Protocol of the Session on December 16, 2009

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Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche Ihnen allen einen schönen guten Morgen und uns einen erfolgreichen Arbeitstag. Damit darf ich die 37. Vollsitzung des Bayerischen Landtags eröffnen. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde wie immer erteilt. Der Ordnung halber möchte ich bekanntgeben, dass der Tagesordnungspunkt 2 "Aktuelle Stunde" im Einver nehmen mit allen Fraktionen von der Tagesordnung abgesetzt wird.

Ich rufe gemeinsam die Tagesordnungspunkte 3 d und 3 e auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Joachim Hanisch und Fraktion (FW) zur Änderung des Gesetzes zur Anpassung der Bezüge 2009/2010 (Drs. 16/2851) Erste Lesung

und

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Stefan Schuster, Helga Schmitt Bussinger u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Gesetzes zur Anpassung der Bezüge 2009/2010 (Drs. 16/2878) Erste Lesung

Der Gesetzentwurf der Fraktion der Freien Wähler wird von Herrn Kollegen Hanisch begründet. Somit darf ich ihm jetzt das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein alter Inhalt wurde neu verpackt. Die alte Forderung der Freien Wähler ist deshalb nicht weniger aktuell. Es handelt sich um die Zulagen für die Polizeibeamten. Dabei stellt sich die grundsätzliche Frage: Wie viel ist uns die Polizei wert? Wie viel ist uns die Sicherheit wert? Wir haben sehr gute Polizeibeamte. Den Polizeibeamten möchte ich so kurz vor Weihnachten an dieser Stelle für ihre gute Arbeit danken. Wenn wir gute Polizisten haben, dann sollten wir diese auch vernünftig bezahlen. Die Zulagen, die wir gewähren, machen nur einen Bruchteil dessen aus, was die Mitarbeiter im privaten Sicherheitsdienst verdienen. Insofern sind wir der Meinung, dass die Forderung nach einer höheren Zulage erfüllt werden muss. Die Haushaltsberatungen für den Nachtragshaushalt stehen vor der Tür, sodass der Zeitpunkt hierfür günstig wäre.

Wir können den Polizisten nur schwer erklären, weshalb sie diese Zulagen in einer sehr spärlichen Höhe

erhalten. Der Nachtdienst wird immer weniger besetzt. Die Polizeibeamten im ländlichen Raum werden immer älter. Aus diesem Grund wird es immer schwieriger, Polizisten für den Schichtdienst, den Wechseldienst und für den Nachtdienst zu gewinnen. Diese Leute sollten in den Genuss der Zulagen kommen. Wir sind der Meinung, dass die Zulagen, die derzeit nicht der tatsächlichen Beanspruchung der Polizeibeamten entsprechen, angehoben werden müssen. Wir können nicht abwarten, bis das Bayerische Besoldungsgesetz in Kraft tritt. Wir müssen sofort handeln. Im Vergleich zu den privaten Sicherheitsdiensten müssten wir die Sätze noch einmal anheben. Die Sätze sind unserem Antrag zu entnehmen. Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Jetzt darf ich Herrn Kollegen Schuster um das Wort bitten.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Zulagen für den Dienst zu ungünstigen Zeiten für Beamte, die regelmäßig sonntags, feiertags, samstags und nachts arbeiten und dazu ein hohes Berufsrisiko tragen, sind unserer Einschätzung nach vollkommen unzureichend. Die Zuschläge für Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie die Arbeit am Samstag sind in der freien Wirtschaft weitaus höher. Sie betragen bis zu 150 % des normalen Stundenlohns. Ein Mitarbeiter bei Audi bekommt für die Arbeit in der Nacht zusätzlich 136 Euro. Ein Polizist, der in der Nacht sei nen Dienst leistet, erhält höchstens 23 Euro. Die Anhe bung der Erschwerniszulage von zunächst 2,72 Euro auf 2,80 Euro, dann auf 2,88 Euro und zum 01.03.2010 auf 2,91 Euro zeigt die zögerliche Haltung des Gesetz gebers bei der Anhebung dieser Zulage. Erforderlich ist eine spürbare Anhebung aller Erschwerniszulagen für die Beamten bei der Polizei, bei der Justiz und bei der Feuerwehr.

Das Abwarten auf die Verabschiedung des neuen Bayerischen Besoldungsgesetzes - das hatte der Herr Kollege bereits gesagt - im Rahmen des Gesetzes zum neuen Dienstrecht in Bayern würde zu lange dauern. Eine derartige Verzögerung bedeutet, dass die Forderungen erst zum 01.01.2011 oder noch später umgesetzt werden könnte. Kolleginnen und Kollegen, wir fordern, die Zulagen für den Sonntags-, Feiertags- und Nachtdienst um jeweils einheitlich 5,00 Euro zu erhö hen und die Zulage für den Samstagsdienst auf 2,50 Euro je Stunde zu erhöhen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Forderung hat die SPD-Fraktion bereits zum Haushaltsgesetz für den Doppelhaushalt 2009/2010 gestellt. Dieser Antrag wurde abgelehnt. Die Forderung haben wir erneut im

Zusammenhang mit dem Gesetz zur Anpassung der Bezüge 2009/2010 gestellt. Daraufhin erfolgte wieder eine Ablehnung, obwohl der Innenausschuss unserem Antrag damals einstimmig zugestimmt hat. Falls unser Gesetz in der Zweiten Lesung wieder abgelehnt werden sollte, werden wir diesen Antrag erneut zum Haushaltsgesetz des Nachtragshaushalts einbringen und nicht nachlassen, bis diese Forderung umgesetzt worden ist. Wir setzen uns für die Beschäftigten vor Ort ein, die ihren Kopf hinhalten und täglich einer zunehmenden Gewaltbereitschaft ausgesetzt sind. Die SPD-Fraktion wird nicht locker lassen.

(Beifall bei der SPD)

Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzentwurf der Freien Wähler wurde wahrscheinlich eingebracht, um eine Pressemitteilung mit der Überschrift "Freie Wähler schlagen höhere Zulagen für Polizeibeamte vor" herbeizuführen.

(Hubert Aiwanger (FW): Auf die Idee sind wir noch gar nicht gekommen!)

Herr Kollege Aiwanger, Sie haben mit Ihren Forderungen richtig zugeschlagen. Das muss ich wirklich sagen. Für die Nachtschicht sehen Sie eine Erhöhung von 1,28 Euro auf 3,00 Euro vor. Das ist noch hinnehmbar. Für die Samstagsarbeit fordern Sie eine Erhöhung von 77 Cent auf 1,00 Euro - na ja. Die Krönung leisten Sie sich jedoch in Bezug auf die Sonntagsarbeit. Dort fordern Sie eine Erhöhung von 2,88 Euro auf 2,91 Euro. Das sind 3 Cent.

(Harald Güller (SPD): Da kostet ja das Kopierpapier für den Antrag mehr!)

Das hätten Sie lieber bleiben lassen sollen.

Wir hatten in der letzten Woche Gespräche mit beiden Polizeigewerkschaften, mit DPolG und GdP. Da wurde unisono gesagt, dass der Gesetzentwurf der Freien Wähler mit seiner Forderung ein Schlag ins Gesicht der Polizeibeamtinnen und -beamten ist. Ich denke, es wäre besser für Sie, den Gesetzentwurf zurückzuziehen. Aber wir haben noch Zeit, in den Ausschüssen darüber zu diskutieren. Unserem Gesetzentwurf sollten Sie zustimmen, zumal Sie den darin aufgestellten Forderungen schon im Innenausschuss zugestimmt haben. Wir können darüber aber auch noch diskutieren.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Meißner.

Guten Morgen, Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Es ist sehr geschickt

von der Landtagsregie, wenn man es fertigbringt, nach der Weihnachtsfeier als ersten Tagesordnungspunkt den "Dienst zu ungünstigen Zeiten" zu terminieren. Das trifft auf einige sicherlich zu. Gleichwohl haben wir die beiden Gesetzentwürfe vorliegen. Ich bin dem Kollegen Schuster ein wenig gram. Er hat mir alles vorweggenommen, was ich im Zusammenhang mit den Vorstellungen der Freien Wähler andeuten wollte.

Wir werden die Gesetzentwürfe in den Ausschuss verweisen, wo wir, wie angedeutet wurde, schon intensiv darüber diskutiert haben.

Wir müssen die Dinge aber auch im Gesamtzusammenhang sehen. Mitunter haben wir Probleme beim Schichtdienst. Im Haushalt ist jedoch durch die Schaffung von zweimal fünfhundert neuen Stellen einiges getan worden.

Die Probleme im Schichtdienst sollte man aber nicht überhöhen. Man muss sie genau betrachten. Es ist unbestritten, dass in sogenannten Enddienststellen - Polizeiinspektionen - gerade im ländlichen Raum von Haus aus ein hoher Altersdurchschnitt gegeben ist. Dies ist systembedingt, weil eigentlich alle ihren Dienst im Großraum ableisten und sich dann nach und nach - ich sage es in Anführungszeichen - in Richtung Heimat versetzen lassen. Dadurch entstehen mancherorts Probleme. Deswegen ist es gerechtfertigt, dass wir darüber reden.

Probleme gibt es natürlich auch bei den Rahmenbedingungen. Diese haben sich geändert. Der Nachtdienst wird immer schwieriger, und zwar auch durch ein geändertes Freizeitverhalten. Ich erinnere daran, dass wir keine Sperrstunde mehr haben. Das bedeutet für den einzelnen Polizisten und die Polizistin, dass es nachts nicht ruhiger wird; der Betrieb geht eigentlich durch, weil sich das Freizeitverhalten der Menschen eben geändert hat. So gibt es keine Erholungsphasen mehr. Deshalb ist es sicher richtig, dass wir darüber diskutieren.

Die Oppositionsfraktionen SPD und Freie Wähler haben ihre Vorstellungen vorgelegt. Auch wir stehen zu der Abstimmung, die wir im Innenausschuss durchgeführt haben. Intern haben wir schon vorher über die Dinge diskutiert. Ich freue mich außerordentlich, dass sich der Innenminister schon bald zu den angestellten Überlegungen bekannt hat und eine Änderung veranlassen will.

Schon seit Längerem wird auch mit dem Finanzminister - wer das noch nicht mitbekommen hat, kann manchmal ganz schön halsstarrig sein - darüber verhandelt, wie eine solche Änderung aussehen könnte.

Ich habe die Gesetzentwürfe genau studiert. Wir sollten jetzt darauf schauen, wo wir Änderungen andenken müssten.

Einen Dienst zu ungünstigen Zeiten gibt es namentlich auch am Wochenende. Zu dieser Zeit seinen Dienst zu verrichten ist natürlich bei keinem Menschen beliebt. Deswegen sollten wir über die Struktur der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten nachdenken und verhandeln. Wir werden auch weiter mit dem Finanzministerium und den Polizeigewerkschaften darüber verhandeln.

Herr Staatsminister Herrmann hat mir gestern versichert, dass die Gespräche schon im Januar wieder aufgenommen werden. Insofern liegen die Vorstellungen und Überlegungen Ihrerseits auf dem Tisch. Wir nehmen sie zur Kenntnis und werden sie im Ausschuss diskutieren. Wir arbeiten weiter daran.

Insgesamt bin ich sicher, dass mit gutem Willen von allen Seiten eine Lösung erreicht werden kann. Diese Lösung wird es den Polizistinnen und Polizisten zwar nicht leichter machen, ihren Nachtdienst abzuleisten, aber alles etwas abfedern und eine zusätzliche Anerkennung ausdrücken.

Ich freue mich auf die Diskussion.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Jetzt darf ich Frau Kollegin Tausendfreund das Wort erteilen.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Polizei leistet trotz widriger Umstände gute Arbeit. Wir haben es mit einem Beförderungsstau und dabei mit langen Wartezeiten zu tun. Wir haben noch immer die 42-StundenWoche, deren Rückführung auf die 40-Stunden-Woche noch ein bisschen auf sich warten lässt. Es gibt anstrengende Schicht- und Wochenenddienste. Es gibt eine schlechte Bezahlung. Und wir haben es de facto mit Personalabbau als Folge der verfehlten Einstellungspraxis zu tun. Infolgedessen haben wir in den Inspektionen ein gravierendes Defizit zwischen den Soll- und Ist-Stellen zu verzeichnen. Das sind die Rahmenbedingungen unserer Landespolizei.

Demgegenüber stehen wachsende Anforderungen und Aufgaben. Somit gebietet es die Fürsorgepflicht, für diese Arbeitsbedingungen einen angemessenen Ausgleich zu schaffen.

Vernünftige Anreize für den Polizeiberuf sind ganz im Sinne der Mitarbeitermotivation und der Attraktivität des Gedankens, sich bei der Polizei zu bewerben.

Die jetzigen Sätze für die Zuschläge können dieses Erfordernis nicht erfüllen. Sie sind schlichtweg lächerlich niedrig. Samstags sind es 77 Cent, nachts 1,28 Euro, sonn- und feiertags 2,80 Euro pro Stunde. Das ist kein adäquater Ausgleich für die anstrengende Tätigkeit im Schichtdienst, im Wochenend- und Feiertagsdienst, schon gar kein Ausgleich für das tagtägliche Berufsrisiko.

Wir haben deshalb für den letzten Haushalt einen entsprechenden Finanzantrag gestellt. Wir haben für 2010 drei Millionen Euro beantragt, damit eine Aufstockung für alle ungünstigen Dienstzeiten jeweils auf fünf Euro ermöglicht wird. Der Antrag ist von den Koalitionsfraktionen leider abgelehnt worden. Damit ist zunächst einmal eine Chance vertan worden. Aber nachdem ich den Kollegen Meißner heute gehört habe, hoffe ich doch, dass sich etwas in Richtung auf fünf Euro pro Stunde tun wird, nicht in Richtung der Sätze, die die Freien Wähler vorgeschlagen haben.

Interessanterweise sind den Beamtinnen und Beamten immer höhere Zuschläge versprochen worden. Unser Antrag datiert vom 28. Januar 2009. Schon am 29. Ja nuar hat Innenminister Herrmann eine Pressemitteilung herausgegeben, in der er die Erhöhung der DuZ-Zuschläge versprochen hat. Aber inzwischen ist ein Jahr vergangen, ohne dass etwas geschehen wäre. Die Zuschläge sind nicht erhöht worden. Da frage ich mich schon, was die Ankündigung wert gewesen ist. Sie war vielleicht eine Reaktion auf unseren damaligen Antrag, aber Taten sind nicht gefolgt.

Jetzt liegen uns zwei Gesetzentwürfe auf dem Tisch. Das ist eine Gelegenheit, wieder über die Höhe der Zuschläge zu debattieren.

Die Höhe der Sätze, wie sie die SPD vorgeschlagen hat, ist angemessen. Das betrifft die fünf Euro bzw. 2,50 Euro für die Samstagstätigkeit.

Was die Überlegungen der Freien Wähler betrifft, schließe ich mich den Ausführungen des Kollegen Schuster an. Denn die von dort vorgebrachte Erhöhung war ziemlich zaghaft. Sie bringt keine Verbesserung, wie wir sie uns wünschen.

Deshalb werden wir in die Richtung des Gesetzentwurfs der SPD gehen. Wir werden dem Entwurf zustimmen. Die anderen Sätze bringen kaum eine Verbesserung der bisherigen Situation.

(Beifall bei den GRÜNEN)