Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche einen schönen guten Morgen und einen guten Arbeitstag und eröffne damit die 81. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Rundfunk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Sie ist ihnen wie immer erteilt worden.
Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich Herrn Staatsminister Dr. Wolfgang Heubisch zu seinem heutigen halbrunden Geburtstag ganz, ganz herzlich gratulieren.
Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, gebe ich noch das Ergebnis der gestrigen namentlichen Schlussabstimmung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung über Anforderungen an den Lärmschutz bei Kinder- und Jugendspieleinrichtungen auf Drucksache 16/8124 - das war der Tagesordnungspunkt 12 bekannt. Mit Ja haben gestimmt 104. Es gab keine Neinstimmen. Stimmenthaltungen waren 49.
Das Gesetz ist damit angenommen. Es hat den Titel "Gesetz über Anforderungen an den Lärmschutz bei Kinder- und Jugendspieleinrichtungen".
Aktuelle Stunde gem. § 65 GeschO auf Vorschlag der Fraktion FREIE WÄHLER "Nach dem Olympia-Aus: Welche Verkehrsplanungen sind für den Raum München und das Oberland sinnvoll?"
Für die heutige Sitzung ist die Fraktion der FREIEN WÄHLER vorschlagsberechtigt. Ich darf somit als erstem Redner Herrn Kollegen Streibl das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Morgenstund hat Gold im Mund, aber leider kein olympisches. Das war die Ernüchterung der letzten Woche. Es findet sich Blei im Rücken; denn wie die Besetzung des Plenums heute Morgen nach dem gestrigen Abend zeigt, sind die Reihen doch noch gelichtet.
Diejenigen, die das Thema interessiert, sind da. Das freut mich, denn das Thema ist nach unserer Ansicht von großer Bedeutung.
Wir haben uns in den letzten Jahren mit der Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2018 intensiv beschäftigt. Der Traum eines Wintermärchens aber ist letzte Woche geplatzt. Gerade im bayerischen Oberland, im Werdenfelser Land, hat man der Entscheidung mit großer Spannung entgegengesehen, da viele Verkehrsinfrastrukturprojekte mit diesen Spielen verbunden waren. Ich erinnere beispielsweise an die Lawinenverbauung an der Grenze nach Österreich. Dort gibt es ein Nadelöhr, durch das es immer wieder zu Problemen kommt. Denn die Grenze kann nicht immer passiert werden und dann müssen große Umwege über das Inntal gefahren werden. Ebenso notwendig wären die Tunnelprojekte im Werdenfelser Land, aber auch die Ortsumfahrung von Oberau, die bei den Diskussionen eine ganz zentrale Stelle einnahm, da die dortigen Bürgerinnen und Bürger seit Jahrzehnten auf diese Umfahrung warten. Das gilt aber nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger des Ortes, sondern auch für die vielen, vielen Erholungssuchenden aus dem Raum München, die am Wochenende ins Werdenfelser Land fahren, sei es zum Wandern oder sei es zum Skifahren. Wenn man am Wochenende dann selbst im Stau steht, ist das nicht so sehr schön.
Bei den Verkehrsinfrastrukturprojekten muss auch der Bahnausbau genannt werden. Da gibt es zwar ein Programm bis zum Jahre 2014; aber dieses Programm genügt letztendlich nicht für die endgültige Ertüchtigung dieser Strecke. In Aussicht gestellt war ein zweigleisiger Bahnausbau von Tutzing nach Murnau; dieser steht jetzt infrage. Das Gleiche gilt für ein Zentrum für Nachhaltigkeit in Garmisch-Partenkirchen.
Das alles waren Überlegungen für diesen Raum, von denen wir nicht wissen, wie es weitergehen wird. Es wäre deshalb schön, hier im Hohen Hause zu erfahren, ob und dass sich unsere Staatsregierung in Berlin auch weiterhin vehement dafür einsetzt, diese Projekte zeitnah umzusetzen. Zeitnah bedeutet nicht erst in den nächsten 20 Jahren, sondern möglichst in den nächsten fünf bis zehn Jahren.
Nicht nur bei uns in den Bergen, sondern auch in München herrscht die Meinung vor, dass bei uns im Werdenfelser Land eine sehr schöne romantische Kulisse mit großem Naherholungswert zu finden ist. Gleichwohl aber ist es auch ein Lebens- und Wirtschaftsraum. Dieser Wirtschaftsraum muss gefördert werden. Denn er gehört zu den strukturschwachen Räumen Bayerns, ähnlich wie man sie auch in anderen Regionen findet. Angesichts dieser Tatsache darf
man sich von den Schönheiten der Landschaft nicht blenden lassen, sondern muss dieser Gegend Unterstützung gewähren.
Die von mir genannten wichtigen Verkehrsprojekte stehen sozusagen symptomatisch für die Situation des ländlichen Raumes in ganz Bayern. Überall in Bayern müssten solche Projekte notwendigerweise schnell vorangetrieben werden. Unser Anliegen ist, dass die Türen nicht hinter Starnberg, Augsburg, Ingolstadt oder Landshut zugeschlagen werden, sondern dass man sich auch weiterhin für die ländlichen Regionen einsetzt.
Die Wertschöpfung, die durch die Olympischen Spiele gekommen wäre, ist nun leider verloren gegangen; es wäre eine Wertschöpfung in der Werbung für Bayern und den Tourismus Bayerns gewesen. Investoren wären nicht nur in den Raum München, sondern generell nach Bayern gekommen, wenn wir uns mit freundlichen Spielen hätten darstellen können. Es hätte neue Firmengründungen und Gewerbeansiedlungen gegeben. Das alles fällt nun weg. Es wäre, wie gesagt, eine Wertschöpfung für Bayern insgesamt gewesen.
Vor diesem Hintergrund muss man auch darüber nachdenken, was im Jahre 2022 sein könnte. Man sollte mit gesundem Selbstvertrauen hingehen und sagen: Jetzt erst recht. Wir haben eine Bewerbung, die steht, und man sollte daran denken, sich wieder zu bewerben. Die Bewerbung von Pyeongchang hat gezeigt, dass letztendlich der lange Atem den Erfolg bringt. Ich hoffe, dass auch Bayern diesen langen Atem hat.
Vielen Dank, Herr Kollege. Für die CSU-Fraktion darf ich Herrn Kollegen Erwin Huber nun das Wort erteilen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben alle bedauert, dass es in Durban keinen Zuschlag für München und Garmisch gegeben hat. Aber das hat keine Neubewertung der Verkehrsprojekte zur Folge, denn alles, was auf Straße und Schiene vorgeschlagen wurde, hat dauerhaften Sinn und ist nicht wegen der Olympiade geplant worden, sondern steht nach wie vor auf der Tagesordnung und gehört zur Prioritätenliste. Deshalb möchte ich ausdrücklich bestätigen, was die Staatsregierung gestern beschlossen hat: dass man die Verhandlungen mit dem Bund weiterführt, um die Projekte, bei denen es zu einer Bundesvollfinanzierung oder -bezuschussung kommt, weiter voranzutreiben.
Ich möchte für die Fraktion der CSU ausdrücklich herausstellen, dass wir uneingeschränkt zu diesen Verkehrsprojekten stehen und außerdem bereit sind, den Anteil des Freistaates Bayern damit auch finanziell zu schultern.
Aber, Herr Kollege Streibl, zu den Krokodilstränen, die ich wegen der nicht erfolgreichen Bewerbung noch vorfinde: Sie hätten beispielsweise der Wahrheit gemäß sagen können, dass die Bürger in Ihrem Heimatort Oberammergau dagegen waren.
- Herr Kollege Runge, es baut mich natürlich auf, wenn Sie in alter Verbundenheit zum Wirtschaftsausschuss solch lebhaften Beifall spenden.
Vielleicht wäre es für die Olympiabewerbung förderlich gewesen, wenn man in Garmisch früher und eindeutiger zu den Olympischen Spielen gestanden hätte, meine Damen und Herren.
Nun komme ich zu den Verkehrsprojekten zurück. Sie beziehen sich im Bereich der Straße vor allem auf den dringend notwendigen Ausbau der Autobahn München - Salzburg sowie auf die Tunnel im Bereich von Garmisch-Partenkirchen. Dazu wird mein Kollege Martin Bachhuber noch sprechen. Außerdem beziehen sie sich auf den Bereich der Schiene, auf alles, was mit dem Bahnknoten München zusammenhängt, und, Herr Verkehrsminister Zeil, ich möchte auch hierzu noch einmal ausdrücklich bestätigen: All dies, was in diesem Bahnknoten zusammengefasst ist, ist notwendig, wird zumindest unterstützt und gefördert und hat für uns eine hohe Dringlichkeit.
Meine Damen und Herren, Bayern ist insgesamt ein Exportland, ein Land mit einer florierenden Wirtschaft, ein Tourismusland sowie ein Transitland. Für all dies sind leistungsfähige Wege auf Straße und Schiene erforderlich. Ich möchte hierzu ausdrücklich herausstellen, dass der Zustand der Infrastruktur West bei Weitem nicht dem entspricht, was ein modernes Industrieland heute braucht. Wir sehen, dass der Verkehrsetat gerade auch beim Bund seit vielen Jahren unterfinanziert ist. Dies hängt eigentlich überhaupt nicht damit zusammen, wer gerade Verkehrsminister ist.
Ich denke, dass bei der starken Betonung von Forschung und Entwicklung manches Mal übersehen wird, dass die traditionelle Infrastruktur - Straße, Schiene, Flughäfen und Wasserstraßen - für die Standortqualität aus Sicht der Wirtschaft mindestens genauso wichtig ist wie eine moderne technologische Infrastruktur.
An die Adresse der FREIEN WÄHLER sage ich dazu: Sie haben heute nur den Blickwinkel auf das Werdenfelser Land gehabt, aber generell würde ich sagen: Die FREIEN WÄHLER haben noch erheblichen Nachholbedarf. Wer die zweite Stammstrecke München, die dritte Startbahn des Flughafens München und den Donauausbau ablehnt, der ist nicht ganz auf der Höhe der Zeit.
Meine Damen und Herren! Was ist gerade auch bei den Bahnprojekten in der nächsten Zeit aus unserer Sicht dringlich?
Erstens. Bahnknoten und zweite Stammstrecke: Herr Minister Zeil, es war durchaus eine pfiffige Idee zu sagen: Wir packen das in ein Olympiapaket, um eine Sonderfinanzierung zu bekommen. Dass es mit dieser Sonderfinanzierung nicht klappt, damit habe ich persönlich weniger Probleme, da ich ohnehin die Realisierung der zweiten Stammstrecke bis zu den Olympischen Spielen sehr kritisch gesehen habe.
Aber das enthebt uns nicht der Verpflichtung, diese zweite Stammstrecke, die für den Wirtschaftsraum München von großer Bedeutung ist, planerisch voranzubringen und finanziell abzusichern. Der Freistaat Bayern hat die dafür erforderlichen Landesmittel bereitgestellt. Wir erwarten, dass nach der Entscheidung in Durban die Verhandlungen mit dem Bund zügig aufgenommen werden. Wir wissen, dass dies nicht einfach ist, denn der Bund müsste etwa eine Milliarde Euro dafür zur Verfügung stellen.
Aber ich schlage auch vor - dies ist meine persönliche Meinung -: Wenn der Münchener Oberbürgermeister dieses Projekt für so überragend bedeutsam hält, ja, ihm historische Bedeutung für die wirtschaftliche, kulturelle und soziale Entwicklung zubilligt, dann wäre es angemessen, wenn sich die Landeshauptstadt München finanziell beteiligen würde, meine Damen und Herren.
München ist eine der reichsten Städte Deutschlands und hat eine große Zukunft und Prosperität, und es wäre beim Haushalt der Landeshauptstadt München durchaus zumutbar, dass man zehn Jahre lang 50 Millionen Euro im Jahr aufbringt. Dies ergäbe 500 Millionen Euro. Damit hätten wir im Grunde eine sehr große Lücke gedeckt und es bestünde sehr viel schneller eine Möglichkeit, diese wichtige Einrichtung zu finanzieren. Es kann nicht sein, dass sich der Münchner Oberbürgermeister bequem in seinem Ses
(Beifall bei der CSU - Zurufe der Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER) und Markus Rinderspacher (SPD))
Zweitens. Wichtig ist der Ausbau der Bahnstrecke München - Mühldorf - Burghausen - Freilassing, die TEN-Strecke ABS 38. Hierbei kommt es im Zuge des Konjunkturprogramms nun zum Bau der zweiten Innbrücke, und es sind Planungsarbeiten im Gange. Insgesamt geht es zu langsam, denn im Chemiedreieck gibt es 25.000 Arbeitsplätze. Die Wirtschaft hat dort in den letzten Jahren etwa 2 Milliarden Euro investiert, und es stehen weitere Investitionen an. Diese stehen im Wettbewerb zum Beispiel zu Ostdeutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika. Es ist dringend erforderlich, dass diese Bahnstrecke zügig vorangebracht wird.
Ich begrüße und unterstütze sehr die Initiative des Bauindustrieverbandes, dafür auch eine private Finanzierung, ein PPP-Modell, zu prüfen. Ein solches ist zwar bisher im Schienenbereich noch nicht durchgeführt worden, aber ich meine, ungewöhnliche Situationen erfordern es, dass man ungewöhnliche Maßnahmen ergreift. Ich fordere auch hierzu den Bundesverkehrsminister sowie den Finanzminister auf, dass man ein solches privates Finanzierungsmodell prüft, um diese Strecke weiter voranzubringen.
Drittens. Was wir brauchen, ist der Erdinger Ringschluss. Die Staatsregierung hat sich darauf festgelegt, Herr Minister Zeil, und wir haben dies als Regierungsfraktion unterstützt, dass als Erstes jetzt die Neufahrner Kurve gebaut wird. Dazu ist die Planfeststellung im Gange. Die Genehmigung kann im nächsten Jahr erfolgen. Ich hoffe, dass 2012 mit dem Bau begonnen wird und etwa 2016 die Fertigstellung erfolgt ist. Damit könnte der gesamte ostbayerische Raum von Hof, Schwandorf, Regensburg, Landshut und Passau eine direkte Eisenbahnanbindung an den Flughafen München bekommen. Deren Fehlen ist auch das Manko des Flughafens. Wir unterstützen mit allem Nachdruck den Bau der Neufahrner Kurve und hoffen, dass wir innerhalb der nächsten vier, fünf Jahre diesen Lückenschluss hinbekommen.
Viertens. Ich komme zur S-Bahn München. Diese ist ein leistungsfähiges Verkehrssystem. Sie ist jedoch in die Jahre gekommen, und wenn es immer wieder zu Ausfällen und Verspätungen kommt, so liegt dies nicht daran, dass der Münchner Tunnel nicht leistungsfähig wäre, sondern daran, dass die Technik an den Außenästen überholt ist und sowohl von der DB als auch vom Bund und vielleicht auch vom Land die
notwendigen Investitionen unterblieben sind. Wir sind der Meinung, man sollte jetzt ein Programm auf den Weg bringen, um die Außenäste der S-Bahn zu ertüchtigen und um dieses Verkehrssystem insgesamt leistungsfähig zu halten.
Fünftens. Ich möchte herausstellen, dass ich sowohl an den bayerischen Verkehrsminister als auch an den Bundesverkehrsminister appelliere, im Zusammenhang mit der Walpertskirchner Spange, also dem Erdinger Ringschluss hin zur Strecke ABS 38, die Vorstellungen der Stadt Erding zu berücksichtigen, denn ich denke, dass die Stadt Erding mit der Nordanbindung über einen neuen Bahnhof eine zukunftsgerichtete Initiative ergriffen hat.