wir erinnern uns alle daran, wie auf einmal be hauptet wurde, der zuständige Justizbeamte wollte oder konnte nichts tippen, und dann hat es eben so lange gedauert. Auch viele andere Argumentationsst ränge sind hierbei bemüht worden.
Der Vorsitzende Richter der 7. Strafkammer am Land gericht Nürnberg-Fürth, auf deren Entscheidung hin Gustl Mollath nunmehr für mehr als sieben Jahre zwangsweise in der Psychiatrie untergebracht ist, hat
kundgetan, sich niemals mit den Verteidigungsgrün den von Herrn Mollath auseinandergesetzt zu haben. Eine Staatsanwältin hat die Kenntnisnahme wichtiger Unterlagen in Zweifel gezogen, obwohl sie eben diese Unterlagen in ihren Akten immer wieder angespro chen hatte.
Es gab einen weiteren aus unserer Sicht sehr gravier enden Fall: Unterlagen, die von einem Richter am Nürnberger Amtsgericht, versehen mit der Aufschrift "offenbar Strafanzeige wegen Schwarzgeldverschie bung in die Schweiz" an die Staatsanwaltschaft Nürn berg-Fürth expediert worden sind, haben dort niemals die zuständige Abteilung, nämlich die für Wirt schaftsstrafsachen, erreicht, sondern sind von einem Staatsanwalt, der für allgemeine Strafsachen zustän dig war, ganz schnell mit einer Einstellungsverfügung vom Tisch gefegt worden. Dieser Herr konnte sich im Übrigen auch an gar nichts mehr erinnern. Ein Richter am Amtsgericht hat polizeiliche Unterlagen aus einem Verfahren, für welches er gar nicht zuständig war, an einen Psychiater weitergegeben.
Weiter sind wir mit einem gerade einmal zwölf Zeilen langen Schreiben einer Nervenärztin konfrontiert wor den, die Herrn Mollath niemals gesehen, geschweige denn untersucht hatte, ihm jedoch in diesen zwölf Zei len eine psychiatrische Erkrankung und Fremdgefähr lichkeit attestiert hat. Diese Ärztin ist niemals vernom men worden, man hat sie niemals gefragt, was sie denn mit diesen Zeilen bezwecken wollte und warum sie die folgende schöne Grußformel verwendete: "In der Hoffnung, Ihnen mit meinen Angaben gedient zu haben, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen". Unklar ist, wem sie mit diesen zwölf Zeilen gedient zu haben meinte.
All diese Fragen sind bedauerlicherweise niemals ge klärt worden. In unseren Augen kam es zu gravieren den Versäumnissen, wie sie niemals hätten passieren dürfen.
Für uns war der aktuelle Steuerfahnder im positiven Sinne sehr aufschlussreich. Frau Aures hat noch massiv untertrieben. Es sind spürbar mehr als 20 Ver fahren, die sich aber noch gegen wesentlich mehr Steuerpflichtige richten. Es gibt zwei Selbstanzeigen und zwei Strafbefehle. Einiges ist schon abgeschlos sen. Für uns waren das Auftreten und die Ansagen des aktuell prüfenden Steuerfahnders erfreulich. Der Herr vom Finanzamt Nürnberg-Süd hat erklärt, dass er bei jeder namentlichen Anzeige, wenn er noch Fra gen hat, auf den Anzeigenerstatter zugeht. Genau das haben die Herrschaften, die im Jahre 2004 zu ständig waren, der zuständige Steuerfahnder Schrei
ber und dessen Vorsitzender Regierungsdirektor Kummer – wir dürfen ja die Namen nennen –, bestrit ten. Sie haben gesagt, sie richteten sich nie an die Anzeigenerstatter. Des Weiteren hat der aktuell ermit telnde Steuerfahnder erklärt, dass er Herrn Mollath selbstverständlich befragt hätte, säße dieser nicht in der Psychiatrie. Ich zitiere wieder aus dem Protokoll: "Also ich kann nicht mit einem Zeugen argumentieren, der offiziell für nicht zurechnungsfähig erklärt worden ist." Ansonsten hätte man Herrn Mollath selbstver ständlich befragt.
Auf einen wesentlichen Punkt ist bereits Herr Streibl eingegangen. Sie, Herr Herrmann, haben auf einmal fünf Pfeiler genannt, die für Ermittlungen notwendig wären, nämlich die Anzeige aus dem Septem ber 2003, das 106-seitige Konvolut, den Sonderrevisi onsbericht der HypoVereinsbank aus dem Jahr 2003, eine Selbstanzeige und die Ermittlungsmöglichkeiten in die Schweiz. Der Steuerfahnder hat ganz klar ge sagt: Wenn wir die 106 Seiten, den HVB-Bericht und die Anzeige vom Dezember 2003 gehabt hätten, hätte man ermitteln müssen. Alle diese drei Werke hätten die Finanzbehörden im Jahr 2003 bzw. 2004 haben können und haben müssen.
Einige weitere Punkte betreffen Sie, Frau Ministerin. Sie haben uns, genauso wie Vertreter der Staatsan waltschaft im Untersuchungsausschuss, glauben ma chen wollen, dass es ein gänzlich unspektakulärer Vorgang gewesen sei, den Wiederaufnahmeantrag der Staatsanwaltschaft Regensburg im Dialog zwi schen den Regensburgern und der Generalstaatsan waltschaft in Nürnberg und wiederum im Dialog zwi schen der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg und Ihrem Haus in wesentlichen Punkten abzuändern. Sie haben immer versucht, den Eindruck zu erwecken, es würde sich dabei um einen Entwurf handeln, um eine Stoffsammlung im Sinne einer Work in progress.
Wenn wir uns den Schriftwechsel und die Vorgänge ansehen, die dazu gehören, sieht das ganz anders aus. Ich zitiere aus einem Schreiben der Regensbur ger Staatsanwaltschaft an den Generalstaatsanwalt in Nürnberg. Dort wird zu einer möglichst schnellen Ent scheidung über die Einreichung des Antrages ge drängt. Ich zitiere: "Am 6. Februar 2013 wurde erneut ein kompletter Wiederaufnahmeantrag mit sämtlichen Unterlagen mit dem Dienstwagen übersandt." Nach Entwurfsstadium klingt dies gar nicht. In diesem Schreiben ist auch die Motivation aufgeführt, warum das besonders schnell gehen muss – von wegen Work in progress. Das war ein fertiger Antrag. Der war auch von der Staatsanwaltschaft in Regensburg als ein solcher gedacht. Selbstverständlich wissen die Regensburger, dass sie das Plazet des Herrn Nerlich brauchen. Es gibt Kollegen von der CSU, die das im
Rechtsausschuss für nicht gut befunden haben. An dere aus anderen Fakultäten haben dem widerspro chen. Ich führe diesen Punkt aber noch ein bisschen weiter.
Wenig glaubhaft in diesem Kontext sind auch die Er klärungen der Ministerin im Untersuchungsausschuss zu dem Entwurf und dazu, dass sich das Ministerium nicht in die Inhalte des Wiederaufnahmeverfahrens einmischen würde. Aufmerksame Beobachter konnten und mussten feststellen: Komisch, es gab längere Sitzungen im Ministerium, die hochkarätig besetzt waren. In diesen Sitzungen wurde sich mit einem die ser Teile, welcher als Entwurf bezeichnet wurde, aus einandergesetzt. Das geht nicht zusammen. Als Mi nisterin kann ich nicht sagen: Wir als Ministerium mischen uns nicht in die Inhalte ein, aber wir machen uns lange Gedanken über Werke, die wieder Entwürfe sein sollen. Für Sie muss die Endfassung relevant sein, weil Sie darüber kommunizieren müssen, aber nicht irgendwelche Fassungen, die sich Ihrer Meinung nach im Entwurfsstadium befinden. Diese Hintergrün de und diese Aussagen leuchten aus, dass es sich hier mitnichten um Entwürfe gehandelt hat.
Letzter Punkt in diesem Zusammenhang: Es war schon sehr bemerkenswert, dass gravierende Rechts verstöße im Verfahren gegen Gustl Mollath vor dem Nürnberger Landgericht, welche nicht nur von Rechts anwalt Strate, sondern auch von Oberstaatsanwalt Dr. Meindl ursprünglich als Rechtsbeugung bezeich net worden sind, auf einmal mit der Formulierung ver sehen wurden: Einige prozessuale Normen wurden nicht ganz eingehalten. Mit dieser Liste könnten wir noch beliebig fortfahren. Aufgrund der Zeit und der Tatsache, dass wir uns nicht wiederholen wollen, möchte ich nur noch zwei Kernaussagen in den Be richten von Frau Meyer und Herrn Herrmann vertie fen.
Herr Herrmann, ich spreche Sie ganz persönlich an. Eigentlich habe ich die Zusammenarbeit als sehr wohltuend empfunden. Sie war sehr unaufgeregt. Sie haben sehr viele Fragen zugelassen, die man als grenzwertig hätte bezeichnen können. Wir können uns dem einen oder anderen Punkt annähern. Auf grund der Art, wie Sie das Ergebnis verzerren und verzeichnen, verlieren Sie bei uns jedoch relativ stark an Ansehen. Zwar wird Sie das nicht sonderlich krat zen, trotzdem sage ich Ihnen das an dieser Stelle.
Ich werde zwei Zitate von Ihnen nennen und sie dann einem Fakten-Check unterziehen. Sie haben gesagt, die Entscheidungen der damaligen Ermittler seien alle vertretbar. Sie haben auch gesagt, der Landtag sei zu jedem Zeitpunkt von der Ministerin vollständig und korrekt informiert worden. Das ist bedauerlich. Diese
Aussagen sind grundlegend falsch. Sie halten den Fakten nicht stand. Wenden Sie sich an die Ministe rin, die Ihnen widersprechen wird. Sie hat Ihnen be reits widersprochen. Mittlerweile hat sie Fehler der Staatsanwaltschaft eingeräumt. Kurz nach ihrer Zeu geneinvernahme am 14. Juni ist sie vor die Presse getreten und hat wortwörtlich erklärt: "Dann muss die Staatsanwaltschaft die Akten an die Finanzbehörden weitergeben; denn die Finanzbehörden haben weni ger hohe Hürden, um ein Ermittlungsverfahren in Gang zu setzen. Das ist nicht geschehen." Das war der O-Ton der Ministerin. Dieser O-Ton wurde im Rahmen der Anmoderation des Bayerischen Rund funks eingeleitet. Sie räumte erstmals ein, dass in ihrem Zuständigkeitsbereich bei der Staatsanwalt schaft Fehler passiert seien. Sie habe gegen Rechts vorschriften verstoßen; denn sie informierte 2003 nicht die Steuerbehörden, obwohl es um Hinweise auf illegale Geldgeschäfte ging. Sie können gerne das Band haben, auf dem die Ministerin im Originalton zu hören ist. Sie sagen, die Entscheidungen der damali gen Ermittler seien alle vertretbar. Nein, sie sind nicht vertretbar.
Es gab zahlreiche Rechtsverstöße von Mitarbeitern der HypoVereinsbank mit strafrechtlicher Relevanz. Es gab keinerlei Bemühungen seitens der Staatsan waltschaft, bei der HypoVereinsbank nachzufassen. Noch einmal zu den Fakten und der Chronologie: In dem 106-seitigen Konvolut, das einem Gericht im September 2003 überreicht worden ist, waren als An lagen Vermögensverzeichnisse, überreicht von der Schweizer Bethmann Bank, Buchungsanordnungen zu anonymen Nummernkonten und ein umfangreicher Schriftwechsel zwischen Mollath und der HypoVer einsbank enthalten. Dort befand sich auch der Brief mit dem Hinweis: Wir haben die interne Revision ein geschaltet. Man hat wieder versucht, uns glauben zu machen, dass man keine Unterlagen von denen be kommt. Herr Herrmann, Ihre Befragung des damals zuständigen Prüfers, Herrn Hermann-Albrecht Heß, war ein Eigentor. Mit dem Einverständnis der Frau Präsidentin und Ihrem Einverständnis, Herr Herr mann, zitiere ich Sie:
auch im Jahr 2003 schon so? Zeuge HerrmannAlbrecht Heß: Davon gehe ich aus. Vorsitzender Dr. Florian Herrmann (CSU): Braucht es dazu förmliche gerichtliche Anordnungen? Zeuge Her mann-Albrecht Heß: Also ich sage einmal letzt lich, denke ich, wird die Rechtsabteilung da mit eingebunden werden, und die entscheiden dann, ob wir das rausgeben oder ob man quasi noch etwas Formelles braucht. Das kommt ja auf die Form der Anfrage an.
Es hat aber gar keine Anfrage gegeben, nicht einmal eine formlose Anfrage. Wie gesagt, die Staatsanwalt schaft hätte einfach die 106 Seiten haben müssen. In den 106 Seiten wurde auf die interne Revision der Hy poVereinsbank verwiesen. Das waren damals unver zeihliche Fehler.
Wie Sie alle wissen, heißt es in dem Revisionsbericht der HypoVereinsbank: "Allen Mitarbeitern waren viele und gravierende Verfehlungen bzw. Verstöße gegen interne und externe Vorschriften unter anderem Abga benordnung, Geldwäschegesetz, Wertpapierhandels gesetz anzulasten." Dem hätte man seitens der Be hörden einfach nachgehen müssen. Dass es nicht geschehen ist, ist ein gravierender Fehler.
Ein dritter Punkt zu Ihrer Ansage, die Entscheidungen der damaligen Ermittler waren vertretbar: Die Anga ben von Gustl Mollath zur Mitwirkung von Bankmitar beitern bei anonymen Kapitaltransfers in die Schweiz waren alles andere als pauschal. Es heißt immer, es sei nur pauschal gewesen. Ich bitte Sie, sich einmal die allererste Anzeige vom Juni 2003 anzusehen. Dazu gab es eine Anlage mit den schon von mir ge nannten Unterlagen, die sich auch im Konvolut fan den. Diese Anzeige ist ganz konkret. Es heißt dort ganz konkret: Meine Frau betreibt Beihilfe zur Steuer hinterziehung. Sie transferiert Gelder in die Schweiz. Er hat konkret die Kurierfahrten ausgeführt, er hat ausgeführt, mit welchem Fahrzeug. Er hat ausgeführt, an welchen Wochentagen, und er hat ausgeführt, wer die Begleiter waren. Das ist ganz konkret, und in die sem Zusammenhang zu sagen, das sei alles zu un konkret und wirr gewesen, ist und war einfach falsch.
Bereits seit August 2000 gab es eine höchstrichterli che Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach die Mitwirkung von Bankmitarbeitern an anonymen Kapitaltransfers ins Ausland strafbar ist. Offenbar wollte man nicht ermitteln, denn man hätte sonst da rauf kommen müssen, dass deutsche Großbanken – zumal die HypoVereinsbank –, eng verflochten mit dem Freistaat Bayern, systematisch und im großen Stil an Steuerhinterziehung mitwirken. Herr Herrmann, wir bitten Sie doch herzlich, Ihre diesbezüglichen Äu
ßerungen zu korrigieren. Es gab schwere Fehler sei tens der damals beteiligten Behörden.
Ein weiterer Punkt, wo ich von einem Faktencheck gesprochen habe, ist Ihre Aussage, der Landtag sei zu jedem Zeitpunkt von der Ministerin vollständig und korrekt informiert worden. Wir könnten zwar reihen weise Punkte herausgreifen – ich glaube, ich habe 20 Seiten zusammengeschrieben –, ich greife aber nur einige markante Punkte heraus. Es ist schon die völlig einseitige Darstellung von Herrn Mollath und von den Zusammenhängen angesprochen worden. Sie haben nur das wirr Klingende herausgenommen, nicht aber die konkreten Punkte, die wir alle benannt haben, zum Beispiel die Buchungsanordnungen, die Anlagen zu den Vermögensverzeichnissen oder den Schriftwechsel.
Sie sind über lange Zeit nicht auf die sogenannte ei desstattliche Versicherung des Zahnarztes Edward Braun und dessen sonstige Schreiben eingegangen. Wenn wir diese gekannt hätten, wäre Herr Mollath möglicherweise in einem anderen Licht dagestanden. Sie waren bis zuletzt um ein bestimmtes Bild bemüht, auch, als Sie den Sonderrevisionsbericht der Hypo Vereinsbank in Händen hatten. Es gibt unterschiedli che Auffassungen, wann Sie diesen hatten und wann Sie ihn hätten haben müssen. Ich fand es schon be merkenswert, dass Sie über ein Jahr über die Inhalte reden und schreiben, ohne sich diese 17 Seiten selbst besorgt zu haben. Sie schütteln den Kopf. Die erste Anfrage war im November 2011 von der Kollegin Mar garete Bause. Dann gab es eine erste Antwort. Dann gab es Berichtsanträge, und es gab im März 2012 einen Bericht. Sie haben uns erklärt, Sie hätten sich das Teil erst im November 2012 besorgt. Es sind schlappe 17 Seiten.
Das sei dahingestellt, worauf ich aber hinaus will: Sie haben immer versucht, uns weiszumachen, es ginge nur um arbeits- und dienstrechtliche Verfehlungen. Ich zitiere Sie selbst aus einer Mail an alle Abgeordneten. Diese Mail stammt vom 21. November 2012 und ist benannt: Fakten zum Fall Gustl Mollath. Sie haben ausgeführt: Was bedeutet die Aussage im Innenrevisi onsbericht der HypoBank "Alle nachprüfbaren Be hauptungen haben sich bestätigt?" In diesem Satz ist das Wichtigste das Wort "nachprüfbar". Ausweislich des Revisionsberichts hat Herr Mollath strafrechtlich nur allgemeine, unkonkrete Behauptungen aufgestellt. Nur eine dieser Behauptungen hat sich mit Schwarz geld befasst. Diese war aber nicht nachprüfbar und hat sich, wie auch andere Behauptungen, nicht bestä tigt. Die arbeitsrechtlichen Verfehlungen, wie Abwer bungen, Provisionsannahmen u. ä. haben sich wohl bestätigt.
Es ist schlicht und ergreifend falsch, was Sie uns da mals geschrieben haben und was Sie bis zuletzt er klärt haben. Im Sonderrevisionsbericht heißt es – ich zitiere nur den wichtigsten Satz und führe dann ein zelne Fälle auf: "Allen Mitarbeitern waren viele und gravierende Verfehlungen bzw. Verstöße gegen inter ne Richtlinien und externe Vorschriften (u. a. Abga benordnung, Geldwäschegesetz, Wertpapierhandels gesetz) anzulasten." Dann finden sich reihenweise einzelne Fälle. "Um die Aufzeichnungspflicht für GWG zu umgehen, wurde ein Geschäft künstlich aufgesplit tet." Anderes Beispiel: "Herr D. hat bewusst und gra vierend gegen formelle Vorschriften des Geldwäsche gesetzes verstoßen." Nächstes Beispiel: Die Aufzeichnungspflicht für Edelmetallankäufe gemäß § 143 Abgabenordnung wurde umgangen. Nächstes Beispiel: "Herr D. erklärte hierzu, dass es sich dabei um einen Gefallen für eine Kundin (allgemein bekann te Persönlichkeit) gehandelt habe, die beim Umtausch nicht persönlich in Erscheinung treten wollte, zumal es sich um Schwarzgeld handelte".
Sie brauchen uns also nicht immer erzählen, es ginge nur um dienstrechtliche und arbeitsrechtliche Verfeh lungen. Es waren jede Menge Punkte mit strafrechtli cher Relevanz enthalten, denen die Behörden hätten nachgehen müssen. Herr Nerlich hat, tüchtig wie er ist, mehrmals assistiert und gesagt, der Sonderrevisi onsbericht gebe gerade keinen Beleg für steuerstraf rechtliche Verstöße. Das behauptet er immer noch.
Jetzt bin ich wieder bei dem Satz: Herr Streibl, Sie verschlucken immer ein paar Silben. Die Ministerin hat diesen Satz zweimal "Scheinkronzeugensatz" ge nannt. Das ist der Satz: "Alle nachprüfbaren Behaup tungen haben sich als zutreffend erwiesen." Das, was Sie gesagt haben, ist letztlich falsch. Ich selbst habe im Untersuchungsausschuss gesagt: Eine einzige Ge schichte war falsch, nämlich die Geschichte mit der Gewerbeanmeldung. Insofern können Sie sagen: Die ser Satz ist, so wie er dasteht, falsch. Es wird aber ganz anders ein Schuh daraus, Herr Herrmann. Die Mitarbeiter der Sonderrevision der HypoVereinsbank können keine Daumenschrauben anlegen und können insofern nur einiges nachprüfen. Sehr viel mehr hät ten die Mitarbeiter der Steuerfahndung, die Bußgeld- und Strafsachenstelle – BuStra - oder die Staatsan waltschaft nachprüfen können. Diese haben damals nicht geprüft, und das war das ganz große Versäum nis. Das war ein granatenmäßiger Fehler.
Sie haben immer bestritten, dass die Anzeigen von Gustl Mollath zu den Kapitaltransfers und der Steuer hinterziehung im Zusammenhang mit seiner Einwei sung in die Psychiatrie stünden. Wenn Sie sich die
Entscheidung der 7. Kammer des Landgerichts Nürn berg-Fürth ansehen sowie das Einweisungsgutachten und die Prognosegutachten, dann müssen sie zu einem anderen Schluss kommen. Des Weiteren haben Sie ausgeführt – damit haben Sie leider auch im Untersuchungsausschuss die Unwahrheit gesagt –, dass aus Ihrem Haus immer alle Unterlagen an die Finanzbehörden gegangen sind. Sie haben sich sogar gelobt. Bezogen auf die Ermittlungen der Steuerfahn dung beim Finanzamt Nürnberg-Süd, welche jetzt ak tuell laufen, haben Sie gesagt – Zitat aus dem Unter suchungsausschuss: "Diese Ermittlungen sind auch dadurch gekommen, dass wir unsere Unterlagen immer den Finanzbehörden zugeschickt haben". Das ist definitiv falsch. Schon die Anzeige vom Dezem ber 2003 – das war dann die zweite – haben die Fi nanzbehörden in Nürnberg von keiner staatlichen Be hörde aus Bayern – weder Staatsanwaltschaft noch Ministerium – erhalten. Sie haben die Anzeige von der Oberfinanzdirektion Düsseldorf und später vom Fi nanzamt Frankfurt und vom Finanzamt für Fahndung und Strafsachen in Berlin erhalten.
Viel schlimmer noch: Das 106-seitige Konvolut, in dem wirklich die meisten Punkte enthalten waren, ba sierend auf denen man hätte nachfragen können, ist überhaupt nicht aus dem Ministerium an die Steuer fahndung gegangen. Diese sind im Jahr 2004 einge hend in Ihrem Haus geprüft worden. Sie sind aber nicht weitergeleitet worden. Sie sind auch nicht von der Staatsanwaltschaft im Jahr 2011, in dem der Fall wieder aufgerollt worden ist, an die Steuerfahndung weitergegeben worden. Erst im Februar 2012 hat der zuständige tüchtige Steuerfahnder zum Telefonhörer gegriffen, hat bei der Staatsanwaltschaft angerufen und endlich die 106 Seiten bekommen. Sie können uns doch nicht erzählen, Sie hätten immer alle Unter lagen an die Finanzbehörden weitergegeben. Das war einfach nicht so.
Die Zeit drängt, und daher einige letzte Gedanken. Herr Herrmann, Sie haben ausgeführt, die Justiz in Bayern werde diskreditiert. Verzeihung, aber der Richterbund hat auch Angriffe in andere Richtungen gefahren. Vertreter des Richterbundes haben zur Mi nisterin gesagt, die rote Linie sei überschritten, und haben ihr Populismus vorgeworfen. Wir haben ges tern gelesen – Herr Ministerpräsident, ich weiß nicht, ob es so war –, Sie hätten wütend ausgerufen: Wofür brauchen wir denn noch ein Justizministerium?
Das ist falsch, wunderbar. Dann darf ich Sie aber gleich mit einem Bonmot von Franz Josef Strauß kon frontieren – Christian Magerl hat es mir vorhin einge
flüstert. Franz Josef Strauß hat einmal gesagt, im Jus tizministerium streiten sich um elf der Minister und der Staatssekretär – den Staatssekretär haben wir heute nicht mehr, Herr Seehofer lacht – um den einzigen Brief, der gekommen ist.
Danke, Frau Präsiden tin. Das hat Franz Josef Strauß gesagt, der Minister präsident bestätigt es uns. Wir meinen selbstver ständlich, anders als Franz Josef Strauß selig, dass das Justizministerium viele Aufgabenfelder hat. Wir haben in unserem Bericht einige Reformvorschläge gemacht. Daran werden wir gemeinsam arbeiten.
Herr Präsident, Kolle ginnen und Kollegen! Wie bereits anlässlich der Ers ten Lesung signalisiert, werden wir den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion unterstützen. Das wollen wir jedoch nicht als das – von Kollegen Huber leider verweigerte – Abschiedsgeschenk an Herrn Dr. Beyer verstanden wissen – selbstverständlich auch von unserer Seite alle guten Wünsche für Sie, Herr Kollege –, sondern es entspricht unserer Überzeugung, dass wir eine ent sprechende Regelung brauchen.
Wir haben zwei Kernziele: einen generellen Mindest lohn für Bayern und – endlich – eine neue bayerische Tariftreueregelung. Es ist schon ausgeführt worden, dass bei uns viel zu viele Menschen, die Vollzeit ar beiten, dafür kein auskömmliches Entgelt erhalten. Das ist ein Skandal. Es kann nicht angehen, dass es immer mehr Aufstocker gibt, und es kann nicht ange hen, dass sich manche Unternehmen diese Situation zunutze machen und – letztlich zulasten der Steuer zahlerinnen und Steuerzahler – die Hand aufhalten.
Hier wurde versucht, es argumentativ so darzustellen, als ob es um die Alternative tarifliche Lohnuntergren ze oder genereller Mindestlohn gehe.
Das ist keine Alternative, sondern eine Ergänzung; denn wir alle wissen, in welchen Branchen bereits die Allgemeinverbindlichkeit der tariflichen Lohnunter grenze gilt, wie leicht es aber auch ist, die Regelung en zu umgehen, das heißt, Tarifflucht zu begehen. Das alles ist kein Geheimnis. Deswegen meinen wir, dass ein solcher Mindestlohn als Ergänzung sehr sinnvoll wäre.
Selbstverständlich müssen wir auch über Geschich ten, wie sie Herr Kollege Muthmann skizziert hat, nachdenken, also darüber, dass die Schwelle gesenkt wird, ab der die Allgemeinverbindlichkeit greift. Der Landesinnungsverband der bayerischen Friseure hat gerade wieder einen entsprechenden Vorstoß unter nommen. Auch das ist eine Baustelle, an der es ohne Frage zu arbeiten gilt. Das bewahrt uns aber meines Erachtens und unseres Erachtens nicht vor der Not wendigkeit, auch einen gesetzlichen Mindestlohn ein zuführen.
Herr Kollege Huber, es ist doch klar, dass, wenn bei den Gerüstbauern die tarifliche Lohnuntergrenze bei 10 Euro und ein paar Zerquetschten liegt, diese dann greift und nicht der darunter liegende gesetzliche Min destlohn. Es geht nur um das Abpuffern.
Zur Tariftreueregelung. Ich erinnere immer wieder gerne an die stolz geschwellte Brust der damals zu ständigen Herren Stoiber und Wiesheu beim Beschäf tigungspakt Bayern. Ein ganz wesentlicher Baustein war die Tariftreue- und Nachunternehmererklärung. Herr Muthmann, das war damals kein Gesetz; das war nicht einmal eine Verordnung. Alle haben das ge lobt. Klar musste die eine oder andere Hürde über wunden werden. Unseres Erachtens war und ist eine solche Tariftreueregelung ein sinnvolles Instrument.
Es war sehr bedauerlich, dass sich der Bayerische Landtag Ende 2009 in Konsequenz des Rüffert-Urteils dazu entschlossen hat, die bayerische Tariftreuerege lung, die dann auch in Form eines Gesetzes gegos sen worden war, nämlich in das Bayerische Bauauf träge-Vergabegesetz, ersatzlos zu streichen. Unseres Erachtens sollten wir das machen, was mittlerweile mehr Bundesländer als vor dem Rüffert-Urteil ge macht haben. Mittlerweile haben mehr Bundesländer eine entsprechende Tariftreueregelung als vor dem Rüffert-Urteil im Jahre 2009. Selbstverständlich gibt es Wege, wie wir dieses europarechtskonform ma chen können. In den Branchen, die unter das Arbeit nehmerentsendegesetz fallen – das Bauhauptgewer be, das Baunebengewerbe, der Pflegedienst, die Abfallwirtschaft usw. –, sollen öffentliche Aufträge nur an die Bieter gehen, die mindestens die branchenspe zifischen Mindestlöhne zahlen.
Herr Muthmann, selbstverständlich ist dann zu erwar ten, dass die Mindestlöhne seltener unterlaufen wer den, als dies heute der Fall ist, da es noch andere Sanktionsmechanismen und andere Kontrollwege gibt
und es diese im Übrigen, werter Freiherr, auch gab. Dies ist auch durchexerziert worden.
Aber sehr lasch. Selbst bei Aufträgen der öffentli chen Hand wird viel zu lasch kontrolliert.
Im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs und in ande ren Bereichen, in denen die öffentliche Hand der allei nige oder der dominierende Auftraggeber ist, kann es eine umfassende Tariftreueerklärung nach dem alten Vorbild geben. Das erlaubt das Recht. Das heißt, dass dann der jeweils repräsentative Tarifvertrag gilt und grundsätzlich als flankierende Maßnahme der schon angesprochene und von diesem Gesetzentwurf auch umfasste Mindestlohn.
Wir halten das Ganze für dringend notwendig, für an gesagt, und deswegen haben Sie weiterhin unsere freundliche Unterstützung.
Zum Kollegen Thomas Beyer noch einmal Servus und Danke schön!
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Anlässlich der Ersten Lesung hatten wir uns erlaubt auszuführen, nicht mehr Worte zu diesem fundamentalen Gesetzentwurf zu formulieren, als er wert ist. Selbstverständlich haben wir zugestanden, dass wir uns, wenn Sie in den Ausschussdebatten mit Argumenten von heftiger Substanz kommen, der Debatte nicht verschließen werden. Wir haben dies aber einfach nicht zu entdecken vermocht.
Jetzt allerdings doch noch ein, zwei Sätze anknüpfend an das, was wir in der Diskussion eben haben hören dürfen: Herr Kollege Bausback, wir fragen uns schon immer, welches Verständnis die CSU und die Fraktion der CSU von Föderalismus hat. Jetzt wird auf einmal wieder mit dem fernen Bremen argumentiert und dann auf die SPD gezeigt. Sie hätten schon längst merken müssen, dass wir es hier mit der christlich-königlich bayerischen Sozialdemokratie zu tun haben, und diese mag sich doch gewaltig von den Sozialdemokraten in Bremen unterscheiden.
- Da uns Kollege Maget gerade bestärkt, darf ich an einen Appell des Kollegen Maget anknüpfen. Kollege Maget hat die Kolleginnen und Kollegen der CSU aufgefordert, so abzustimmen, wie sie es persönlich für richtig halten, wie auch ihre politische Überzeugung ist. Wir handhaben dies bei diesem wichtigen Thema ganz genauso, das heißt, unser Abstimmungsverhalten in dieser Frage wird auch bunt sein.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, Herr Minister Zeil und – der Etikette folgend selbstverständlich auch – Herr Ministerpräsident Seehofer! Dass aktuell die Hochwasserkatastrophe und der Umgang mit dieser als Thema der Regierungserklärung gewählt worden sind, ist plausibel. Es ist legitim, und es ist selbstverständlich auch naheliegend. Ein kleines Fragezeichen sei uns allerdings schon erlaubt. Dass dann Sie, Herr Wirtschaftsminister, diese Regierungserklärung abgeben, nicht der Umweltminister oder der Finanzminister – es ging ja sehr stark um Hilfen – oder möglicherweise auch der Innenminister, sei garniert mit einem Fragezeichen. Sie können das selbstverständlich auch so interpretieren, dass wir liebend gerne mit Ihnen eine viel längere Debatte zur Wirtschaftspolitik an sich geführt hätten. Aber vielleicht hat es so sein müssen, weil Sie als Wirtschaftsminister gerade turnusgemäß – –
Aber der Herr Ministerpräsident ist ja anwesend. – Diese Ansage von Ihnen hat jetzt nicht getroffen. Vielleicht ist es turnusgemäß oder vereinbarungsgemäß so gewesen. Sei es drum.
Was das Handeln der Politik anbelangt, so sind solche Geschehnisse zweifelsohne Stunden der Exekutive. Da gibt es gar kein Vertun. So gesehen, haben Sie, Herr Ex-Minister Huber, auch zweifelsohne recht mit ihrer Kommentierung der Bemerkung eines aktuellen Wahlkämpfers.
Jetzt sind zunächst erst Hilfe, Aufräumen, Unterstützung, Schadensbewältigung angesagt, und selbstverständlich geht auch von unserer Seite der herzliche Dank an alle Retter und Helfer, an diejenigen, die es beruflich getan haben, und auch an diejenigen, die es im Ehrenamt, in einer Organisation oder auch ganz individuell gemacht haben. Also auch von unserer Fraktion: Herzlichen Dank!
Selbstverständlich geht es auch darum, dass wir uns nach der aktuellen Hilfe und nach dem Versuch der
Schadensbewältigung, welcher hoffentlich gut gelingt, Gedanken darüber machen, wie sich die Auswirkungen solcher Ereignisse verringern lassen, welche Präventionsmaßnahmen getroffen werden können und müssen. Es heißt ja immer "Jahrhunderthochwasser". Jetzt ist es das vierte derartige Hochwasser innerhalb von nur 14 Jahren. – 1999, 2002, 2005 und jetzt bedauerlicherweise wieder. – Damit sind wir beim Thema Hochwasserschutz angelangt. Sicherlich gilt es zum einen, Deiche zu sanieren, Deiche zu verstärken. Wichtig ist unserer Meinung nach aber vor allem, dass wir uns der Thematik des ökologischen Hochwasserschutzes widmen. Denn wir müssen auch immer bedenken, dass ein Vorankommen beim technischen Hochwasserschutz vor Ort viel zu oft die Situation der Unterlieger wieder verschärft.
Ökologischer Hochwasserschutz heißt vor allem, Ausweitungsmöglichkeiten für das Wasser in die Fläche zu schaffen, also Retentionsflächen, Auwälder, weniger Versiegelung. Die Versiegelung ist wesentlich für die hohe Geschwindigkeit der Hochwasserwellen verantwortlich, wie sie aktuell erlebt werden müssen. Selbstverständlich müssen wir auch unbedingt von der Drainierung von Mooren wegkommen und auch endlich in Richtung Klimaschutz umsteuern. Stichworte hierzu sind ja heute schon gefallen. Das sind die Energiewende und auch die Verkehrswende.
Damit komme ich zum ursprünglich geplanten Thema Ihrer Regierungserklärung, nämlich zur Wirtschaftspolitik, wobei ich schon noch einmal an Ihre Ausführung zu Anfang anknüpfen will. Starkregenereignisse, Überschwemmungen, Hochwasserkatastrophen und ähnliche Dinge gehören ins Feld der ökologischen Krisen. Wir sind unter anderem mit dem Klimawandel und seinen dramatischen Auswirkungen konfrontiert. Wir sind mit der Verknappung und, damit zusammenhängend, auch der Verteuerung wichtiger Rohstoffe, vor allem der fossilen Energieträger, konfrontiert.
Gleichzeitig erleben wir Signale für die Brüchigkeit und Fragwürdigkeit unseres Wirtschaftens und unserer Wirtschaftsweise in anderen Feldern. Das Finanzmarktdebakel, vor einigen Jahren in seinen Auswirkungen aufgeschlagen, ist immer noch spürbar. Oder die sogenannte Eurokrise. Herr Minister, Sie haben ausgeführt, andere Länder trügen Schuldenberge vor sich her. Es ist ja nicht so, dass Deutschland schuldenfrei wäre. Nicht einmal in Bayern sieht die Situation rosig aus, wenn wir uns die versteckten Schulden anschauen. Auch das ist, denke ich, hoch dramatisch, und es ist noch viel zu tun. Ihnen fällt dann – heute wie ganz generell – immer nichts anderes ein als ein "Weiter so wie bisher", als ein Träumen von der Garantie stets immenser Wachstumszahlen.
Wir halten das für einen Fehler und meinen: Hier muss unbedingt umgesteuert werden. Deutschland und vor allem Bayern sind wirtschaftsstark. Das ist überhaupt keine Frage. Das hat vielerlei Gründe. Unter anderem – das haben Sie, Herr Minister Zeil, richtigerweise ausgeführt – ist dies die Vielfalt beispielsweise bezüglich der Branchen, die Vielfalt bezüglich der Sektoren, die Vielfalt aber auch, was die Unternehmensstrukturen an sich anbelangt. Wir haben kleine, mittlere und große Unternehmen, wir haben eigentümergeführte Unternehmen und Kapitalgesellschaften. So ist das in unseren Augen auch sinnvoll. Das gilt es zu erhalten. Wir wollen, dass Bayern als Wirtschaftsstandort zukunftsfähig bleibt. Da bin ich noch einmal bei unserer Ansage: Wir sagen: Dass die Krisen in letzter Zeit häufig und so geballt aufgeschlagen sind, zeigt, dass ein Umsteuern nottut.
Kernziele müssen sein: Energiewende, Klimaschutz, sozialer Ausgleich, Verteilungsgerechtigkeit und vieles mehr.
Herr Minister, Kolleginnen und Kollegen, wo die Zuständigkeiten für die Wirtschaftspolitik im engeren Sinne liegen, ist auch bekannt, nämlich nicht bei den Ländern. Aber selbstverständlich kann und muss die Landespolitik auch daran mitwirken, dass ein Land als Wirtschaftsstandort zukunftsfähig ist, dass auf Sektoren und Strukturen gesetzt wird, die weiterhin eine gute Wertschöpfung erlauben oder zumindest versprechen. Dabei kann es sich mitnichten nur um die von Ihnen ausführlich geschilderte Digitalisierung handeln.
Ganz wesentlich kann die Landespolitik, was das Wirtschaften und die Wirtschaft anbelangt, durch entsprechende Rahmensetzung steuern. Das gilt beispielsweise für die Bildungspolitik, für die technische Infrastruktur, für die Verkehrsinfrastruktur. Dazu haben wir heute, selbstverständlich auch der engen Zeitschiene geschuldet, von Ihnen deutlich zu wenig gehört.
Wir meinen, in den genannten Feldern gibt es in Bayern gravierende Defizite, gab es bedauerlicherweise viel zu große Versäumnisse. Es gibt immer noch viel zu viele Schul- und Studienabbrecher; gleichzeitig droht ein Fachkräftemangel, droht ein Ingenieurmangel.
Wenn wir uns einmal die Verkehrsinfrastruktur anschauen – über das Breitband ist hier ausführlich gesprochen worden –, wenn wir uns beispielsweise die Staatsstraßen anschauen – wir wissen, das ist jetzt nicht Ihr Beritt; hier ist das Innenministerium zuständig –, so ist ganz klar festzuhalten: Der Unterhalt leidet
große Not, an Neubauprojekten wird viel zu viel geplant, vor allem werden viel zu viele versprochen. Die Versprechungen können dann nicht eingehalten werden, aber auch das, was dann tatsächlich realisiert wird, ist oft viel zu großspurig. Im Wirtschaftsausschuss behandeln wir häufig Petitionen von Bürgermeistern und Landräten, die sagen: Wir brauchen kein großartiges Überwerfungsbauwerk, sondern es reicht ein kleiner Kreisel; er wäre viel einfacher, und wir hätten mehr Geld übrig. Ich nenne hier nur, gerichtet an den früheren Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Wertingen.
Was die Schiene betrifft, Herr Minister, so sieht es im Fernverkehr desaströs aus. Selbstverständlich ist Bayern, anders als es Herr Huber glauben machen wollte, da nicht unbeteiligt; denn es ist ja die Bayerische Staatsregierung, die immer ein Wunschkonzert anmeldet, was den Bundesverkehrswegeplan anbelangt. Gleichzeitig kommen wichtige Projekte nicht voran. Stichwort: München – Mühldorf – Freilassing. Oder ein anderes Beispiel: die Elektrifizierung der Strecke von Regensburg nach Hof oder jetzt auch München – Lindau.
Im Schienenpersonennahverkehr liegt hier die originäre Zuständigkeit. Wir können Beispiele herausbrechen. Für Franken ginge das genauso, aber weil es aktuell schon angesprochen worden ist, nenne ich die Fortführung der Beschlüsse zum Bahnknoten München vor einigen Jahren. Teilweise war in unseren Augen Unfug dabei; aber insgesamt muss man konstatieren, dass nichts, aber auch gar nichts vorangeht. Das große Projekt innerhalb dieses Bündels – Sie wissen schon, was ich meine – hätte 2010 in Betrieb sein sollen; jetzt befindet man sich immer noch in der Planung.
Nun kommt etwas Aktuelles, was ausschließlich in der Zeit Ihrer Verantwortung liegt: das Sofortprogramm, welches Sie im Mai 2012 verkündet haben, ein 13Punkte-Programm. Es heißt, wie gesagt, "Sofortprogramm". Auch diesbezüglich ist überhaupt noch nichts passiert. Sendlinger Spange, Knoten Westkreuz, Erweiterung der LZB – LZB heißt Linienzugbeeinflussung – von Pasing Richtung Westen, Wendegleis Weßling, Haltepunkt Poccistraße –. Bei all diesen Punkten, die Sie versprochen haben, ist nichts, aber auch gar nichts vorangegangen. Die Titulierung "Ankündigungsminister" ist noch relativ milde gewesen.
Herr Huber, jetzt darf ich Sie wieder einmal ansprechen, ich mache das immer gerne.
- Wir verstehen uns blendend, seit er nicht mehr Minister ist.
Sowohl für den Fernverkehr als auch für den Schienenpersonennahverkehr habe ich konkrete Projekte genannt, hinter denen wir alle stehen, die wir alle realisiert wissen wollen. Die Ausnahme ist nur die Röhre, die hatte ich aber namentlich gar nicht genannt. Das zeigt, dass wir selbstverständlich auch für Beton sind. Wir sind auch für Köpfe. Wir wollen in Beton und in Köpfe investieren.
- Genau, da sind Sie der richtige Adressat! Wir reiben uns gerne an Betonköpfen.
Für die Verkehrsinfrastruktur wären dringend eine Bestandsaufnahme, ein Kassensturz und dann eine vernünftige und ehrliche Prioritätensetzung angesagt. Ebenso wichtig ist eine ehrliche Kommunikation gegenüber der Öffentlichkeit, gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Herr Minister Zeil, auf diesem Sektor können wir Ihnen den Vorwurf nicht ersparen: Sie haben nichts zustande und auch nichts vorangebracht.
Wir sagen: Wichtig für die Zukunftsfähigkeit eines Wirtschaftsstandorts sind auch auskömmliche Arbeitsentgelte. Herr Kollege Beyer, ich hatte erwartet, dass Sie das Thema ansprechen. Sie mussten sich aber trotz der Redezeitzugabe zeitlich beschränken. Zu auskömmlichen Arbeitslöhnen könnte auch der Freistaat Bayern beisteuern. Deswegen ist es in diesem Zusammenhang aus unserer Sicht mehr als bedauerlich, dass Anträge auf Neuauflage einer Tariftreueregelung in und für Bayern und Anträge auf eine bayerische Mindestlohnregelung hier im Landtag keine Mehrheit gefunden haben.
Auch das gehört in unseren Augen im weitesten Sinne zu einer Stärkung des Wirtschaftsstandortes Bayern. Wir werden genauso wie die Sozialdemokraten immer wieder nachhaken und nachfassen, damit wir bei den Mindestlöhnen weiterkommen.
Damit bin ich wieder bei einem Thema, bei dem es auch um Geld geht. Wenn wir beim Geld sind, kann
ich den Bogen wieder zur Hochwasserkatastrophe schlagen. Hilfe kostet aktuell sehr viel Geld. Der Hochwasserschutz wird sehr viel Geld kosten. Selbstverständlich wird auch der Klimaschutz Geld kosten. Da brauchen wir uns gar nichts vorzumachen. Das heißt, der Staat, die öffentliche Hand braucht Geld. Gerade in Krisenzeiten dürfen und wollen wir uns keinen schwachen, weil finanziell geschwächten Staat leisten. Deswegen ist Ihre Kritik – das geht vor allem Sie an, Herr Hacker – an unseren Forderungen nach höheren Steuern für sehr gut Verdienende und sehr Vermögende alles andere als angebracht.
Sie sollten sich unseren Forderungen anschließen.
Andernfalls versprechen Sie hier nur ein Wolkenkuckucksheim. Das, was Sie hier praktizieren und was nicht allein dem Wahlkampf geschuldet ist, ist unredlich.
Ein letzter Satz, denn ich will noch ein bisschen Redezeit für unseren neuen, geschätzten Kollegen Reiner Erben offenhalten. Ein letzter Satz in diesem Zusammenhang: Herr Huber, Sie haben in Ihrer Rede im Zusammenhang mit Aussagen zu den Steuern eindringlich vor Rot-grün gewarnt, obwohl das mit dem Thema gar nicht so sehr zusammenhing. Ich vermute, dass Herr Huber neidisch oder besorgt war. Ich kann mich sehr gut daran erinnern. Die vorletzte Bundesregierung war die Regierung, die in dieser Republik für die größte Steuererhöhung aller Zeiten gesorgt hat, zum einen durch die Einführung der Reichensteuer, zum anderen aber durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 % auf 19 %. Das hat alle, auch die kleinen Leute, die nicht so viel Geld haben, belastet und betroffen.
Herr Huber! "Wer im Glashaus sitzt, …" Sie wissen, wie dieser Spruch weitergeht.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Kollege Beyer hat schon angedeutet, er erwarte, dass die grüne Fraktion in den Beratungen den Gesetzentwurf wohlwollend begleiten
werde. Selbstverständlich werden wir das tun. Sie kennen unsere Initiativen, und wir kennen die Ihrigen.
Es geht um zwei Kernziele. Zum einen handelt es sich um die Forderung nach einem generellen Mindestlohn in Bayern, zum anderen um eine Tariftreueregelung für Bayern.
Was den Mindestlohn betrifft, so kann es – Kollege Beyer hat es ausgeführt – nicht angehen, dass es hierzulande immer mehr Menschen gibt, die in Vollzeit arbeiten, aber kein auskömmliches Arbeitsentgelt erhalten. Es kann nicht angehen, dass es immer mehr Aufstocker gibt. Es kann nicht angehen, dass es manche Unternehmen gibt, die zulasten des Staates und damit letztlich der Steuerzahler die Hand aufhalten.
Herr Huber, Ihre Argumentation kennen wir schon. Im Grunde sind Sie ja sogar schon etwas umgeschwenkt. Ihre Argumentation: "Einen Mindestlohn bejahen wir, aber er muss tariflicher Art sein." Das bedeutet tarifliche Untergrenzen. Wir wissen alle, wie es da läuft.
Herr Kollege Muthmann, Ihre Frage – vielleicht war es eine rhetorische Frage – hat mich schon verwundert. Auch bei der öffentlichen Hand läuft es so, wie Sie es gesagt haben. Die Tarifflucht ist doch ein ganz leichtes Unterfangen. Man geht viel zu leicht in Bereiche hinein, in denen es gar keinen Tarif gibt. Dies exerziert die öffentliche Hand viel zu oft vor, gerade auch Kommunen. Ich nenne zum Beispiel Landratsämter, die den Postdienst oder die Pforte auslagern, damit man nach einem anderen Tarif, nämlich dem des Bewachungsgewerbes, zahlen kann. Ich denke dabei auch an das kommunale Krankenhaus, welches Töchter gründet, damit die Pflegehelferinnen und Pflegehelfer deutlich schlechter bezahlt werden können. All das ist üblich.
Wenn dann gesagt wird, tarifliche Lohnuntergrenzen seien die Lösung, dann muss ich sagen: In unseren Augen sind die nicht die Lösung. Mindestlöhne machen Sinn und sind in unseren Augen dringend angesagt.
Bezüglich der Tariftreueregelung erinnere ich mich an 1996. Da kam ich ganz frisch in den Landtag. Da ging es um den Beschäftigungspakt Bayern. Ein Teil dieses Paktes war die Tariftreue- und Nachunternehmererklärung. Der damalige Ministerpräsident und der Wirtschaftsminister haben diese Regelung über den grünen Klee gelobt.
Das alles hat sich bewährt. Zwar gab es den einen oder anderen Fallstrick – es ist nicht alles so gelebt
worden, wie es auf dem Papier stand -, aber in unseren Augen gab es keine Notwendigkeit für das, was 2009 passiert ist. Zuerst hatten wir eine nichtgesetzliche Regelung, die irgendwann gesetzlich wurde, indem sie in das Bayerische Bauaufträge-Vergabegesetz geschrieben wurde. Diese Regelung wurde Ende 2009 nach dem Rüffert-Urteil ersatzlos gestrichen.
Es ist schon dargelegt worden: Mittlerweile gibt es mehr Bundesländer, die eine entsprechende Regelung haben, als vor dem Rüffert-Urteil. Es gibt sehr wohl einen europarechtskonformen Weg. Der ist alles andere als eine riesengroße Bürokratie, Herr Kollege Muthmann. Man differenziert hier, so wie es das Urteil hergibt. Wo die öffentliche Hand der alleinige Nachfrager ist bzw. eine überragende Nachfragemacht hat, gilt der repräsentative Tarifvertrag. In den Branchen, die unter das Arbeitnehmerentsendegesetz fallen – Bauhaupt- und Baunebengewerbe, aber auch viele andere Bereiche -, gilt mindestens der branchenspezifische Mindestlohn. Das Ganze wird durch den Mindestlohn flankiert, um den es hier ja auch geht.
Wir hielten es für gut, wenn Bayern wieder zu einer solchen Regelung käme. Bayern hätte dann eine Vorbild- und Vorreiterfunktion. So könnte man den einen oder anderen Missstand, den es bei öffentlichen Vergaben gibt, beheben. Es wäre also sinnvoll und zielführend, wenn wir darüber zu einer positiven Debatte kämen.
Herr Kollege Beyer hat Ihnen – zum Ärger der Dame, die hinter ihm sitzt – ja schon die Hand gereicht. Das Stichwort ist Frauenförderung. Vielleicht kommen wir mit dem Gesetzentwurf der SPD insgesamt weiter.
Herr Kollege Rohde, meinen Sie denn nicht, dass Sie im Schulterschluss mit dem geschätzten Kollegen Huber das Konnexitätsprinzip sehr weit interpretieren bzw. es überstrapazieren? Nach Ihrer Interpretation müsste bei jeder arbeitsrechtlichen und bei jeder sozialrechtlichen Änderung das Konnexitätsprinzip greifen. Wenn beispielsweise der Gesetzgeber die Grenzwerte für Luftschadstoffe verschärft, ist es mitnichten so, dass dann die Kommune sagen kann: Konnexitätsprinzip – wer anschafft, zahlt! – In solchen Fällen greift das eben nicht.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich werde meinen Beitrag in der gebotenen Kürze der Zeit ausführen, da wir noch eine lange Nacht vor uns haben. Ich möchte die Vorredner in zwei Punkten korrigieren bzw. ergänzen.
Erstens. Herr Kollege Streibl und Frau Kollegin Aures, Ehre, wem Ehre gebührt. Es war nicht die Sendung von "Report Mainz" im Dezember 2011, in der zum ersten Mal der Sonderrevisionsbericht der HypoVereinsbank angesprochen worden ist. Es war ein bayerisches Organ, die "Nürnberger Nachrichten" einen Monat vorher im November 2011. Einen weiteren Monat vorher haben die "Nürnberger Nachrichten" auf die eidesstattliche Versicherung des Herrn Braun aus Bad Pyrmont hingewiesen. Damals war in dem Artikel davon die Rede, dass dies möglicherweise ein Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens sei. In dem Fall kann man etwas weiter zurückgreifen. Zu diesem Zeitpunkt gab es ebenfalls die erste parlamentarische Initiative. Ich sage jetzt nicht, von wem sie kam. Sie können es sich denken.
Der zweite Punkt. Herr Streibl, Sie haben gesagt: Leider erst jetzt, die Dinge mussten reifen. Das kann man noch konkreter benennen: Für einen Untersuchungsausschuss sind zunächst ein Untersuchungsgegenstand notwendig sowie ein vernünftiger Fragenkatalog. Letztendlich sind wir alle durch ein bestimmtes Verhalten leitender Beamter – ich mag es gar nicht werten – darauf gestoßen worden, dass etwas passieren muss. Sie haben bereits angesprochen, dass wir in den drei Sitzungen des Verfassungsausschusses im Dezember, am 28. Februar und
am 7. März, bedauerlicherweise von leitenden Beamten mehrfach mit der Unwahrheit bedient wurden. Zwei konkrete Punkte sind genannt worden. Man könnte das jetzt noch weiterspinnen. Der Präsident des Landesamtes für Steuern hat in der folgenden Sitzung im März wiederum die Unwahrheit gesagt. Er hat gesagt: Ich habe nicht gesagt, es gebe keine Aktennotiz, ich habe gesagt: Es gebe keine Aktennotiz, aus der hervorging, dass es einen unbotmäßigen Einfluss eines Richters gegeben hätte.
Wer das Band abhört – viele Journalisten haben mitgeschnitten -, kann ganz klar vernehmen, was hier gesagt worden ist. Auch der Verweis auf das Steuergeheimnis war alles andere als segensreich. Auch der Generalstaatsanwalt hat in einigen Punkten – ich drücke mich höflich aus – zumindest sehr geirrt, was sich sehr leicht belegen lässt, so zum Beispiel mit einer Definition durch den Richter Huber am Amtsgericht Nürnberg, der ein bestimmtes Schreiben als Strafanzeige gewertet, eine Zweitschrift davon veranlasst und die Weitergabe der Zweitschrift an die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth mit der Überschrift "Strafanzeige" veranlasst hat. Diese Punkte haben uns veranlasst, den Fall näher zu untersuchen.
Ganz entscheidend sind auch neue Tatsachen und neue Beweismittel, die schon angesprochen worden sind. Diese Punkte finden sich auch in den Wiederaufnahmegesuchen, die schon angesprochen worden sind, wieder. Ich greife nur die Argumente der Staatsanwaltschaft Regensburg heraus, das andere wäre zu umfassend. Erstens wurde im Verfahren eine gefälschte Urkunde verwendet, zweitens ist die Hauptbelastungszeugin unglaubwürdig. Ihre Aussagen sind unglaubwürdig. Drittens wurde die Unterstellung der "Wahnausweitung" an beliebige Dritte ganz schnell auf eine einzige Person eingegrenzt, die aber auch selbstverständlich in Kontakt zu Leuten stand, die von Herrn M. schwer beschuldigt worden sind.
Diese Punkte sind definitiv nicht Gegenstand des Untersuchungsausschusses; denn das, was mit der Urteilsfindung und dem Urteil des Landgerichts vom August 2006 zusammenhängt, muss in einem möglichen Wiederaufnahmeverfahren geklärt werden. Auch das, was vorher das Amtsgericht gemacht hat, muss in diesem Wiederaufnahmeverfahren geklärt werden. Deshalb haben wir beim Fragenkatalog ganz bewusst darauf geachtet, dass es nicht um diese Punkte geht. Allerdings greifen wir schon die Zuständigkeiten, den Geschäftsverteilungsplan und die Frage, wer wen schon vorher kannte, auf. Wir wollen wissen, ob man dies einer beliebigen oder der siebten Strafkammer hätte zuordnen können.
Wichtig ist – das, glaube ich, ist aber schon herausgekommen – das Verhalten der Finanzbehörden. Warum wird dort laufend die Unwahrheit gesagt? Da muss man die Frage stellen, ob dort ohne Not gelogen wird oder ob es eine Notwendigkeit dafür gibt. Dann gehen wir langsam zurück in die Vergangenheit und fragen, warum damals nichts passiert ist. Frau Merk, Sie haben uns dankenswerterweise dargestellt, dass die Finanzbehörden weitaus größere Möglichkeiten haben als die Staatsanwaltschaft. Es gab konkrete Sachverhalte. Es gab Buchungsanordnungen zu Nummernkonten, die mit schönen Fantasienamen versehen waren, wie es bei solchen Geschäften üblich ist. Es gab Anlage- und Vermögensverzeichnisse und vieles mehr. Es ist schon sehr beachtlich, dass erst achteinhalb Jahre nach Bekanntwerden der ganzen Geschichte die entscheidenden Akten angefordert worden sind. Bei achteinhalb Jahren denke ich mir, dass man schon hätte eher zugreifen können.
Einen zweiten Punkt hat der Kollege Streibl genannt. Es ist die Frage, weshalb erst eineinhalb Jahre nach Bekanntwerden neuer Tatsachen und Beweismittel für ein Wiederaufnahmeverfahren gekämpft wird. Deshalb werden wir in die Vergangenheit zurückgehen und das Verhalten der Staatsanwaltschaft überprüfen. Waren die Hinweise doch konkret genug? Ja oder nein?
Der Fragenkatalog ist tatsächlich ehrgeizig. Wir haben uns schon verständigt. Wir werden sehr intensiv tagen. Wir werden teilweise vier Sitzungen in der Woche abhalten. Wir hoffen, das eine oder andere aufzuklären. Ich greife der Aufklärung aber nicht vor und mache keine Wertung. Es kann so oder so gehen. Wir können in dem einen oder anderen Punkt durchaus davon überzeugt werden, dass die Behörden richtig gehandelt haben. Herzlichen Dank noch einmal an alle Beteiligten dafür, dass wir den Fragenkatalog so schnell zustande gebracht haben. Es ist noch nicht allzu lange her, dass in einigen Zeitungen stand: Wir könnten frühestens in einem Monat beginnen. Wir beginnen jetzt voller Tatkraft am Freitag.
Sie können auch bei mir zufällig nicht auf die Uhr schauen, Frau Präsidentin, aber ich rede schneller.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Der Anlass der Debatte ist klar, nämlich der Vorschlag einer Richtlinie zur Konzessionsvergabe von Parlament und Europäischem Rat. Es gibt auch Konsens in der Zielsetzung. Ich weiß nicht, ob dies auch insgesamt gilt. Die grüne Position ist: Diesen Richtlinientext bräuchte es überhaupt nicht. Dies sagt auch der Rühle-Bericht in Brüssel und Straßburg. Als behelfsweise Lösung wäre es denkbar, wenigstens den Wassersektor auszunehmen. Weil in diesem Hause großer Konsens herrscht, erlaube ich mir, zwei grundsätzliche Gedankengänge vorzutragen.
Wir müssen uns alle der Probleme bewusst sein, Herr Kollege Perlak. Wir haben schon im Januar 2008 einen Antrag zu einem konkreten Fall gestellt. Es ging um In-House-Vergaben, die interkommunale Kooperation und die damit verbundenen Hemmnisse. Insgesamt müssen wir uns immer wieder einen Kopf machen und uns mit der Tatsache befassen, dass es einen Nadelstich nach dem anderen gegen die kommunale Selbstverwaltung und die Spielräume innerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge gibt; ein Nadelstich in einer Reihe von vielen; ich habe es angesprochen. Die Kommission, die die Hüterin der Verträge ist, aber immer nur das auszuführen hat, was vom Ministerrat oder vom Europäischen Rat kommt, interpretiert die Verträge sehr weit. Sie bezieht auch Lebensgebiete ein, für die Europa nicht zuständig ist. Sie argumentiert, es gebe eine wirtschaftliche Seite, reklamiert dann die Binnenmarktregel, und sagt, dafür bestehe eine Zuständigkeit. Es dominiert leider die Liberalisierungs- und Privatisierungsdoktrin. Wir müssen schlicht und ergreifend aufmerksam sein.
Die Kommission ist auch sehr frei, wenn es darum geht, zu definieren, was Dienste von allgemeinem Interesse und Dienste von allgemein wirtschaftlichem Interesse sind. Bei den letztgenannten haben sie mitzureden. Wir müssen also aufpassen. Wir haben auch immer gesagt, dass beim Vertrag von Lissabon nicht alles Gold ist, was glänzt. Schauen Sie sich bitte den Artikel 14 des Vertrages über die Zusammenarbeit in der Europäischen Union an. Durch diese Bestimmung ist zum ersten Mal ermöglicht worden, horizontal in die kommunale Daseinsvorsorge hineinzuregieren. Das war in unseren Augen ein ganz großer Sündenfall. Horizontal heißt nicht sektorenspezifisch, wie es vorher war, sondern allumfassend. Genau das schlägt jetzt mit der Richtlinie zur Konzessionsvergabe auf.
Ich möchte noch einen zweiten Punkt kurz ansprechen. Herr Fischer, wenn Sie Ihre Gespräche einstellen würden, könnte ich Ihren Kollegen noch besser ansprechen.
Jetzt sind auch Sie betroffen. Es ist ein bisschen schade, dass die Debatte jetzt erst richtig losgeht, nachdem das Kind in den Brunnen gefallen ist und schon ganz tief drinnen steckt. Herr Kollege Perlak hat über die Sitzung des Ministerrats am 11. Dezember 2012 gesprochen. Die Bundesregierung hat, zuletzt vertreten durch den Staatssekretär von Frau Schavan, bedauerlicherweise zugestimmt, ohne für die Herausnahme des Wassersektors zu kämpfen. Herr Kollege Perlak hat, allerdings ohne das auch an seine Kolleginnen und Kollegen zu adressieren, den Binnenmarktausschuss und dessen Sitzung am 24. Januar 2013 angesprochen. Herr Kollege Perlak, mehr Einsatz bei Ihren Leuten würde uns freuen, denn es gab nur zwei Fakultäten, die geschlossen dagegenstanden, und das waren die GRÜNEN und die Linken. Alle anderen waren mit großer Mehrheit für diesen Richtlinientext.
Das ist wirklich ärgerlich, nachdem es viele gute Anträge im Bundestag gegeben hat, die Subsidiaritätsrüge, die der Bundesrat beschlossen hatte, oder die Aufforderung an die Bundesregierung, dagegenzuhalten und sich dafür einzusetzen, dass der Wassersektor herausgenommen wird. Diese Anträge sind bedauerlicherweise alle von den Regierungsmehrheiten abgelehnt worden. Im Januar, als es den unsäglichen Beschluss des Binnenmarktausschusses gegeben hat, mussten wir staunend die Aussagen der Europaabgeordneten lesen. Herr Posselt, Frau Niebler und Herr Ferber sagten, sie seien sehr zufrieden mit dem Beschluss, sprachen von einer guten Nachricht und warfen Kritikern Irreführung und Panikmache vor. Drei
Tage später war dann im "Bayernkurier" zu lesen, dass Herr Dobrindt von einem dreisten Anschlag auf die kommunale Selbstverwaltung und von einem skrupellosen Vorgehen der Kommission gesprochen hat.
Herr Dobrindt hat gesagt, es komme einem Anschlag auf die Kommunen gleich. Der andere CSU-Abgeordnete spricht hingegen von einer kommunalfreundlichen Lösung. Beide sind aber Ihre Leute, da sollte man sich eigentlich schon einmal entscheiden.
Kolleginnen und Kollegen, es ist schön, dass wir hier einen Konsens haben. Es ist aber bedauerlich, dass sich die CSU, die einen Entschließungsantrag für den Bundestag vorformuliert hatte, sich von der FDP hat vorführen lassen und ihr gefolgt ist, genau wie beim vorherigen Antrag. Zur Begründung: Ich kann nur allen empfehlen, im Bundestagsprotokoll nachzulesen, was Ihr Kollege Nüßlein im Bundestag zu Protokoll gegeben hat. Das ist aber wenig schmeichelhaft.
Es geht um die Sache, es geht um das Wasser, und es geht um die kommunale Daseinsvorsorge. Wir sollten gemeinsam kämpfen und dafür sorgen, dass auch in Brüssel, Straßburg und Berlin dafür gekämpft wird.
Herr Kollege Zellmeier, Sie haben ausgeführt, die CSU kämpfe auf allen Ebenen. Das ist richtig; die einen sind dafür, die anderen dagegen, und die Dritten kämpfen mit sich selber.
Ihre Kollegen im Europäischen Parlament haben den Beschluss vom Januar bedauerlicherweise glorifiziert. Ich darf noch einmal zitieren. Herr Dobrindt hat gesagt − er ist nicht im Europäischen Parlament, wie Sie wissen −, hier gehe es um einen Anschlag auf unsere Kommunen. Zu dem gleichen Beschluss hat Ferber von einer kommunalfreundlichen Lösung gesprochen. Gut, das musste er vielleicht sagen, damit nicht ganz
so viele Dreckkübel über Europa ausgeschüttet werden.
Aber ich frage Sie jetzt allen Ernstes: Warum hat, wenn Sie sagen, Sie kämpften auf allen Ebenen, eine Bundesregierung, an der auch die CSU beteiligt ist, das alles so durchgewunken? Hat sie sich denn nicht im Ansatz darum bemüht, dass zumindest der Wassersektor herausgenommen wird?
Ich kann Ihnen vorlesen, warum das so war. Ihr Parteifreund Georg Nüßlein hat es im Bundestag zu Protokoll gegeben. Ich zitiere:
Mit Rücksicht auf unseren Koalitionspartner haben wir im Wirtschaftsausschuss den ursprünglich von der CDU/CSU formulierten, von den FDP-Kollegen aber deutlich abgeschwächten Entschließungsantrag angenommen, in dem die Bundesregierung im Ergebnis lediglich ersucht wird, bei ihren Verhandlungen im Europäischen Rat darauf hinzuwirken, dass in dem Richtlinienvorschlag zur Vergabe von Dienstleistungskonzessionen den Belangen insbesondere der Wasserversorgung Rechnung getragen wird.
Es wird also nur noch "ersucht". Vorher hieß es: Die Bundesregierung wird aufgefordert … Da gibt es also einen großen Unterschied.
Weiter zitiere ich jetzt Ihren Freund Georg Nüßlein: "Wenn sich Teile einer kleinen Fraktion gegen den Rest des Parlaments, gegen die Länder, gegen die Kommunen und gegen die Intention der bisherigen Rechtsprechung stellen," Herr Zellmeier, warum muss man dann dieser kleinen Fraktion folgen? Sie sagen doch, Sie kämpften auf allen Ebenen.
Die CSU im Bundestag und im Europäischen Parlament hat hier granatenmäßig versagt. Erfreulicherweise machen Sie es hier nicht so. Es ist schon interessant, wenn Sie sagen, Sie kämpften auf allen Ebenen. Ich habe dazu ja gesagt, wie Sie kämpfen, wo Sie kämpfen, wofür Sie kämpfen und wofür nicht.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Vorschlag zur Verkürzung der Schutzzeit in der Nacht zu stillen Tagen − wohlgemerkt, nur in der Nacht zu manchen der sogenannten stillen Tage − um zwei Stunden jetzt in der Ersten Lesung ist unseres Erachtens nicht unbedingt der Aufregung und der Rede wert. Deswegen war es das jetzt auch schon mit meiner Rede. Selbstverständlich stellen wir uns gerne der Debatte in den kommenden Ausschussberatungen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FREIEN WÄHLER haben mit ihrem Gesetzentwurf berechtiger- und richtigerweise den Finger in eine offene Wunde gelegt. Auch wir haben einen entsprechenden Antrag gestellt. Aber, Kolleginnen und Kollegen von den FREIEN WÄHLERN − das gilt auch für die Kollegin der SPD −, das Rezept und die angeratene Operation sind zumindest nicht durchgehend die richtigen Maßnahmen. Wir haben im Gesetz allgemeine Ladenöffnungszeiten festgesetzt und Ausnahmen vorgesehen. In Bayern greift noch das Ladenschlussgesetz des Bundes. Aber es ist egal, ob es ein Ladenschlussgesetz des Bundes oder der Länder ist. Es geht um die Festsetzung der allgemeinen Ladenöffnungszeiten.
Zu den Ausnahmen gibt es eine höchstrichterliche Rechtsprechung in einer fein ziselierten Abwägung. Abgewogen werden zum einen die Berufsfreiheit, zum anderen das Interesse am Erhalt der Mobilität auch zu Zeiten, die nicht innerhalb der allgemeinen Ladenöffnungszeiten liegen, drittens der Schutz von Beschäftigten und viertens die Wettbewerbsneutralität. Das ist sehr wichtig.
Der Gesetzentwurf fordert, Tankstellen sollten außerhalb der allgemeinen Öffnungszeiten an jedermann und jede Frau verkaufen dürfen. Das ist in unseren Augen schwer haltbar. Das Gleiche soll nach dem Gesetzentwurf für Verkaufsstellen an Bahnhöfen gelten, aber wiederum nicht an Flughäfen. Diese Differenzierung werden Sie rechtlich nicht durchbringen. Es gibt folgende weitere Differenzierung: Sie sagen, an der Tankstelle solle zudem zwischen 20.00 Uhr und 22.00 Uhr Alkohol verkauft werden dürfen, danach an jedermann und jede Frau nur noch alkoholfreie Waren. Überlegen Sie sich: Der Lebensmitteleinzelhändler oder der Getränkemarkt, der nahe an der Tankstelle liegt, darf ab 20.00 Uhr gar nichts mehr verkaufen, die Tankstelle aber an jedermann. Entweder Sie liberalisieren den Verkauf in größerem Stil, oder Sie fassen die Ausnahmen gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung sehr eng, und zwar sowohl in Bezug auf das Sortiment als auch auf die Kundschaft. Diese Ausführungen, die ich eben in dieser begrenzten Zeit zur Wettbewerbsneutralität gemacht habe, gelten analog für den Verkauf in Tourismusgemeinden.
Wir treten dann in die Beratungen ein und werden sehen, ob wir gemeinsam eine Lösung finden. Aber viel spannender ist für uns eigentlich der Anlass für
den Gesetzentwurf, der heute von den FREIEN WÄHLERN eingebracht wurde. Der Anlass war, dass die Sozialministerin Bayerns Vollzugshinweise veröffentlicht hat, die zwar etwas sperrig geklungen haben, aber im Verhältnis 1 : 1 das wiedergegeben haben, was das einschlägige Gesetz und die einschlägige Rechtsprechung verlangen. Es gab also diese Differenzierung von privilegierten Reisenden auf der einen Seite und nichtprivilegierten Nichtreisenden auf der anderen Seite. Interessant war das Sortiment, nämlich zwei Liter Bier, ein Liter Wein, 0,1 Liter Likör oder Schnaps pro Kopf und weitere Artikel. Es war also spannend zu lesen, welche Artikel dieses Sortiment enthielt.
Es gab einen empörten Aufschrei. Und was macht unser Ministerpräsident in der ihm eigenen unnachahmlichen Art und Weise? Er kassiert diesen Vorschlag einfach, führt seine Ministerin vor und sagt: So etwas machen wir in Bayern nicht. Wir suchen nach einer bayerisch-lebensnahen Lösung. Dann ging es weiter: Es gab mit einem Teil der Tankstellenverbände freiwillige Vereinbarungen. Da hieß es plötzlich: Diejenigen, die sich verpflichten, ab 22.00 Uhr keinen Sprit mehr zu verkaufen − ich meine nicht Benzin, sondern Sprit zum Trinken −, werden dann weniger häufig kontrolliert. Mit Rechtsstaatlichkeit hat das alles überhaupt nichts zu tun.
- Herr Beckstein, danke für den Beifall. Hier wird nach dem Motto verfahren: Was scheren uns Recht und Gesetz?
Gründe dafür, dass Sie hier in der Koalition nicht weiterkommen, sind der Streit und die unterschiedlichen Auffassungen. Auf der einen Seite ist der Koalitionspartner liberalisierungswütig. Auf der anderen Seite erinnern Sie sich, Herr Beckstein, sicher noch an das Abstimmungspatt in der letzten Saison, als es großartige Ankündigungen gab. Wie schnell sollte doch liberalisiert werden! Dann gab es in der Fraktion halt keine Mehrheiten, sondern ein Patt. Da müssen Sie sich jetzt zurechtfinden. Auf jedem Fall ist es angebracht, hier für eine Lösung zu sorgen, die Recht und Gesetz entspricht.
Letzter Satz, und damit bin ich wieder bei den Differenzen in der Koalition: Herr Thalhammer, wir waren vor der Verhandlung mit den Verbänden abends gemeinsam beim "Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur". Dort haben Sie gesagt, Sie müssten schnell weggehen, weil Sie bei den Verhandlungen mit den Tankstellenbetreibern Verhandlungsführer seien.
Sie haben sich mit dem Satz verabschiedet:
- Nein, Sie sagten nicht "Auf Wiedersehen", sondern den Satz: Ich werde der Frau Haderthauer jetzt ganz kräftig auf die Finger hauen.
So haben Sie sich dort verabschiedet. Also: Viel Spaß beim Auf-die-Finger-hauen, Herr Thalhammer.
Herr Kollege Rotter, Sie haben gerade gesagt, dass danach noch in viele Maßnahmen investiert werden muss. Ziel der zweiten
Röhre solle es sein, dass man von außen in dichteren Takten fahren kann. Konkret haben Sie die Sendlinger Spange angesprochen, die auch Teil des Olympia-Pakets auf Beschluss des Stadtrats Münchens war.
Haben Sie sich einmal mit den Planfeststellungsunterlagen für die zweite Röhre, Planfeststellungsabschnitt 1, zweite Tektur, beschäftigt? Da wird genau die Sendlinger Spange unter Einbindung des Umsteigebahnhofs Laim unmöglich oder zumindest sehr viel teurer gemacht.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Nach einer sehr ernsthaften Debatte zur Causa "M" − das können Sie sehen für Mollath oder für Merk − folgt ein Antrag zum Schmunzeln. Das ist ein Antrag zum Amüsieren. "Zweite Stammstrecke München weiter zügig realisieren", so heißt dieser Antrag. Wir könnten sagen, weiter so, macht das weiterhin so zügig, wie bisher, wenn es nicht zulasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und zulasten der Fahrgäste ginge.
Im Mai 2001 gab es die Vereinbarung zwischen der Spitze der Landeshauptstadt und der Staatsregierung, dieses Projekt zu realisieren − Mai 2001! Seit Jahren wird hier herumgeplant, laufen die Planungs- und Genehmigungsverfahren und, wie der Kollege von den FREIEN WÄHLERN richtigerweise sagte, es liegt noch für keinen einzigen der vier Planfeststellungsabschnitte Baurecht vor. Aber Sie sagen: "Weiter zügig realisieren".
Ich bin doch schon etwas länger als Sie hier im Landtag und habe viel mehr erlebt. Ich habe wieder einmal einen Schwung Ordner, beginnend 1995, herausgezogen; das war noch vor der Vereinbarung des konkreten Projekts. Ich zitiere einmal zwei, drei Pressebekundungen, zum Beispiel aus dem Jahr 2003 − Überschrift: Neue Wegmarke beim zweiten Münchener S-Bahn-Tunnel erreicht − Die Sache kommt immer besser und schneller ins Rollen. Das war ein
O-Ton von Otto Wiesheu, und: 2010 werden die ersten S-Bahn-Züge durch den neuen Tunnel fahren. Der Münchner Oberbürgermeister hat dies noch 2004 und 2005 behauptet. Da sagte er noch: 2010 ist die Röhre in Betrieb, da fahren dann S-Bahnen.
Herr von Gumppenberg und Herr Minister Zeil: Viel, viel öfter als Kollege Piazolo haben wir schon gehört, jetzt sei die Finanzierung in trockenen Tüchern. Also ich staune doch immer wieder, wie selbstsicher Sie das hier vortragen.
Erstens einmal: Die Geschichte mit der Mitfinanzierung via Flughafendarlehen ist weder politisch noch rechtlich durch, wie Sie auf der Pressekonferenz vor zwei Tagen auf Fragen von Journalisten geantwortet haben.
Zweitens. Unsere Kolleginnen und Kollegen in Berlin, zumal jene aus dem Haushaltsausschuss, waren doch sehr überrascht, als wir sie damit konfrontiert haben, dass es vom Bund jetzt ganz sicher Geld gibt − und auch noch ein wenig mehr über diese Verschieberei Bedarfsplanprojekte versus Regionalisierungsmittel. Die Haushälter wussten noch nichts davon.
Drittens. Es ist doch völlig unbestritten, dass die Röhre deutlich teurer wird als 2 Milliarden Euro. Das waren auch Ihre offiziellen Angaben; und jetzt präsentieren Sie vorgestern in der Pressekonferenz eine Tabelle, in der wir als Kosten 2,047 Milliarden Euro finden, deren Finanzierung dann mühsam abgedeckt wird. Wie wollen Sie denn dann bitte den Rest finanzieren?
Es gab zum Beispiel eine Aufsichtsratssitzung der Bahn im Dezember 2011. Dort wurden als Kosten 2,237 Milliarden Euro präsentiert. Eine Sprecherin Ihres Hauses hat ebenfalls im letzten Jahr gesagt: Ja, wir sind deutlich teurer, wir sind jetzt weit über den 2 Milliarden Euro. Und auf einmal sagen Sie wieder: Ja, 2 Milliarden Euro kostet es, und die sind jetzt gedeckt.
Total spannend war es, Herr Staatsminister, gestern im Haushaltsausschuss bei der Nachschubliste. Da heißt es − ich zitiere −:
Zur Realisierung der zweiten Stammstrecke ist vom Freistaat Bayern gegenüber der DB AG anzuzeigen, dass die Durchfinanzierung der Maßnahme gesichert ist. In diesem Fall haftet der Freistaat für den Bundesanteil.
Dann geht es weiter:
Ausgehend von den im Rahmen des GVFG-Bundesprogramms zu erwartenden Jahrestranchen
sind nach derzeitigem Stand der Bundesanteile in Höhe von 700 Millionen Euro sowie 300 Millionen Euro Anteil am Risikobudget nicht gesichert.
Also eine Milliarde Euro ist nicht gesichert, für welche wir hier mit unserem Staatshaushalt haften. Von dieser Milliarde Euro soll nun die Hälfte über das Flughafendarlehen finanziert werden, außerdem noch weitere 100 Millionen Euro durch den Freistaat Bayern, obwohl Sie immer erklärt haben − auch in den Verhandlungen gegenüber der Landeshauptstadt München −, dass der Freistaat Bayern keinen Cent mehr dazugeben könnte − mit den Begründungen werden wir Sie noch an mancher Stelle konfrontieren −, und dann noch einmal 108 Millionen Euro. Ich habe es vorhin Verschiebebahnhof genannt, und Sie sagen, Sie wollen Landesmittel, die Sie für Bedarfsplanprojekte vorhalten wollten, nun doch nicht in diese stecken, sondern in das Vorhaben Röhre. Das ist ganz skurril, denn diese Landesmittel sind Regionalisierungsmittel, die wir vom Bund bekommen, um Zugkilometer im Nahverkehr einzukaufen. Damit finanzieren Sie dann wiederum Bedarfsplanungsprojekte, die eigentlich originär und ausschließlich der Bund zu finanzieren hat − also, es ist ganz fantastisch, was hier stattfindet!
Wenn sie kurz ist, ja, denn es geht auf unsere Zeit.
Die zweite Röhre bejahen wir überhaupt nicht, weil sie das Betriebssystem und die Bedienungs- und Betriebsqualität massiv verschlechtern würde. Ich werde Ihnen das noch in zwei, drei Sätzen erklären; wir haben sicher auch noch viele Gelegenheiten, uns dazu auszutauschen.
Zu Ihrer Sicherheit und Ihrem Jubelschrei vorhin ein Zitat: - "Bild"-Zeitung aus dem Jahr 2007 −: "Wie Stoiber und Huber die Weichen stellten".
Herr Huber, Sie grinsen schon. Sie haben sich wahnsinnig gefreut; denn Sie sind zum ersten und einzigen Mal in Ihrem Leben in der Staatskanzlei mit Champagner bewirtet worden. Ich zitiere jetzt den damaligen Ministerpräsidenten:
Nach jahrelangem Hickhack hat Stoiber das letzte große Projekt seiner Regierungszeit erfolgreich angeschoben. Die Freude und der Stolz darauf waren ihm gestern deutlich anzusehen. Triumphierend sagte er − jetzt kommt ein Originalzitat −: Niemand wird diesen Schritt mehr rückgängig machen, das ist völlig klar.
Damals ging es um den Transrapid, und das erinnert mich stark daran, wie Sie heute geredet haben: Niemand kann diesen Schritt mehr rückgängig machen, das ist völlig klar.
Herr von Gumppenberg, unsere Kritikpunkte noch einmal − es wäre schön, wenn Sie aufpassen würden − in aller Kürze: Die Kosten stehen in keinem sinnvollen Verhältnis zum Nutzen. Im Gegenteil: Für Zigtausende von Fahrgästen würde diese Röhre massive Verschlechterungen bringen − in Form von eklatanten Taktausdünnungen und neuen Umsteigezwängen. Der 10-Minuten-Takt wäre endgültig gestorben, es gibt Riesenprobleme beim Brandschutz und beim Rettungskonzept, und die Finanzierung würde weiterhin wichtige Maßnahmen in Bayern kannibalisieren. Denn wenn Sie jetzt noch einmal 100 Millionen Euro drauflegen − dies kann ja nur aus unseren Haushaltsmitteln, also aus FAG- oder aus GVFG-Landesmitteln oder angesparten Regionalisierungsmitteln erfolgen −, dann können Sie diese nicht woanders ausgeben, zum Beispiel bei Münchener Straßenbahnprojekten.
Zu Ihren genannten 800.000 Fahrgästen bitte ich Sie, doch etwas sauberer zu argumentieren. Das sind die sogenannten Beförderungsfälle. So gesehen wäre ich sechs Fahrgäste am Tag, weil ich häufig sechsmal mit der S-Bahn hin- und herfahre. Aber das ganz Entscheidende ist: Die Röhre ist doch niemals ein Engpass von den Fahrgästen her, denn dann müssten wir zur Hauptverkehrszeit mal längere Züge einsetzen. Drei Viertel der Züge sind keine Langzüge. Meine Kollegen von der SPD, schauen Sie sich einmal die Stellen an, die am meisten belastet sind: Das sind jene von der Hackerbrücke zum Hauptbahnhof und vom Hauptbahnhof zum Marienplatz. Dort haben wir jetzt 225.000 Menschen, und in der Prognose sind es dann 230.000 bis 235.000 mit zwei Röhren. Der Zuwachs, den Sie hier mit 2 Milliarden Euro einkaufen wollen, beträgt nach Ihrer eigenen Prognose: Von heute 48,5 %, die im öffentlichen Verkehr fahren, fahren dann im Stadtverkehr 48,9 % im öffentlichen Verkehr. Das ist einfach jämmerlich.
Als Alternativen − wir haben sie immer wieder vorgebetet − schlagen wir vor: endlich eine Verbesserung der Steuerungstechnik, damit die Stammstrecke bes
ser arbeiten kann, die Anschaffung weiterer Zuggarnituren, Beseitigung von Engpässen im Netz wie Fahrstraßenkreuzungen, Mischverkehre, Eingleisbetriebe, Verlängerung der U 5 nach Pasing und vieles mehr.
Die Zeit drängt, deshalb ein letztes Zitat.
Kollege Erwin Huber, ich bewundere Ihre Weitsicht und Ihre Ironie, denn Sie haben vorgeführt, wie Sie mit Ihrem Drängen und Hängen an diesem Projekt "zweite Röhre" den Steuerzahler und die Fahrgäste belasten. Ich zitiere also aus dem Wirtschaftsausschussprotokoll vom 3. Februar 2011:
Die Staatsregierung müsse sicherlich Fantasie aufbringen, um den Olympiabezug der zweiten Stammstrecke zu begründen. Möglicherweise könne man im Tunnel Eisschnelllaufwettbewerbe stattfinden lassen. Falls die Olympischen Spiele 2026 in München stattfänden, würde der Tunnel vielleicht fertiggestellt sein. Bei Olympischen Spielen 2034 in München wäre die Chance höher.
Das war der Vorsitzende des Verkehrsausschusses − als Staatsminister auch einmal zuständig für das Projekt. Er sagt: Vielleicht hätten wir eine Chance im Jahr 2034, aber früher kann es eigentlich nicht sein. − Das illustriert doch die ganze Problematik in der Debatte. Sie versprechen den Menschen Wolkenkuckucksheim und bringen die Dinge nicht durch, die eigentlich notwendig wären. Darum geht es, und deshalb unterstützen wir auch den Antrag der FREIEN WÄHLER.
Geschätzter Herr Kollege, das, was Sie Gutachten nennen, nenne ich nicht Gutachten. Ich habe immer gesagt: Tricksen, täuschen und vieles mehr. Ich kann Ihnen erklären, was passiert ist. Drei der vier sogenannten Gutachter sind schon im Rahmen der Planfeststellung beauftragt. Zu nennen sind etwa Intraplan und SMA. Die werden doch nicht ihre eigenen Aufträge schlecht bewerten und sich damit ihrer eigenen Aufträge berauben. Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Das trifft in dem Fall wirklich zu.
Selbstverständlich sehen wir die Notwendigkeit, dass etwas passieren muss. Ihr Antrag heißt so fantastisch: "Weiter zügig realisieren". Sie haben überhaupt nichts realisiert. Sie haben überhaupt nichts aufs Gleis gebracht. Es passiert überhaupt nichts. Machen Sie doch einmal die vernünftigen Dinge. Die Beseitigung der Taktlücken am Freitag ist gescheitert, weil 700.000 Euro im Jahr nicht aufzubringen wären. Eigentlich waren alle Fraktionen dafür, diesen Anachronismus zu beenden. Jedoch hieß es, im Jahr fehlten 700.000 Euro. Wollen Sie uns weismachen, Sie könnten für zwei oder drei Milliarden Euro ein Infrastruktur
projekt realisieren und hätten dann noch Geld übrig, um das zu realisieren, was eigentlich notwendig ist, um die Außenäste zu ertüchtigen? Sie brauchen nicht glauben, dass wir dann mehr Geld für weitere Zugbestellungen haben. Das ist völlig skurril, was Sie hier machen. Dann sorgen Sie erst einmal dafür, dass weitere Garnituren angeschafft werden. Im letzten Winter hatten wir massenweise Zugausfälle, weil es nicht genug Garnituren gab. In Steinhausen werden die Züge instand gesetzt, dort gab es einen zu hohen Krankenstand. Es gab zu wenig Personal. Im Interesse der Fahrgäste sollte man dort ansetzen und etwas bewegen. Dafür sollten wir alle gemeinsam arbeiten.
Herr Kollege Pfaffmann, ich bin nicht automobil. Ich fahre jeden Tag S-Bahn. Im Schnitt sind das vier Fahrten pro Tag. Ich danke Ihnen für die Vorlage.
Zweitens sagen sämtliche Fahrgast-, Verkehrs- und Umweltverbände, dass diese Röhre nichts tauge. Das sagen auch sämtliche unabhängigen Gutachter, beispielsweise Verkehrsprofessoren. Neulich war wieder ein wunderbarer Leserbrief einer Koryphäe nachzulesen. Das sind Sachverständige, die nicht auf der Payroll der anderen Seite stehen. Zeigen Sie mir jemanden, der etwas anderes sagt. Ich kann Ihnen genau sagen, wie die Zusammenhänge sind.
Noch einmal zu den Fahrgastzahlen: Es gibt Zugkilometer, und es gibt Personenkilometer. Es gibt Beförderungsfälle. Es gibt Querschnittsbelastungen. Es gibt Bahnhofsbelastungen. Das sind die Begriffe, mit denen in diesem Gutachten gehandelt wird. Ich habe ausgeführt: Die Röhre kann in Bezug auf die Fahrgastzahlen niemals Engpass sein, weil man in der Hauptverkehrszeit einfach nur Langzüge einsetzen müsste. Drei Viertel der Züge, die in der Hauptverkehrszeit fahren, sind keine Langzüge. - Wollen Sie nicht zuhören? Herr Kollege Pfaffmann, die Röhre kann nur Engpass in Bezug auf die Zugzahlen sein. Das gilt wiederum nur für den Westen, da wir vom Westen her sieben Linien und vom Osten her fünf Linien haben. Mit einem Schritt käme ich schon ganz schnell voran: Die Verstärkerzüge sind Züge, die den Zehn-Minuten-Takt herstellen. Entweder lasse ich die Verstärkerzüge von einer Linie oder zwei Linien in Pasing oder am Starnberger Bahnhof Kopf machen, oder ich lasse sie über den Südring fahren.
Ich danke Ihnen, dass Sie mir Gelegenheit gegeben haben, unser Konzept auszuführen. Die Leit-, Steuerungs- und Regeltechnik der Stammstrecke ist marode. Bei den Rechnern gibt es keine Redundanz. Deswegen gibt es die Ausfälle. Es passiert nichts. Wir brauchen weitere Zuggarnituren. Wir wollen die Engpässe beseitigen. Am Ostbahnhof gibt es ein Gleis und eine Bahnsteigkante zu wenig. Deswegen gibt es Verspätungen und Belastungen auf der Stammstrecke. Wir brauchen einen behindertengerechten Umbau der Bahnhöfe. Wir brauchen den Ausbau zwischen Zamdorf und Johanneskirchen. Wir brauchen den Ausbau zwischen Giesing und Perlach.
Alle diese Dinge kommen nicht. Sie haben sich mit dem sogenannten Olympiapaket überrumpeln lassen. All diese Dinge werden jetzt nicht realisiert, sondern verunmöglicht aufgrund der vorliegenden Planung. Aber nochmal: Ich danke Ihnen herzlich für die Vorlage.
Herr Minister, Sie haben ausgeführt, die Planfeststellungsbeschlüsse würden zurückgehalten, bis in Leipzig das Urteil gesprochen ist. Da geht es um die Klage des Projektträgers wegen der Lärmschutzauflagen. Konzedieren Sie, dass dies unsinnig war, weil wir beispielsweise sowohl beim Planfeststellungsabschnitt 1 als auch beim Planfeststellungsabschnitt 2 gerade in der zweiten Tektur sind? Es sind gerade erst die Einwendungsfristen vorbei. Erörterungsverfahren haben noch nicht einmal stattgefunden.
Ich habe in beiden Verfahren selbstverständlich persönlich Einwendungen erhoben und warte darauf, wann wir zur Erörterung kommen. Hier zu behaupten, die Beschlüsse seien zurückgehalten worden, obwohl wir noch am Anfang des Verfahrens sind, halte ich für ein wenig gewagt.
Herr Staatsminister, zum 13-Punkte-Programm sage ich: Erstens geht nichts voran. Zweitens − damit spreche ich alle Münchnerinnen und Münchner an, die hier sitzen, vor allem Stadträte und ehemalige Stadträte - linken Sie hier den gesamten Münchner Stadtrat, weil im Olympiapaket des CSU-Antrags beispielsweise dezidiert die Sendlinger Spange unter Einbindung des Umsteigebahnhofs Laim gewollt war. Jetzt ist es exakt so, dass es diese Einbindung nicht mehr geben kann. Also ganz, ganz toll!
Noch einmal zum Geld und weil Sie das als Durchbruch feiern: Herr Minister, die Vertreter Ihres Hauses haben mit der Landeshauptstadt verhandelt. Darüber gibt es auch Protokolle, die zwar intern sind, aber selbstverständlich haben wir sie. Darin steht: Der Freistaat kann niemals über die 936 Millionen, die zugesagt sind, und über das, was damals an Vorfinanzierung angedacht war, hinausgehen. Sonst wären andere Projekte in ganz Bayern notleidend. Da meinen wir nicht GVFG-Bundesmittel oder andere Bundesmittel. Wir meinen die komplementär einzusetzenden Landesmittel, also angesparte Regionalisierungsmittel, FAG-Mittel, GVFG-Landesmittel usw. Da müssen Sie schon erklären, warum Sie jetzt plötzlich doch wieder Ihre Schatulle öffnen können und sagen: Jetzt nehmen wir noch einmal 100 Millionen Landesmittel. Wir werden häufiger, als es viele hier wollen, erleben, dass andere Landesprojekte Not leiden werden.
Jetzt noch ein Zitat aus dem "Münchner Merkur" vom 27. Dezember letzten Jahres: