Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte, die Plätze einzunehmen. - Wenn das geschehen ist, können wir mit der Sitzung beginnen. Ich eröffne die 69. Vollsitzung des Bayerischen Landtags.
Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.
Meine Damen und Herren! Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich zwei Geburtstagsglückwünsche aussprechen. Gestern feierte Herr Staatssekretär Markus Sackmann einen runden Geburtstag.
Heute feiert der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CSU, Herr Kollege Karl Freller, einen halbrunden Geburtstag.
Ich wünsche Ihnen beiden im Namen des gesamten Hauses und persönlich alles Gute und viel Erfolg für Ihre parlamentarischen Aufgaben.
Außerdem möchte ich Ehrengäste auf der Tribüne begrüßen. Ich heiße den Präsidenten der Opfer- und Hinterbliebenenvereinigung "September 11th Families’ Association", Lee A. Lelpi, und seine Begleitung im Bayerischen Landtag willkommen. Herr Lelpi ist Mitbegründer und Vorstand der Gedenkstätte "Tribute WTC Visitor Centers", der ersten Gedenkstätte am "Ground Zero" für die knapp 3.000 Opfer des 11. September in New York. Er ist auf Einladung der Stiftung Bayerischer Gedenkstätten nach Bayern gekommen. Ich wünsche Ihnen, Herr Lelpi, und Ihrer Begleitung einen interessanten, informativen Aufenthalt hier im Maximilianeum.
Aktuelle Stunde gem. § 65 GeschO auf Vorschlag der Fraktion Freie Wähler "Bayerns Straßen sind unterfinanziert - wie geht's weiter?"
In der Aktuellen Stunde dürfen die einzelnen Redner grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Auf Wunsch einer Fraktion erhält einer ihrer Redner bis zu zehn Minuten Redezeit. Diese wird auf die Anzahl der Redner der jeweiligen Fraktion angerechnet.
Ergreift ein Mitglied der Staatsregierung für mehr als zehn Minuten das Wort, erhält auf Antrag einer Fraktion eines ihrer Mitglieder die Gelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die Zahl der Redner dieser Fraktion zu sprechen. Erster Redner ist der Kollege Thorsten Glauber. Bitte schön, Herr Kollege Glauber, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, sehr verehrtes Präsidium, Herr Innenminister! Die Bayerische Staatsregierung spricht von einem leistungsfähigen und optimal vernetzten Verkehrswegenetz als einer wichtigen Voraussetzung für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Dem, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann ich nur zustimmen. Bayern als wichtiges europäisches Transitund Exportland soll wettbewerbsfähig bleiben. Aber dazu ist es notwendig, dass wir gut ausgebaute und gut funktionierende Wege- und Schienennetze haben.
Ist das der Fall? Die Realität, liebe Kolleginnen und Kollegen, sieht anders aus. Wenn wir als Abgeordnete draußen über Land fahren, erleben wir zurzeit Staatsstraßen, die an einen Schweizer Emmentaler erinnern: Schlaglöcher allenthalben.
Schuld daran sind aber nicht nur die Frostschäden. Die Probleme liegen viel tiefer. Schauen wir uns die Zahlen an: Bayern hat 13.500 Kilometer Staatsstraßen. Davon sind 4.800 Kilometer dringend sanierungsbedürftig. Nach Erfassung des Zustandes aus dem Jahr 2007 sind 35 % unserer Staatsstraßen mit einem Schwellenwert von 4,5 eingestuft, sind also in einem schlechten Zustand, und 27,5 % unserer Staatsstraßen sind mit 3,5 bis 4,5 eingestuft, sind also in einem kritischen Zustand. Das heißt, 60 % aller unserer Staatsstraßen sind in einem kritischen oder sanierungsbedürftigen Zustand.
Was ist der Grund für diese dramatischen Verschlechterungen in Bayern? Schauen wir zurück: Es sind die CSU-Haushalte der Jahre 2003/2004/2005 mit der damaligen Stoiber-Politik. Man hat die Ausgaben für den Staatsstraßenunterhalt im Jahr 2003 auf 37 Millionen Euro zurückgefahren, im Jahr 2004 auf 40 Millionen Euro und in 2005 auf 45 Millionen Euro.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie haben den Staatsstraßenausbau dem Sparwahn geopfert. Das lässt sich eindeutig belegen. Im Jahr 1998 lag der Zustand unserer Staatsstraßen, Herr Innenminister, in Bayern bei 2,88. Im Jahr 2007 lag die Bewertung des Zustandes unserer Staatsstraßen bei 3,46 - eine dramatische Verschlechterung!
Schauen wir in die Zukunft: Bei gleichen Mitteln tritt zwangsläufig eine weitere Verschlechterung in Bayern ein. Wir leben in Bayern absolut vom Werteverzehr.
Man muss sich bewusst machen: Momentan haben wir nach einem Bericht des Obersten Rechnungshofes, ORH, für unsere Staatsstraßen in Bayern einen aktuellen Sanierungsstau von 720 Millionen Euro.
Schauen wir die beiden letzten Haushaltsjahre an: Wir hatten 115 Millionen Euro für den Straßenunterhalt in 2009 und 80 Millionen Euro in 2008. Was wird aber wirklich vom ORH gefordert? Wenn wir unsere Staatsstraßen in den Griff bekommen wollen, müssen wir in den nächsten zehn Jahren 170 Millionen Euro pro Jahr investieren, um diesen Werteverzehr zu vermeiden. Dabei möchte ich drei Perspektiven aufzeigen. Als Architekt rufe ich Ihnen zu: Der Straßenbau ist für Bayern ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Er ist wichtig für unser Baugewerbe und unsere Infrastruktur.
Als jugendpolitischer Sprecher meiner Fraktion sage ich: Wenn wir nicht vom Werteverzehr für nachfolgende Generationen reden wollen, bitte ich Sie, alle Anstrengungen zu unternehmen, damit wir im Staatsstraßenbau vorankommen und damit er nicht der jungen Generation auf die Füße fällt.
Als Abgeordneter der Freien Wähler rufe ich Ihnen zu: Stimmen Sie unseren Anträgen für den Haushalt zu. Wir fordern eine moderate Erhöhung um 35 Millionen Euro für das Jahr 2010 und von 60 Millionen Euro für das Jahr 2011.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Schienen und Straßen sind Lebensadern für unsere Wirtschaft. Sie sind dringend notwendig, um das gewachsene Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung zu erfüllen.
Staatsstraßen waren das Thema der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses. Ich habe in dieser Sitzung bereits einige deutliche Worte dazu verloren. Wir diskutieren derzeit den Siebten Ausbauplan. Herr Staatsminister Herrmann hat in diesem Plan aufgelistet, dass allein die Projekte der ersten Dringlichkeit Jahr für Jahr 100 Millionen Euro zuverlässig benötigen, damit sie innerhalb von zehn Jahren umgesetzt werden können.
Herr Glauber, Sie haben bezüglich des Staatsstraßenhaushalts auf etwas hingewiesen, worin ich Ihnen ausdrücklich nicht widerspreche. Da haben wir seit Jahren zu wenig Mittel. Die Jahre 2007 bis 2010 waren Ausnahmen. Da gab es Konjunkturprogramme
und sonstige Sondermittel. Notwendig wäre eine Verstetigung insbesondere der regulären Haushaltsmittel. Denn die ist für eine Planungssicherheit notwendig, zum einen für unsere Straßenbauämter, die gern zuverlässig wüssten, was sie planen und umsetzen können, zum anderen selbstverständlich auch für unsere Baufirmen.
In den vergangenen Jahren gab es ein ständiges Auf und Ab. Es war im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass das Einsparpotenzial seitens des Innenministeriums weniger im Personalbereich als allenfalls im investiven Bereich liegt; dies ist genau der Tätigkeitsbereich der Obersten Baubehörde. Deswegen beklagen wir seit Jahren, dass davon der Hochbau, der Tiefbau, der Straßenbau, aber auch die Städtebauförderung und der Wohnungsbau betroffen sind.
Aber so kann das nicht weitergehen. Dieses Parlament - da appelliere ich an alle Fraktionen - sollte sich endlich einmal dazu durchringen, auf Jahre hinaus verlässlich die nötigen Gelder für Neubau, Ausbau, Umbau, Instandhaltung und Sanierung unserer Staatsstraßen zur Verfügung zu stellen.
Dann haben wir die Chance, die Straßen zumindest innerhalb von circa zehn Jahren zu sanieren. Jede verschleppte Sanierung vergrößert die Schäden und vervielfacht die Kosten. Wenn ich heuer einen Kilometer einer Straße saniere, kommt mich das weit billiger, als wenn ich die Sanierung erst in fünf oder zehn Jahren in Angriff nähme. Wer Hauseigentümer ist, weiß, dass man in die Instandhaltung laufend investieren muss, damit aufgetretene Schäden nicht weiter verlottern.
- Sie sollten sich beruhigen, Herr Aiwanger. Aber das werden Sie nicht schaffen; Ihre Persönlichkeitsstruktur ist dazu nicht angelegt.
Der Ausbauplan wäre dann kein bloßer Wunschkatalog, sondern wir hätten die reale Chance, die dringend notwendigen Projekte wie Ortsumfahrungen oder Neutrassierungen umzusetzen. Wir werden jedes Jahr mindestens 200 Millionen Euro zuverlässig benötigen, und das mindestens zehn Jahre lang.
Der heurige Haushaltsansatz fällt leider wesentlich bescheidener aus als die Ergebnisse der Jahre 2010 und insbesondere 2009. Die damaligen Ansätze sind durch das Konjunkturprogramm des Bundes hochgepusht worden. Im Jahr 2010 gab es zusätzlich 40 Millionen Euro. Im Jahr 2009 waren es 57 Millionen
Es gibt einen Antrag der Freien Wähler auf Erhöhung um 35 Millionen Euro. Die Regierungsfraktionen haben - ich darf daran erinnern - eine weitere Erhöhung in Aussicht gestellt. Über die Höhe des Betrags wird hier sicher noch im Einzelnen zu verhandeln sein.
Aktuell sind für den Um- und Ausbau 50 Millionen Euro ausgewiesen, für die Bestandserhaltung 60 Millionen Euro. Vom Programm "Zukunft Bayern" gibt es für Um- und Ausbau zusätzlich zehn Millionen Euro und aus dem Konjunkturprogramm Restmittel in Höhe von 3 Millionen Euro. Aus dem Programm "Aufbruch Bayern" kommt es zu einer Verstärkung der Mittel für Um- und Ausbau und die Bestandserhaltung um 25 Millionen Euro. Alles addiert, ergibt das 148 Millionen Euro.
Ich erwähnte bereits die Zahl 200 Millionen Euro. Es fehlt dann also noch einiges. Da hat das Parlament, insbesondere der Haushaltsausschuss, durchaus noch eine Aufgabe, um an die Zahl von 200 Millionen Euro heranzukommen. Ich hätte nichts dagegen, wenn es mehr als 35 Millionen Euro sind. Sie, Herr Glauber, werden sicher ebenfalls nichts dagegen haben.
Wie mir gestern der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Kollege Georg Winter, gesagt hat, wird das Innenministerium im Haushaltsausschuss vor der Entscheidung einen Bericht erstatten. Ich gehe davon aus, dass darin die Schäden ungeschminkt dargestellt werden. Ich bin zuversichtlich, dass wir dann die Mittel finden werden, um den Ansatz zu erhöhen.
Es wird ein ganz wesentlicher Nachschlag gegeben werden müssen. Investitionen sind gut für die Straßen. Sie verbessern die Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse in unserem Land, insbesondere in der Fläche. Sie schaffen Arbeitsplätze für viele mittelständische Tiefbaufirmen, gerade auch im ländlichen Raum. Von daher ist es gut, dass wir heute darüber diskutieren. Der SPD sei gesagt: Mir ist kein Antrag auf Erhöhung im diesjährigen Haushalt bekannt.