Ich begrüße Sie alle ganz herzlich und eröffne die 61. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Wie immer haben Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen um Aufnahmegenehmigung gebeten. Ihre Zustimmung vorausgesetzt wurde diese Genehmigung erteilt.
Aktuelle Stunde gem. § 65 GeschO auf Vorschlag der Fraktion Freie Wähler "Aufklärung Landesbankdesaster: Neue Entwicklungen - wie geht es weiter?"
In der Aktuellen Stunde dürfen die einzelnen Redner grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Auf Wunsch einer Fraktion erhält einer ihrer Redner bis zu zehn Minuten Redezeit. Dies wird dann auf die Zahl der Redner der jeweiligen Fraktion angerechnet. Ergreift ein Mitglied der Staatsregierung das Wort für mehr als zehn Minuten, erhält auf Antrag einer Fraktion eines ihrer Mitglieder Gelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die Zahl der Redner dieser Fraktion zu sprechen. Soweit zu den Spielregeln.
Sehr geehrter Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein weiteres Mal beschäftigt uns die BayernLB aus aktuellem Anlass. Es geht um zwei Punkte. Zunächst einmal geht es darum, sicherzustellen, dass Haftungsansprüche gegen Verwaltungsräte der BayernLB aus den diversen Fehlleistungen nicht zum 31. Dezember 2010 verjähren - aus den Fehlleistungen und im Zusammenhang mit den Schrottimmobilien in Amerika, mit den ABS-Papieren, aber auch im Zusammenhang mit dem Kauf der Hypo Group Alpe Adria.
Der Bundesgesetzgeber hat ein Gesetz novelliert. Das Gesetz ist noch nicht in Kraft getreten. Es sieht eine Verlängerung der Verjährungsfrist von drei Jahren auf zehn Jahre vor. Es ist aber die Frage, ob dieses Gesetz auch auf den hier einschlägigen Fall der BayernLB tatsächlich anwendbar ist, tatsächlich Gültigkeit hat. Deswegen hat die SPD-Fraktion dankenswerterweise auch eine landesrechtliche Regelung eingebracht.
Nun haben wir aus der Staatskanzlei vernommen, dass sie verfassungsrechtliche Bedenken gegen die vorgeschlagene landesrechtliche Regelung hegt. Diese verfassungsrechtlichen Bedenken mag man haben, aber wir - der Bayerische Landtag - haben die
Pflicht, die Sachen wasserdicht zu machen. Es kann durchaus, muss aber nicht sein, dass dieses Bundesgesetz auch den landesrechtlichen Fall regelt, weil der Bund nach Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes die konkurrierende Gesetzgebung für das bürgerliche Recht hat und nach Artikel 74 Absatz 1 Nummer 11 des Grundgesetzes auch für das Handelsrecht. Wenn man das Ganze als eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts ansieht, wenn man der Meinung ist, es handelt sich um Organisationsrecht der Landesbanken, dann greift die bundesrechtliche Regelung mangels Kompetenz nicht, dann brauchen wir eine landesrechtliche Regelung. Ansonsten könnten sich die Betroffenen auf die Einrede der Verjährung berufen. Das wäre dann aber fatal.
Ungeachtet dessen haben wir tagtäglich die Verantwortlichen aufzufordern, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, damit dem Freistaat Bayern nicht noch ein weiterer Schaden entsteht und die BayernLB nicht noch ein weiteres Mal geschädigt ist, indem sie die Haftungsansprüche verliert. Deswegen wird es wichtig sein, dass wir als Bayerischer Landtag dem Gesetzentwurf, den die SPD in den Landtag einbringt, auch tatsächlich zustimmen, dass wir alles tun, damit dieser Gesetzentwurf in diesem Jahr in Kraft tritt. Wir müssen den Gerichten die Möglichkeit geben, die Verantwortlichen entweder zur Rechenschaft zu ziehen oder vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit freizusprechen. Das haben nicht wir zu entscheiden, das ist Sache der Gerichte. Wir müssen aber die Voraussetzung dafür schaffen, dass diese Ansprüche nach sorgfältiger juristischer Analyse und Vorbereitung eines Prozesses ohne Zeitdruck geltend gemacht werden können.
Wenn Sie gestern die Sitzung des Untersuchungsausschusses verfolgt haben, in der das Mitglied des Verwaltungsrats Hans Schaidinger dem Untersuchungsausschuss nicht einmal sagen konnte, was diese Bank tatsächlich gekostet hat, dann wissen Sie, warum es wichtig und richtig ist, derartige Haftungsansprüche geltend zu machen.
Aber wir haben noch einen weiteren Punkt zu besprechen, denn die Osteuropa-Strategie der Bayerischen Landesbank umfasste nicht nur den Kauf der Hypo Group Alpe Adria, sondern auch die ungarische MKBBank. Im zweiten Quartal hat die BayernLB wegen dieser MKB-Beteiligung einen Verlust ausgewiesen. Die MKB ist eine Tochter der BayernLB und offensichtlich in Schwierigkeiten. Deswegen haben wir am 29. September 2010 in einem Antrag an die Kontrollkommission eine Reihe von Fragen gestellt, die diese MKB-Beteiligung betreffen.
Wir haben gefragt, wie sich die Osteuropa-Strategie der BayernLB nach dem Wegfall der Hypo Group Alpe Adria darstellt. Wir haben nach der wirtschaftlichen Situation der MKB gefragt und wollten wissen, in welcher Höhe in diesem Jahr und gegebenenfalls in den Folgejahren Erträge oder Verluste bei dieser Bank auf die BayernLB durchschlagen. Wir haben nach der Kernkapitalquote gefragt und wollten wissen, ob Stützungsmaßnahmen für diese Bank erforderlich sind. Wir haben gefragt, warum der Gewinn der BayernLB aufgrund der Beteiligung an der MKB-Bank gesunken ist und letztlich - das ist sehr wichtig - wollten wir wissen, wie hoch die Verbindlichkeiten der MKBBank gegenüber der BayernLB sind. Wie hoch ist die Kreditlinie, die die MKB-Bank ausschöpfen kann? Last but not least haben wir gefragt, ob die BayernLB für Verbindlichkeiten der MKB-Bank in irgendeiner Form aus Garantie, Bürgschaft oder sonstigem Rechtsgrund haftet.
Wir haben das mit gutem Grund gefragt; denn das Desaster, das wir bei der Hypo Group Alpe Adria erlebt haben, ist zum großen Teil, aber nicht zu 100 % auf die Vorgänge im Jahr 2007 zurückzuführen. Es gab auch eine Kreditlinie der BayernLB gegenüber der Hypo Group Alpe Adria, die dazu geführt hat, dass wir bei der Abgabe der Bank an die Österreicher noch 825 Millionen Euro drauflegen mussten. Das ist Fakt. Das ist dem Umstand geschuldet, dass Forderungen gegenüber der Hypo Group Alpe Adria bestanden und noch bestehen. Wir haben 825 Millionen Euro gezahlt, um diese Forderungen abzusichern. Was passiert - an diesen Worst Case wollen wir gar nicht denken -, wenn der MKB-Bank ein ähnliches Desaster blüht? Was passiert, wenn diese Bank, eine Bank in Ungarn, ins Trudeln gerät? Jeder weiß, dass es dem ungarischen Staat nicht gut geht. Jeder weiß, dass Ungarn nicht der Euro-Zone angehört. Was passiert, wenn die Währung ins Rutschen gerät und die MKB-Bank möglicherweise im Ausland finanziert ist? Meine Damen und Herren, das sind Risiken. Für diese Risiken fordern wir Aufklärung. Dieser Risiken das ist wichtig - müssen sich der Vorstand und der Verwaltungsrat der BayernLB bewusst sein und die entsprechenden Schritte einleiten.
Der Vorsitzende der Kontrollkommission, Kollege Weidenbusch, hat mich Anfang Oktober darum gebeten, das Thema zurückzustellen, weil zu diesem Zeitpunkt Fusionsverhandlungen mit der WestLB gelaufen sind. Diesem Wunsch habe ich selbstverständlich entsprochen, da Interessen der Bank im Raum standen, die nicht einfach weggewischt werden konnten. Das ist keine Frage. Jetzt, da diese Fusionsverhandlungen nicht mehr laufen, verlangen wir Aufklärung über diese Vorgänge. Wir möchten wissen, ob uns hier ein weiteres Desaster drohen kann.
Meine Damen und Herren, der Bayerische Landtag hat Anspruch darauf, hierüber informiert zu werden. Die Kontrollkommission kann ihre Funktion nur dann wahrnehmen, wenn sie diese Informationen hat. Deswegen bitte ich darum, diese Informationen in Kürze freizugeben. Herr Staatsminister Fahrenschon hat in nichtöffentlicher Sitzung einen Kurzbericht über die MKB-Bank erstattet. Dies hat er jedoch nur im Haushaltsausschuss getan. Ich denke nicht, dass hier tatsächlich alle Fragen beantwortet worden sind.
Meine Damen und Herren, die BayernLB wird uns auch in Zukunft beschäftigen. Wir, die wir hier im Bayerischen Landtag sitzen, der jetzige Vorstand und der jetzige Verwaltungsrat müssen das Beste aus dem machen, was andere ihnen eingebrockt haben. Deswegen haben wir diese Anträge gestellt. Deswegen hoffen wir, dass wir mit der Aufklärung und der Aufarbeitung der Vergangenheit einen Schritt weiterkommen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Von neuesten Entwicklungen bei der BayernLB habe ich in Ihrem Beitrag nichts gehört. Im Gegenteil, seit vier Wochen versuchen Sie, das Thema auf die Tagesordnung zu zerren. Parallel führen wir eine Diskussion, die der Bank und Bayerns Steuerzahlern schadet. - Herr Pohl, Sie schütteln den Kopf.
Ich kann Ihnen das im Einzelnen aufzählen: Im Internet liefern geheime Gutachten Munition für die Wettbewerber der Bank, für potenzielle Kläger in Auskunftsverfahren und für den gesamten Markt. Das ist unerträglich.
Eigentlich müssten Sie ebenfalls Beifall klatschen, da Sie kein Interesse daran haben können, dass ein veröffentlichtes Gutachten der Bank schadet.
Ich bewerte nicht, wer das Gutachten im Internet veröffentlicht hat. Die Tatsache, dass es im Internet zu finden ist, schadet Bayerns Steuerzahlern. Fusionspläne werden öffentlich besprochen. Unterlagen wer
den leichtfertig und unseriös fehlinterpretiert. Teilweise genügt die Wortwahl nicht mal mehr stark abgesenkten Ansprüchen. Ich glaube nicht, dass die bayerische Bevölkerung einen derartigen Umgang erwartet.
Herr Pohl, Sie haben die MKB-Bank angesprochen. Ich habe gesagt, dem Interesse der Landesbank diene es nicht, wenn Sie Informationen anfordern. Sie waren damit einverstanden, vielen herzlichen Dank. Das ist die Grundlage für unsere gemeinsame Arbeit. Daraufhin haben jedoch zunächst das Finanzministerium und schließlich die Bank die Informationen veröffentlicht. In einer SMS und in einem Telefonat haben Sie sich darüber beschwert, dass die Bank und das Finanzministerium Ihre Fragen, die Sie dankenswerterweise zurückgestellt haben, öffentlich beantworten.
Herr Pohl, Sie können sich darüber beschweren, dass ich Sie um die Zurückstellung Ihrer Fragen gebeten habe. Aufgrund der Veröffentlichung habe ich Verständnis für Ihre Beschwerde. Unredlich ist es jedoch, dies sechs Wochen später und vor dem Hintergrund angeblich neuester Entwicklungen zu thematisieren.
Tatsächlich hat es neue Entwicklungen gegeben. Ein Mitglied dieses Landtages, der Landesbankkommission und des Untersuchungsausschusses schreibt an alle Vorstände der bayerischen Sparkassen:
Zusammenfassend stelle ich also fest: Bei seiner Zustimmung am 21. Mai 2007 hatte der Verbandsvorstand der Sparkassen lediglich zu prüfen, ob die Osteuropa-Strategie Sinn macht und die Hypo Group Alpe Adria grundsätzlich in die Strategie hineinpasst, nicht aber Details des Geschäfts zu überwachen oder sich über mögliche Risiken bei der Bank zu informieren. Dies fiel in die Zuständigkeit von Vorstand und Verwaltungsrat.
Auch politisch muss man die Verantwortlichen aufseiten der Sparkasse mit Ausnahme der sparkassenseitigen Mitglieder im BayernLB-Verwaltungsrat von Verantwortung freisprechen. Sie wurden im Beisein der Verwaltungsräte unvollständig, um nicht zu sagen falsch, über die Risiken im Zusammenhang mit dem Kauf informiert."
- Das müssen Sie mir beantworten. Sie sind diejenigen, die behaupten, alle, die Bescheid gewusst hätten, müssten haften. Den Landräten von den Freien Wählern, die in den Sparkassen sitzen, schreiben Sie: Ihr könnt selbstverständlich nichts dafür. Doppelzüngiger geht es nicht.
Jede Woche machen Sie das zum Thema und sagen, die Verwaltungsräte müssten haften. Wenn es jedoch Ihre Parteifreunde betrifft, schreiben Sie: Ihr könnt selbstverständlich nichts dafür.
Ich erwarte von Ihnen den intellektuellen Aufwand, dass Sie zunächst prüfen, ob Sie ein nicht autorisiertes Untersuchungsausschussprotokoll verschicken dürfen. Das haben Sie in 70 Fällen getan. Ich bitte den Landtag zu prüfen, wie das Verhalten des Abgeordneten Pohl in diesem Fall zu bewerten ist. Sie haben nicht das Recht, sich über die Geschäftsordnung dieses Landtags hinwegzusetzen.
Wenn Sie darüber nachgedacht hätten, was Sie geschrieben haben, hätten Sie vorhersehen können, dass Sie die Sparkassen in die nächste Auseinandersetzung mit der Bank zwingen.
- Das werden Sie in den nächsten Tagen erleben. Offenbar war das nicht Ihr Horizont. In den nächsten Tagen werden Sie erleben, dass die Sparkassen gar nicht anders können, als prüfen zu lassen, ob sie getäuscht und belogen worden sind und Schadenersatzansprüche gegenüber der BayernLB geltend machen. Das dürfen Sie sich vor lauter Verteidigungsstrategie für Ihre Freunde von den Freien Wählern, die in den Gremien der Sparkassen gesessen sind, ans Revers heften.
Sie wissen genau, dass ich mit diesem Thema im Normalfall sehr ruhig und sachlich umgehe, weil ich nur die Bank retten will. Sie dürfen aber das Verdienst in Anspruch nehmen, dass Sie es endgültig geschafft haben, mich mit dem Unsinn, den Sie am 19. November getrieben haben, auf die Palme zu bringen. Ich sage Ihnen eines ganz ehrlich: Das ist unverantwort