Thomas Gehring

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(Vom Redner nicht auto- risiert) Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hätten auch einem Dringlichkeitsantrag zugestimmt, der das Thema etwas breiter gefasst hätte und es sich zur Aufgabe gemacht hätte, die Lernbedingungen an bayerischen Schulen zu verbessern
und mehr praktisches Lernen zu ermöglichen. Bildung bedeutet, die Welt zu begreifen. Erst wenn ich etwas begriffen habe im tatsächlichen Sinne des Wortes, habe ich es verstanden. Wir brauchen in der naturwissenschaftlich-technisch geprägten Welt Menschen, die ein angemessenes Verständnis für diese Welt mitbringen.
Das ist auch ein Thema für den Wirtschaftsstandort Bayern. Nur vier von zehn Ingenieuren, die in Bayern eingestellt werden, werden auch in Bayern ausgebildet. Dort besteht ein Bedarf. Wir müssen mehr Talente fördern und die Menschen an die Naturwissenschaft und die Technik heranführen. Jeder aufgeklärte Mensch muss sich außerdem in dieser technisch geprägten Welt auskennen. Jeder sollte verstehen, warum ein Atomkraftwerk gefährlich ist und was es bedeutet, wenn sich Antibiotika im Schweinefleisch befinden. Was bedeuten die Abstandsregelungen für Windkraftanlagen tatsächlich?
Wir brauchen ein besseres praktisches Lernen. Wir brauchen eine bessere technisch-naturwissenschaftliche Ausbildung an den Schulen. Das hat etwas mit den Lehrplänen zu tun. Die Arbeit in Schülerlaboren ist nur möglich, wenn Sie in den Lehrplänen Freiräume schaffen. Das hat etwas mit der Lehrerbildung zu tun. In diesem Zusammenhang darf ich auf die Thesen des Nationalen MINT-Forums verweisen, das eine Veränderung bei der Lehrerbildung einfordert. Selbstverständlich sind solche Schülerlabore wichtig und gut.
Wir werden diesem Antrag zustimmen. Herr Kollege Dr. Goppel, eigentlich dürften wir ihm nicht zustimmen. Im Antrag steht, dass das im Rahmen der verfügbaren Stellen und Mittel geleistet werden solle. Wenn wir wirklich ein Netz außerschulischer Lernorte schaffen wollen, darf sich ein Schülerlabor nicht nur in Berchtesgaden befinden. Bayern ist mehr als nur der Raum Berchtesgaden. Wir müssen überlegen, wie wir das finanzieren und die Kommunen unterstützen können. Außerdem sollten wir außerschulische Partner einbinden. Deswegen werden wir diesem Antrag selbstverständlich zustimmen. Allerdings hätten wir uns von der CSU zum Ende dieser Legislaturperiode einen fundierteren, besseren, nachhaltigeren und weitreichenderen Antrag gewünscht.
Herr Kollege Dr. Goppel, heute Vormittag haben wir noch einmal deutlich gemacht, dass für uns zu einer soliden Haushaltsführung die klare Benennung von Kosten gehört. Außerdem sollte klar benannt werden, wie die Einnahmen gestaltet werden müssen. Wenn wir hierzu ein Konzept erstellen, sollten wir zunächst einmal ermitteln, was das kostet. Dann können wir uns darüber unterhalten, wie wir das finanzieren. Sie können kein Konzept erstellen und sagen: Eigentlich wollen wir mehr ausgeben, aber wir geben nicht mehr aus. Das funktioniert nicht. Das ist keine seriöse Haushaltspolitik. Mit einer klaren Transparenz der Zahlen können wir
eine nachhaltige Haushaltspolitik betreiben. Mit uns haben Sie Leute, die so etwas im Bildungsbereich in der Vergangenheit schon praktiziert haben und das auch in Zukunft tun werden.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schön, vor einer wachsenden Zuhörerschaft zu sprechen, und es ist wichtig, über das Thema Gleichstellung zu reden. Deswegen begrüßen wir auch den Gesetzentwurf der SPD, mit dem dieses Thema heute noch einmal auf die Tagesordnung kommt. Denn das bestehende Gleichstellungsgesetz ist ein zahnloser Tiger.
Wir haben als GRÜNE bereits vor zwei Jahren einen Entwurf für ein neues Gleichstellungsgesetz vorge legt, in dem wir auch die Quote angesprochen haben. Wir brauchen eine Quote, genauso wie wir sie in der
Wirtschaft haben, auch für die oberen Etagen im öf fentlichen Dienst, damit Frauen auch dort paritätisch vertreten sind. Der öffentliche Dienst hat eine Vorbild funktion. Auch kann der öffentliche Arbeitgeber das Potenzial von Frauen nicht herschenken. Er muss die Chancen, die gut ausgebildete Frauen bieten, auch nutzen.
Natürlich gibt es auch Gleichstellungsprobleme, wenn es um Männer geht, etwa im Hinblick auf die Erzie hung und Unterrichtung kleinerer Kinder in den Kin dergärten beziehungsweise Grundschulen. Es ist auch Aufgabe der Gleichstellungspolitik, diesbezüg lich andere Akzente zu setzen.
Ferner brauchen wir klare Regelungen für die Gleich stellungsbeauftragten in den Kommunen, mit denen eben auch geregelt ist, für wie viele Stunden sie, je nach Größe der Kommune, freigestellt werden.
Wichtig ist es aber, dass sich in Zukunft auf Landes ebene jemand kompetent um das Thema der Gleich stellung kümmert. Wir sehen dies bei der Ministerin nicht gewährleistet. Wir brauchen eine Gleichstel lungsbeauftragte oder einen Gleichstellungsbeauft ragten in der Staatskanzlei. Denn Gleichstellung ist eine Querschnittsaufgabe. Dieser oder diese Gleich stellungsbeauftragte muss mit Kompetenzen und auch mit finanziellen Mitteln ausgestattet werden, um agieren zu können.
Dass Handlungsbedarf besteht, hat auch der Evaluie rungsbericht der Staatsregierung gezeigt. Zum Teil sind auch Rückschritte zu verzeichnen, und Anfragen unsererseits haben auch ergeben, dass Lehrerinnen systematisch schlechter beurteilt werden als Lehrer. Das ist ein Thema, mit dem man sich wirklich be schäftigen muss.
Insgesamt muss man sagen: Gleichstellung geht im Schneckentempo voran. Deswegen begrüßen wir die Initiative der SPD, bei der wir jedoch auch einige Pro bleme sehen. So enthält sie auch Regelungen zur Pri vatwirtschaft. Das hat unseres Erachtens von der Systematik her in diesem Gesetz nichts verloren. Uns reicht es auch nicht aus, nur einige Änderungen vor zuschlagen. Wir werden uns deshalb bei der Abstim mung über diesen Gesetzentwurf der SPD enthalten. Wir brauchen ein neues Gleichstellungsgesetz aus einem Guss und ich bin sicher, wir werden es im Herbst gemeinsam anpacken.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon interessant, dass bei der Diskussion über den Gesetzentwurf der Staatsregierung der Minister nicht anwesend ist.
Vermutlich ist die namentliche Abstimmung beantragt worden, damit er wenigstens noch zustimmt.
Das ist die letzte Debatte über einen Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Bildungspolitik in dieser Legislaturperiode. Ich denke, er reiht sich gut ein in die bisherige Politik. Es ist eine Politik der neuen Worte, aber der alten Taten oder auch der großen Worte und der kleinen Taten. Mit welch großen Worten ist dieses Gesetzesprojekt begonnen worden? Es wurde als "Schulinnovationsgesetz", als eines der großen Projekte dieser Regierungskoalition angekündigt. Irgendwann ist die "Innovation" verloren gegangen, auch der Titel ist irgendwann verloren gegangen. Jetzt heißt es "eigenverantwortliche Schule", aber letztendlich geht es nicht um die eigenverantwortliche Schule, sondern es geht um die erweiterte Schulleitung.
Es geht nicht einmal um die erweiterte Schulleitung für alle Schulen, sondern nur für die größeren Gymnasien und Realschulen. Die Kollegin hat es schon angesprochen, was in Vorbereitung war: Modus 21 oder Profil 21, Modus F. Was dort erarbeitet worden ist, kommt in diesem Gesetzentwurf nicht mehr vor.
Was sollte eine Schulleitung tun? Ich darf Ihnen zitieren aus den Empfehlungen des Bildungsrates der grünen Landtagsfraktion. In diesem Bildungsrat waren erfahrene Schulleiter, Leute aus der Schulverwaltung, tätig, und sie schreiben – wenn ich zitieren darf, mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident –: "Die Schulleitung einer eigenverantwortlichen Schule ist Motor der Schulentwicklung. Sie sorgt für die Funktionstüchtigkeit und die stetige Qualitätsverbesserung der Schule und führt ihr Personal."
Weiter heißt es: "Schulleitungen brauchen mehr Zeit für ihre Leitungsaufgaben, Entlastung von Verwaltungsaufgaben durch Verwaltungspersonal und mehr Entscheidungskompetenz in den Bereichen Finanzen, Organisation und Curriculum sowie die Zuständigkeit für die Auswahl des Personals." Und noch ein weiterer wichtiger Satz: "Eine Bewerbung auf eine Schulleiterstelle erfordert ein erfolgreich abgeschlossenes Aufbaustudium im Fachbereich Schulmanagement."
Das wären die Leitvorstellungen dessen, was eine Schulleitung machen sollte. In diesem Gesetzentwurf ist davon nichts zu lesen.
Wenn es um das Thema der Qualifizierung der Schulleitung geht, zitiere ich an dieser Stelle gern aus der heutigen Praxis den Bayerischen Philologenverband, der von "qualifiziertem Handauflegen" spricht. Die Staatsregierung hat keine Idee von dem, was eine moderne Schulleitung tun sollte. Letztlich geht es in diesem Gesetzentwurf nur darum, das Instrument der Regelbeurteilung der Lehrkraft auf mehrere Schultern zu verteilen. Nur darum geht es. Diese Regelbeurteilung ist aber kein Instrument der modernen Personalführung. Deswegen fordern wir die Abschaffung dieser Regelbeurteilung.
Wir brauchen die Beurteilung als Anlassbeurteilung, wenn sich jemand auf Funktionsstellen bewirbt. Ansonsten brauchen wir diese modernen Führungsinstrumente wie Mitarbeitergespräch, Coaching, Supervision und Elemente der Teamentwicklung. Das wären Aufgaben einer modernen Schulleitung, diese werden aber in diesem Gesetz nicht aufgezeigt.
Noch ein Wort zu dem Begriff "eigenverantwortliche Schule". Wenn Schulen verpflichtet werden, ein Schulentwicklungsprogramm zu schreiben, dann heißt das noch nicht, dass Schulentwicklung tatsächlich stattfindet, weil nämlich die Gestaltungsmöglichkeiten und die Mittel dazu fehlen.
Wenn die Staatsregierung tatsächlich die eigenverantwortliche Schule will, dann gilt es auch, Verantwortung abzugeben: Verantwortung von der Schulaufsicht an die Schulen, Verantwortung vom Kultusministerium an die Schulen. Auch hiervon ist in diesem Gesetzentwurf nichts enthalten. Wir werden diesen Gesetzentwurf ablehnen.
Zum Vorschlag der Fraktion FREIE WÄHLER möchte ich sagen: Er kann dieses Gesetz nicht reparieren, deswegen werden wir uns bei der Abstimmung der Stimme enthalten. Als Fazit muss man einfach sagen:
Wir haben in der Bildungspolitik eine Legislaturperiode der großen Worte gehabt und damit viel Zeit verloren, um das Bildungssystem in Bayern zu modernisieren. Wir brauchen im Herbst eine Bildungspolitik, die sich nicht mehr durch Wortschöpfungskompetenz, sondern durch Handlungskompetenz auszeichnet.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Darüber, dass die Lebensverhältnisse in Bayern ungleich sind, diskutieren wir hier unter verschiedenen Vorzeichen immer wieder. Wir alle wissen, dass die Situation in den Ballungsräumen ganz besonders angespannt ist. Die finanzielle Belastung der Menschen ist dort sehr hoch. Vor allem die Mieten sind in den letzten Jahren stark gestiegen, zum Teil sogar durch die Decke gegangen. Aufgabe des Freistaates ist es, bei den Beamten dafür Sorge zu tragen, dass diese Kosten wenigstens zu einem Teil ausgeglichen werden können. Während andere Beschäftigte die Möglichkeit haben, die hohen Mieten über den Markt oder über das Tarifrecht auszugleichen, gibt es diese Möglichkeit bei den Beamten nicht. Beamte müssen in München ihren Dienst tun. Sie werden vom Freistaat dorthin versetzt und müssen die hohen Kosten tragen. Dafür brauchen sie einen Ausgleich. Die Ballungsraumzulage ist eine Möglichkeit, diesen Ausgleich ein Stück weit zu schaffen. Es geht nicht um die vollkommene Kompensierung. Kollege Gantzer hat darauf hingewiesen, dass die Ballungsraumzulage seit 1998 nicht mehr erhöht worden ist. Wir wissen alle, wie die Mieten und die Lebenshaltungskosten in München seit dieser Zeit gestiegen sind. Deswegen ist es richtig, die Ballungsraumzulage zu erhöhen.
Wir haben Mitte Mai eine Petition in unserem Ausschuss behandelt, bei der es genau um dieses Thema gegangen ist. Ich bin dankbar dafür, dass die SPDFraktion einen Gesetzentwurf zu diesem Thema eingereicht hat. - Lieber Kollege Herold, hundert neu fertig gestellte Wohnungen sind schön.
Ja, von zehntausend. Bei 80.000 Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in München, sehen Sie aber auch, was diese 100 zusätzlichen Wohnungen bringen. Deswegen kommen wir nicht darum herum, die Ballungsraumzulage zu erhöhen. Wir werden diese Diskussion im Ausschuss sehr wohlwollend begleiten.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Unter Fachleuten, Bildungspolitikern und nicht zuletzt unter Lehrkräften ist unumstritten, was eine gute Schule ausmacht: An einer guten Schule
stehen die Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt. Sie ist ein Lern- und Lebensraum, in dem die Beziehungen zwischen Schülerinnen und Schülern sowie mit den Lehrern und innerhalb der Schülerschaft gestaltet werden. Guter Unterricht ist dann erfolgreich, wenn Schülerinnen und Schüler zu aktiven Lernern werden und nachhaltig gelernt haben. Die Hertie-Studie macht deutlich, dass es vor allem auf die Lehrkräfte ankommt und darauf, dass sie das Heft in der Hand haben.
Wenn wir in München über Bildungspolitik in Bayern reden, dann müssen wir feststellen: Die Profis sind vor Ort. Ihre Aufgabe ist es, die Schule zu gestalten, die vor Ort durchaus unterschiedlich sein kann, weil auch die Lebensbedingungen in Bayern sehr unterschiedlich sind. Die Profis vor Ort, insbesondere die Lehrkräfte, müssen die Schule vor Ort entwickeln. Im Gesetzentwurf der Staatsregierung, über den wir heute nicht reden, wird die Schulentwicklung vorgeschrieben. Schulentwicklung und innovativer Unterricht lassen sich aber nicht vorschreiben, sondern Entwicklung braucht einen Rahmen, braucht Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten. Man muss sich irgendwohin entwickeln können und muss auch seine Ziele für diese Entwicklung bestimmen. Deswegen ist unser Ansatz: Wir schreiben Schulentwicklung nicht vor, sondern geben der Schulentwicklung die entsprechenden Gestaltungsspielräume. Guter und innovativer Unterricht ist kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. Wenn wir gute Beispiele davon in Bayern haben – die haben wir -, ist das nicht wegen, sondern trotz der Rahmenbedingungen der Fall, die wir heute in Bayern haben.
Wir haben in Bayern nicht zu wenig Verordnungen, nicht zu wenig KMS aus dem Kultusministerium, nicht zu wenige E-Mails an die Schulleiter und nicht zu wenig Projekte, die ständig neu aufgestellt werden.
Was in Bayern fehlt, ist eine Politik der Ermöglichung, eine Politik, die den Schulen Freiräume gibt, eine Politik, die die Gestaltung des Lebensraums Schule ermöglicht. Dies wollen wir nun mit unserem Gesetzentwurf leisten, in dem wir vorschlagen, das Schulprofil Selbstständige Schule einzuführen. Schulen sollen dieses Schulprofil erwerben. Bis 2017 soll jede Schule ein entsprechendes Profil erworben haben, und zwar in unterschiedlichem Tempo und auf unterschiedlichem Weg. Es ergibt sich auch ein unterschiedlicher Grad der Selbstständigkeit. Es wird auch unterschiedliche Schwerpunkte in Bezug auf die Selbstständigkeit geben.
Wir sehen vor allem die Notwendigkeit für mehr Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Schulen, zum Beispiel bei der Gestaltung des Lehrplans mit der Möglichkeit, Schwerpunkte zu setzen und Themen zu vertiefen, soweit das notwendig ist. Wir sehen die Notwendigkeit, im Bereich der Stundentafeln Schwerpunkte zu setzen und etwas gegen die Zersplitterung der Fächer und für fächerübergreifendes Lernen zu tun. Lernen macht nur Sinn, wenn ich es als sinnvoll erfahre und in Sinnzusammenhängen lernen kann. Das muss in den Schulen vor Ort geleistet werden.
Ein wichtiges pädagogisches Instrument ist die Bildung von Gruppen. Schulen müssen die Freiheit haben, Gruppen zu bilden, und zwar jahrgangsübergreifend, mal in einer bestimmten sozialen Situation und mal von einem bestimmten fachlichen Anspruch her.
Schulen müssen auch Gestaltungsmöglichkeit bei der Leistungsbewertung und bei der Leistungsrückmeldung haben. Nur so kommen wir vom Häppchen-Lernen weg, vom sogenannten Bulimie-Lernen. Nur so kommen wir zu einem individuellen Lernen, indem die Schülerinnen und Schüler individuelle Leistungsrückmeldungen bekommen.
In diesem Gesetzentwurf geht es auch um Freiräume bei der Gestaltung der Ferienregelungen. In der Aussprache ist immer wieder betont worden, wir könnten uns vorstellen, dass es in lokalen Fällen Einzelregelungen gibt. Generell vertrauen wir darauf, dass die bayerischen Schulen, die bayerischen Lehrkräfte und die bayerischen Schulleiter mit dem Thema "Selbstständigkeit der Schulen und Eigenverantwortung" verantwortlich umgehen. Wichtig ist: Selbstständige Schulen bedeuten nicht einen Rückzug der Politik. Sie befinden sich nicht im luftleeren Raum, sondern sie brauchen einen politischen Rahmen. Die Verantwortung der Politik, der Landespolitik, bleibt bestehen. Verantwortung der Politik heißt aber nicht, möglichst Vieles in Vorschriften zu packen, sondern das heißt, Standards zu setzen, zum Beispiel Bildungsstandards, zum Beispiel zentrale Prüfungen am Ende eines Ausbildungsganges, Evaluation, aus der etwas folgt und etwas verändert werden kann, und natürlich verlässliche finanzielle Rahmenbedingungen. Es soll nicht jedes Jahr ein Unterrichtschaos am Schuljahresbeginn oder bei der ersten Grippewelle geben. Außerdem ist eine moderne Schulaufsicht notwendig.
Wir geben mit unserem Gesetzentwurf den bayerischen Schulen mehr Selbstständigkeit. Wir sind davon überzeugt, dass bayerische Schulen ihre Freiheit und Eigenverantwortung verantwortlich nutzen, zum Wohl der Schülerinnen und Schüler, für besseres Lernen
und innovativen Unterricht. Deswegen bitte ich Sie, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Frau Kollegin Gottstein, danke für diese detaillierte und durchaus kritische, aber auch konstruktive Auseinandersetzung mit diesem Gesetzentwurf. Es ist eine gute Basis für eine künftige Zusammenarbeit, wenn man so intensiv miteinander redet.
Ich will Ihnen vielleicht ein bisschen die Angst davor nehmen, dass in Bayern das Chaos ausbrechen und alles in Anarchie versinken könnte, wenn dieser Ge
setzentwurf verabschiedet würde, und zum einen darauf hinweisen, dass diese Schulen ihr Profil Selbstständige Schule vom Kultusministerium genehmigt bekommen müssen. Es gibt also die Möglichkeit, das dementsprechend einzuschränken und darauf zu achten, dass keine Fallstricke vorhanden sind.
Zweitens gibt es die klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen, es gibt die Bildungsstandards, es gibt die zentralen Prüfungen am Ende. Ich habe Vertrauen, dass unsere bayerischen Schulen und Schulleiter mit dem Thema verantwortlich umgehen. Oder haben Sie den Eindruck, dass die bayerischen Schulleiter allesamt Anarchisten sind, die nicht wissen, was sie tun, wenn sie losgelassen werden?
(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Gesetzentwurf ist nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts über das Auswahlverfahren in der Zollverwaltung entstanden. Mit diesem Gesetz wird nun Rechtssicherheit hergestellt. Dabei werden einige Änderungen und Anpassungen vorgenommen, die wir unterstützen, zum Beispiel – das ist schon angesprochen worden – bei den Flussmeistern, bei den Regierungsschulräten oder auch bei der Zulage für die Fachberater an den Förderschulen.
Auch im zweiten Komplex geht es um das Nachvollziehen eines höchstrichterlichen Spruches, nämlich beim Familienzuschlag und bei der Hinterbliebenenrente für Menschen, die in gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebenspartnerschaften leben. Diesbezüglich wird das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nachvollzogen, aber leider nur unvollständig; denn es bleibt allein beim Familienzuschlag und bei der Hinterbliebenenrente, schließt aber andere Leistungen wie zum Beispiel das Trennungsgeld aus.
Der Gesetzentwurf hat den Makel – die Vorredner haben schon darauf hingewiesen-, dass er nur jene berücksichtigt, die vorher schon Ansprüche geltend gemacht haben. Auch auf die rechtliche Situation haben meine beiden Vorredner schon hingewiesen. Ich möchte dazu noch darauf hinweisen: Den Lebenspartnerschaften ist es in Bayern nicht leicht gemacht worden, zunächst überhaupt einen Ort zu finden, wo sie diese schließen können. Es ist auch schwierig gewesen, sich öffentlich dazu zu bekennen. Deswegen wäre es konsequent, eine Regel zu finden, die alle betrifft und alle einschließt.
Ihre Politik beim Thema Lebenspartnerschaft ist eben keine Politik. Sie machen nur das, was Ihnen Gerichte vorschreiben. Sie warten darauf, was jetzt das Bundesverfassungsgericht zum Adoptionsrecht sagen wird, und dann wird wieder nachvollzogen. Dies zeigt, dass Sie eigentlich keinen zeitgemäßen Familienbegriff haben. Sie sind nicht mehr näher an dem dran, was in Bayern los ist, wie die Lebenswirklichkeit ist. Die ist einfach weiter ist als die Politik der CSU.
Wir werden diesem Gesetzentwurf zustimmen, weil er Notwendiges regelt, und wir werden selbstverständlich auch dem Änderungsantrag der SPD zustimmen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über fast das gleiche Thema wie am letzten Donnerstag. Weil sich zumindest bei uns GRÜNEN seitdem nicht so viel verändert hat und die bayerische Schullandschaft noch die gleiche ist,
will ich mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten etwas aus meiner letzten Rede zitieren. Ich habe gesagt – ich sage es heute mit mehr Betonung denn je -, dass wir kein Gymnasium mehr wollen, das Druck macht, sondern ein Gymnasium, das Mut macht, das die anfängliche Begeisterung der Schülerinnen und Schüler für das Lernen erhält und nicht das bloße Pauken und die Wiedergabe von Lerninhalten in den Mittelpunkt stellt. Deswegen wollen wir eine neue Lern- und Leistungskultur aufbauen, die ein besseres Lernen und eine individuelle Förderung in den Mittelpunkt stellt. Wir werden das Gymnasium zusammen mit den Praktikern weiterentwickeln, die trotz der anderslautenden Politik aus München oft schon vor Ort gute Modelle entwickelt haben. – Mit dieser Aussage werden wir in die Wahlauseinandersetzung gehen, und ich bin davon überzeugt, dass wir sie im Herbst auch Realität werden lassen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kuschelrunden des letzten Jahres - zunächst bei Herrn Minister Spaenle und dann beim Herrn Ministerpräsidenten
Seehofer - zum Thema Gymnasium, die Ruhe in die Debatte bringen sollten, haben das eben nicht erreicht. Sie haben diese Ruhe nicht gebracht; die Unzufriedenheit ist nach wie vor hoch, und die Baustellen sind nicht geschlossen. Da haben die FREIEN WÄHLER mit dem Titel ihrer Aktuellen Stunde wirklich recht.
Das beste Beispiel ist das berühmte Flexibilisierungsjahr. Man versteht es einfach nicht. Ich will mich selber gar nicht als Maßstab nehmen. Ich bin eher einer von der langsamen Denkersorte. Aber wenn ich mich mit Lehrerinnen und Lehrern, mit Schulleitern und Eltern unterhalte, dann erfahre ich, dass diese nicht verstehen, wie das geht, und nicht sehen, mit welchen Mitteln und Instrumenten dies umgesetzt werden soll.
Da geht es einem dann wie beim IKEA-Regal. Wenn man schon die Gebrauchsanweisung nicht versteht, die Schrauben nicht passen und die Teile nicht zusammenpassen, dann wirft man es schließlich in die Garage und irgendwann später auf den Wertstoffhof. So wird es mit dem Flexi-Jahr auch sein.
Es geht tatsächlich um die individuelle Lernzeit. Individuelles Lernen heißt nicht, dass die einen ein Jahr länger brauchen und die anderen entsprechend weniger lang, sondern dass sie wirklich individuell ist. Jeder hat sein eigenes Lerntempo. Es gibt Modelle, die zeigen, wie individualisiertes Lernen möglich ist. Damit braucht man aber auch eine individuelle Leistungserhebung; denn nicht alle sollten dann zur gleichen Zeit das Gleiche wissen müssen. Auch brauchen wir individuelle Lernpläne. Wir brauchen also keine Lehrpläne mehr, sondern Lernpläne.
Damit steht eine große Aufgabe vor uns. Wir müssen das Gymnasium so umgestalten, dass es dort tatsächlich um ein Lernen in Zusammenhängen geht; denn man kann den Sinn der Welt nur erkennen, wenn man auch in Sinnzusammenhängen lernt und nicht wie heute oft in einer sinnlosen Aneinanderreihung von einzelnen Fächern und einzelnen Stunden.
Wir GRÜNE haben einen klaren Kurs und wissen, wie wir uns eine Bildungsreform in Bayern vorstellen.
Nun muss ich doch noch ein paar Sätze zu den lieben Kolleginnen und Kollegen der FREIEN WÄHLER sagen, weil ich glaube, dass man unter politischen Freunden Dinge manchmal offen und ehrlich ansprechen muss.
Erstens. Sie wollen jetzt ein Volksbegehren durchführen. Sie wissen alle, dass Volksbegehren nicht haushaltsrelevant sein dürfen. Da frage ich mich schon: Wie wollen Sie eine Doppelstruktur von G 8 und G 9, die unweigerlich mehr Mittel erfordert, haushaltsneutral gestalten? Wollen Sie die schlechte Unterrichtsausstattung dann auf ein G 8/G 9 ausweiten, sodass aus der schlechten Ausstattung eine grottenschlechte wird?
Zweitens bin ich schon ein bisschen erschrocken, als ich heute in der Zeitung das Zitat des Kollegen Felbinger gelesen habe, die FREIEN WÄHLER hätten noch kein Konzept. – Ich bin nicht erschrocken, weil die FREIEN WÄHLER noch kein Konzept haben.
Vielmehr ging es mir darum, dass Sie gesagt haben, Sie hätten noch kein Konzept, Sie wollten jetzt ein Volksbegehren und dann überlegen, wie man es macht. Da muss ich sagen: Damit nehmen Sie das Instrument eines Volksbegehrens oder Volksentscheids nicht ernst.
"Volksbegehren" heißt: Aus der Bürgerschaft wird ein Konzept, ein Gesetzentwurf, entwickelt, und das Volk tritt dann als Gesetzgeber auf. Das ist etwas anderes als das, was Sie vorhaben.
Und schließlich: Wir wissen auch von unseren Kollegen aus Baden-Württemberg, dass genau diese Doppelstruktur für die kleinen Schulen auf dem Land nicht umsetzbar ist. Ich muss hier einfach sagen: Hier versagen die FREIEN WÄHLER als Anwälte der Bildungspolitik für den ländlichen Raum.
- Ruhe. Kollege Eisenreich, man kann noch so oft "Ruhe!" brüllen; wenn es im Saal unruhig ist, wird man keine Ruhe herstellen. Ruhe erhält man nur durch eine Reform des G 8.
Das G 8 ist tatsächlich kein Ruhmesblatt. Ich warne auch vor Illusionen, dass wir es mit dem G 9 gut hinbrächten. Das G 9 hat nicht gut funktioniert: hohe Sitzenbleiberquoten, hoher Unterrichtsausfall.
Nein, es geht tatsächlich um eine neue Politik.
Wir möchten im Sinne des Philosophen Richard David Precht, der in der "Zeit" einen Artikel geschrieben hat, sagen: Wir müssen das Gymnasium auf den Kopf stellen. Das Gymnasium soll sich an den Köpfen und Seelen der Schülerinnen und Schüler orientieren, und es soll nicht so sein wie heute, wo sich die Köpfe und Seelen der Schülerinnen und Schüler am gymnasialen Lehrplan und an der Notenverordnung des Kultusministeriums orientieren müssen.
Ein letzter Satz, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir brauchen bei der Reform des Gymnasiums allen Einsatz für ein Thema, nämlich für einen mutigen Schritt nach vorn und nicht für ein "Zurück auf ‚Los’".
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Gesetzentwurf ist ein Gesetzentwurf nach dem Lasagne-Prinzip: Es ist etwas anderes drin, als draufsteht. Hier ist von der "eigenverantwortlichen Schule" die Rede, in dem Gesetzentwurf geht es jedoch vor allem um die erweiterte Schulleitung. Wenn man sich auch die anderen Punkte dieses Gesetzentwurfs im Hinblick auf die eigenverantwortliche Schule ansieht, stellt man fest: Die Kontrolldichte wird größer und nicht geringer. Das ist genau das Gegenteil dessen, was eine eigenverantwortliche Schule braucht. Es fehlen die Mittel und Freiräume, die die Schulen brauchen, um etwas eigenverantwortlich gestalten zu können.
Ich möchte deshalb auf unseren Gesetzentwurf hinweisen, der eine andere Philosophie verfolgt. Wir wol
len den Schulen Eigenverantwortung, Freiräume und Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Sie wollen Eigenverantwortung vorschreiben, was nicht funktionieren wird. Wir versuchen, Eigenverantwortung zu ermöglichen und zu gewähren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wichtig ist, dass Schulen Schulentwicklung betreiben. Es hilft aber nichts, den Schulen vorzuschreiben, dass sie Schulentwicklungsprogramme schreiben müssten. In diesem Fall wurde zwar etwas aufs Papier geschrieben, aber nicht gelebt und nicht umgesetzt; denn es fehlen die Mittel und die Gestaltungsoptionen. Wer Eigenverantwortung an Schulen will, muss als Ministerium und Regierung Verantwortung abgeben. Dies fehlt in diesem Gesetzentwurf völlig.
Ich möchte ein paar Worte über die erweiterte Schulleitung sagen: Ja, Personalentwicklung ist die Hauptaufgabe von Bildungspolitik. 90 % der Bildungsausgaben sind Personalausgaben. Wir wissen es nicht zuletzt seit der Hattie-Studie: Auf die Lehrkräfte kommt es an. Es kommt darauf an, dieses Personal gut zu entwickeln und ihm die Möglichkeit der Reflexion zu geben. Der Austausch muss verbessert werden. Außerdem braucht das Personal Unterstützung bei der Fortbildung und Fortentwicklung. Dies wäre die Aufgabe einer anders gestalteten Schulleitung.
Sie haben in diesem Gesetzentwurf einen richtigen Begriff verwendet, nämlich die "geringere Führungsspanne". Führungskräfte und Lehrkräfte müssten sich näher sein, um intensiver miteinander arbeiten zu können. Ihnen geht es mit diesem Gesetzentwurf aber allein darum, das System der Regelbeurteilung auf mehrere Köpfe zu verteilen. Die Regelbeurteilung ist aber kein Instrument der Personalentwicklung, sondern ein Instrument der Gängelung, des Misstrauens. Sie ist kein Instrument zur Motivation der Lehrkräfte.
Wo bleibt die Fortentwicklung des Unterrichts? Wo ist sie möglich? Wo bleibt der Dialog? Wo bleibt die Unterstützung von Lehrkräften bei Problemen? Wo wäre es tatsächlich möglich, Verbesserungen über Zielvereinbarungen und Unterstützung zu erreichen? Davon ist in diesem Gesetzentwurf nichts zu finden. Damit ist auch eine Chance für die Personalentwicklung verpasst worden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine eigenverantwortliche Schule braucht tatsächlich eine andere Führungskultur und Mitwirkung. Das ist die andere Seite der Medaille einer eigenverantwortlichen Schule. Wie sieht es aus beim Thema Mitwirkung?
Ich möchte noch etwas zur erweiterten Schulleitung sagen: Sie haben vorgesehen, dass große Gymnasien und Realschulen erweiterte Schulleitungen beantragen können. Nein, nicht die Schule, sondern der Schulleiter kann beantragen, ob er eine erweiterte Schulleitung will oder ob er sagt: Ich mach’s alleene. Das ist Ihr System. Wo bleibt die Mitwirkung der Lehrerkonferenz? Eine solche Mitwirkung wäre das Minimum gewesen, wenn Sie eine erweiterte Schulleitung einführen wollen.
Ähnlich ist das mit der Verpflichtung zur Erzieherpartnerschaft. Sie wollen Erzieherpartnerschaft verordnen, ohne eine Partnerschaft zu leben und ohne die Mitwirkung der Eltern am Schulleben zu ermöglichen und zu gestalten. Das ist keine Partnerschaft auf Augenhöhe. Sie haben es versäumt, das Schulforum tatsächlich zu stärken, ihm mehr Kompetenz zu geben. Deshalb ist dies kein Gesetz zur eigenverantwortlichen Schule. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie den ursprünglichen Namen "Schulinnovationsgesetz" frühzeitig aufgegeben haben; denn Innovation bringt Ihr Gesetzentwurf keinesfalls.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Aus der Vorrede des Kolle
gen Felbinger wird deutlich, was man hört, wenn man im Land unterwegs ist und mit Eltern, Schülerinnen und Schülern, Lehrerinnen und Lehrern spricht, und was auch die Verbände sagen, zum Beispiel die LEV, die Landes-Eltern-Vereinigung an Gymnasien, oder der Bayerische Elternverband. Man hört, dass das G 8 nach wie vor große Mängel aufweist. Es läuft nicht rund im G 8. Der Druck auf die Schülerinnen und Schüler ist zu groß, die Stofffülle ist oft nicht zu bewältigen. Das Lernen ist zu wenig nachhaltig. Von gesundheitlichen Belastungen haben wir unter anderem im Rahmen der großen Anhörung im letzten Jahr gehört. Die Probleme gibt es vor allem in der Mittelstufe. Da ist zu viel Stoff bei gleichzeitig zu wenig Stunden in den Kernfächern und einer zu großen Fächervielfalt vorgesehen. Man denke nur daran, dass die Schülerinnen und Schüler in der 10. Klasse 16 Fächer haben. – Liebe Kolleginnen und Kollegen von den FREIEN WÄHLERN, das wird nicht besser, wenn man noch ein weiteres Fach hinzufügt.
Auch die Oberstufe muss noch einmal sorgfältig evaluiert und gegebenenfalls umgestaltet werden.
Aber gegenüber dem Vorschlag, parallele G-8- und G-9-Züge zu führen, sind wir GRÜNE sehr, sehr skeptisch, vor allem was seine Umsetzbarkeit betrifft. Die Frage, was praktisch möglich ist, sollte von Anfang an mitbedacht werden, wenn man Politik betreibt. Unsere Skepsis stützt sich durchaus auch auf die Erfahrungen unserer Kollegen in Baden-Württemberg. Die parallele Führung von G 8 und G 9 ist an kleineren Gymnasien nicht möglich. In letzter Zeit sprechen wir ohnehin von zunehmenden Problemen kleinerer Gymnasien im ländlichen Raum. Auch an den größeren Gymnasien gibt es in der Parallelität Schwierigkeiten mit den verschiedenen gymnasialen Zweigen, also bei Naturwissenschaft-Technik, am neusprachlichen Gymnasium, am altsprachlichen Gymnasium. Es wird ein großes Problem, diese Zweige auch noch in G 9 und G 8 zu splitten. Die Parallelität löst auch die Kernprobleme des Gymnasiums nicht, die schon im G 9 bestanden haben und die im G 8 allenfalls verschärft worden sind. Das wichtigste Thema sind die Ressourcen, die zusätzlichen Mittel, die hineingesteckt werden müssen. Wir wissen alle, dass parallele Strukturen viele Ressourcen kosten, ohne dass dadurch ein qualitativer Mehrwert entsteht. Wir GRÜNE wollen diese Ressourcen auf eine Verbesserung des G 8 konzentrieren.
Denn es gibt viel zu tun. Das sage ich an die Adresse der CSU und der Staatsregierung, die ständig angeb
liche Verbesserungsvorschläge bringen wie das immer noch ominöse "Flexi-Jahr". Gleichzeitig sagen Sie, das Gymnasium brauche nur eines, nämlich Ruhe, und im Übrigen sei alles spitze. Sie haben aber unter dem Vorzeichen des G 8 zum vergangenen und zu diesem Schuljahr 1.800 Lehrerstellen gestrichen. Ich finde, es ist ein starkes Stück, erst Stellen zu streichen und dann zu sagen, die Gymnasien bräuchten vor allem Ruhe.
Nein, das G 8 ist nicht spitze. Es ist außer Takt und hat seinen Rhythmus noch nicht gefunden. Für uns stehen Lernqualität, Entschleunigung und eine Vertiefung der Lerninhalte im Zentrum einer Reform. Wir wollen die Stofffülle reduzieren und mehr durch exemplarisches und fächerübergreifendes Lernen ersetzen.
Und dann müssen wir auch über die Fächerstrukturen reden, Frau Kollegin. Wir brauchen fachübergreifendes Lernen
und die Integration von Fächern statt ihre Zersplitterung; denn auch die Welt draußen ist nicht in Fächer eingeteilt, und auch an den Hochschulen gibt es fächerübergreifende Angebote.
Wir halten das G 8 in der Ganztagesform für optimal. Bei der Einführung des G 8 wurde ein großer Fehler gemacht, indem man das Ganztagesthema nicht angepackt hat.
Hier müssen wir noch etwas tun. Schon heute leben viele Schülerinnen und Schüler im G 8, wenn wir die Realität anschauen; denn das G 8 ist eine ganztägige Schule. Am Vormittag und am Nachmittag sind die Schüler mit der Schule beschäftigt, ohne dass die Schule Ganztagesschule heißt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer von Ihnen würde bei einer Fortbildungsveranstaltung für Erwachsene sechs Stunden am Vormittag mit sechs unterschiedlichen Referenten vorsehen, dann die Teilnehmer irgendwo hinschicken, um eine Leberkässemmel zu holen, sie danach ein bisschen Fußball spielen und anschließend noch einmal Mathematik pauken lassen? Die Leute würden Ihnen etwas erzählen, wenn Sie eine Fortbildung so gestalten würden!
Den Antrag der FREIEN WÄHLER, der ein Konzept der Staatsregierung zu G 8 und G 9 will, werden wir ablehnen. Ich sage Ihnen auch, warum: Wir wollen von dieser Staatsregierung am Ende ihrer Amtszeit keine weiteren Konzepte mehr sehen.
Die CSU hat das G 8 ohne Konzept eingeführt und hat konzeptionslos weitergewurschtelt. Schwarz-Gelb hat in dieser Legislaturperiode zwar viele Konzeptpapiere vorgelegt, aber da waren ausschließlich die Überschriften innovativ. Nein, wir wollen das Gymnasium und die gesamte bayerische Schullandschaft nach der Wahl weiterentwickeln. Liebe Kollegen Güll und Felbinger, wir kriegen das auch miteinander hin.
Wir wollen Konzepte mit dem Aufbau einer neuen Lern- und Leistungskultur, die das bessere Lernen und die individuelle Förderung in den Mittelpunkt stellen. Wir wollen kein Gymnasium mehr, das Druck macht, sondern ein Gymnasium, das Mut macht, ein Gymnasium, in dem die anfängliche Begeisterung der Schülerinnen und Schüler für das Lernen erhalten bleibt und in dem nicht bloß das Pauken und die Wiedergabe von Lerninhalten im Mittelpunkt stehen.
Wir werden das Gymnasium zusammen mit Praktikern weiterentwickeln, die vor Ort trotz der andersläufigen Politik aus München schon gute Modelle entwickelt haben. Wir werden die Wege zum Abitur nach neun Jahren, die es heute schon gibt – Stichwort FOS, BOS –, stärken und weiterentwickeln, durchaus in enger Kooperation mit dem gymnasialen Bildungsgang und mit den Realschulen. Warum soll es nicht Fusionen und Kooperationen von FOS und Gymnasium geben?
Dies verbinden wir damit, dass wir das dreigliedrige Schulsystem für neue Schulmodelle vor Ort zu Schulen des längeren gemeinsamen Lebens öffnen. Mit diesen Gemeinschaftsschulen wird dann auch ein Abitur nach 13 Jahren möglich sein.
Sie sehen: Wir stehen für eine inhaltliche Neuausrichtung der bayerischen Bildungspolitik. Für populisti
sche Schnellschüsse sind wir nicht zu haben. Ich bitte, unserem Antrag zuzustimmen.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Minister, Sie haben die Landes-ElternVereinigung angesprochen; wir beide waren dort, Sie am Freitag, ich am Samstag - vielleicht haben wir deshalb unterschiedliche Wahrnehmungen. Ich habe deutlich wahrgenommen, dass unter den Eltern große Unzufriedenheit mit dem derzeitigen G 8 herrscht.
Eine Person im Saal stimmte dem derzeitigen G 8 zu. Dass es großen Reformbedarf an diesem G 8 gibt, ist bestätigt worden. Es gab auch eine große Gruppe von Eltern, die das G 9 als Thema gesehen haben.
Sie haben von zusätzlichen Stellen gesprochen. Ich möchte darauf hinweisen, dass zunächst 1.800 Stellen gestrichen wurden. Wer etwas nimmt und dann etwas gibt, nimmt insgesamt doch mehr, als er tatsächlich gibt.
Ich möchte ein Drittes sagen. Sie sprechen zwar öfter vom 21. Jahrhundert. Dennoch wird nicht immer gleich klar, was Sie damit meinen, zumindest mir nicht, vielleicht deswegen, weil ich aus dem 20. Jahrhundert stamme. Wir alle reden von individueller Lernzeit; auch die SPD redet davon; Sie reden davon. Man muss dann schon die Frage stellen: Heißt individuelle Lernzeit Verlängerung der gesamten Lernzeit, so wie es die SPD vorschlägt, oder soll es ein freiwilliges Wiederholungsjahr sein, wie es das "Flexi-Jahr" sein kann? Man kann es auch anders machen, indem man den Schülerinnen und Schülern mehr Zeit gibt, um bestimmte Dinge zu lernen. Dies geht aber nur, wenn man im Sinne von individueller Förderung in anderen Bereichen etwas reduziert. Dazu habe ich von Ihnen noch nie etwas gehört. Wo hätten wir wirklich Möglichkeiten, in der Fächerstruktur etwas umzustellen? Die 16 Fächer in der zehnten Klasse sind doch absurd. Ich glaube, der einzige Weg besteht darin, dieses System zu verändern und das Gymnasium, das G 8, tatsächlich zu reformieren.
(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in der letzten Woche große Aufregung zum Thema Sitzenbleiben erlebt. Ausgangspunkt waren die Koalitionsvereinbarungen in Niedersachsen. Ich will einen Blick auf diese Koalitionsvereinbarungen von Rot-Grün werfen. Es geht darum, Sitzenbleiben und Abschulung durch individuelle Förderung überflüssig zu machen. Das Sitzenbleiben wird also nicht verboten, sondern es soll durch das gezielte Fördern von Schülerinnen und Schülern verhindert werden. Die künftige Kultusministerin von der SPD hat gesagt, das ist ein perspektivisches Ziel, das nicht von heute auf morgen umgesetzt werden kann. Das halte ich für vernünftig.
Wir wissen von den Bildungsforschern, dass das Sitzenbleiben pädagogisch fragwürdig ist. Die Leistungsverbesserung im Anschluss an das Sitzenbleiben ist oft nicht feststellbar. Es führt aber meist zu Demotivation, weil es ein Wiederholen in allen Fächern ist, auch in den Fächern, in denen der Schüler oder die Schülerin gut ist. Die spezifischen Lernprobleme, die dazu geführt haben, dass jemand sitzenbleiben muss, werden in der Regel nicht angegangen, vor allem nicht durch das einfache Wiederholen.
Der Bildungsforscher Klemm hat deutlich gemacht darauf wurde schon hingewiesen -, dass das Sitzenbleiben allein in Bayern 270 Millionen Euro jährlich kostet. Das wären 5.200 Lehrerstellen. Man kann immer über Zahlen reden, aber schon die Hälfte von 5.200 Lehrerstellen ist viel Geld. Das sind viele Ressourcen, die man in unserem Schulsystem besser einsetzen könnte.
Es gibt also viele Gründe dafür, dass sich die Politik anstrengt, Sitzenbleiben überflüssig zu machen. In den Worten unseres Kultusministers ist es aber blanker Unsinn und bildungspolitischer und pädagogischer Populismus. Offensichtlich liest der Kultusminister die Pressemitteilungen seines eigenen Hauses nicht, denn dort wird gelobt, dass die Zahl der Pflichtwiederholer reduziert worden ist. Die individuelle Förderung kommt im Übrigen in jeder Pressemitteilung vor. Also ist das alles Unsinn und bildungspolitischer Populismus? − Offensichtlich ja.
Auch in Bayern hat man gesehen, was möglich ist, wenn das Sitzenbleiben politisch nicht mehr geht. Ich erinnere an die Umstellung vom G 9 auf das G 8. Da durfte beim letzten Jahrgang des G 9 niemand sitzenbleiben, weil ein Sitzenbleiber im G 8 nicht hätte weitermachen können. Deshalb hat die damalige Kultusminister Monika Hohlmeier schon 2005 erklärt, wenn sich Leistungsprobleme abzeichnen, dann müssen spätestens ab dem Halbjahr gezielte Fördermaßnahmen durch die Schule angeboten werden. Das wäre eigentlich der richtige Weg. Herr Kultusminister Dr. Spaenle hat zum Schluss ein ganzes Maßnahmenpaket geschnürt, zum Beispiel mit der Entlastung von Schulaufgaben und der sogenannten Günstigkeitsklausel, bei der die Schüler entscheiden konnten, ob die mündliche oder die schriftliche Note mehr gewichtet wird. All das geht, wenn das Sitzenbleiben politisch nicht mehr möglich ist. Deswegen halten wir es für notwendig, dass wir uns als Bildungspolitiker das Ziel setzen, das Sitzenbleiben überflüssig zu machen. Es entspricht auch den Werten unserer Bildungspolitik, kein Kind zurückzulassen und zu versuchen, jedem gerecht zu werden.
Nur eine Bildungspolitik, die sich solche Ziele setzt und mit ihren Werten ernst macht, wird tatsächlich eine individuelle Förderung auf den Weg bringen.
Eine kleine Anmerkung zum Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER. Ich war unschlüssig, was dieser Antrag bedeuten soll. Ich habe die Überschrift und den Text nicht zusammengebracht. Nachdem ich die Rede des Herrn Kollegen Felbinger gehört habe, haben wir uns dafür entschieden, dass wir diesen Dringlichkeitsantrag ablehnen, weil in der Argumentation der FREIEN WÄHLER eine Dissonanz besteht. Wir müssen schon aus pädagogischen Gründen einen solchen Antrag ablehnen.
Weil wir das Sitzenbleiben überflüssig machen wollen, müssen wir die Ressourcen gezielt für die individuelle Förderung einsetzen, damit an den Schulen kleinere
Lerngruppen gebildet und Lehrkräfte als Lernbegleiter arbeiten können. Jede Lehrkraft soll über den Unterricht hinaus nur für eine kleine Gruppe von Schülern zuständig sein, damit sie Beziehungen aufbauen, Lernprobleme ansprechen und sich um Lernstrategien kümmern kann. Dafür sind Anrechnungsstunden notwendig. Mit diesen Mitteln können die Schulen entsprechende Modelle entwickeln. Deshalb ist es notwendig, dass die Schulen mehr Verantwortung bekommen. Jeder, der sagt, wir bräuchten das Sitzenbleiben, damit sich die Schüler mehr anstrengten, stellt sich selbst ein schlechtes pädagogisches Zeugnis und ein bildungspolitisches Armutszeugnis aus. Ja, es geht um Leistung. Ja, es geht um Anstrengungsbereitschaft. Da sind wir uns mit den Menschen und der Mehrzahl der Eltern in Bayern einig. Die Eltern wollen die guten Leistungen, aber sie wollen nicht die Leistung um diesen Preis, den sie mit dem Schulsystem in Bayern zahlen müssen.
Sie wollen diese Leistung nicht um den Preis der Demütigung und nicht um den Preis der Niederlage. Die meisten Schülerinnen und Schüler empfinden das Sitzenbleiben als Niederlage auf der ganzen Linie, auch in den guten Fächern, bei denen sie das nicht verdienen. Weil wir Leistung nicht um den Preis des ständigen Drucks wollen, haben wir uns das Ziel gesetzt, das Sitzenbleiben überflüssig zu machen. Ich bin davon überzeugt, dass die Eltern in Bayern dies genauso sehen: Leistung ja, aber nicht um diesen Preis.
Ich bin davon überzeugt, dass die Wählerinnen und Wähler das Sitzenbleiben des Ludwig Spaenle über den 15. September hinaus abschaffen werden.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein Klassiker, den sicherlich auch manche von uns erlebt haben: Im Unterricht kommt der Zitronensäurezyklus zur Behandlung. Der Schüler fragt: "Warum müssen wir das lernen?" Der Lehrer antwortet: "Weil es im Lehrplan steht." Die zweite Antwort ist: "Ihr müsst das auswendig lernen, damit ich es nächste Woche in der Prüfung abfragen kann."
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle wissen: Gute Schule geht anders. Guter Unterricht muss anders vorbereitet, nachhaltiges Lernen auf anderem Wege erreicht werden. Das Ergebnis nachhaltigen Lernens ist, dass man sich tatsächlich etwas gemerkt hat und dass man mit dem Gelernten etwas anzufangen weiß. Es geht darum, Kompetenzen zu entwickeln.
Wir legen diesen Gesetzentwurf vor, weil wir der Überzeugung sind, dass sich gute Schule nicht von der Politik, auch nicht vom Kultusministerium, verordnen lässt; gute Schule lässt sich von der Politik nur ermöglichen. In unserem Gesetzentwurf machen wir deutlich, dass es in Bayern durchaus gute Praxisbeispiele für innovativen Unterricht gibt. Aber man kann sicherlich feststellen: Diese guten Praxisbeispiele gibt es nicht wegen, sondern trotz der Rahmenbedingungen in Bayern. Auch bei uns bemühen sich die Schulen, ihren Weg zu gehen und Freiräume zu suchen; das ist jedoch oft sehr mühsam.
Wir sind davon überzeugt: Gute Schule kann nur von Profis und Experten vor Ort gestaltet werden. Ihre Aufgabe ist es, eine Schule entsprechend den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler unter Berücksichtigung der konkreten Lernausgangslagen und der Anforderungen zu entwickeln. Wir müssen es den Schulen ermöglichen, eine gute Schulentwicklung auf den Weg zu bringen. Die innere Schulentwicklung, um die es uns hier geht, wird durch viele äußere Rahmenbedingungen begrenzt. Ich erinnere an die Verordnungen zur Stundentafel und zum 45-Minuten-Takt − dieser ist immer noch vorherrschend −, an die No
tenverordnung − fein justiert und justiziabel gemacht − und die Klassenbildungsrichtlinien. Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf den Schulen die Möglichkeit geben, von diesen Verordnungen abzuweichen, um eigene Freiräume entdecken und eigene Wege gehen zu können. Da alle diese Verordnungen auf dem Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz basieren, wollen wir eine entsprechende Gesetzesänderung auf den Weg bringen.
Mittlerweile hat auch die Staatsregierung einen Gesetzentwurf zum Thema "eigenverantwortliche Schule" vorgelegt. Darin geht es vor allem um die erweiterte Schulleitung; darüber werden wir zu gegebener Zeit zu reden haben. Im Übrigen würde die Umsetzung des Gesetzentwurfs der Staatsregierung jedoch mehr Kontrolle und mehr Vorschriften, nicht aber mehr Eigenverantwortung bedeuten. Zwar sollen die Schulen schon jetzt eine Schulentwicklung betreiben. Aber es bleibt festzuhalten, liebe Kolleginnen und Kollegen: Schulentwicklung braucht Raum. Schulentwicklung braucht Zeit. Schulentwicklung braucht Ressourcen. Schulentwicklung braucht Freiräume.
Wenn Sie von der Koalition diese Freiräume nicht eröffnen − Ansätze dafür kann ich in ihrem Gesetzentwurf nicht erkennen −, dann wird die Schulentwicklung erstickt und es entsteht nichts.
Wir wollen den Schulen Freiräume geben. Wir trauen den Schulen die Eigenverantwortung zu, ihren Weg zu gehen. Dazu müssen sie die Möglichkeit erhalten, von Verordnungen der Staatsregierung abzuweichen. Wir sind davon überzeugt, dass die Schulen in Bayern diese Freiheit und Eigenverantwortung nutzen werden für ein gutes − genauer: für ein besseres − Lernen an den Schulen im Interesse der Schülerinnen und Schüler in Bayern. Deswegen erwarte ich in den weiteren Beratungen eigentlich nur Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme es als gutes Zeichen für die Beratungen im Ausschuss mit, dass wir uns darüber einig sind, dass die Schulen mehr Eigenverantwortung brauchen, dass sie überreguliert sind und dass wir diese Regulierungen abbauen müssen.
Man kann über den Weg reden. Wir haben im vorliegenden Gesetzentwurf den Weg gewählt, dass wir uns auf das Kerngeschäft von Schule konzentrieren, nämlich auf Unterricht, Bildung und Erziehung. Wir glauben, hier sind zunächst die wichtigsten Schritte zu tun. Andere sind sicherlich auch notwendig.
Liebe Frau Kollegin Will, Positionspapiere der FDP müssen wir in diesem Haus Gott sei Dank nicht diskutieren.
Die Frage ist, was aus diesen Positionspapieren in die Gesetzentwürfe der Staatsregierung eingeflossen ist. Ich kann da eigentlich nichts erkennen.
Über die Schulleitungen werden wir uns unterhalten müssen, wenn der von Ihnen angekündigte Gesetzentwurf hier einmal vorliegt. Uns geht es darum, den Schulen mehr Freiräume für die Unterrichtsgestaltung zu ermöglichen. Ich denke, die Angst vor dem Durcheinander wird sicherlich dadurch gebannt, dass die Schulen ihr entsprechendes Profil entwickeln müssen und dass dieses Profil auch genehmigt werden muss. Wenn auch die Eltern und die Schulträger mitreden, wird es klare Regelungen und kein Durcheinander geben, sondern die Schulen werden ihren Weg finden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Diskussion im Ausschuss sollten wir noch einmal bedenken, dass wir alle jetzt von überregulierten Schulen reden. Das ist tatsächlich so. Aber jetzt kommen schon wieder die ersten Einwände bezüglich dessen, was alles noch nicht reguliert ist und was auch in unserem Gesetzentwurf noch nicht reguliert ist. Wir sollten uns darauf einigen, dass wir zunächst über die Regulierungsabbauschritte reden. Ich denke, dann kommen wir zu einem guten Ergebnis. Wir im Landtag machen nicht die Verordnungen, wir machen die Gesetze, auf denen diese Verordnungen beruhen. Deswegen wollen wir mit diesem Gesetz die Möglichkeit schaffen, Verordnungen entweder anders zu gestalten oder aus Sicht der Schulen von diesen Verordnungen abzuweichen, um Freiräume zu haben. Ich denke, das ist das
Ziel wert, nämlich mehr Eigenverantwortung und mehr Selbstständigkeit der Schulen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben es heute schon bei den Studiengebühren erlebt. Die CSU räumt eine Position nach der anderen, ohne dies inhaltlich begründen zu können.
Zum Thema Schulpolitik hat die FDP-Fraktion ihre Position geräumt. Die CSU-Fraktion hält ihre Position aufrecht, ohne dies inhaltlich begründen zu können. Ich tue Ihnen nicht den Gefallen, in eine ideologische Diskussion über die Zukunft unseres Schulwesens einzusteigen. Stattdessen möchte ich Ihnen noch einmal unseren Gesetzentwurf nahelegen. Uns geht es darum, neue Schulmodelle vor Ort zu ermöglichen, Schulmodelle, die von den Menschen vor Ort getragen und auf den Weg gebracht werden. Das wollen wir mit einer Öffnungsklausel nach Artikel 126 des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes erreichen. Wir sind für eine Politik der Ermöglichung. Wir lehnen eine Politik des Vorschreibens und des Besserwissens ab. Wir glauben, dass die Menschen vor Ort, wenn Sie per Gesetz die Möglichkeit haben, ihren Weg gehen werden. Damit könnte sich die Schule vor Ort so weiterentwickeln, wie es notwendig ist.
Wir stellen fest, dass die Bildung immer mehr an Bedeutung gewinnt. Wir stellen eine Veränderung in unserer Schullandschaft fest. Das betrifft vor allem die Übertrittsquoten. Vor zehn Jahren sind noch 30 % der bayerischen Schülerinnen und Schüler nach der vierten Klasse auf das Gymnasium gegangen. Heute sind es bereits 40 %. Immer weniger Schülerinnen und Schüler wechseln auf die Mittelschule. Wir stellen fest, dass das Schulsystem, so wie es einmal gedacht war, nicht mehr passt.
Wir stellen einen demografischen Wandel fest. Die Bevölkerungs- und Schülerzahlen gehen in manchen Regionen Bayerns stark zurück. Wir wissen alle, dass Schulstandorte gefährdet sind, wo den Schulen die Schülerinnen und Schüler ausgehen. Dabei handelt es sich fast ausnahmslos um Haupt- und Mittelschulen. Erst letzte Woche hat die Hauptschule in Lalling in Niederbayern berichtet, dass keine fünfte Klasse gebildet werden könne und der Schulstandort vor dem Aus stehe. Die Schulen vor Ort fordern, neue Schulmodelle auf den Weg bringen zu können. In der Hauptschule in Lalling geht es konkret um die Umsetzung eines M5-Zuges. Es ist fraglich, ob dieser vom Kultusministerium genehmigt wird. Außerdem ist es fraglich, ob dieses Modell dem Standort wirklich hilft. Vermutlich ist es schon zu spät, weil die Weichen für neue Schulmodelle schon früher hätten gestellt werden müssen, um die Standorte vor Ort zu erhalten. Absurderweise verfügen viele Gemeinden über wunderbar ausgebaute Schulhäuser, die jedoch nur von einem kleinen Teil der Schülerinnen und Schüler aus der Gemeinde besucht werden. Die meisten Schülerinnen und Schüler fahren oft 20 oder 30 Kilometer weit zu einer anderen weiterführenden Schule. Warum ist es nicht möglich, vor Ort ein Schulangebot mit verschiedenen Schulabschlüssen zu schaffen, das allen Schülerinnen und Schülern der Gemeinde offensteht?
Wir stehen vor großen pädagogischen Herausforderungen. Viele Eltern sowie Pädagoginnen und Pädagogen sind mit der Situation des Übertritts nach der vierten Klasse unzufrieden. Es werden andere Formen des gemeinsamen Lernens gefordert. Wenn wir uns die Entwicklung der Privatschulen in Bayern ansehen, stellen wir fest, dass bei den Grund- und Hauptschulen große Zuwächse zu verzeichnen sind. Das sind vor allem Montessori-Schulen und Waldorfschulen. Vor zehn Jahren haben 1,9 % der Kinder diese Schulen besucht, heute sind es 3,4 %. Die Hauptschulen − das sind ausnahmslos MontessoriSchulen − haben früher 2,3 % der Kinder besucht, heute sind es 5,5 %. Ähnliche Zuwachsraten gibt es bei den Waldorfschulen. Die Eltern verlassen das staatliche Schulsystem, weil sie das Übertrittsverfahren, die Aufteilung der Schülerinnen und Schüler in unterschiedliche Schularten, nicht mehr mitmachen wollen.
Deswegen schlagen wir vor, in Artikel 126 a neuen Schulmodellen den Weg zu öffnen und das vor Ort zu ermöglichen. Artikel 126 des Bayerischen Erziehungsund Unterrichtsgesetzes erlaubt schon heute Schulen der besonderen Art. Interessant ist, dass bestimmte Schulen namentlich festgeschrieben sind: Die Städtische Schulartunabhängige Orientierungsstufe München-Neuperlach, die Städtische Willy-Brandt-Ge
samtschule in München und die Staatliche Gesamtschule Hollfeld. Außerdem sind die Staatliche kooperative Gesamtschule Senefelder-Schule Treuchtlingen sowie die Wilhelm-Löhe-Gesamtschule aufgeführt. Das bedeutet, bestimmten Schulen wird dieser Status schon zugestanden. Die Nachfrage nach diesen Schulen ist sehr groß. Die Schulen sind mehrfach überbucht. Ohne Weiteres könnte eine zweite Schule dieser besonderen Art am gleichen Standort gebaut werden. Das Bayerische Erziehungsund Unterrichtsgesetz lässt nichts zu und ermöglicht keine weiteren Wege. Deswegen schlagen wir vor, mit einem neuen Artikel 126 a Schulen der besonderen Art in der Sekundarstufe I zuzulassen, wenn die Schulträger dies beantragen.
Ich sehe zwei Wege für die Schulen der besonderen Art. In Bayern, vor allem im Süden und im Großraum München, werden in vielen Stadtteilen neue Schulen gegründet. Es wurde darüber diskutiert, ob dies neue Schulmodelle wie das Jenaplan-Modell sein könnten. Dort wird jahrgangsübergreifend und selbstständig gelernt. Dies ist bislang nach dem Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz nicht möglich.
Wir haben Schulen, die sich wandeln müssen. Die Mittelschulen haben nur dann Bestandssicherheit, wenn sie ein neues Modell auf den Weg bringen können. Sie müssen alle Abschlüsse, den Hauptschulabschluss und den Mittelschulabschluss, sowie den Übergang zur gymnasialen Oberstufe anbieten. Wir wissen, dass es vor Ort Bürgermeister aller Fraktionen, vor allem der FREIEN WÄHLER und der CSU gibt, die diesen Weg gehen wollen. Wir glauben, dass es notwendig ist, diesen Weg zu ermöglichen.
Mit unserem Gesetzentwurf setzen wir auf Schulentwicklung von unten. Wir setzen darauf, dass die Kommunen in der Bildung mehr Kompetenz übernehmen können, weil sie wissen, wie die Situation vor Ort ist. Wir nehmen den mit dem schönen Wort des Kultusministers "Bildungsregion" verbundenen Gedanken ernst. Wer dieses Wort wirklich ernst nimmt, muss auch in den Regionen entscheiden lassen, wohin die Reise geht. Für diesen neuen Weg wollen wir hier werben und mit einer Öffnungsklausel geeignete Möglichkeiten schaffen. Wer eine pragmatische Weiterentwicklung unserer Schullandschaft in Bayern will, wer auf kommunale Selbstverantwortung setzt, wer auf Entwicklung von unten setzt, der muss diesem Gesetzentwurf zustimmen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Nöth, Sie haben die Ruhe, die die Schulen brauchen, angesprochen. Die größte Ruhe ist in einer Schule dann, wenn keine Schülerinnen und Schüler mehr dorthin gehen. Dann ist Ruhe in dieser Schule.
- Bei mir im Dorf heißt das Gebäude immer noch "Schule", obwohl seit 30 Jahren keine Schüler mehr dorthin gehen. Wir haben Standorte, wo heute schon keine Schüler mehr in die Schule gehen, und wir haben Schulstandorte, wo ein Gebäudetrakt schon stillgelegt ist, weil keine Kinder mehr in den Klassenzimmern sind.
Die zweite Frage ist, woher die Schülerinnen und Schüler kommen sollen. Die kommen natürlich nicht vom Himmel. Die gehen derzeit auf andere weiterführende Schulen. Ich sage Ihnen: Diese Schülerinnen und Schüler sind vor allem im Schulbus. Dort finden Sie die Schülerinnen und Schüler. Wir haben in Bayern zurückgehende Schülerzahlen, aber steigende Schulbuskosten in den Kreisen und in den Kommunen. Ich würde Ihnen raten, aufzustehen und am Morgen zwischen halb sieben und halb acht Uhr aufs Land zu gehen, um zu sehen, wie viel Intelligenz wir in den Bussen transportieren. Es wäre doch sinnvoller, diese Intelligenz mit intelligenten Schulmodellen vor Ort zu halten und entsprechende Angebote zu machen.
Wer Schulen vor Ort will, der muss auch an die regionale Wirtschaft denken. Und wenn der Herr Staatssekretär schon das gute bayerische duale Bildungssystem anspricht, geht es auch darum, dass die Betriebe vor Ort die Auszubildenden finden. Die werden nur am Ort bleiben, wenn sie an der Schule vor Ort ihren Abschluss machen können, wenn sie vor Ort einen Realschulabschluss machen können, der ihnen Optionen bietet. Darum gilt es, diese Wege zu beschreiten.
Lieber Kollege Nöth, die Angst vor der Hintertür, vor dieser Drohung, dass alles zusammenbricht, wenn man ein bisschen die Türe aufmacht, ist eine ideologisch motivierte Angst, die nichts mit der Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Fragen zu tun hat.
- Der Wähler soll entscheiden, die Bürgerinnen und Bürger sollen entscheiden. Dann wird das die Öffnungsklausel sein. Wir haben in Baden-Württemberg gesehen, dass die Nachfrage nach diesen Schulmodellen vor Ort groß ist. Die Wählerinnen und Wähler haben in Baden-Württemberg bei den letzten Wahlen, zum Beispiel in Stuttgart und in Karlsruhe, sehr eindeutig entschieden.
Liebe Frau Kollegin, wenn Sie vor Ort eine wunderbar funktionierende Mittelschule haben, dann soll das so bleiben. Sie haben mir die richtigen Stichworte gegeben: Veränderung in kleinen, pragmatischen Schritten. Das ist unser Gesetzentwurf. Ziel ist keine große Umgestaltung, keine Planwirtschaft, sondern man soll vor Ort pragmatisch entscheiden können. Das ist genau das, was unser Gesetzentwurf beinhaltet. Bei Ihnen passen Worte und Emotionen einfach nicht zusammen − tut mir leid.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Untersuchung der "Jungen Presse Bayern" hat ergeben, dass ein Drittel der Schülerzeitungsredaktionen in ihren Ausgaben zensiert worden ist. Die Zahlen sprechen zumindest für eine große Unsicherheit in vielen Schülerzeitungsredaktionen darüber, was machbar ist und worüber sie schreiben können. Sie spiegeln aber auch eine große Unsicherheit bei den Schulleiterinnen und Schulleitern hinsichtlich ihrer Rolle in der derzeitigen Situation wider. Die Unsicherheit besteht darin, dass die Schülerzeitungen in Bayern sowohl als Veranstaltung der Schule als auch unter dem Bayerischen Pressegesetz erscheinen können.
Es gibt durchaus viele interne Streitigkeiten an den Schulen und juristische Auseinandersetzungen. Wir wollen mit unserem Gesetzentwurf Klarheit schaffen. Wir sehen vor, dass alle Schülerzeitungen dem Bayerischen Pressegesetz unterstellt werden und damit keine Zensur stattfindet. Wir wollen, dass die Pressefreiheit für Schülerzeitungen ebenso gilt wie für alle anderen Presseorgane.
Der Gesetzentwurf schafft auch Klarheit über die Rolle der Schulleiterinnen und Schulleiter. Ein Einspruchsrecht steht ihnen zu, wenn die persönliche Ehre durch Artikel verletzt oder gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird. Dieser Gesetzentwurf sieht auch die Pflicht der Schülerzeitungsredaktionen zur wahrheitsgemäßen Berichterstattung und zur journalistischen Verantwortung vor, die mit der journalistischen Freiheit einhergehen. Er sieht ferner vor, dass sich die Redaktionen eine beratende Lehrkraft wählen, die sie in allen Angelegenheiten berät.
Wir haben über dieses Thema bereits diskutiert. Es gibt Äußerungen aus der Jungen Presse Bayern − Herr Kollege Eisenreich hat es schon angesprochen -, wonach diese mit der jetzigen Situation zufrieden ist. Auch wir haben Gespräche und ein Fachgespräch mit
Schülerzeitungsredakteuren geführt. Dabei haben wir aus der Jungen Presse Bayern andere Stimmen gehört, die sich mehr für unsere Lösung ausgesprochen haben. Es ist wichtig, mit unserem Gesetzentwurf die Arbeit der Schülerzeitungsredakteure zu stärken, weil wir glauben, dass Schülerzeitungen eine sehr wichtige Funktion haben. Sie haben eine pädagogische Funktion im Sinne einer politischen Bildung. Wer einmal in einer Schülerzeitung mitgearbeitet hat, ist ein politischerer und bewussterer Mensch geworden, weil er die Rolle eines Pressevertreters wahrgenommen und sich mit Journalismus auseinandergesetzt hat. Das ist in unserer Mediengesellschaft ein wichtiges Thema.
Des Weiteren ist eine Reihe von Schülerzeitungsredakteuren später zu Berufsjournalisten geworden. Insofern haben sie eine wichtige Vorerfahrung gemacht. Das Bewusstsein dafür, wie wichtig eine unabhängige Presse für ein demokratisches Gemeinwesen ist − ob Staat, Kommune oder Schule −, wird durch unseren Gesetzentwurf deutlich gestärkt. Dieses Bewusstsein muss gepflegt und bei den jungen Leuten immer wieder auf den Weg gebracht werden. Wir sind der Überzeugung, dass eine freie, selbstständig arbeitende Schülerzeitung ein ganz wichtiger Bestandteil einer demokratischen Schule ist. Demokratie kann man nicht nur durch Zuhören und Lesen lernen, sondern nur durch demokratisches Verhalten, demokratisches Agieren, durch Teilhabe und Partizipation.
Deswegen wollen wir die Schülerzeitungsredaktionen mit diesem Gesetzentwurf stärken. Der Gesetzentwurf schafft bei einer Umsetzung mehr Demokratie an Schulen, mehr politisches Bewusstsein, mehr politische Bildung für die jungen Leute und Klarheit über die Rolle der Schulleitungen. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem unsere Fraktionsvorsitzende Margarete Bause am Dienstag das Grundsatzprogramm der CSU erwähnt hat, habe ich es zur Hand genommen und darin gelesen. Es schadet nicht, auch einmal die Unterlagen von anderen zu lesen. Das dient der Horizonterweiterung.
Ich zitiere daraus. Dort steht:
Die Lehre muss noch stärker in den Mittelpunkt des akademischen Lebens rücken. Ein akademisches Studium ermöglicht nach wie vor überdurchschnittliche Berufsaussichten. Unter dieser hochschulpolitischen Zielsetzung ist die Erhebung eines finanziellen Eigenbeitrages der Studierenden zum Gesamtaufwand ihres Studiums wissenschaftspolitisch und sozialpolitisch verantwortbar. Mit den Studienbeiträgen muss sich das Verhältnis der Hochschule zu den Studenten wandeln. Eine sinnvolle Mitbestimmung der Studenten muss garantiert werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das sind in sich richtige Sätze. Ihre logische Verknüpfung aber ist fatal. Das offenbart ein höchst problematisches politisches Denken, eine falsche Werteorientierung und ist hochschulpolitisch grottenfalsch.
Wenn sich die CSU von den Studiengebühren verabschiedet, weil Volksbegehren und Volksentscheid erfolgreich sind, dann wohl noch nicht aus Einsicht.
Sie verabschiedet sich nicht von diesem falschen hochschulpolitischen Ansatz, von dieser fatalen Werteorientierung, die in diesem Grundsatzprogramm ausgedrückt ist.
Aber kommen wir zum Positiven. Ja, die Lehre muss aufgewertet werden. Sie ist in den letzten Jahren vernachlässigt worden. Wir hatten exzellente Initiativen in Bayern. Wir haben sie auch vom Bund gehabt. Ja, wir brauchen Exzellenz in der Forschung, aber wir brauchen auch Exzellenz in der Lehre.
Das ist schon das erste Missverständnis in dieser Passage. Mit Studiengebühren allein wird eine bessere Lehre nicht finanziert. Wir brauchen eine bessere staatliche Finanzierung der Hochschulen, eine bessere Grundausstattung. Deswegen wollen wir die Mittel für Personal, Sachausgaben und Investitionen um 120 Millionen und 150 Millionen jährlich erhöhen.
Und wir müssen die Mittel des Programms zur Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger erhöhen. Der doppelte Abiturjahrgang, der heute schon angesprochen wurde − es gab natürlich einen Aufwuchs der Studienplätze −, kommt nicht in einem einzigen Jahr, sondern er kommt verteilt auf mehrere Jahre. Wir werden noch über mehrere Jahre hinweg hohe Studienanfängerzahlen haben. Den Fehler, irgendwelche Studentenberge untertunneln zu wollen, hat es in der Bildungspolitik und in der Hochschulpolitik schon öfter gegeben. Wir werden lange hohe Studienanfängerzahlen haben. Ein Beispiel: Wir hatten vor zehn Jahren in Bayern eine Übertrittsquote auf das Gymnasium von 30 %. Darunter fallen die, die heute das Studium beginnen. Wir haben heute eine Übertrittsquote von 40 %. Diejenigen, die darunter fallen, beginnen ihr Studium in acht Jahren. Wir werden diese hohen Studienanfängerzahlen 10, 15 Jahre lang haben. Deswegen brauchen wir jetzt die zusätzlichen Mittel für dieses Programm, und zwar dauerhaft.
Exzellente Lehre heißt, zur Kenntnis zu nehmen, dass Studieren nicht bedeutet, nur an der Universität zu sein, sondern auch wohnen zu müssen, sich ernähren zu müssen. Beratung und Kinderbetreuungsangebote werden benötigt. Deshalb brauchen wir mehr Mittel für die Studentenwerke.
Exzellente Lehre heißt auch, bessere Lehrbedingungen für Studierende mit Behinderung zu schaffen. Wir müssen die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen auch an den Hochschulen umsetzen.
Exzellente Lehre heißt auch, dass bei Abschaffung der Studiengebühren diese durch entsprechende Mittel ersetzt werden müssen. Wir haben beantragt, dafür 180 Millionen Euro einzustellen. Jetzt wird gemunkelt, die CSU und die Regierung würden überlegen, dafür Geld auf die Seite zu legen.
- Wir finanzieren sie mit unserer Gegenrechnung. Wir haben einen gegenfinanzierten Haushalt, Herr Staatssekretär.
Die Regierung will angeblich Mittel zur Seite legen. Das kann man eigentlich nicht. Stellen Sie sie jetzt in den Haushalt ein, wenn die Studiengebühren abgeschafft werden. Das wären vertrauensbildende Maßnahmen gegenüber den Hochschulen.
Die zweite falsche Verknüpfung im CSU-Grundsatzprogramm ist die, dass die Studiengebühren aus sozialpolitischen Gründen vertretbar seien. Sie sind es eben nicht. Sie bilden eine soziale Schwelle, über die viele nicht gehen können. Sie grenzen aus. Studierende ohne eigenes Einkommen hängen weiterhin am Geldbeutel ihrer Eltern. Damit fördern wir eine Bildungskarriere, die für Deutschland ganz symptomatisch ist, bei der Bildung vom Einkommen der Eltern abhängt, die im Kindergarten beginnt, sich durch die Schule zieht und sich bis an die Hochschulen fortsetzt. Der soziale Ausgleich - darüber zu reden, ist richtig - muss über das Steuersystem erfolgen.
Wenn Sie ernsthaft über nachgelagerte Studiengebühren diskutieren würden, was ich für legitim halte und in meiner Partei schon mit anderen getan habe, dann würden Sie sehr bald feststellen: Sie sind sehr schnell in der Systematik des Steuersystems. Wir sind bei der Steuerpolitik, wenn wir wirklich über dieses Thema reden. Sie diskutieren aber nicht ernsthaft darüber. Die CSU gibt auch keine inhaltliche Begründung für die Abkehr von Studiengebühren. Sie suchen nur einen Rettungsanker dafür, wie Sie Ihre Koalition aus diesem Schlamassel herausbringen, solange Sie noch an der Regierung sind.
Das dritte große Missverständnis: Mit Studiengebühren müsste sich das Verhältnis von Hochschule zu Studierenden verändern. Das ist ein grandioses Missverständnis von Demokratie. Sie setzen hier demokratische Beziehungen mit Kundenbeziehungen
gleich. Kein Kunde bestimmt aber mit, was es im Kaufhaus zu kaufen gibt; er kauft etwas oder nicht. Die Mitbürgerinnen und Mitbürger bestimmen in den demokratischen Einrichtungen unseres Gemeinwesens mit, zum Beispiel in der Gemeinde, in einem Verband, in einer Genossenschaft, im Staat. Wenn wir die Hochschule als demokratische Hochschule verstehen, dann bestimmen dort Studierende mit, wenn sie Teilhabe an dieser Hochschule haben, und sie bestimmen über die Mittel für Lehre mit. Wenn es Ihnen wirklich um die Mitbestimmung der Studierenden geht, dann unterstützen Sie uns bitte bei der Einführung der Verfassten Studierendenschaft, wie es sie in allen anderen Bundesländern gibt.
Ich will zum Stichwort Teilhabe zur Kulturpolitik kommen. Unser Ministerpräsident will "Leuchttürme" in unserer Kulturlandschaft schaffen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, erstens leben wir in Bayern und nicht an der Küste, und zweitens leben wir auch nicht im kulturellen Dunkel, sondern wir haben eine vielfältige Kulturlandschaft. Ganz Bayern leuchtet.
Diese Kulturprojekte sind Projekte in Städten, kleineren Städten und auf dem Land, in alten und neuen Einrichtungen und soziokulturelle Projekte: Diese Projekte gilt es zu stärken. Viele Kultureinrichtungen im Besitz des Freistaats und der Kommunen sind tatsächlich Schätze. Schätze müssen poliert werden, damit sie strahlen und leuchten können. Das heißt konkret: Wir brauchen keine neuen Museen, sondern wir müssen die bestehenden erhalten, erneuern. Mit geeigneten Konzepten müssen wir dafür sorgen, dass sie von den Menschen besucht werden.
Um es mit Zahlen zu sagen: Der Sanierungs- und Investitionsbedarf bei den Kultureinrichtungen - die Kollegin hat es vorhin angesprochen − liegt im Milliardenbereich. Hier 50 Millionen und da noch einmal 25 Millionen Euro reichen bei Weitem nicht aus. Sie reichen nicht einmal aus, um die Kürzung der letzten Jahre auszugleichen und den Inflationsausgleich zu gewährleisten. Das ist Finanzierungssymbolpolitik. Natürlich geht es in der Kultur um Symbole, aber bei der Finanzpolitik sollte es um konkrete Zahlen gehen.
Weil wir glauben, dass man das Geld nicht mit beiden Händen ausgeben kann, auch nicht im Kulturbereich, schlagen wir vor, Mittel zu streichen, um sie in der Breite einzusetzen, also die Streichung der Mittel für
den Neubau des Museums für Bayerische Geschichte, die Hochglanzbroschüre "aviso" oder die Machbarkeitsstudie für den neuen Konzertsaal in München.
Wir wollen exzellente Aufführungsbedingungen für die Münchner Orchester von Weltrang. Wohl der Stadt, die gleich mehrere Orchester dieser Kategorie hat. Dazu brauchen wir aber eine Auseinandersetzung und Entscheidung hier im Parlament und nicht ein Gutachten für den Bau im Deutschen Museum, der dort abgelehnt wird und eine Zweckentfremdung von Forschungsmitteln darstellt.
Bayern zeichnet sich durch eine bemerkenswert leistungsfähige Forschungslandschaft aus. Wir haben viele Forschungseinrichtungen, gute Hochschulen und viele forschungsnahe Betriebe. Ich möchte ein Viereck der Forschungspolitik aufmachen: erstens Verantwortung des Staates für Hochschule, Wissenschaft und Forschung, zweitens Freiheit der Wissenschaft, drittens Anforderungen einer wissensbasierten Wirtschaft, viertens gemeinsame Verantwortung für die Zukunft in einer von Forschung und Wissenschaft geprägten Welt. In diesem Viereck muss jeder der Akteure seine Aufgaben erfüllen. Die Distanz zwischen den Akteuren ist notwendig, damit ihre Freiheit beachtet wird.
Aufgabe des Staates ist die Finanzierung der Grundlagenforschung und die ausreichende Grundfinanzierung der Hochschulen. Das gilt auch für die Hochschulen für angewandte Wissenschaften und für angewandte Forschung, die ehemaligen Fachhochschulen. Sie brauchen eine angemessene Grundausstattung, auch wenn sie anwendungsorientiert forschen wollen.
Die Zusammenarbeit der Forschung mit der Wirtschaft ist sehr wichtig. Es kann aber nicht sein, dass die Forschungseinrichtungen der Hochschulen ausgelagerte Forschungseinrichtungen der Wirtschaft sind. Hier muss jeder seinen Job leisten.
Deswegen wollen wir Vorhaben streichen, die so wirtschaftsnah sind, dass sie von der Wirtschaft ausgeführt werden müssen.
Der zweite Ansatz ist das Verhältnis zwischen Staat und Forschung. Wir wollen als Staat nicht vorschreiben, was erforscht werden soll. Wir müssen in der Politik die Fragen formulieren, die uns alle berühren, die von der Forschung gelöst werden sollen. Wir glauben, dass zum Beispiel im Klimaschutz interdisziplinäre
Ansätze notwendig sind. Deswegen wollen wir ein entsprechendes Projekt, ein entsprechendes Institut ausschreiben; die Hochschulen sollen Vorschläge machen, auch organisatorisch, wie das geleistet werden kann. So stellen wir uns das Verhältnis zwischen Staat und Forschung vor.
Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich mich bei unserer haushaltspolitischen Sprecherin, Claudia Stamm, und unseren beiden Vertretern im Hochschulausschuss, Ulrike Gote und Sepp Dürr, die heute leider nicht anwesend sein können,
bedanken, die mich in der Vorbereitung dieser Rede sehr unterstützt haben. Ich möchte für die GRÜNENFraktion zum Haushalt für Hochschule, Wissenschaft, Forschung und Kultur abschließend feststellen: Wir setzen auf eine Politik, die Beteiligung ermöglicht, die Hochschule und Lehre verbessert, kulturelle Vielfalt in Bayern erhält und stark macht, nachhaltige Wissenschaft fördert, die Freiheit der Wissenschaft sichert und gesellschaftliche Verantwortung einfordert.
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Tag nach einer Veröffentlichung über einen Bildungsvergleich muss man sagen: Es ist gut, dass wir in Deutschland einen Bildungsvergleich haben. Ich meine, das Gute an der Pisa-Studie von 2001 war damals der PisaSchock; denn er hat die deutschen Bildungspolitiker
mit der Wirklichkeit konfrontiert. Er hat den Blick nach außen über die Grenzen geöffnet, den Blick über den Tellerrand der eigenen Selbstüberschätzung, und hat all denen, die gedacht haben, wir seien ohnehin das Land der Dichter und Denker, deutlich gemacht, dass wir Mängel haben, dass wir Probleme haben, aber dass wir auch Zukunftsaufgaben vor uns haben, und hat sie von ihrem hohen Ross heruntergeholt.
Es ist gut, dass die heutige empirische Bildungsforschung etabliert ist. Es gibt Standards, internationale Vergleiche, bundesweite Vergleiche. Das kann zu mehr Rationalität in der bildungspolitischen Debatte führen. Allerdings hat man manchmal den Eindruck, bei den Bildungsvergleichen gehe es nur noch um Rangplätze, ähnlich wie in der Bundesliga. Da wird manchmal der Provinzialismus doch wieder die Oberhand gewinnen.
Zu den gestern veröffentlichten IGLU- und TIMMSStudien: Deutsche Viertklässlerinnen und Viertklässler erreichen im internationalen Vergleich in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften erneut ein Kompetenzniveau, das im oberen Drittel liegt, genauer beim Lesen Platz 17, in Mathematik Platz 16 und in Naturwissenschaften Platz 17. Wenn es um die Themen Wirtschaftskraft, Exportland und Fußball ginge, wären wir mit diesen Plätzen nicht zufrieden − aber seis drum.
Ein Fazit dieses Bildungsvergleiches lautet: Die anderen Länder holen auf, und die deutschen Leistungen stagnieren seit 2006. Nach wie vor haben wir das große Problem, dass der soziale Hintergrund den Bildungserfolg stark beeinflusst. Wir haben jetzt zwar keinen nationalen Vergleich, aber wir wissen aus dem Vergleich, den wir im Sommer gehört haben, dass Bayern bei den Grundschulen auf Platz 1 lag. Das ist gut so. Das ist eine Leistung der bayerischen Lehrerinnen und Lehrer. Wir stellen fest, lieber Herr Kollege Herold: Bayern kann gemeinsames Lernen - in der Grundschule, alle Schülerinnen und Schüler. Wir sind hier gut. Wir zweifeln nicht daran, dass wir mit einer anderen Politik auch beim gemeinsamen Lernen nach Klasse 4 gut sind, ohne die Sortiererei in der 4. Klasse, und dass wir dies auch in Bayern gut hinbekommen und auch dann bei Bildungsvergleichen mit der Sekundarstufe I gut dastehen werden.
Wir werden dann gute Leistungen erreichen ohne den Preis, den die Schülerinnen und Schüler und Familien heute für den Bildungserfolg in Bayern zahlen müssen. Ich bin davon überzeugt, dass wir dann mehr soziale Gerechtigkeit in Bayern haben werden.
Ein zweiter Vergleich betrifft die Ganztagsschulen. Es gibt eine Studie, die besagt: Bayern hat die größte Dynamik beim Ausbau der Ganztagsschulen. Das klingt toll. Bayern liegt aber abgeschlagen auf dem letzten Platz. Das ist so, wie wenn man den FCA und den FC Bayern vergleicht. Wenn Bayern unentschieden spielt und der FCA gewinnt, kann man auch sagen, der FCA hat eine größere Dynamik als der FC Bayern. Trotzdem bleibt der FCA auf dem 18. Platz und Bayern auf dem 1. Platz.
So ähnlich ist es mit Bayern bei den Ganztagsschulen. Wir müssen die Ganztagsschulen weiter ausbauen. Wir müssen in die Qualität investieren, weil wir vor allem bei der gebundenen Ganztagsschule in den Klassen 1 und 2 zu wenig Mittel haben. Deswegen werden wir auch nicht die Zahlen bekommen, die wir haben müssten.
Bei all diesen Vergleichen ist der Vergleich am lächerlichsten, wenn es um das Thema geht − Kollege Herold hat es angesprochen -, Bayern sei das Bildungsland Nummer 1, weil es ein Drittel seiner Ausgaben im Haushalt für Bildung aufwendet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den Bundesländern ist es die Regel, dass circa ein Drittel des Haushaltes für Bildung ausgegeben wird. Ein Land wie Niedersachsen zum Beispiel gibt 33,9 % seines Haushaltes für Bildung aus − damit muss man sich nicht vergleichen, mit BadenWürttemberg vielleicht eher: Es gibt 34,7 % für Bildung aus. Das heißt einfach: Alle Bundesländer sind Bildungsländer; denn so will es unser föderales System. Länder haben fast ausschließlich die Kompetenz für Bildung; es ist ihre Aufgabe, Bildung zu leisten. Das ist kein Grund für Angabe, sondern es ist ihre Pflicht, das zu tun.
Da ich beim Thema Föderalismus bin: Es geht auch darum, wie wir den Bildungsföderalismus weiterentwickeln. Wenn Bildungspolitik die Sozialpolitik des 21. Jahrhunderts ist, wie die Frau Präsidentin schon öfter gesagt hat, dann müssen wir überlegen, wie der Bund, der für Sozialpolitik zuständig ist, und wie die Länder, die für Bildungspolitik zuständig sind, zusammenarbeiten, wo vielleicht gemeinsame Aufgaben definiert werden. Ich sehe gemeinsame Aufgaben beim Ganztagesausbau. Ich sehe gemeinsame Aufgaben bei der Inklusion. Dann müssen wir aber darüber sprechen, was aus dem Kooperationsverbot wird, ob wir es abschaffen, wie wir es weiter gestalten. Ich muss einfach sagen: Die Regierungskoalition ist bei
diesem Thema nicht sprechfähig. Die FDP will das Kooperationsverbot abschaffen; die CSU sagt: Wir lassen alles so, wie es ist. So kommen wir zu einer Situation, in der zwischen Bund und Ländern über die Zukunft der Zusammenarbeit diskutiert wird, wir als großes Land aber nicht agieren. Hier brauchen wir eine starke Stimme, die sich für eine Änderung des Kooperationsverbotes einsetzt.
Zum Haushalt 2013/2014. Ein Kultushaushalt ist wie ein Gemischtwarensortiment; da gibt es Regale: Lehrerstellen in unterschiedlichen Schularten, ganze Stellen, Zwei-Drittel-Stellen, Stellenäquivalente, Stellenabbau, neue Stellen, Stellen mit kw-Vermerk, Stellen aus der demografischen Rendite, Stellen zur Rücknahme der Arbeitszeitverkürzung und so weiter. In den Auslagen, den Pressemitteilungen des Kultusministeriums und der Staatskanzlei, sind aber nur die sogenannten neuen Stellen ausgewiesen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin im Tante-Emma-Laden groß geworden. Dort gibt es auch ein breites Sortiment von der Kochsalami bis zum Melkfett, vom Bindfaden bis zur Eiernudel. Man kann alles in einen Einkaufskorb legen und zusammenrechnen. Aber ich habe gelernt, man muss schauen, was unten raus kommt, wie die Summe lautet.
Wenn wir uns diesen Einzelplan für den Doppelhaushalt 2013/14 anschauen, stellen wir fest: Wir haben im Jahr 2014 weniger Lehrerstellen als 2012. Das passt doch nicht zum Mantra der immerwährenden Schaffung neuer Lehrerstellen. Weniger Stellen als 2012! Man fragt sich, wie es bei all dieser Öffentlichkeitsarbeit passieren kann, dass so etwas herauskommt. Das kann man nur, wenn man Sein und Schein nicht auseinanderhält. Herr Kultusminister Spaenle, ich erneuere Ihnen gegenüber den Vorwurf: Sie sind ein Hütchenspieler, der die Stellen hin- und herschiebt, sie zudeckt, und dann tauchen die Stellen unvermutet an anderer Stelle auf, und alle sind verwirrt und überrascht.
Das wird besonders deutlich, wenn man die Karriere einiger Zahlen ansieht. Ich denke da an eine Zahl, mit der wir uns seit drei Jahren im Haushalt beschäftigen. Es ist die Zahl 1.082. In einem Vermerk zum Doppelhaushalt 2011/2012 sind 1.082 Stellen als demografische Rendite genannt. Sie sollten aus den Volksschulen herausgenommen und dem Hochschulkapitel zugewiesen werden. Im Nachtragshaushalt 2012 blieben diese Stellen im Haushalt und wurden jetzt als neue Stellen von der Staatsregierung gefeiert. Im Haushaltsentwurf 2013/14 finden wir diese Stellen wieder. Die kw-Vermerke werden gestrichen, und sie werden als Stellen für "Aufbruch Bayern" im Haushalt
verankert. Man sieht daran: "Aufbruch Bayern" ist kein Sonderprogramm, sondern eine Pflichtaufgabe.