Protokoll der Sitzung vom 06.10.2009

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herzlich willkommen nach der Sommerpause, in der Sie sich hoffentlich - trotz des Wahlkampfs für die Bundestagswahl - gut erholt und neue Kräfte gesammelt haben.

Am 27. September ist der Deutsche Bundestag neu gewählt worden; seit gestern sind die Koalitionsverhandlungen im Gange. Im Interesse unseres Landes und der Herausforderungen, die zu bewältigen sind, hoffen wir, dass die Regierungsarbeit so bald wie möglich aufgenommen werden kann.

Ich eröffne die 29. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie bitten, eines ehemaligen Kollegen zu gedenken.

(Die Anwesenden erheben sich)

Am 29. Juli dieses Jahres verstarb der ehemalige Abgeordnete Alfred Börner im Alter von 83 Jahren. Er gehörte dem Bayerischen Landtag von 1962 bis 1986 an und vertrat den Wahlkreis Oberfranken bzw. den Stimmkreis Hof für die Fraktion der SPD. In den insgesamt 24 Jahren seiner Parlamentszugehörigkeit war Alfred Börner in unterschiedlichen Ausschüssen tätig, vor allem im Ausschuss für Sozial- und Gesundheitspolitik und im Ausschuss für Grenzlandfragen. 12 Jahre, von 1974 bis 1986, war er Mitglied im Präsidium des Bayerischen Landtags. Alfred Börner gehörte zu denjenigen, die sich ein Leben ohne Politik nicht vorstellen konnten - so hat er es selbst einmal gesagt. Leise, aber unerbittlich und mit einer überzeugenden Geradlinigkeit setzte er sich für die Belange der Bürgerinnen und Bürger seiner Heimatregion ein. Dabei hat er auch immer wieder seine langjährigen Erfahrungen aus der kommunalen Politik als Stadtrat in Hof eingebracht. Sein Engagement wurde mit vielen Auszeichnungen gewürdigt. Mit ihm verlieren wir und die Region Hof einen glaubwürdigen Politiker und engagierten Menschen.

Sie haben sich zu Ehren des Toten von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, darf ich noch einige Geburtstagswünsche aussprechen: Jeweils einen runden Geburtstag feierten am 18. Juli Herr Kollege Markus Rinderspacher,

(Allgemeiner Beifall)

Am 7. August der Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Herr Kollege Tobias Thalhammer,

(Allgemeiner Beifall)

am 1. September Herr Kollege Stefan Schuster

(Allgemeiner Beifall)

und am 7. September Herr Kollege Eduard Nöth.

(Allgemeiner Beifall)

Einen halbrunden Geburtstag feierten am 31. Juli Herr Kollege Eberhard Rotter,

(Allgemeiner Beifall)

am 30. August Herr Kollege Alexander Radwan,

(Allgemeiner Beifall)

am 14. September Herr Staatsminister Helmut Brunner

(Allgemeiner Beifall)

und am 15. September Frau Kollegin Sabine Dittmar.

(Allgemeiner Beifall)

Heute hat Herr Kollege Dr. Otmar Bernhard Geburtstag.

(Allgemeiner Beifall)

Ich danke der Opposition dafür, dass sie stellvertretend für die Mehrheit klatscht.

(Allgemeiner Beifall)

Ich wünsche Ihnen im Namen des gesamten Hauses und persönlich alles Gute und viel Erfolg für Ihre parlamentarischen Aufgaben.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf:

Ministerbefragung gem. § 73 GeschO auf Vorschlag der CSU-Fraktion "Aktuelle Bedrohungslage durch islamistische Terroristen"

Zuständig für die Beantwortung ist das Staatsministerium des Inneren. Als ersten Fragesteller rufe ich Herrn Kollegen Meißner auf. Herr Staatssekretär, bitte finden Sie sich am Rednerpult ein.

Ist Herr Kollege Meißner anwesend?

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Kreuzer (CSU))

- Fragestellerin ist Frau Kollegin Schorer. Bitte schön, Frau Kollegin.

Ich darf Herrn Meißner vertreten, der gleich zu uns kommen wird.

Es ist ein sehr wichtiges Thema.

(Franz Maget (SPD): Darum ist er nicht da!)

Ich bin der Auffassung, dass wir bei der Bekämpfung des Terrorismus vor großen Herausforderungen stehen. Ich möchte Herrn Staatssekretär fragen, wie er die aktuelle Gefährdungslage durch den islamistischen Terrorismus und durch den Extremismus einschätzt.

Ich möchte vom Herrn Staatssekretär natürlich auch erfahren, wie die Sicherheitsbehörden im Moment darauf reagieren und welche Schritte für die Zukunft getroffen werden. Vor allem hätte ich von Ihnen gerne gewusst, wie sich die Sicherheitsmaßnahmen in der zweiten Hälfte des Oktoberfestes dargestellt haben und wie sie intensiviert worden sind.

(Zuruf von der SPD: Zeitung lesen! - Franz Maget (SPD): Aber nur das, was nicht in der Zeitung steht! Nur Neuigkeiten!)

Herr Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Nur Neuigkeiten! - Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Gefährdungslage durch den islamistischen Terrorismus ist wahrscheinlich nicht nur für die freie westliche Welt insgesamt, sondern auch - das nehmen wir sehr ernst - eine akute Bedrohung für Deutschland. Das heißt, wir schätzen die Gefahr sehr hoch ein. Wir sind ständig mit den Sicherheitsbehörden aus Bund und Ländern dabei, die Gefährdungslage zu analysieren und anlassbezogen zu reagieren.

Bereits seit einigen Wochen, ungefähr seit zwei Monaten, hat es im Zusammenhang mit der Bundestagswahl Hinweise gegeben, dass Deutschland in den Fokus der islamistischen Terroristen rückt. Es gab auch Hinweise von befreundeten Geheimdiensten, die den Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder gegeben worden sind. Wir haben zum einen durch regelmäßige Treffen auf Basis des Arbeitskreises II der Innenministerkonferenz und zum anderen durch regelmäßige Treffen und Schaltkonferenzen der zuständigen Staatssekretäre des Bundes und der Länder die Lage im permanenten Blick behalten und jeweils anlassbezogen reagiert.

Was das Oktoberfest angeht, so ist Ihnen allen sicherlich bekannt, dass wir seit dem 18. September, als das

Harrach-Video auftauchte, damit rechnen mussten, dass nach der Bundestagswahl die Bedrohung stärker würde, sodass wir hierauf einen besonderen Fokus legen mussten. Deswegen haben wir auf die zweite Woche der Wiesn, also auf die Zeit nach der Bundestagswahl, ein besonderes Augenmerk gelegt und die Sicherheitsmaßnahmen verschärft. Wir haben das deswegen sehr ernst genommen, weil in der Zwischenzeit sieben Audio- und Videobotschaften aus dem Bereich der al-Qaida aufgetaucht sind, von denen sechs einen Bezug auf Deutschland hatten; die siebte Botschaft von Osama bin Laden richtete sich an die Völker Europas. Das Oktoberfest ist deshalb besonders in unseren Fokus gerückt, weil die erste Botschaft, des al-QaidaMannes Harrach, eine Drohung für den Fall zum Inhalt hatte, dass - Sie alle haben das verfolgt - das deutsche Volk nicht so abstimmen würde, dass die Truppen aus Afghanistan abgezogen würden. Muslimische Glaubensbrüder sollten öffentliche Plätze und alles andere, was nicht unbedingt lebensnotwendig ist, meiden. Wir haben das deswegen so ernst genommen, weil sich die al-Qaida bisher nach unserer Erfahrung noch nie so sehr unter zeitlichen Zugzwang gesetzt hat.

Das Oktoberfest ist in unseren besonderen Fokus gerückt, nachdem die Harrach-Botschaft mit einem Satz in Zusammenhang gesetzt wurde, der sinngemäß lautete: Die Deutschen müssen einsehen, dass Afghanistan nicht das 17. Bundesland sei und man dort kein permanentes Oktoberfest feiern könne. - Das ist nicht nur einmal erwähnt worden, wobei nach der Auswertung durch die Sicherheitsbehörden dieser Satz aus dem Zusammenhang heraus noch keinen besonderen Anlass gab, auf das Oktoberfest einen speziellen Schwerpunkt zu legen.

Am 25. September ist eine zweite Videobotschaft aufgetaucht, bei der potenzielle Anschlagsziele veröffentlich worden sind, darunter auch der Eingang zu der Wiesn, wo 1980 das Oktoberfest-Attentat stattgefunden hat. Aus diesem Grunde haben wir das - im zeitlichen Zusammenhang besonders nach dem Ende der Bundestagswahl, in der Nacht vom 27. auf den 28. September - sehr ernst genommen.

Im Wesentlichen haben wir einen Sperrring für den Verkehr um die Theresienwiese gelegt, weil damit zu rechnen war, dass, wenn eine tatsächliche schwerwiegende Gefährdung vorläge, islamistische Terroristen in der Regel mit Fahrzeugen wie Kleinlaster, mit Sprengstoff beladen, möglicherweise versuchen würden, auf das Wiesngelände zu gelangen und größtmöglichen Schaden anzurichten. Deswegen war der Sperrring so aufgebaut, dass erstens Fahrzeugkontrollen stattgefunden haben, dass es also nur beschränkt Durchfahrtsmöglichkeiten um die Theresienwiese gab, dass zweitens die Möglichkeit für den Fall der Durch

brechung einer Kontrollzone bestand, die Straße durch Polizeifahrzeuge und -Lkws abzusperren, sodass ein Durchbrechen unmöglich wäre, und dass, drittens, die Zufahrten zur Wiesn nochmals mit Polizeifahrzeugen gesichert wurden. Das hat auch dazu geführt, dass die Taxen auf den bisherigen Busparkplatz ausweichen mussten. Dadurch gab es gewisse Einschränkungen. Aber insgesamt erschien uns das als das wahrscheinlichste Gefährdungsszenario. Auf diese Weise haben wir die Gefährdung, so weit es menschenmöglich ist, ausschalten können.

Was Einzeltäter angeht, so gab es die Möglichkeit der Videoüberwachung sowohl in den U-Bahn-Stationen als auch auf dem Wiesngelände, wobei die Überwachungsmöglichkeiten nur eingeschränkt sind. Es gab nur einen Vorfall, als ein Kleinflugzeug für Unruhe sorgte, das sehr niedrig über die Festwiese geflogen ist. Daraufhin haben wir eine Flugverbotszone über der Wiesn beim Bundesverkehrsministerium erwirkt - abgesichert durch Polizeihubschrauber, die das überwacht haben. Der Vollständigkeit halber: Es gab insgesamt sieben Verstöße während dieser Zeit.

Danke schön, Herr Staatssekretär. Als nächster Fragesteller ist Herr Ländner benannt, dann Herr Kollege Schneider. Herr Kollege Ländner, bitte schön.