Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich bitte die Plätze einzunehmen. − Ich eröffne die 117. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.
Haushaltsplan 2013/2014; Einzelplan 06 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen
Änderungsanträge von Abgeordneten der SPDFraktion (Drsn. 16/13802 mit 16/13805), Änderungsanträge der Fraktion FREIE WÄHLER (Drsn. 16/13794 mit 16/13796) sowie Änderungsanträge der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN (Drsn. 16/13797 mit 16/13801)
Im Ältestenrat wurde für die Aussprache eine Gesamtredezeit von einer Stunde und 30 Minuten vereinbart. Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 22 Minuten, auf die SPD-Fraktion 14 Minuten, auf die Fraktionen der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN jeweils 11 Minuten und auf die FDP-Fraktion 10 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich an der Redezeit der stärksten Fraktion. Die Staatsregierung kann deshalb bis zu 22 Minuten sprechen, ohne dass sich dadurch die Redezeit der Fraktionen verlängert.
Ich eröffne die Aussprache und erteile als Erstem Philipp Graf von und zu Lerchenfeld das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege.
Herr Präsident, Hohes Haus, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass das Interesse aller Kollegen und Kolleginnen auch am dritten Tag der Haushaltsdebatte ungebrochen ist, auch wenn man momentan erwartungsgemäß eine gewisse Leere hier im Raum verspürt.
Bevor ich auf den Einzelplan 06 im Detail eingehe, ist es mir ein ganz großes Bedürfnis, Markus Söder für seine hervorragende Arbeit als Finanzminister ausdrücklich zu danken.
(Beifall bei der CSU und der FDP - Prof. Dr. Mi- chael Piazolo (FREIE WÄHLER): Ist das mit dem Ministerpräsidenten abgesprochen?)
Es wird ihm von vielen Seiten nicht immer leicht gemacht. Sehr geehrter Herr Finanzminister, Sie haben
uns einen Doppelhaushalt vorgelegt, der in Deutschland, ja in Europa, einmalig ist. Bayern wird das erste Land sein, das Ende des Jahres 2014 10 % seiner Staatsschulden getilgt hat. Selten hat eine Staatsregierung so von den Verdiensten der Vorgängerregierungen profitieren können wie die jetzige. Letztlich ist dieser hervorragende Doppelhaushalt das Verdienst der Regierung von Edmund Stoiber, der es gemeinsam mit seinem damaligen Kabinett geschafft hat, dass Bayern im Jahr 2006 als erstes Land in Deutschland einen ausgeglichenen Haushalt vorstellen konnte. Mit Konsequenz und Weitsicht hat Edmund Stoiber in den Jahren seiner Regierungszeit die Voraussetzungen geschaffen, die Bayern heute so einzigartig machen. Der heutige Finanzminister hat schon damals wesentlich dazu beigetragen, dass eine klare, stringente Politik verfolgt wurde, und kann heute die Erfolge der damaligen konsequenten Politik tatsächlich ernten.
Wenn heute manche Leute glauben, sich diese Erfolge ans eigene Revers heften zu können, so glaube ich, dass sie eher an einem Mangel an Bescheidenheit leiden und sich vielleicht ein wenig selbst überschätzen. Die Grundlagen der Erfolge wurden von der damaligen Regierung gelegt und die Politik wird vom heutigen Finanzminister weitergeführt. Für diese konsequente Haltung auch seinen Kabinettskollegen gegenüber hat dem Finanzminister unser Respekt und unser Dank zu gelten. Ich sage ihm ein herzliches Vergelt’s Gott für seine klare und konsequente Haltung, die es uns ermöglicht, heute einen so hervorragenden Doppelhaushalt zu verabschieden.
Ich möchte aber auch die Gelegenheit nutzen und dem Herrn Staatssekretär sowie allen Mitarbeitern des Ministeriums sehr herzlich dafür zu danken, dass sie alle eine so hervorragende Arbeit bei der Vorbereitung des Doppelhaushalts 2013/2014 geleistet haben.
Bei den Vorstellungen der verschiedenen Ministerien und den Forderungen, die wohl von allen Seiten auf das Finanzministerium eingeströmt sind, war das sicherlich nicht immer leicht.
Mit diesem Haushalt werden die wesentlichen Schwerpunkte für eine weitere vernünftige Entwicklung Bayerns und für die Lösung der Zukunftsaufgaben gesetzt. Ende des Jahres 2014 werden über 2 Milliarden Euro getilgt sein. Deshalb wird es uns auch gelingen, bis zum Jahr 2030 als erstes Land in
Deutschland tatsächlich sämtliche Schulden zu tilgen, die wir je gemacht haben. Damit werden wir wiederum ein Beispiel geben, ganz konsequent in unserer Politik, ein Beispiel auch für die anderen deutschen Bundesländer und hoffentlich auch für die Länder in Europa.
Der Einzelplan 06 ist ein klassischer Verwaltungshaushalt. Die Aufgaben im Ministerium sind selbstverständlich sehr personalintensiv, was sich auch in der Ausgabenstruktur widerspiegelt. Die Personalausgabenquote liegt bei 78 %. Das sind 1,6 Milliarden Euro bei einem Volumen des Gesamthaushalts in Höhe von 2 Milliarden Euro. Mit diesen Mitteln werden im Jahr 2014 insgesamt 26.700 Stellen finanziert werden, davon rund 19.300 Stellen in der Steuerverwaltung. Schwerpunktbereiche sind auch die Staatsfinanzverwaltung, die Schlösserverwaltung, das Landesamt für Finanzen mit 3.300 Stellen und die Vermessungsverwaltung mit circa 3.100 Stellen.
Wir werden bei den Personalausgaben eine Steigerung um rund 59,4 Millionen Euro auf 1,52 Milliarden Euro im Jahr 2013 und auf 1,56 Milliarden Euro im Jahr 2014 haben. Davon entfallen 49,2 Millionen Euro auf Mehrungen bei den Beihilfeausgaben und auf Tarif- und Besoldungserhöhungen. Aber wir werden auch zusätzlich 200 neue Stellen für Steuerbeamte und 600 neue Stellen für Nachwuchskräfte schaffen und verbessern auf diese Art und Weise die Personalsituation der Steuerverwaltung nachhaltig. Zur Verbesserung der Beförderungssituation enthält der Haushaltsplanentwurf mehr als 1.500 Hebungen. Gut zwei Drittel davon entfallen auf die Steuerverwaltung.
Die Opposition hat in zahlreichen Anträgen weitere Stellen für die Finanzverwaltung gefordert. Dem können wir getrost entgegenhalten, dass wir bereits im Doppelhaushalt 2009/2010 die Voraussetzungen geschaffen haben, um in den Jahren 2012, 2013 und 2014 viele neue Beamte zu übernehmen und die Personalsituation langfristig zu verbessern. In diesem Doppelhaushalt werden weitere Stellen geschaffen, die uns wiederum eine Verbesserung der Personalsituation bringen. Hinzu kommt, dass wir alle Chancen nutzen, um die Mitarbeiter in den einzelnen Ämtern mit entsprechenden Arbeitsmitteln, insbesondere mit EDV, auszustatten. Beispielsweise werden im Datenerfassungszentrum in Wunsiedel schon jetzt 23 Finanzämter wirkungsvoll von Erfassungsarbeiten entlastet. Dort wird die Zahl der Mitarbeiter aufgestockt, und es wird weiter konsequent investiert. Unsere Aufgabe muss sein, dass wir uns für die kommenden Jahre wappnen.
Hohes Haus, verehrte Kollegen, wir können uns freuen, dass das Wirtschaftswachstum in Bayern stark ist und wir deutlich steigende Staatseinnahmen haben. Es mehren sich allerdings die Anzeichen, dass das Wirtschaftswachstum in Europa stagniert und teilweise zurückgeht und dass davon auch die bayerische Wirtschaft betroffen sein wird. In bedeutenden Industriezweigen denkt man mittlerweile schon über Kurzarbeit nach. Die Ankündigung, dass das Opelwerk in Bochum geschlossen wird, zeigt sehr deutlich, wie labil die Konjunktur gerade der Autoindustrie ist. Die derzeit noch guten Konjunkturaussichten, insbesondere in Bayern, können sich sehr schnell eintrüben und wieder zu einem Rückgang unserer Einnahmen führen. Deshalb ist es von besonderer Bedeutung, dass wir die Rücklagen in unserem Haushalt mit kluger, nachhaltiger und vorsorglicher Haushaltspolitik stärken und die Zeit nutzen, Schulden abzubauen. Wir können nicht alle Wünsche und Vorstellungen tatsächlich erfüllen. Sonst würden wir uns in die Gefahr begeben, der andere Bundesländer erliegen, die in diesen guten Zeiten nicht nur mit ihrem Geld nicht auskommen, sondern weitere Schulden aufnehmen müssen.
Da sich die Vorwürfe der Opposition in schöner Regelmäßigkeit jedes Jahr wiederholen, zum Beispiel der Vorwurf, wir hätten zu wenig Betriebsprüfer, möchte ich kurz auf die Situation bei den Außenprüfungen eingehen. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie wollen einfach nicht zur Kenntnis nehmen, dass wir in Bayern sämtliche Steuerfälle prüfen, sowohl maschinell als auch durch geeignetes entsprechendes Personal in den Finanzämtern. Das durchschnittliche Mehrergebnis unserer Betriebsprüfer − davon haben wir ca. 3.000 in Vollzeit − von 2,3 Millionen Euro liegt um 150 % über dem Durchschnitt des Bundesgebiets. Das ist dem Umstand zu verdanken, dass alle Großbetriebe − dies betone ich ausdrücklich − und alle Steuerpflichtigen mit hohem Einkommen vollständig und zeitlich lückenlos überprüft werden. Bayern liegt damit an der Spitze der Mehrergebnisse aufgrund der Außenprüfungen.
Die Rechnung, die Sie von der Opposition immer wieder aufmachen, dass mit der Einstellung zusätzlicher Kräfte auch das Aufkommen aus den Betriebsprüfungen linear steigen wird, stimmt einfach nicht.
Zu den guten Erfolgen unserer Prüfer trägt aber auch bei, dass wir in den vergangenen Jahren konsequent in die EDV-Ausstattung unserer Finanzämter investiert haben. Auch auf der Grundlage dieses Doppelhaushalts werden wir hier wieder kräftig investieren.
Sie behaupten immer, wir müssten noch viel mehr Stellen schaffen, damit mehr Steuern eingenommen werden. Aber was tun Sie denn in den Ländern, in denen Sie an der Regierung sind? Sie verhindern ein vernünftiges Steuerabkommen mit der Schweiz, das Deutschland zusätzliche Gelder in Höhe von 10 Milliarden Euro einbringen würde. Diese Gelder könnten den Ländern in voller Höhe zur Verfügung stehen und würden nicht in den Bundestopf gelangen. Sie haben natürlich keine Ahnung von Steuern − das gebe ich zu -, aber ich kann Ihnen diese Dinge vielleicht erklären.
Vielleicht erinnern sich manche, gerade die Älteren − Herr Wörner, Sie gehören doch sicher dazu -, noch daran, dass Herr Eichel vor einigen Jahren, als er noch Finanzminister war, eine Amnestie für Steuersünder erlassen hatte, bei der 15 % der Kapitalerträge einer Steuer unterworfen wurden. Heute sagen die gleichen SPD-Leute, die 20 bis 40 % der Steuer, die als Strafe vorgesehen sind, reichten nicht aus, und weigern sich deshalb, einem vernünftigen Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz zuzustimmen. Ich kann nur sagen: Sie versündigen sich hier an Deutschland und den Bundesländern.
(Beifall bei der CSU und der FDP - Harald Güller (SPD): Wir wollen Steuersünder nicht unterstützen!)
Sie blockieren aus ideologischen Gründen jede vernünftige Politik im Bundesrat. Gestern Abend wurde im Vermittlungsausschuss festgestellt, dass der Grundfreibetrag nunmehr angehoben werden sollte. Das haben Sie verhindern wollen, obwohl das Bundesverfassungsgericht gesagt hat, dass das Existenzminimum durch den Grundfreibetrag von der Steuer ausgenommen werden muss. Wann sind Sie denn bereit, die Urteile des Bundesverfassungsgerichts tatsächlich anzunehmen und umzusetzen?
Wenn Frau Kraft aus Nordrhein-Westfalen sagt, so etwas sei nur möglich, wenn man es sich leisten könne, dann kann ich dazu nur sagen: Das ist eine Haltung, die ich nicht mittragen kann.
Meine lieben Freunde, der Haushalt, den wir hier vorgelegt haben, ist wunderbar ausgeglichen. Wir zahlen Steuern zurück. Wir sorgen uns um Gerechtigkeit bei den Steuern. Wir sind in unserer Haltung konsequent und glaubwürdig.
Ich möchte die Gelegenheit hier nutzen, von Herzen allen Mitarbeitern der Finanzverwaltung für ihren Einsatz zu danken. Denn unsere Finanzverwaltung ist
sowohl auf dem Gebiet der Steuererhebung wie auch auf dem Gebiet der Weiterentwicklung des Steuersystems im Vergleich zu anderen Bundesländern führend. Ich möchte allen Mitarbeitern des Hohen Hauses und der Ministerien danken, die uns bei den Beratungen im Ausschuss wirklich sehr gut unterstützt und uns geholfen haben, eine vernünftige Lösung für den Doppelhaushalt zu finden. Ganz besonders möchte ich auch den Mitarbeitern hier im Plenum danken, die es in einzigartiger Weise ertragen haben, dass wir hier gestern Abend sehr lange getagt haben. Ich finde es wirklich beachtenswert, dass die Mitarbeiter das alles mitmachen, ohne zu klagen.
Wir werden auf der Grundlage dieses Haushalts auch einige sehr gute Baumaßnahmen durchführen können. Ich freue mich, dass insbesondere das Schloss Linderhof − ich erwähne die Venusgrotte − in den Planungsbereich aufgenommen worden ist. Wir werden weiter mit dem Erbe unserer Vorväter gut umgehen. Die Planungen zur Restaurierung der Prunkräume des Schlosses Neuschwanstein und die Generalsanierung des Mainfränkischen Museums in der Festung Marienberg sind ebenfalls Teil des Doppelhaushalts 2013/14.
Mit den Kollegen der Opposition haben wir uns interessante Redegefechte geliefert. Aber, das betone ich ausdrücklich, wir haben nie den Boden der Sachlichkeit verlassen. Deshalb möchte ich mich auch bei allen Kollegen im Ausschuss für die sachliche Auseinandersetzung und die konstruktive Zusammenarbeit sehr herzlich bedanken.
Wir belegen mit diesem Doppelhaushalt wiederum, dass wir eine nachhaltige Finanzpolitik in voller Verantwortung gegenüber den nachfolgenden Generationen betreiben. Ich bitte Sie deshalb sehr herzlich, diesem Haushalt zuzustimmen.
Herr Kollege Graf Lerchenfeld, der Kollege Rinderspacher hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Er hat das Wort.
Herr Kollege Graf Lerchenfeld, Sie haben eben den Finanzminister gelobt. Im weiteren Verlauf der Plenardebatte wird noch deutlich werden, dass die Opposition diesem Lob vielleicht nicht in jeder Weise folgen wird. Das wird nicht verwundern. Aber es ist schon überraschend, dass der Ministerpräsident ausgerechnet auf dem Höhepunkt der Haushaltsdebatte seinem Finanzminister gewiss nicht den Rücken stärkt. Wir haben heute
seine Aussage gelesen, der Finanzminister leide unter pathologischem Ehrgeiz, er sei von Ehrgeiz zerfressen, er leiste sich zu viele Schmutzeleien, er habe charakterliche Schwächen. Und dann heißt es, Markus Söder war mal oben, jetzt sei er unten. Wie erklären Sie sich, dass der Ministerpräsident ausgerechnet auf dem Höhepunkt der Haushaltsverhandlungen seinen Finanzminister in diesem Ausmaß schwächt?