Ich eröffne die 132. Vollsitzung des Bayerischen Landtags und wünsche Ihnen - nach Schleißheim - einen wunder schönen guten Morgen. Ich begrüße Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Heldinnen und Helden der Arbeit, die heute schon hier sitzen, und erinnere daran, dass schon die erste Abstimmung eine na mentliche Abstimmung sein wird. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmege nehmigung gebeten. Diese Genehmigung wurde er teilt.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich einen Geburtstagsglückwunsch aussprechen. Lieber Herr Kollege Nadler, es ist mir eine besondere Freu de, Ihnen vom Präsidium aus im Namen des gesam ten Hauses meine besten Glückwünsche und die mei ner Beisitzerinnen zu übermitteln. Heute ist Ihre vorletzte Sitzung. Wir danken Ihnen von ganzem Her zen für Ihren freundlichen Umgang mit allen Kollegin nen und Kollegen und, was selbstverständlich noch wichtiger ist, für Ihre sehr intensive Arbeit und für Ihr Engagement. Es hat uns allen – das darf ich mit auf richtigem Herzen sagen – sehr gut getan, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Ich wünsche Ihnen trotz der Sitzung noch einen schönen Tag.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Dr. Simone Strohmayr, Stefan Schuster u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes (Drs. 16/15842) - Zweite Lesung
Ich eröffne die Aussprache und erinnere daran, dass im Ältestenrat für diesen Tagesordnungspunkt drei Minuten Redezeit je Fraktion vereinbart worden sind. Ich bitte als erste Rednerin Frau Dr. Strohmayr ans Mikrofon. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst ein mal einen wunderschönen guten Morgen. Es ist ein hartes Los, als erste Rednerin nach diesem wunder baren Fest im Schloss Schleißheim zu reden. Den noch möchte ich die Gelegenheit nutzen, um Sie mit einem Thema wachzurütteln, das mir ganz besonders am Herzen liegt.
Sie erinnern sich vielleicht noch an den Amtsantritt von Horst Seehofer. Er verkündete vollmundig, er wolle Frauen endlich besser fördern. Vor allem wollte er die CSU weiblicher machen. Das Jahr 2011 hat er zum Jahr der Frau erklärt. Ich frage Sie: Was ist seit her geschehen?
Wenn ich auf die Reihen der CSU schaue, dann sehe ich fast ausschließlich Männer. Von über 90 Sitzen sind gerade einmal 19 von Frauen besetzt. Glaubt man der Presse, dann soll sich dieses Verhältnis noch verschlechtern; denn viele Frauen in der CSU-Frak tion hören auf und werden oft männliche Nachfolger haben.
Wie sieht es in der Regierung aus? Nachdem der Mi nisterpräsident fünf Jahre Zeit hatte, Frauenförderung hier in Bayern umzusetzen, sind von elf Ministern ge rade einmal drei Frauen. Eine von diesen Frauen ist unsere Sozialministerin, die leider jetzt noch nicht da ist. Am Beispiel der Sozialministerin möchte ich Ihnen schildern, wie Frauenpolitik hier in Bayern aussieht. Sie erinnern sich vielleicht daran, dass der Frauenför derer Seehofer als eine seiner ersten Taten das So zialministerium – damals war es noch das Sozial- und Gesundheitsministerium – zurechtgestutzt hat. Die Gesundheitspolitik hat man Frau Haderthauer nämlich nicht zugetraut. Aber das Frauenthema hat man ihr immerhin belassen.
- Das ist noch einmal eine andere Fragestellung. – Aber immerhin ist Frau Haderthauer zumindest formal für Frauen in Bayern zuständig, aber eben nur formal; alleine die Tatsache, dass sie heute nicht anwesend ist, zeigt, wie sehr ihr das Thema Gleichstellung am Herzen liegt.
Ein besonderes Engagement von Frau Haderthauer habe ich jedenfalls bei diesem Thema nicht bemerkt. Der Sozialbericht liefert verheerende Zahlen. Es ist längst klar: Frauen leben hier in Bayern oft mehr schlecht als recht. Vor allen Dingen alleinerziehende und ältere Frauen haben große Probleme.
Sie haben heute hier die Chance, unserem Entwurf eines Gleichstellungsgesetzes zuzustimmen und die Gleichstellung in Bayern endlich modern zu gestalten.
Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, erstens den Redner innen und Rednern nicht den Rücken zuzukehren und zweitens etwas zur Ruhe zu kommen bzw. zur Unter haltung den Saal zu verlassen. - Als nächster Redner hat Herr Seidenath für die CSU das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Zweiter Lesung be schäftigen wir uns heute mit dem Gesetzentwurf der SPD zur Änderung des Bayerischen Gleichstellungs gesetzes. Schon bei der Ersten Lesung hier am 20. März war meine Bewertung nicht gerade über schwänglich. Nach unseren intensiven Beratungen im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes kann, ja, muss ich noch deutlicher werden. Frau Dr. Stroh mayr, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, Ihr Gesetzentwurf bringt nichts Neues und schon gar nichts Innovatives. Ihre Vorstellung hat das gerade wieder belegt.
Der Gesetzentwurf enthält stattdessen einen Mix von Umformulierungen oder Regelungen, die bereits im untergesetzlichen Recht normiert sind. An diversen Stellen enthält Ihr Gesetzentwurf überaus zweifelhafte Regelungen, die eklatant gegen das AGG, das Allge meine Gleichbehandlungsgesetz, verstoßen. Noch dazu ist der Gesetzentwurf handwerklich schlecht ge macht. Dieses Gesetz wäre, wenn wir es denn be schließen würden, ein Musterbeispiel für schlechte Gesetzgebung. Wir werden den Gesetzentwurf aus genau diesem Grund ablehnen.
Lassen Sie mich dieses Urteil mit einigen Beispielen illustrieren. Zunächst zum Verstoß gegen das AGG: Die neue Fassung des Artikels 8 würde laut Gesetz entwurf einen klaren Rückschritt bedeuten. Hier geht es nicht um Gleichstellung, sondern – Frau Dr. Stroh mayr, vielleicht leihen Sie mir bitte Ihr gnädiges Ohr – um eine einseitige Bevorzugung von Frauen. Ein Frauenanteil von "mindestens 50 %" - so steht es im Gesetzentwurf – sei anzustreben. Sie verzichten be wusst auf geschlechtsneutrale Formulierungen, und Sie zementieren Rollenklischees. In Absatz 3 spre chen Sie vom Recht der Frauen, und nur der Frauen, auf Gleichstellung im Erwerbsleben. Sie ziehen diese
Die größten Hämmer und die dicksten Hunde in die sem Zusammenhang betreffen Artikel 16 Absatz 7 und Artikel 19 Absatz 4, aus denen hervorgeht, dass Gleichstellungsbeauftragte nur Frauen sein dürfen und auch deren Mitarbeiterinnen Frauen sein müssen. Deshalb lautet mein Fazit: Ihr Gesetzentwurf hat den Namen "Gleichstellungsgesetz" nicht verdient. Im Grunde ist er das genaue Gegenteil. Noch dazu ist er handwerklich schlecht gemacht. Stellen Sie sich ein mal folgende Formulierung in einem Gesetz vor – ich zitiere Ihren Artikel 5 a Absatz 3 als nur ein Beispiel: "Im Staatsministerium der Finanzen wird in der Abtei lung II Recht des öffentlichen Dienstes und Personal verwaltung eine Schiedsstelle eingerichtet, …" Hierbei tauchen gleich mehrere Fragen auf: Erstens. Ja, wann denn? Zweitens. Wenn sie einmal eingerichtet ist, müsste entweder das Gesetz geändert werden oder Sie müssten sofort eine weitere Schiedsstelle einrichten. Entschuldigung, das ist kein Gesetzestext.
Deshalb mein Fazit: Der öffentliche Dienst in Bayern – um ihn geht es und nicht um die Partei, Frau Dr. Strohmayr – hat bei der Gleichstellung von Frauen und Männern zu Recht Vorbildfunktion und Beispiel charakter, gerade dank des aktuell gültigen Bayeri schen Gleichstellungsgesetzes. Die Förderung von Frauen im gesellschaftlichen und beruflichen Leben in Bayern ist und bleibt ein überaus wichtiges Ziel. Hier bei sind wir auch noch nicht am Ende. Das ist gar keine Frage. Aber der vorliegende Gesetzentwurf ist ungenügend. Wir können, wir wollen und wir dürfen ihm nicht zustimmen. – Herzlichen Dank fürs Zuhö ren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kolle gen! Dies ist nicht die erste Initiative in puncto Gleich stellung im Bayerischen Landtag in dieser Legislatur periode. Ich habe einmal nachgeschaut. Es ist insgesamt das siebte Mal, dass ich hier im Plenum zu diesem Thema rede. Außer Frage steht, dass Frauen und Männer rechtlich gleichgestellt, aber Frauen nach wie vor in vielen Bereichen tatsächlich noch benach teiligt sind. Wir stellen fest, dass sich die schulischen und beruflichen Ergebnisse nicht im beruflichen Erfolg von Frauen widerspiegeln, und natürlich ist der Frau enanteil gerade in Leitungsfunktionen immer noch un terdurchschnittlich. Aber, liebe Frau Kollegin Stroh
mayr, Sie können insbesondere im öffentlichen Dienst nicht per Gesetz eine mindestens fünfzigprozentige Frauenquote verordnen, wobei – das muss man im merhin herausstellen – im Gegensatz zu früheren Ini tiativen zum Beispiel auch der GRÜNEN in dem Arti kel 8, den Sie einführen, schon einschränkend mit aufgenommen würde, dass bei Einstellungen mindes tens 50 % Frauen zu berücksichtigen seien, wenn dem nicht Eignung, Leistung und Befähigung entge genstehen. Aber damit sind wir am entscheidenden Punkt angelangt. Das sind nämlich genau die Kriteri en im öffentlichen Dienst. Insofern läuft Ihr eigener Ar tikel 8 absolut ins Leere.
Ich will nur darauf hinweisen, dass wir beispielsweise bei der Justiz, was die Frauen angeht, mittlerweile Einstellungsquoten von 70 bis 80 % zu verzeichnen haben. Ich nehme das wohlwollend zur Kenntnis; das stört Sie nämlich nicht. Im gehobenen Dienst sind Frauen- und Männeranteil bei den Einstellungen mitt lerweile immerhin etwa ausgeglichen.
Wir FREIEN WÄHLER denken, dass ein Gleichstel lungsgesetz, wie Sie es hier vorlegen - wie auch Ent würfe der Vergangenheit - nicht zielführend ist. Ich weiß nicht, ob die Vorwürfe immer stimmen. Aber wenn gesagt wird, dass Frauen bei Beurteilungen be nachteiligt werden, wenn Frauen bei Beförderungen tatsächlich benachteiligt werden, dann muss dem na türlich begegnet werden und dann muss man den Fokus hierauf legen. Aber dazu brauchen wir keine Frauenquote bei der Einstellung.
Meine Damen und Herren, in unseren Augen ist die ser Gesetzentwurf nicht zielführend. Deswegen wer den wir ihn ablehnen.
Danke, Herr Kollege Felbinger. Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Thomas Gehring das Wort. Bitte sehr.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, vor einer wachsenden Zuhörerschaft zu sprechen, und es ist wichtig, über das Thema Gleichstellung zu reden. Deswegen begrüßen wir auch den Gesetzentwurf der SPD, mit dem dieses Thema heute noch einmal auf die Tagesordnung kommt. Denn das bestehende Gleichstellungsgesetz ist ein zahnloser Tiger.
Wir haben als GRÜNE bereits vor zwei Jahren einen Entwurf für ein neues Gleichstellungsgesetz vorge legt, in dem wir auch die Quote angesprochen haben. Wir brauchen eine Quote, genauso wie wir sie in der
Wirtschaft haben, auch für die oberen Etagen im öf fentlichen Dienst, damit Frauen auch dort paritätisch vertreten sind. Der öffentliche Dienst hat eine Vorbild funktion. Auch kann der öffentliche Arbeitgeber das Potenzial von Frauen nicht herschenken. Er muss die Chancen, die gut ausgebildete Frauen bieten, auch nutzen.
Natürlich gibt es auch Gleichstellungsprobleme, wenn es um Männer geht, etwa im Hinblick auf die Erzie hung und Unterrichtung kleinerer Kinder in den Kin dergärten beziehungsweise Grundschulen. Es ist auch Aufgabe der Gleichstellungspolitik, diesbezüg lich andere Akzente zu setzen.
Ferner brauchen wir klare Regelungen für die Gleich stellungsbeauftragten in den Kommunen, mit denen eben auch geregelt ist, für wie viele Stunden sie, je nach Größe der Kommune, freigestellt werden.
Wichtig ist es aber, dass sich in Zukunft auf Landes ebene jemand kompetent um das Thema der Gleich stellung kümmert. Wir sehen dies bei der Ministerin nicht gewährleistet. Wir brauchen eine Gleichstel lungsbeauftragte oder einen Gleichstellungsbeauft ragten in der Staatskanzlei. Denn Gleichstellung ist eine Querschnittsaufgabe. Dieser oder diese Gleich stellungsbeauftragte muss mit Kompetenzen und auch mit finanziellen Mitteln ausgestattet werden, um agieren zu können.
Dass Handlungsbedarf besteht, hat auch der Evaluie rungsbericht der Staatsregierung gezeigt. Zum Teil sind auch Rückschritte zu verzeichnen, und Anfragen unsererseits haben auch ergeben, dass Lehrerinnen systematisch schlechter beurteilt werden als Lehrer. Das ist ein Thema, mit dem man sich wirklich be schäftigen muss.
Insgesamt muss man sagen: Gleichstellung geht im Schneckentempo voran. Deswegen begrüßen wir die Initiative der SPD, bei der wir jedoch auch einige Pro bleme sehen. So enthält sie auch Regelungen zur Pri vatwirtschaft. Das hat unseres Erachtens von der Systematik her in diesem Gesetz nichts verloren. Uns reicht es auch nicht aus, nur einige Änderungen vor zuschlagen. Wir werden uns deshalb bei der Abstim mung über diesen Gesetzentwurf der SPD enthalten. Wir brauchen ein neues Gleichstellungsgesetz aus einem Guss und ich bin sicher, wir werden es im Herbst gemeinsam anpacken.