Protokoll der Sitzung vom 14.07.2010

Die Steigerung der flexiblen Leistungselemente ist hingegen aus unserer Sicht weniger gut gelungen. Der leistungsabhängige Aufstieg in den Stufen wird ein Bürokratiemonster erzeugen. Für über 200.000 Beamtinnen und Beamte bedarf es nun einer positiven Feststellung, dass sie oder er vorrücken darf. Die Latte wird gleichzeitig so hoch gelegt, dass sie vermutlich nur von ganz wenigen gerissen werden dürfte. Konsequenter wäre es gewesen, dem bisherigen Bundesrecht zu folgen und durch eine negative Feststellung in Fällen, die nicht einmal den durchschnittlichen Anforderungen genügen, eine Möglichkeit einzurichten. Das hätte uns viel Bürokratismus erspart.

Völlig neu ist das Leistungslaufbahngesetz. Die Reduzierung der rund 300 Einzellaufbahnen auf sechs Fachlaufbahnen ist gut und richtig und entspricht den praktischen Bedürfnissen. In der Leistungslaufbahn gibt es künftig nur noch eine Laufbahn, auf die herkömmliche Einteilung in vier Laufbahngruppen wird verzichtet. Der Grundgedanke des leistungsorientierten Aufstiegs in dieser Leistungslaufbahn ist vielversprechend. Entscheidend für den Erfolg und die Akzeptanz wird jedoch sein, wie die modulare Qualifikation, die zur Überwindung der Qualifikationsebenen absolviert werden muss, aussehen wird. Da sind wir sehr gespannt, was in den nächsten Monaten in den Ministerien entwickelt wird. Das alles steht heute noch nicht fest und muss natürlich kritisch beobachtet werden. Der im Leistungslaufbahngesetz festgeschriebenen Evaluation nach Ablauf von zwei Jahren wird sich die SPD-Fraktion jedenfalls mit großem Interesse widmen.

In diesem Zusammenhang ist aber zu bedauern, dass das Prinzip der Personalentwicklung im neuen Leistungslaufbahngesetz nicht ausdrücklich verankert wurde. Die SPD hat hier in einem Änderungsantrag, der leider nicht Ihre Zustimmung fand, einen Mindestbestand an Maßnahmen und Instrumenten genannt. Ob es genügt, den Landespersonalausschuss zum ressortübergreifenden Kompetenzzentrum für Personalentwicklungsmaßnahmen und Innovationen zu ernennen und bei Bedarf durch ein externes Mitglied mit Erfahrung in Personalentwicklung zu verstärken, darf aus unserer Sicht bezweifelt werden. Personalentwicklung ist Aufgabe der Behördenleitung und ihrer Führungskräfte.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Im neuen bayerischen Versorgungsrecht werden diese bewährten Grundsätze im Wesentlichen fortgeführt und behutsam modernisiert. Erfreulich ist, dass sich alle Fraktionen für eine Erhaltung der Ergänzungszuschläge für Kindererziehungszeiten ausgesprochen haben. Der Gesetzentwurf der Staatsregierung wurde entsprechend ergänzt. Die dadurch ausgelösten Mehrkosten sind gesellschaftspolitisch motiviert und gut angelegt, wenn auch Beamtinnen und Beamte, die ihre Kinder erziehen, für ihre Versorgung etwas gutgeschrieben kriegen.

Im Statusrecht werden die Altersgrenzen für den Ruhestand stufenweise um zwei Jahre angehoben. Erfreulich ist es deshalb, dass ein vorzeitiger Antrag auf Ruhestandsversetzung weiterhin mit 64 Jahren, bei der Polizei und den anderen Vollzugsdiensten mit 62 Jahren und für Schwerbehinderte weiterhin mit 60 Jahren möglich bleibt. Dieses Privileg müssen die Beamtinnen und Beamten allerdings mit Abschlägen auf ihre Versorgung erkaufen. Zu kritisieren ist in diesem Zusammenhang, dass die Bayerische Staatsregierung den alternativen Weg zu Versorgungskürzungen, nämlich die Versorgungslasten nachhaltig und zukunftssicher über einen Versorgungsfonds zu finanzieren, kurzfristig bereits wieder verlassen hat. Es ist den Beamtinnen und Beamten des Freistaates nicht anzulasten, dass sie im Alter Versorgung beanspruchen. Es ist vielmehr fahrlässig, dass die Finanzierung dieser Anwartschaften einfach auf künftige Generationen verschoben wurde und dass mit diesem Versäumnis jetzt auch Einschnitte bei den Betroffenen begründet werden.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Bedauerlicherweise ist es uns auch nicht gelungen, die Anrechnung von Rentenzeiten auf langjährige Dienstzeiten zu erreichen. Auch dies benachteiligt die Späteinsteiger in den öffentlichen Dienst und damit

gerade die Spezialisten, die in unseren Verwaltungen, zum Beispiel in der Gewerbeaufsicht, dringend gebraucht werden. Die Mitnahmefähigkeit von Versorgungsanwartschaften ist auch in diesem Gesetzeswerk leider ungelöst geblieben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich merke, meine Zeit läuft ab.

(Zurufe von der CSU: Ah!)

- Meine Redezeit natürlich.

So schlimm ist es nicht. Es geht nur um die Redezeit.

Es gäbe noch einige Verbesserungen im Personalvertretungsrecht, das in das Neue Dienstrecht leider auch nicht eingearbeitet wurde. Lassen Sie mich aber zum Schluss noch einige grundsätzliche Gedanken anfügen: Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wird der öffentliche Dienst gerne als ein privilegierter Sektor gesehen, der nicht zu leiden hat. Das ist absolut nicht der Fall. Die Einkommensschere in vergleichbaren Positionen klafft gegenüber der freien Wirtschaft weit auseinander.

Herr Kollege Pschierer, schön, dass Sie da sind. Dieses Thema hatten wir in einer Aussprache schon einmal. Damals haben Sie mich kritisiert und gefragt, wie ich denn zu diesen Zahlen käme. Ich habe Ihnen dann einen Brief in das Ministerium geschickt, in dem ich Ihnen aufgezeigt habe, wie die Schere auseinanderklafft. Leider habe ich nach nunmehr einem Dreivierteljahr bis heute keine Antwort bekommen. Ich habe gehört, dass ein Brief in Vorbereitung war, der Ihnen persönlich nicht gefallen hat. Aber vielleicht bekomme ich irgendwann noch einen Brief.

Herr Kollege Schuster, vielleicht noch ein Schlussgedanke, dann ist die Zeit um.

Okay. Ich komme zum Ende. - Wie gesagt, wir können diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen, nachdem fast alle Änderungsanträge abgelehnt wurden.

(Zurufe von der CSU: Ah!)

Ich möchte auch gleich sagen: Wenn diese Dienstrechtsreform wirklich greifen soll, dann muss sie auch mit finanziellen Mitteln ausgestattet werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Da haben wir von der SPD-Fraktion die größten Bedenken, wenn wir in die Zukunft schauen und an den Doppelhaushalt 2011/2012 denken.

(Beifall bei der SPD)

Ich weiß, dass es ein umfangreiches Gesetzeswerk ist, das auch Würdigung und intensive Aussprache verdient. Aber wir haben nun mal miteinander die zehn Minuten vereinbart. Ich bitte darum um Verständnis dafür, dass ich das hier irgendwie einhalten möchte.

Nächster Redner ist der Herr Kollege Meyer. Bitte schön, Herr Kollege Meyer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich begrüße Sie zu dieser erweiterten Ausschusssitzung zum Neuen Dienstrecht.

(Harald Güller (SPD): Die SPD ist fast komplett!)

Mit zunehmender Ordnungszahl auf der Rednerliste wird so mancher Gedanke, der im Konzept steht, für die Zuhörer vielleicht nicht mehr so interessant. Aber lassen Sie mich am Anfang zunächst an den Dank des Kollegen Schuster an alle Beteiligten, an die Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss, an die Mitarbeiter im Landtagsamt und auch an die Verbände anschließen, die natürlich ihre Forderungen aufgestellt haben, aber stets auch Ratgeber waren. Herzlichen Dank. Auch Frau Heckner hat ihren Dank ausgesprochen.

Dass die Föderalismusreform richtig ist, will ich hier nicht infrage stellen. Unter dieser Prämisse war es richtig, ein eigenes bayerisches Dienstrecht zu schaffen. Ob es tatsächlich Sinn macht, dass wir dann in Deutschland ein aufgesplittetes Dienst- und Besoldungsrecht haben, ist eben die andere Frage. Aber ich denke, die bayerischen Beamtinnen und Beamten werden darunter nicht zu leiden haben, weil ich ausdrücklich anerkenne, dass hier der bayerische Dienstherr natürlich im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit grundsätzlich gute Voraussetzungen bietet.

Einer der Kernpunkte ist die Leistungsorientierung. Ich sage das heute nicht zum ersten Mal. Die Leistung im öffentlichen Dienst ist nicht neu, auch das muss immer wieder festgestellt werden. Es ist nicht so, dass die Beamten erst ab 1. Januar etwas arbeiten müssen; sie haben in den letzten Jahren immer schon sehr viel geleistet und dafür nicht immer den äquivalenten Dank des Dienstherrn bekommen.

Die Zahl der Änderungsanträge hat der Herr Kollege Schuster dankenswerterweise schon genannt. Auch wir hätten uns hier sicherlich mehr als die genannten fünf Änderungsanträge, die beschlossen worden sind, gewünscht. Aber unter dem Strich werden wir heute dem Neuen Dienstrecht zustimmen; denn es ist nicht

so, dass man nicht irgendwann später noch Verbesserungen einbauen könnte.

(Christa Naaß (SPD): Sie sind Optimist!)

- Frau Kollegin, ich bin immer Optimist, sonst macht es keinen Spaß.

Wir von Oppositionsseite haben nicht alles erreichen können. Ich darf an die Kolleginnen und Kollegen auf dieser Seite gerichtet hinzufügen: Ich habe im Ausschuss auch einmal allein gegen alle stimmen dürfen. Da habt auch ihr unsere Änderungen nicht mitgetragen, aber sei es drum.

(Zuruf der Abgeordneten Christa Naaß (SPD))

- Ich habe es für sinnvoll empfunden, das eben anders als ihr alle zu machen.

Welche Änderungsanträge hätte ich gerne gesehen? Bloß ein paar Beispiele hierzu; insofern halte ich die Neuregelung tatsächlich für teilweise inkonsequent:

Begonnen hat es - das war ein Antrag aller drei Oppositionsfraktionen - mit der Lehrerbesoldung an Grundund Hauptschulen. Da wurde mir zum Beispiel vorgeworfen, ich würde mich vor die Karren irgendwelcher Verbände spannen lassen. Nein, ich habe damals im Ausschuss gesagt: Als Gesetzgeber müssten wir einmal klären, ob die Ausbildungen der Lehrer gleichwertig sind. Wenn ja, dann ist es ein Gebot der Rechtsstaatlichkeit, dass die Grund- und Hauptschullehrer auf Besoldungsstufe A 13 im Eingangsamt angehoben werden. Wenn nein, dann ist es kein Gebot der Rechtsstaatlichkeit. Diese Grundsatzdebatte wurde ausdrücklich abgelehnt. Frau Kollegin Heckner, ich darf Sie zitieren: "Wir sind nicht hier, um eine Strukturdebatte zu führen, sondern um über Änderungsanträge abzustimmen."

(Christa Naaß (SPD): Na ja!)

Das war eine, wie ich finde, etwas lockere Bemerkung. Ich bin richtig froh, Frau Heckner, dass Sie nicht noch weiter differenziert und etwa gesagt haben: Wir sind dazu da, um Anträge der CSU abzunicken und die der Opposition abzulehnen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Insofern danke ich Ihnen für die etwas weniger ausführliche Differenzierung.

Meine Damen und Herren, als Gesetzgeber hätte ich mir tatsächlich manchmal eine ausführlichere Diskussion gewünscht. Die ist leider nicht geführt worden. Wir hätten uns auch gewünscht, beispielsweise im technischen mittleren Dienst, dass das, was den

Flussmeistern mit dem Segen von CSU und FDP recht ist, den Lebensmittelüberwachungsbeamten und den Hygieneinspektoren billig sein sollte.

(Beifall bei Abgeordneten der Freien Wähler)

Wir haben eine Riesenbaustelle bei den Gerichtsvollziehern. Da ist es auch ein Haushaltsproblem und nicht unbedingt ein Problem des Neuen Dienstrechts. Da fehlen Stellen, und zwar Stellen, die merkwürdigerweise gestrichen wurden, obwohl wir die Zahl von Gerichtsvollziehern und Bezirken haben. Wir haben also weniger Stellen als Gerichtsvollzieher. Das kann so nicht weitergehen.

Wir haben in der Justiz die Ergänzung, die Änderung, die teilweise Stellenanhebung durch die neue Konstruktion, gemessen an der Zahl der Mitarbeiter bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften, begrüßt und mitgetragen. Aber auch hier, meine Damen und Herren, fehlt es an der Konsequenz: Denn wenn es in der ordentlichen Justiz richtig ist, frage ich: Warum wird es dann in den Fachgerichtsbarkeiten, die entsprechend strukturiert und entsprechend leistungsfähig sind, nicht gemacht? Da kommt dann wieder das Argument - und das kam auch bei den Grundschullehrern -: Wer soll das bezahlen?

Meine Damen und Herren, wenn wir uns als Gesetzgeber über die Voraussetzungen für die Einstufung von Ämtern unterhalten, dann kann die Frage nach den Kosten nicht richtig sein. Diese Frage müssen wir uns dann meinetwegen im Haushaltsausschuss stellen. Aber bei dieser von mir immer vermissten Grundstrukturdebatte kann das Geld kein rechtsstaatliches Argument sein, denn wir haben das rechtsstaatliche Gebot der Gleichbehandlung.

Meine Damen und Herren, es gäbe noch sehr viel zu sagen. Herr Präsident, Sie haben vorhin beim Kollegen Schuster die Einhaltung der Redezeit angemahnt. Wir haben natürlich sehr lange diskutiert. Das muss heute nicht noch einmal ausgewalzt werden. Aber ich hätte mir teilweise im Ausschuss, wie gesagt, weitere Diskussionen gewünscht.

Grundsätzlich sind wir mit diesem Neuen Dienstrecht in Bayern im öffentlichen Dienst gut aufgestellt. Leistung kann und darf belohnt werden. Es geht darum, gute Mitarbeiter zu fördern. Das wollen wir alle unterstützen. Wer gut ist, darf nicht - jetzt übertreibe ich einmal - an seinem Grundschulzeugnis gemessen werden und hängen bleiben. Man muss flexibler sein. Gute Leute müssen gefördert werden und dann auch in andere Qualifikationsebenen kommen dürfen. Das ist ein zentrales Element, das wollen wir unterstützen.

Richtig ist, Kollege Schuster, das muss mit den nötigen Mitteln ausgestattet werden. Die Dienstrechtsreform, die wir heute hoffentlich,