Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich grüße alle diejenigen, die pünktlich um 9.00 Uhr zur Sitzung erschienen sind. Denen zuliebe fangen wir auch pünktlich an, damit wir bald zu einem Ende kommen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 28. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.
Vielleicht können wir uns dort hinten etwas beruhigen. Dann können wir nämlich ungestört mit der Tagesordnung fortfahren.
Ich gebe das Ergebnis der gestern Abend durchgeführten namentlichen Abstimmung zur Eingabe betreffend "Geplanter Almweg zur Rappinalm über die sogenannte Walchgrabenstraße" bekannt. Das war der Tagesordnungspunkt 29.
Mit Ja haben gestimmt 103, mit Nein 45, Stimmenthaltungen zwei. Damit ist dem Votum des Ausschusses für Umwelt und Gesundheit entsprochen worden.
Wir kommen nun zu Tagesordnungspunkt 26: Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge
Dringlichkeitsantrag der Abg. Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Dr. Karl Vetter u. a. und Fraktion (FW) Verbot aller Zusatzstoffe, die nachgewiesenermaßen krebserzeugend sind, im Verdacht stehen, Krebs zu erzeugen, durch den Verbrennungsvorgang im Zigarettenrauch krebserzeugende Substanzen entstehen lassen oder zur Suchtentwicklung beitragen (geänderte Drs.) (Drs. 16/1835)
Ich eröffne die Aussprache. Als Erster hat das Wort Herr Dr. Karl Vetter. Bitte schön, Herr Dr. Vetter.
Guten Morgen! Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mir erlauben, uns alle heute ein bisschen aufzuwecken. Ich beginne martialisch: Gestern haben aus meiner Sicht der Nichtrau
(Beifall bei den Freien Wählern, der SPD und den GRÜNEN - Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))
Ich hoffe, Kolleginnen und Kollegen, dass es uns mit dieser gestrigen Entscheidung des Bayerischen Landtags nicht so geht wie mit der vor zehn bis 15 Jahren nach der Kienbaum-Studie zum Schulsport getroffenen Entscheidung, unter der wir nach wie vor zu leiden haben. Ich glaube auch nicht, dass dies so lange Auswirkungen haben wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Rauchen nicht nur die individuelle Gesundheit schädigt, sondern in Deutschland auch einen volkswirtschaftlichen Schaden von rund 17 Milliarden Euro jährlich verursacht, haben wir in den letzten Wochen und Monaten ausführlich besprochen. Nach wie vor - und das ist der Grund für unseren Antrag - ist jedoch der hohe Raucheranteil bei den Jugendlichen und auch schon bei den Kindern erschreckend. In Bayern haben wir mehr als eine halbe Million jugendliche Raucherinnen und Raucher. Das durchschnittliche Einstiegsalter beim Rauchen liegt derzeit bei 13,5 Jahren mit weiter fallender Altersgren ze.
Ein Verbot von Zusatzstoffen - das ist auch uns klar - macht das Rauchen nicht gesund. Rauchen bleibt auch ohne Zusatzstoffe ungesund. Aber wir meinen, gegen Irreführung und Täuschung muss man sich entschieden verwahren.
Es ist einfach gefährlich, wenn durch verfälschten Geschmack oder kühlende Effekte Zigaretten genießbarer gemacht oder tiefer inhaliert werden. Dabei ist ein Großteil der Substanzen letztlich, wenn man unabhängigen Wissenschaftlern glauben darf, noch nicht auf seine krebserregende Wirkung bei der Tabakverbrennung eingehend untersucht. Aber auch Zusatzstoffe, die erwiesenermaßen krebserregend sind, werden weiterhin zugegeben.
Meine Damen und Herren, warum werden Zusatzstoffe erst untersucht, für schädlich befunden und trotzdem weiter in den Tabak gemischt? Kann man noch offensichtlicher signalisieren, dass die Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger hinter wirtschaftlichen Interessen steht?
Kolleginnen und Kollegen, hier muss die Politik endlich tätig werden, wenn es anders schon nicht möglich ist. Auch die Anti-Tabak-Politik der Bundesregierung ist sehr widersprüchlich. Erst wird die Tabaksteuer erhöht.
- Ja, ich glaube, die Diskussion geht Gott sei Dank - so muss ich sagen - durch alle Fraktionen, und ich habe auf den Gängen den Eindruck gewonnen, dass sie sehr wohl auch durch die Fraktionen der CSU und der FDP geht. Das ist auch gut so.
Wie gesagt, die Anti-Tabak-Politik der Bundesregierung ist sehr widersprüchlich. Erst wird die Tabaksteuer erhöht, um die Zahl der Raucher zu senken. Wenn dann die Steuereinnahmen ausbleiben, weil die Menschen weniger rauchen, ist die Gesundheit plötzlich nicht mehr so wichtig, und die nächste Tabaksteuererhöhung wird ausgesetzt.
Bereits 2005 bei der bayerischen Konferenz für rauchfreie Krankenhäuser ging der damalige Staatsminister Dr. Werner Schnappauf auf die Debatte um Zusatzstof fe in Zigaretten ein. Er stellte richtig fest, dass Zusatzstoffe ein besonders rücksichtsloses Instrument des Marketings sind. "Sie führen nämlich zu einer besseren Inhalierbarkeit des Zigarettenrauchs und zu einer erhöhten Aufnahme des suchtbegründeten Nikotins." - Ich habe zitiert.
Staatsminister Dr. Schnappauf forderte damals neben der Verordnung, die seit November 2002 die Veröffent lichung einer Liste der Inhaltsstoffe in Tabakprodukten vorschreibt, auch eine Liste, in der die Gründe für die Hinzufügung der Zusatzstoffe zu den Tabakerzeugnissen erläutert werden. Ich wiederhole: eine Liste, in der die Gründe für die Hinzufügung der Zusatzstoffe zu den Tabakerzeugnissen erläutert werden. Das möchte ich nicht weiter kommentieren.
Kolleginnen und Kollegen, eine Liste von Zusatzstoffen ist meines Erachtens letztlich keine geeignete Maßnahme, um dem Problem des Rauchens entgegenzutreten. Das schreckt niemanden vom Rauchen ab.
Wir diskutieren schon seit Monaten über den Nichtraucherschutz. Entscheidend bleiben - und das ist der Grund, warum wir den Antrag heute gestellt haben - doch Maßnahmen zur Prävention. Jeder von uns wünscht sich doch, dass seine Kinder und Enkel niemals zu Rauchern werden. Trotzdem wurden immer wieder Entscheidungen getroffen, die es begünstigen, zur Zigarette zu greifen.
Ich fordere die Regierung deshalb auf, sich auf die Jugendlichen und Kinder zu konzentrieren und zu verhin
dern, dass Mädchen und Jungen immer früher das Rauchen beginnen, sowie endlich konsequent auf die Bundesregierung einzuwirken, dass alle Zusatzstoffe, die nachgewiesenermaßen krebserzeugend sind, und auch die, die im Verdacht stehen, Krebs zu erzeugen, sowie alle Zusatzstoffe, die durch den Verbrennungsvorgang im Zigarettenrauch krebserzeugende Substanzen entstehen lassen und/oder zur Suchtentwicklung beitragen, endlich dauerhaft verboten werden.
Kolleginnen und Kollegen, wir sind alle stolz auf das Reinheitsgebot für Bier, das von Bayern ausgegangen ist. Warum soll es uns nicht unter Mithilfe aller hier im Landtag versammelten Fraktionen und Gruppierungen gelingen, ein Reinheitsgebot für Zigaretten zu erreichen, das dann bundesweite Auswirkungen hat? Ich könnte mir das gut vorstellen.
Kolleginnen und Kollegen, das Nichtrauchen muss in Zukunft als gesellschaftliche Normalität gelten und das Rauchen als gesellschaftliche Normalität ablösen.
Ich denke - und da spreche ich jetzt für mich und für einen Teil der Freien Wähler, wir haben es ja gestern miterlebt -, dass dem Landtag gestern die göttliche Eingebung gefehlt hat. Ich persönlich hoffe auf das Volksbegehren der ödp, auf den Bürgerentscheid und auf Europa. Aber vielleicht können Sie sich heute zumindest dazu durchringen, einen Schritt im Sinne unseres Antrags zu gehen und uns dabei zu unterstützen.
Herr Kollege Dr. Vetter, bleiben Sie bitte noch am Pult. Kollege Thal hammer hat sich zu einer Zwischenintervention gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Thalhammer.
Guten Morgen, Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Vetter, ich finde Ihr Ansinnen sehr ehrenwert. Aber Sie stellen diesen Antrag nicht allein als Person, sondern als Fraktion der Freien Wähler. Waren denn die Freien Wähler nicht als Gruppierung unter dem Deckmantel einer Partei diejenigen, die sich im Landtagswahlkampf intensiv für die Raucher eingesetzt haben? Wenn das so war, wieso kommt dann jetzt so ein Antrag? Sagen Sie doch einfach, dass Sie sich von Ihren Wahlkampfzielen zu 180 Prozent verabschiedet haben. Und schieben Sie jetzt doch nicht den Kinder- und Jugendschutz vor!
Leider ist die gestrige Entscheidung, die Raucher zu schützen, eigentlich zugunsten der FDP gefallen. Die CSU wollte das gar nicht.
- Wir haben im Wahlkampf tatsächlich nie einem Verbot des Rauchens das Wort geredet. Das wollen wir auch heute nicht. Ich persönlich rauche gern einmal eine Zigarre, natürlich ohne jemanden zu belästigen. Aber was wir heute wollen, ist, dass Zusatzstoffe in Zigaretten verboten werden, die die Leute süchtig machen. Das ist der Unterschied.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, ich habe heute Nacht schlecht geschlafen. Oder haben mich die Pressemeldungen von heute Morgen so verwirrt, dass ich langsam den Duktus des Antrags der Freien Wähler überhaupt nicht mehr nachvollziehen kann?
Lieber Kollege Vetter, ich muss die Struktur meines Redebeitrags etwas verändern. Ich dachte nämlich, dass Herr Aiwanger als Vorsitzender der Wählervereinigung diesen Antrag erklärt. Ich war hierauf deswegen eingestellt, weil ich mich gut an eine Veranstaltung erinnere, die am 1. Juni vergangenen Jahres zu Füßen der Ba varia stattgefunden hat. Herr Aiwanger, Sie erinnern sich doch noch daran? Auch ich erinnere mich noch zu gut daran. Frau Kollegin Schopper, auch Sie waren dabei. Auch Sie stehen sicher noch unter dem Eindruck dieser doch sehr interessanten Veranstaltung.