Protocol of the Session on July 14, 2010

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Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich heiße Sie herzlich willkommen. Ich bedanke mich noch einmal bei den Organisatorinnen und Organisatoren unseres gestrigen Sommerfestes, das wirklich eine wunderbare Sache gewesen ist. Vielen Dank auch an all diejenigen aus dem Landtagsamt, die damit befasst waren.

(Allgemeiner Beifall)

Diejenigen, die jetzt hier sind, haben alles unfallfrei überstanden, sodass wir mit unseren Beratungen beginnen können.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zum Neuen Dienstrecht in Bayern (Drs. 16/3200) - Zweite Lesung

hierzu:

Änderungsanträge (s. a. Anlage 1) von Abgeordneten der CSU- und der FDP-Fraktion auf den Drucksachen 16/3676, 16/3911 mit 3915, 4206 mit 4210, 4313 mit 4316, 4960 sowie 5420; von Abgeordneten der SPD-Fraktion auf den Drucksachen 16/3674, 16/3894 mit 3910, 4201, 4202, 4204, 4317 mit 4334, 4957, 4958 und 5001; von Abgeordneten der Fraktion Freie Wähler auf den Drucksachen 16/3663 mit 3665, 3888 mit 3892, 4211 mit 4213, 4308 mit 4311; von Abgeordneten der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf den Drucksachen 16/3675, 16/3893, 4192 und 4193, 4305 mit 4307 und 4959; sowie die interfraktionellen Änderungsanträge auf den Drucksachen 16/5119, 5142 und 16/5143

Wie ich sehe, wurden in den Ausschüssen jede Menge Änderungsvorschläge, Wünsche und Anträge beraten. Alles wird jetzt gemeinsam besprochen.

Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde pro Fraktion eine Redezeit von zehn Minuten vereinbart. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Heckner.

Sehr verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin davon ausgegangen, dass dieses größte Gesetzeswerk, das der Bayerische Landtag jemals beschlossen hat, in der Zweiten Lesung vom Herrn Minister vorgetragen wird.

Wir haben uns seit Januar in meinem federführenden Ausschuss sehr intensiv, sehr engagiert - das gilt für alle Fraktionen - mit diesem Gesetzeswerk befasst. Es wurde aufgrund der Föderalismusreform notwendig. Für unsere bayerischen Beamten mussten neue

Rahmenbedingungen geschaffen werden. Das betrifft aber nicht nur ein Gesetzeswerk von fast 600 Seiten, sondern immerhin auch die Arbeits-, Einkommensund Versorgungsbedingungen von 220.000 Beamtinnen und Beamten in unserem Freistaat.

Im Bundesland Hessen hat der Landtag das entsprechende Gesetz geschaffen, ohne dass irgendwelche Verbände angehört worden wären. Bei uns in Bayern ist das Gegenteil der Fall. Hier haben wir die Beschäftigten angehört. Es wurde um weitere Verbesserungen des Gesetzentwurfs der Staatsregierung gerungen.

Das Gesetzeswerk steht unter dem Motto: "Leistung stärker belohnen - Flexibilität fördern" Wir müssen den demografischen Herausforderungen der Zukunft gewachsen sein. Wir wollen im Freistaat Bayern auch in Zukunft das haben, was wir derzeit schon mit Stolz behaupten können, nämlich dass wir attraktiv sind und die besten Köpfe des Landes haben, die zu dem hohen wirtschaftlichen Erfolg in Bayern beitragen.

Das umfangreiche Gesetzespaket umfasst eine vollständige Neuregelung des Laufbahn-, Besoldungsund Versorgungsrechts. Kernstück des Neuen Dienstrechts ist die Einführung einer durchgehenden Leistungslaufbahn, durch welche die Flexibilität erhöht und das Leistungsprinzip gestärkt werden soll. Wir wollen in Zukunft die beiden Begriffe Beamte und Leistung in der Öffentlichkeit noch viel stärker imagebildend stets vor uns hertragen und mit Leben erfüllen.

Um die Wichtigkeit der Leistungslaufbahn zu unterstreichen, haben wir ein Leistungslaufbahngesetz entwickelt. Dazu wird es keine eigene Verordnung mehr geben. Vielmehr möchte der bayerische Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des Laufbahnrechts in den Details mitreden. Wir haben dazu eine Evaluierung nach zwei Jahren vorgesehen.

Auch im Besoldungsrecht gibt es erhebliche Strukturveränderungen. Durch den Wegfall des Besoldungsdienstalters, den uns die EU vorgegeben hat, haben wir neue Strukturen mit den sogenannten Erfahrungsstufen schaffen müssen. Insbesondere haben wir die Eingangsbesoldung für die niedrigen Einkommensgruppen durch Wegstreichen der unteren Stufen erhöht und damit, was das Einkommen betrifft, der Lebenssituation Rechnung getragen.

Selbstverständlich ist wegen der Fortschrittlichkeit des Gesetzentwurfs der Staatsregierung dir, lieber Herr Minister, ein herzlicher Dank dafür zu sagen, dass hier zusammen mit den Verbänden wirklich Neues geschaffen wurde. Vielen Dank auch an das Ministerium, das uns stets Gesprächsbereitschaft angeboten

hat, sodass wir am Schluss das Beste vorstellen können. Trotzdem haben wir in Absprache und in Rückkopplung mit den Beschäftigten und den Fachverbänden noch Verbesserungen vorgenommen.

Eine konsequente Umsetzung der neuen Leistungslaufbahn war uns ein ganz besonderes Anliegen. Wir haben aus diesem Grund eine Hürde von zehn Jahren bei der erstmaligen modularen Qualifikation herausgenommen, weil wir der Ansicht sind, dass junge leistungsbereite Beamtinnen und Beamte vom ersten Tag ihrer Dienstzeit an das Prinzip des lebenslangen Lernens tatsächlich leben sollten.

Wir haben, um die Qualität zu sichern und trotzdem die Flexibilität und die Bereitschaft, solche modularen Qualifikationen auf sich zu nehmen, zu erhöhen, in der Formulierung "Die Module müssen mit Prüfungen und anderweitigen Erfolgsnachweisen bewertet werden" das Wort "und" durch "oder" ersetzt. Was dem Prinzip des lebenslangen Lernens ebenfalls Rechnung trägt, ist, dass wir hier in einem angemessenen Umfang auch anderweitige Fortbildungen vorsehen.

Wir haben durchaus skeptische Anmerkungen des Verbandes des höheren Beamten beim Leistungslaufbahnrecht angetroffen. Wir haben alles getan, um die hohen Standards und die Qualität weiterhin zu sichern. Dies soll auch mithilfe des Landespersonalausschusses geschehen. Das Niveau der Module, die von den einzelnen Ministerien erstellt werden, soll durch diesen Ausschuss abgesegnet werden.

Wir sind im öffentlichen Dienst sehr familienfreundlich. Der öffentliche Dienst ist Wegbereiter dafür, dass Familie und Beruf miteinander vereinbart werden können.

Um der Kritik zu begegnen, dass im öffentlichen Dienst zu wenige Frauen in Führungspositionen sind, haben wir im Laufbahnrecht eine entsprechende Änderung vorgenommen. Nunmehr können pro Kind 36 Monate Kindererziehungszeit auf die Laufbahn angerechnet werden. Das Argument, Kindererziehungszeiten seien laufbahnschädlich, kann dadurch nicht mehr zum Tragen kommen.

Durch die Abkehr vom Besoldungsdienstalter, die ich bereits angesprochen habe, kann es hier und dort übergangsweise natürlich zu Veränderungen, wenn nicht gar Verschlechterungen kommen. Aus diesem Grund haben wir als CSU-Fraktion auf einer Übergangsregelung bestanden, die den Vertrauensschutz gewährleistet.

Wir haben auch dem Anliegen unserer Referendarinnen und Referendare im Lehramt Rechnung getragen. Diese sind durchweg schon etwas älter, haben

oft eine Familie zu versorgen, und die Referendargehälter sind naturgemäß knapp bemessen. Wir haben eine leichte Verbesserung dadurch eingeführt, dass nicht mehr elf Stunden in der Ausbildung unentgeltlich zu leisten sind, sondern nur noch zehn. Das heißt, es wird eine Stunde mehr bezahlt. Unsere Fachlehrerinnen und Fachlehrer, die eine besondere Funktion ausüben und bislang eine Zulage erhalten haben, erhalten nun eine Amtszulage, weil es eine amtsprägende Tätigkeit ist, wenn sie Fachberater sind, und weil diese Tätigkeit in der Regel auf Dauer angelegt ist. Ein Anliegen der Beschäftigten war auch, dass Realschulrektorinnen und -rektoren den Titel "Direktorinnen" und "Direktoren" tragen dürfen. Das ist eine Gleichstellung mit anderen Schularten. Das war aus unserer Sicht gerechtfertigt.

Wir haben ein weiteres Signal an unsere Justiz, die Staatsanwaltschaften und Richter, gesetzt, indem wir Veränderungen in der Ämterstruktur vorgenommen haben, um der hohen Leistungsbereitschaft in diesem Bereich unserer öffentlichen Verwaltung Rechnung zu tragen; denn eine hohe Arbeitsbelastung ist durchaus ein Merkmal der bayerischen Justiz. Gleichwohl haben wir eine gleichbleibend hohe Qualität zu verzeichnen. Ich sagte, Leistung solle sich lohnen. Wir müssen Leistung honorieren. Aus diesem Grunde haben wir festgelegt, dass Leistungsbezüge der Professorinnen und Professoren, deren Grundgehaltssätze in der neuen Gehaltsgruppe etwas höher liegen, nicht gestrichen werden, um einen Ausgleich zu erzielen.

Wir haben in Zukunft eine riesengroße Herausforderung zu bewältigen, nämlich die Versorgung unserer Beamten. Wir haben einen sehr hohen Personalbestand, wenn wir auch im Vergleich zu europäischen Staaten nicht an der Spitze liegen. Gleichwohl müssen wir zukunftsfähig sein. Aus diesem Grunde haben wir die Beamtenversorgung dem Rentenrecht angeglichen. Wir werden die Lebensarbeitszeit schrittweise auf 67 Jahre anheben. Wir haben jedoch die Kritik unserer Beschäftigten aufgenommen und eine Vielzahl von Möglichkeiten geschaffen, wie man das Dienstende individuell gestalten kann, zum Beispiel durch Antragsruhestand oder Altersteilzeitregelungen. Wir sind der Ansicht, dass auch unsere Beschäftigten einen kleinen finanziellen Beitrag leisten sollen, wenn sie früher aus dem Arbeitsleben scheiden wollen.

Frau Kollegin.

Ich komme zum letzten Satz, Herr Präsident. - Ich habe mich vorhin bei unserem Minister und dem gesamten Ministerium bedankt. Ich habe die berechtigte Hoffnung, dass auch in den nächsten Monaten die Gesprächsbereitschaft vorhan

den ist; denn jetzt kommt die Ausgestaltung dieses Gesetzes in Form von Verordnungen.

(Christa Naaß (SPD): Vor allem die Mittel!)

- Wir werden uns natürlich im Rahmen der Haushaltsberatungen ausführlich über die Mittelzuweisungen unterhalten müssen. - Das Neue Dienstrecht wird am 1. Januar 2011 in Kraft treten. Es wird entsprechend der gesamtwirtschaftlichen Lage mit Leben erfüllt werden müssen, wobei der Geist des Gesetzes beachtet werden muss.

Frau Kollegin, ich bin sehr großzügig, aber Sie müssen zum Ende kommen.

Wir alle wissen, dass wir dem Steuerzahler gegenüber verantwortlich sind.

(Beifall bei der CSU)

Nächster Redner ist Herr Kollege Schuster. Bitte, Herr Kollege Schuster.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind bei der Zweiten Lesung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung zum Neuen Dienstrecht in Bayern. In den letzten Wochen, Monaten und Jahren habe ich mir nicht vorstellen können, dass irgendwann der Tag kommt, an dem dieser Gesetzentwurf in Zweiter Lesung beraten wird. Der Gesetzentwurf hat einen Umfang von 600 Seiten. Alle haben viel Arbeit in die Formulierung dieses Gesetzentwurfs gesteckt. Ich nenne die Ministerien und allen voran das Finanzministerium. Ich möchte mich hier bei Herrn Hüllmantel und seinen Mitarbeitern zum einen für die Arbeit bedanken, die sie alle in diesen Gesetzentwurf gesteckt haben, zum anderen für die Geduld, die sie bei den Beratungen aufgebracht haben, wenn wir Abgeordnete die eine oder andere Nachfrage gestellt haben.

Bedanken möchte ich mich auch bei den Verbänden, die Hunderte von Petitionen und Stellungnahmen eingebracht haben, die teilweise Berücksichtigung im Gesetzentwurf gefunden haben. Stellvertretend für alle Verbände bedanke ich mich bei Frau Voigt vom DGB und Herrn Habermann vom Beamtenbund, der heute der Debatte zuhört. Ganz besonders bedanken möchte ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landtagsamtes, die unsere Ausschussvorlagen wirklich hervorragend vorbereitet, die Terminierung nach Plan vorgenommen und Synopsen erstellt haben, die es uns erleichtert haben, den Überblick über die verschiedenen Vorschläge der einzelnen Fraktionen zu behalten. Mein besonderer Dank

geht an die Büroleiterin des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes, Renate Spateneder. Bedanken möchte ich mich auch bei unseren Fraktionsmitarbeiterinnen und Fraktionsmitarbeitern, die uns unterstützt und Änderungsanträge auf den Weg gebracht haben. Ich habe die Anträge gezählt. Die Freien Wähler haben 19 Änderungsanträge eingebracht, die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN über 20 Änderungsanträge und meine Fraktion, die SPD-Fraktion, über 50 Änderungsanträge.

(Beifall bei der SPD)

Wir hätten uns natürlich gewünscht, dass sich diese Änderungsanträge im Gesetzentwurf wiederfinden.

(Beifall bei der SPD)

Leider fanden von den gesamten Oppositionsanträgen nur vier oder fünf die Zustimmung der Mehrheit des Hauses. Deshalb werden wir von der SPD-Fraktion diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen können; denn gemessen an den selbstgestellten Ansprüchen ist das Dienstrecht in Bayern nur zum Teil als gelungen zu bezeichnen. Aus unserer Sicht fehlt die soziale Ausgewogenheit.

(Beifall bei der SPD)

Das Kernelement zur Honorierung von Leistungen soll die Beförderung bleiben. In der Besoldungsordnung wurden zwar Beförderungsämter geschaffen, vor allem für Lehrerinnen und Lehrer an Grund-, Hauptund Realschulen; gleichzeitig wurden im Schuldienst aber die konkreten Funktionen, für die ein höheres Amt einzurichten war, aus der Besoldungsordnung gestrichen. An ihre Stelle tritt künftig eine Einzelentscheidung. Die Zahl der Beförderungsämter ist damit mehr als zuvor vom Haushalt, also von der Kassenlage, abhängig. Der Einstieg in das Grundgehalt soll im Ergebnis wie bisher erfolgen. Die Einstufung nach dem Besoldungsdienstalter wird jedoch durch die Einstufung nach Dienstalter ersetzt. Dies führte zu erheblichen Protesten der Anwärterinnen und Anwärter, die ihre Ausbildung unter anderen Voraussetzungen begonnen hatten. Deshalb war es richtig, fraktionsübergreifend eine Übergangsregelung zu schaffen. Allerdings müssen künftige Jahrgänge Einbußen in der Größenordnung von im Durchschnitt 300 Euro hinnehmen, wenn sie nicht sofort Beamte werden. Vor allem in technischen Laufbahnen sind damit Personalgewinnungsprobleme, wie sie durch den Tarifvertrag der Länder und den TVöD bereits auftreten, zu erwarten. Auch hier sind künftig Einzelentscheidungen nötig.

Ich war vor zwei Tagen bei einer Besprechung der Personalräte und der Chefs der Berufsfeuerwehren.

Diese machen sich Gedanken darüber, wie es mit der modularen Qualifikation weitergeht und wie die Ausbildungsrichtlinien umgestaltet werden müssen. Eines der Hauptthemen war die Nachwuchsgewinnung. Man macht sich inzwischen Gedanken darüber, ob man die Beamtenanwärter während der Ausbildung weiterhin nach der Beamtenbesoldung bezahlen soll oder ob die Anwärter in den Tarifbereich überwechseln sollen, damit sie nach dem TVöD bezahlt werden können, weil man sonst wegen der geringen Anwärterbezüge keinen Nachwuchs mehr bekommt.

Ausdrücklich begrüßen wir von der SPD-Fraktion die Aufwertung der ersten Qualifikationsebene des bisherigen einfachen Dienstes. Der Verzicht auf die Besoldungsgruppe A 2 sowie die Überleitung der Beamtinnen und Beamten dieser Fachlaufbahnen in ausnahmslos höhere Ämter mit verbesserter Bezahlung sind ein wichtiger Schritt für die Attraktivität dieses Dienstbereichs. Ebenso positiv sehen wir, dass für diese Personen zusätzliche Stufen in die Gehaltstabelle eingefügt wurden, die eine Gehaltsverbesserung und eine höhere Versorgung ermöglichen.