Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 31. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich noch drei Geburtstagsglückwünsche aussprechen. Heute feiern Frau Kollegin Karin Pranghofer und Herr Kollege Prof. Dr. Bausback Geburtstag.
Herr Kollege Prof. Dr. Piazolo, der sich für heute entschuldigt hat, feiert darüber hinaus heute einen runden Geburtstag. Ich wünsche Ihnen im Namen des gesamten Hauses und persönlich alles Gute und viel Erfolg für Ihre parlamentarischen Aufgaben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, herzliche Glückwünsche möchte ich auch Herrn Kollegen Markus Rinderspacher zu seiner Wahl zum Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Bayerischen Landtag aussprechen.
Im Namen aller wünsche ich Ihnen eine glückliche Hand in Ihrem neuen Amt. Zugleich danke ich im Namen des Hohen Hauses dem bisherigen langjährigen Vorsitzenden, dem Kollegen Franz Maget.
Außerhalb der Tagesordnung gebe ich gemäß § 27 Absatz 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Herrn Kollegen Albert Füracker zum Vorsitzenden gewählt hat. Das Hohe Haus nimmt davon Kenntnis, und ich wünsche ihm für seine Amtsführung eine glückliche Hand und alles Gute.
Ministerbefragung gem. § 73 GeschO auf Vorschlag der SPD-Fraktion "Desaster bei der Bayerischen Landesbank - und kein Ende!"
Zuständig für die Beantwortung ist der Staatsminister der Finanzen. Als erste Fragestellerin rufe ich Frau Aures auf. Bitte schön, Frau Kollegin Aures.
Herr Präsident, Herr Minister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie können sich sicher denken, dass vonseiten der SPD-Fraktion viele Fragen zur
Bayerischen Landesbank aufgekommen sind. Zunächst möchte ich Sie auf den Durchsuchungsbeschluss ansprechen. Wir von der SPD fordern - das habe ich dem Vorsitzenden der Kontrollkommission Ernst Weidenbusch jetzt schriftlich mitgeteilt -, dass uns die gesamten Durchsuchungsbeschlüsse zugestellt werden. Es darf nicht vorkommen, dass die Presse mehr weiß als wir.
Der Freistaat Bayern ist zu 94 % Anteilseigner an der Bayerischen Landesbank und damit bei der Hypo Group Alpe Adria - HGAA - mit 67,1 % vertreten. Deshalb ist es wichtig zu wissen, was sich genau sich dahinter verbirgt.
Außerdem wollen wir wissen, wie die Mitglieder der Staatsregierung reagiert haben, nachdem sie diesen Beschluss gehört haben und wissen, dass ein solcher Bericht existiert. Ich möchte in Erinnerung rufen, dass im Jahr 2007 im Verwaltungsrat Dr. Naser, Prof. Faltlhauser, Herr Erwin Huber, Herr Christmann, Dr. Beckstein, Herr Herrmann, Herr Hagl, Herr Heike, Herr Kamprath, Ministerin Müller, Herr Schaidinger und Herr Schmid von der CSU die Verantwortlichen waren.
Der nächste Punkt ist besonders wichtig. Welche Schritte unternimmt das Ministerium, um eventuelle Schadensansprüche bei den Betroffenen sicherzustellen, vor allem in Bezug auf die Verjährung. Wenn wir noch länger warten, könnte es bereits zu spät sein. Wie ist der aktuelle Stand beim EU-Beihilfegenehmigungsverfahren? Gibt es neuere Erkenntnisse über die finanzielle Entwicklung der HGAA? Bestehen dort Verkaufsabsichten oder Verkaufsverhandlungen?
Nun komme ich zu einer neuen Baustelle, die ich heute aufmachen möchte. Bekommen die Vorstandsmitglieder der Bayern LB eigentlich Remunerationen? Außerdem möchte ich mich auf die heutige Ausgabe der "Süddeutschen Zeitung" beziehen. Letzte Woche fand eine Kontrollkommissionssitzung statt. Dort ist berichtet worden, dass unsere Wirtschaftsprüferin, die Sie sich, sehr geehrter Herr Fahrenschon, zur Seite gestellt haben, den Kauf der HGAA geprüft hat. Aus dieser Prüfung resultierte das Ergebnis, dass alles in Ordnung gewesen sei. In diesem Zusammenhang frage ich mich, warum der Staatsanwalt gekommen ist und die Akten beschlagnahmt hat. Irgendetwas kann nicht stimmen.
In der nächsten Sitzung der Kontrollkommission hätten wir gerne den Bericht von Frau Linner. Die SPD-Fraktion hatte bereits einen Antrag gestellt, der einen Bericht von Frau Linner gefordert hat. Der Bericht liegt uns bis heute nicht vor. Zudem will die SPD gerne wissen, wer sich tatsächlich hinter der Investorengruppe Berlin & Co AG versteckt. Im Kontrollausschuss ist uns gesagt worden, man wisse nicht, wer außer Herrn Dr. Tilo Berlin der Investorengruppe angehöre. Der Freistaat Bayern darf nicht mit Privaten in einer Bank zusammenwirken, von der man nicht weiß, wer die Geldgeber sind und wer sich dahinter verbirgt.
Wir hätten gern schließlich auch gewusst, wie das Ministerium mögliche Schadensersatzansprüche - auch gegen Gutachter - durchzusetzen beabsichtigt. Es kommen ja immer wieder Namen von verschiedenen Gutachtern ins Gespräch, deren Gutachten später notifiziert worden sind. Über diesen Punkt würden wir auch gern noch einmal diskutieren.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kollegin Aures, ich bedanke mich für den Fragenkatalog und werde selbstverständlich in der gebotenen Zeit entsprechende Antworten zu geben versuchen.
Ich fange mit dem EU-Verfahren an. Wir sind nach wie vor in konstruktiven Verhandlungen mit der Kommission. Die Genehmigung des Umstrukturierungsplans der BayernLB durch die EU-Kommission steht jedoch noch aus.
Die Kommission hatte ursprünglich einen Abschluss des Beihilfeverfahrens vor der Sommerpause in Aussicht gestellt. Ende Juni wurden dann jedoch sehr kurzfristig und in großem Umfang weitere Informationen seitens der Kommission angefordert. Über die Motive der Kommission für dieses Vorgehen möchte ich hier nicht spekulieren. Wir stellen fest, dass mittlerweile über 70 Banken in Europa Notifizierungsverfahren angestoßen haben. Offensichtlich versucht die Kommission, über alle 70 Banken ein gleiches Verfahren zu ziehen.
Die Bank hat mit Hochdruck und unter Einsatz großer Ressourcen an der Zusammenstellung der Informationen für die Kommission gearbeitet. Ein Verfahrensabschluss vor der Sommerpause und eine Antwort zu dem
In den letzten Wochen wurden der Kommission die angeforderten Informationspakete übermittelt. Außerdem fanden weitere Gesprächstermine auf Arbeitsebene statt.
Ziel bleibt - so teilte uns die Kommission mit -, einen Verfahrensabschluss bis Ende des Jahres anzustreben. Das hat den Vorteil, dass eine schnelle Entscheidung Rechtssicherheit bringt, und liegt deshalb grundsätzlich auch im Interesse des Freistaates und natürlich auch der Bank. Allerdings ist ein baldiger Verfahrensabschluss kein Selbstzweck. Wichtiger sind der materielle Inhalt der Entscheidung und deren Auswirkung auf die Bank und ihre Eigentümer.
Sie haben gefragt, wie sich die Situation der Bank und im Zusammenhang damit auch die der HGAA darstellen. Die Ergebniszahlen des BayernLB-Konzerns für die ersten sechs Monate sind insgesamt zufriedenstellend. Trotz der globalen Wirtschaftskrise hat die BayernLB einen Gewinn nach Steuern von 359 Millionen Euro erzielt. Der Zinsüberschuss beträgt 1.269 Millionen Euro. Die Risikovorsorge stieg aber aufgrund der verschlechterten konjunkturellen Rahmenbedingungen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 525 Millionen auf 704 Millionen Euro. Der für das Jahr 2009 erwartete Restrukturierungsaufwand für den Umbau der Bank ist mit 246 Millionen Euro und damit bereits zu 90 % im ersten Halbjahr berücksichtigt.
Zu der positiven Entwicklung trugen ein verbessertes Kundengeschäft, das höhere Handelsergebnis, Maßnahmen zur Effizienzsteigerung und natürlich auch die Abschirmlösung für das ABS-Investmentportfolio bei.
Dennoch nutze ich erneut die Gelegenheit, Frau Abgeordnete, ausdrücklich vor zu großer Euphorie und zu großen Erwartungen zu warnen. Die BayernLB hat samt ihren Tochtergesellschaften noch einen schwierigen Weg vor sich. Das gilt gerade auch für die HGAA.
Die Auswirkungen der Finanzkrise und die wirtschaftliche Rezession werden weitere Belastungen für die BayernLB im Konzern mit sich bringen. Eine negative Auswirkung der Finanzmarktkrise wird sich in voller Schärfe erst im zweiten Halbjahr 2009 sowie Anfang 2010 zeigen.
Wir weisen erstens darauf hin, dass Experten davon ausgehen, dass die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen noch einmal zunehmen wird. Wir weisen zweitens darauf hin, dass die Risiken im Kreditgeschäft
infolge der verschlechterten konjunkturellen Rahmenbedingungen weltweit steigen. Dieser Entwicklung kann sich auch die BayernLB nicht entziehen.
Im zweiten Halbjahr 2009 ist deshalb mit einer weiteren Erhöhung der Kreditrisikovorsorge sowie mit Wertanpassungen im Beteiligungsbestand der BayernLB zu rechnen. Die weiteren Entwicklungen bleiben hier abzuwarten.
Die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung der HGAA ist alles andere als erfreulich. Sie ist eines der Hauptsorgenkinder, die die Bank derzeit hat. Im ersten Halbjahr 2009 konnte die HGAA zwar beim Nettozinsergebnis zulegen, und, begleitet durch die positive Entwicklung, war das Finanzergebnis insgesamt gut. Dennoch stehen dem positiven Ergebnis erhebliche negative Effekte bei der Risikovorsorge gegenüber.
Hier wirkt sich das starke Engagement der HGAA in den Ländern Südosteuropas sowohl im Bank- als auch im Leasinggeschäft aus. Aufgrund des deutlichen Anstiegs in der Zuführung zur Kreditrisikovorsorge musste für die HGAA für das erste Halbjahr ein negatives Konzernergebnis von 162 Millionen Euro ausgewiesen werden.
Von der weiteren Entwicklung der Risikovorsorge und des Jahresergebnisses der HGAA wird es im Übrigen abhängen, in welchem Umfang weitere Kapitalmaßnahmen durch die BayernLB bei der HGAA notwendig sind.
Ich kann die Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung, bezogen auf die HGAA, nicht ausschließen. Den auf die BayernLB entfallenden Teil könnte die Bank aber nach eigenen Angaben allein schultern. Das heißt, es sind keine weiteren staatlichen Mittel unsererseits nötig.
Wie ist der Stand der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen? Zu dieser Frage mache ich ähnlich wie in der Kontrollkommission auch hier eine Vorbemerkung.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beziehen sich insbesondere auf Sachverhalte im Jahr 2007. Sie sind derzeit gegen den damaligen Vorstandsvorsitzenden Werner Schmidt als Beschuldigten gerichtet. Konkret geht es um den Erwerb der Beteiligung an der HGAA durch die BayernLB. Die Verträge wurden am 22. Mai 2007 unterzeichnet. Der Erwerb war mit dem sogenannten Closing am 9. Oktober 2007 abgeschlossen. Closing-Tag ist der Tag, an dem alle im Vertrag festgelegten Bedingungen für das Wirksamwerden des Erwerbs der Beteiligung eingetreten sind und der Kaufvertrag zum Erwerb der Anteile vollzogen wird.