Eike Hallitzky
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Last Statements
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Kollege Graf von und zu Lerchenfeld, es steht jedem frei, im Landtag seine Traumata – zehn Jahre mit CSU im Landtag sitzen – aufzuarbeiten.
Das ist Ihr individuelles Problem. Ich würde Ihnen nur den guten Rat geben, falls Sie in den Bundestag kommen sollten, es dort nicht zu machen. Dort ist das Klima nicht so nachsichtig.
Lieber Kollege Aiwanger, Sie haben einen Antrag eingebracht, in dem steht, Sie wollen die Erbschaftsteuer abschaffen.
Ich dachte, Sie haben den Antrag nur gestellt, um Ihr kabarettistisches Talent im Landtag noch einmal richtig zur Geltung zu bringen und dann selbst dagegen zu stimmen.
Falls es so sein sollte, dass es Ihnen ernst damit ist, nur fünf Punkte: Erstens. Sie betreiben eine Steuergesetzgebung, nämlich die dauerhafte Einführung von Steuern, nach Kassenlage. Ihre Begründung dazu lautet: In diesem Jahr haben wir eine sehr gute Kassenlage, deswegen schaffen wir das Steuergesetz ab.
Zweitens. Sie begründen – –
Laut sind Sie ja! – Zweitens. Sie behaupten, dass Bürokratieaufwand und Ertrag nicht in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stünden.
Ich darf Ihnen sagen: Wir hatten im letzten Jahr Einnahmen von rund 959 Millionen Euro, also knapp eine Milliarde. Um das vielleicht in eine Kategorie zu übersetzen, was eine Milliarde ist, damit Sie das verstehen:
Eine Milliarde ist rund dreißigmal so viel, wie in Deutschland insgesamt Schweine gehalten werden. Sie sollten also wissen, um welche Größenordnung es geht.
Drittens. Sie sind in der Vergangenheit bei ausgaberelevanten Forderungen nicht gerade die Speerspitze der Zurückhaltung gewesen.
Viertens. Sie vergessen die exorbitant hohe offene und verdeckte Staatsverschuldung nahezu aller Gebietskörperschaften in Deutschland.
Fünftens. Ihnen ist offensichtlich auch die verteilungspolitische Wirkung der Erbschaftsteuer wurscht. Es ist Ihnen wurscht, dass es bei der heutigen auseinanderdriftenden Vermögensverteilung wichtig ist, die Gesellschaft auch steuerlich beieinanderzuhalten. Vielleicht interessiert Sie, dass allein 1 % der Erbschaftsteuerzahler 25 % des gesamten Aufkommens erbringen. Das heißt, hier gibt es eine erhebliche Verteilungswirkung.
Herr Kollege Aiwanger, Sie verstehen nichts von Geld. Vielleicht werden Ihnen die FREIEN WÄHLER gleich bei der namentlichen Abstimmung folgen. Wer etwas von Geld versteht – Herr Kollege Klein, Sie haben es gewusst, aber heute leider nicht angesprochen -, das sind die GRÜNEN.
Der jetzigen bundespolitischen Debatte durchaus angemessen, habe ich einmal die Entwicklung der Neuverschuldung untersucht, seit Kohl an der Regierung war. Sie haben daraus schon eine einzige Zahl zitiert. In der Regierungsphase Kohl wurden jahresdurchschnittlich 36,6 Milliarden Euro neue Schulden gemacht. Unter Rot-Grün waren es 22 Milliarden, unter
der Großen Koalition 37,6 Milliarden. Ab der Regierung von Frau Merkel mit der FDP sind es rund 100 Milliarden Euro durchschnittliche jährliche Neuverschuldung.
Sie müssen einfach sehen, dass die solideste Finanzpolitik in Deutschland seit 1983 unter der rot-grünen Regierung gemacht wurde, unter keiner anderen Regierung. Alle anderen Regierungen, an denen die Konservativen beteiligt waren, haben sich jährlich weit mehr neu verschuldet als Rot-Grün. Das ist die Wahrheit. Die können Sie in jedem Statistikbuch nachlesen.
Allein das ist ein Grund, zu sagen: Die Menschen können uns vertrauen, aber nicht Ihren Steuersenkungs- und Mehrausgabenbeglückungsfantasien und -kampagnen.
- Herr Kollege Pohl, Sie müssten mit der CSU und der FDP stimmen. Wir haben hierüber seit Jahren im Landtag immer wieder debattiert. Seit Jahren kritisieren die GRÜNEN und die SPD unisono mit dem ORH, dass der Staatshaushalt in Bayern strukturell im Minus ist. Seit Jahren erzählen Sie im Widerspruch dazu und zur Realität den Leuten, dass der bayerische Staatshaushalt zum achten, neunten, zehnten Mal und was weiß ich, wie oft, hintereinander ausgeglichen gewesen wäre. Dabei zeigt die Realität, dass in keiner einzigen Legislaturperiode in Bayern die Staatsschulden mehr gestiegen sind als in dieser. Das zeigt doch, dass Ihre Rechnung nicht aufgeht.
Zusätzlich verschieben Sie gewaltige Lasten in die Zukunft, um den offiziellen Haushalt, soweit es geht, aufzuhübschen. Sie machen allerorten Verschuldung zulasten unserer Kinder. Denken Sie nur an die Pensionslasten.
In Ihrer Regierungszeit sind die ausgewiesenen Schulden gestiegen wie noch nie. In Ihrer Regierungszeit sind die verdeckten Schulden gestiegen wie nie. Und dann erzählen Sie – Frau Stewens, Sie haben eben dafür ein Beispiel geliefert - den Leuten das Blaue vom Himmel: Wohngelderhöhung, Wiedereinführung der Heizkostenpauschale, Erhöhung der Mütterrente, Abbau der kalten Progression – das war Ihr Beitrag -, Erhöhung des Grundfreibetrags und des Arbeitnehmerpauschbetrages, Hightech-Bonus für kleine Unternehmen, Senkung der Einkommensteuer um 3 %, Halbierung der Erbschaftsteuer.
Das sind alles Geschenkkörbe. Manches darin ist gut, Frau Stewens. Aber in der Summe ist es ein völlig unfinanzierbares, geradezu lächerliches Versprechen. Es zeugt von gnadenloser finanzpolitischer Inkompetenz auf dieser Seite des Hauses.
Die größere finanzpolitische Solidität und Kompetenz haben Rot-Grün in ihrer ersten Regierung bewiesen und werden es demnächst hoffentlich in ihrer zweiten großen gemeinsamen Regierungsphase wieder beweisen. Die größere finanzpolitische Solidität und Kompetenz haben wir auch heute. Sie machen unbezahlbare Wahlversprechen. Wir sagen Ja zu mehr Investitionen in Bildung und Energiewende. Wir sagen auch, dass wir die Schulden abbauen wollen. Es geht um 100 Milliarden Euro. Wir sagen aber auch, wie wir das finanzieren wollen: mit einer Abschmelzung des Ehegattensplittings, mit einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 49 %. Denken Sie daran: Unter Kohl gab es den Satz von 54 %. Wir sind also noch nicht in der sozialistischen Planwirtschaft, Kollege Lerchenfeld.
Sie machen Blendwerk. Wir machen ehrliche und solide Finanzpolitik. Das ist der Unterschied. Ihre heutigen Reden haben ihn wieder gezeigt.
Lassen Sie mich zwei Bemerkungen korrigieren, die von der rechten Seite gekommen sind. Diese Bemerkungen werden regelmäßig gemacht. Ich weiß, dass sie weiterhin gemacht werden, weil die rechte Seite gegenüber der Wahrheit relativ immun ist.
Erstens behaupten Sie, unsere Steuererhöhungen träfen den Mittelstand. Das ist eine Lüge. Richtig ist: Wir wollen und werden nicht den Mittelstand zur Kasse bitten, sondern die reichsten 10 % der Gesellschaft. Das ist definitorisch nicht der Mittelstand. Wenn zum Mittelstand nach Ihrer Ansicht alle außer den Eigentümern von Aldi gehören, dann haben Sie ein Problem mit der Semantik des Wortes. Wir wollen, dass die 10 % Reichsten ihren Beitrag leisten. Die sind nicht das, was wir Mittelstand nennen.
Ein Alleinverdienerhaushalt mit zwei Kindern würde bei einem zu versteuernden Einkommen von bis 78.000 Euro entlastet. Das sind weit über 6.000 Euro im Jahr.
Zweitens behaupten Sie, dass schon heute die oberen 10 % die Hauptlast der Steuern trügen. Wenn wir uns aber einmal Einkommensteuer, Mehrwertsteuer und Sozialabgaben anschauen, dann stellen wir fest – auch das ist Realität -, dass die oberen 10 % deutlich
weniger Steuern und Abgaben zahlen, als es ihrem Anteil am Einkommen entspricht.
Deswegen ist es genau richtig, dass wir diese 10 % zur Kasse bitten wollen.
Es mag verständlich sein, dass die Reichen und Superreichen in diesem Land keine Lust haben, von ihrem Geld etwas abzugeben. Nicht akzeptabel ist aber, dass sich CSU und FDP zu deren billigen und willigen Handlangern machen. Sie erklären die 10 % zu den Leistungsträgern der Gesellschaft. Damit sagen Sie implizit, die anderen 90 % seien faule Schmarotzer. Das ist die Kehrseite Ihrer Behauptung von Leistungsträgern.
Wenn Sie anerkennen würden, dass alle Leistungsträger sind, könnten Sie unserer Position folgen. Das wäre real. Aber Sie schützen die Reichen und sind finanzpolitische Hasardeure. Wir stehen in der Mitte der Gesellschaft und sind finanzpolitisch solide Handwerker.
Ich bitte Sie um Zustimmung zu dem SPD-Antrag. Dieser ist nämlich vernünftig. Es geschieht nicht oft, dass wir zu so etwas aufrufen. Wir werden Ihre Wische ablehnen.
Herr Kollege Klein, mit dem Defizitverfahren war es so: Der Hintergrund waren zum Teil die Lasten, die von Ihrer Regierung stammten. Das ändert aber nichts daran, dass wir – das stellt man fest, wenn man die Zahlen der gesamten rot-grünen Regierungszeit von acht Jahren zusammenzählt – mit Abstand die Solidesten waren. Das ist in jeder Statistik über die Entwicklung der Staatsverschuldung nachzulesen.
Wie Sie vor zwei Jahren mit dem Defizitkriterium umgehen mussten, wissen Sie.
Zu Christine Scheel. Ich achte sie. Es gibt aber genügend Leute innerhalb jeder Partei, die unterschiedliche Meinungen haben. In diesem Fall geht es aber nicht um eine Meinungs-, sondern um eine Sachfrage.
Was ich Ihnen eben skizziert habe, ist in der Tat so. Wenn man nur die Einkommensteuer betrachtet, werden die Reichsten überdurchschnittlich zur Kasse gebeten. Aber wenn man die Gesamtsituation einschließlich Sozialabgaben und Mehrwertsteuer betrachtet, stellt man fest, dass die Vorstellung, dass derjenige, der mehr bekommt, auch mehr abgibt, nur bis zu den 90 % gilt und dann kippt. Genau bei denen, die wir treffen wollen, gilt dieser Zusammenhang nicht mehr. Diese Leute können sich dann abspatzen, zum Beispiel bei den Sozialabgaben, möglicherweise über Steuerfreibetragsregelungen, über Dienstwagenprivilegien und was weiß ich. Sie zahlen Steuern nicht in dem Maße, wie es entsprechend ihrem höheren Einkommen notwendig wäre. Aber auch diese Menschen, oftmals Profiteure der Weltwirtschaftskrise vor einigen Jahren, müssen zur Finanzierung der Staatsausgaben angemessen herangezogen werden. Einen kleinen Teil von deren Reichtum braucht die Gesellschaft dringend zur Finanzierung der Bildungsaufga
ben, der Sozialaufgaben und der Energiewendeaufgaben.
Herr Kollege Klein, deshalb war Ihre Zwischenbemerkung nichts wert.
Geschätzter Kollege Gump penberg, drei kleine Punkte. Erstens. Sie behaupten, dass die Gewerkschaften durch einen gesetzlichen Mindestlohn entmündigt werden würden. Glauben Sie ernsthaft daran, dass die Gewerkschaften ihn so mas siv fordern würden, wenn sie fürchteten, sie würden sich dadurch selbst als Kampforganisation entmündi gen? Der Mindestlohn soll eine zusätzliche unterste Linie sein – nicht mehr und nicht weniger. Das erste Argument ist also Unsinn.
Zweitens.
- Nein, ich habe jetzt zwei Minuten. Herr Präsident, Herr Gumppenberg möchte mich nicht ausreden las sen.
Herr Präsident, ich habe einen ersten Punkt genannt, aber Herr Gumppenberg redet mir dazwischen. Könn te ich bitte zuerst reden?
Zweitens. Von Ihrer Seite und von Herrn Huber ist behauptet worden, es gäbe einen Überbietungswettbewerb dazu, wie hoch der Mindestlohn sein soll. Würden Sie vielleicht zur Kenntnis nehmen, dass 8,50 Euro der Einstieg in ein Wage Council sind, das paritätisch zu je einem Drittel von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Wissenschaft besetzt ist und das die Entwicklung des Mindestlohns bestimmt, nicht die Politik, und dass jemand, der etwas anderes behauptet, keine Ahnung hat, worüber er spricht?
Drittens. Sie sagen: Mindestlohn. Wir haben ganz viele Mindestlöhne. Das genau ist das Problem. Der gesetzliche Mindestlohn setzt eine ethische Unter grenze, unterhalb der Menschen nicht arbeiten müs sen. Das ist der Unterschied.
Nach Ihrer Idee wird es weiterhin Menschen geben, die für weniger als 8,50 Euro pro Stunde arbeiten müssen. Das ist ethisch unverantwortlich. Solche Ar beitsplätze anzubieten, ist unmoralisch. Wir fordern deshalb eine Untergrenze. Wenn Sie wollen, dass Menschen für weniger als 8,50 Euro pro Stunde arbei ten, dann sagen Sie das jetzt! Wenn Sie das nicht wollen, dann stimmen Sie in Gottes Namen dem ge setzlichen Mindestlohn zu!
Herr Präsident, geschätztes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Älteren von uns mögen sich noch an Emma Kellner erinnern. Bereits vor der Jahrtausendwende wurde vom ORH und der damaligen haushaltspolitischen Sprecherin der GRÜNEN festgestellt, dass bei der Landesstiftung öffentliche Gelder durch eine dilettantische Anlagepolitik verzockt werden.
Das Schielen auf hohe Renditen, die damit verbundene Missachtung jeden Risikos sowie die Tatsache, dass es keinerlei Diversifizierungsstrategie gab – das kennen wir aus der Landesbankkommission; ich brauche das nicht zu wiederholen -, war auch die Strategie in der Landesstiftung, in der Regel gegen den Widerstand der Mitglieder der heutigen Opposition.
Damit wurde ein Schaden von mehreren hundert Millionen angerichtet. Ich bezweifle es, dass man es als großen Erfolg verkaufen kann, dass es jetzt nach einer knappen Generation des Drängens und Forderns von SPD und GRÜNEN und – in weniger historischen Dimensionen – seit Kurzem auch der FREIEN WÄHLER gelungen ist, dass sich CSU und FDP nun endlich bewegt haben, zwei Anlageexperten in den Stiftungsrat zu berufen. Nein, das ist kein großer Erfolg, es war schlicht überfällig.
Erlauben Sie mir, einen zweiten Aspekt anzusprechen, nämlich die Unabhängigkeit der Landesstiftung. Als wir uns kürzlich im Haushaltsausschuss darüber unterhielten, ob die soziale Sicherung für die Mieterinnen und Mieter der GBW-Wohnungen ausreicht aufgrund dessen, was der um große Rhetorik nie verlegene, heute nicht anwesende bayerische Finanzminister die XXL-Sozialcharta nennt und von dem nicht nur GRÜNE- und Oppositionskollegen wissen, dass es windelweich ist, platzte mitten in die Sitzung die dpa-Meldung, dass sich die Landesstiftung an den Käufen der Wohnungen durch die Patrizia beteiligen solle.
Söder und Seehofer, also die zwei gleicheren Gutsherren unter den jetzt 14 gleichen Mitgliedern des Stiftungsrates wollten das so. Ich will das jetzt nicht im Hinblick darauf bewerten, wie sich die über 90.000 Bewohnerinnen und Bewohner der GBWWohnungen veralbert vorkommen mussten. An der Burleske ist hier interessant, wie eine Landesstiftung vom Ministerpräsident und vom Finanzminister behandelt wird, die formell unabhängig ist und die Sie dennoch in skandalöser Dreistigkeit eingesetzt haben, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen.
Dass es später nichts wurde, lag nicht an Ihnen, sondern daran, dass die Opposition das Absurde dieses Theaters offenbarte.
Deshalb wird auch heute die Diskussion um die Landesstiftung nicht beendet sein. Wir haben jetzt zwar zwei Herren, die durchaus respektabel sind. Der eine kennt sich auch mit Anlagen aus, der andere vielleicht nicht so, aber er ist ebenso respektabel. Damit wird die Diskussion um die Landesstiftung mit dem heutigen Tage jedoch nicht beendet sein. Deshalb bleibt auch unser Vorschlag auf der Tagesordnung, dass das Stiftungsvermögen auf Dauer besser in den Staatshaushalt zu überführen wäre und damit der Stiftungszweck in einem geordneten Haushaltsverfahren abgesichert würde, um damit mehr Klarheit und Wahrheit im Haushalt zu schaffen.
Fazit: Die CSU hat mit ihrer Anlagepolitik schon genügend Schaden angerichtet und produziert weiteren Schaden dadurch, dass wir einen solchen Fall wie bei der GBW noch einmal erleben müssen, nämlich dass selbsternannte Gutsherren sagen, was mit dem Geld zu geschehen hat. Das kann nun niemand brauchen.
Ein erster Rettungsschritt wird heute nach einer knappen Generation gemacht. Darüber sind wir den Umständen entsprechend glücklich. - Ich danke für die Aufmerksamkeit und schenke Ihnen eine Minute zwanzig Sekunden meiner Redezeit.
Geschätzter Herr Staatsminister, gerade habe ich von Ihnen erfahren, dass Aschermittwoch ein stiller Tag ist. Könnten Sie eventuell als Innenminister etwas gegen die überdurchschnittliche Lärmbelästigung tun, die immer am Aschermittwoch in Passau mit Musik und Ähnlichem herrscht?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit 101 zu 64 Stimmen hat der Bayerische Landtag 1949 das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland abgelehnt. Der bayerische Zwergenaufstand hat bekanntlich nichts genutzt. Das Grundgesetz gilt seither auch in Bayern, und vielleicht ist es auch gar nicht schlecht so. Damit gilt die in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland festgeschriebene Schuldenbremse ebenfalls unmittelbar in Bayern; das ist vielleicht auch nicht schlecht so. Übrigens gilt sie auch in jedem anderen Bundesland, auch in Nordrhein-Westfalen und in allen anderen Bundesländern, egal, ob sie mögen oder nicht.
Die Frage, ob man die Schuldenbremse dennoch in der Bayerischen Verfassung regeln soll, haben wir kürzlich im Landtag entschieden. Während sich die Mehrheit des Hohen Hauses dafür aussprach, eine entsprechende Bestimmung in der Tradition wohlklingender, aber irrelevanter Programmsätze auch dann in die Bayerische Verfassung aufzunehmen, wenn diese keinerlei juristische Relevanz entfaltet, halten wir diese Verfassungsergänzung für entbehrlich. Oder, um es mit den Worten des Bundesverfassungsrichters Professor Dr. Peter Huber zu sagen: Die Verfassung sei zu wichtig, um sie mit unnötiger Symbolgesetzgebung zu belasten. Es mache daher keinen Sinn, bundesrechtlich entschiedene oder bundesrechtlich zu entscheidende Fragen auf der Ebene der Landesverfassung nachzuzeichnen. Vor diesem Hintergrund fordert Professor Dr. Huber dazu auf, zu überlegen, ob man die Schuldenbremse auf Landesebene in der Verfassung wiederholt.
Anyway. Sie haben in der für Redner wie für Zuhörer erfahrungsgemäß unkontrollierbaren Biermesse des Passauer Aschermittwochs die große Verfassungsreform ausgerufen. Die Schuldenbremse steht, falls das Volk es so toleriert, künftig in der Bayerischen Verfassung. Sei’s drum.
Was wir unstrittig brauchen, ist ein Gesetzentwurf, wie wir ihn vorgelegt haben. Dabei handelt es sich nämlich um ein Ausführungsgesetz, wie die im Grundge
setz für die Bundesrepublik Deutschland geregelten Bestimmungen zur Schuldenbremse in Bayern umzusetzen sind. Genau dies regelt unser Gesetzentwurf, den wir jetzt hier in Zweiter Lesung debattieren. Insbesondere regelt der vorliegende Gesetzentwurf die Nutzung der Spielräume, die das Grundgesetz den Ländern in Artikel 109 Absatz 3 Satz 2 und 5 ausnahmsweise eröffnet, und zwar zur Stabilisierung der Konjunkturentwicklung, zum fiskalischen Auffangen von Naturkatastrophen und zum Handeln in außergewöhnlichen Notsituationen. Würden wir hier auf eine landesrechtliche Ausgestaltung verzichten, die bisher nur von uns vorgelegt wurde, wäre in Bayern zukünftig auch ausnahmsweise jede Kreditaufnahme verboten. Das wäre ziemlich dumm.
Deshalb schaffen wir mit unserem Gesetzentwurf hier eine Lösung. Zunächst schreiben wir die Formulierung aus dem Grundgesetz in der Bayerischen Haushaltsordnung fest. In einem zweiten Schritt regeln wir dann die entsprechenden Inhalte: Wann ist eine Stabilisierung der Konjunkturentwicklung erforderlich, wann ein fiskalisches Auffangen von Naturkatastrophen, wann ein Handeln in außergewöhnlichen Notsituationen. Darin stellen wir auch sicher, dass die Wirksamkeit der Schuldenregelung nicht durch solche Finanzierungsvorgänge des Freistaats umgangen werden kann, bei denen es sich zwar formal nicht um Kreditaufnahmen handelt, die aber zu langfristigen Belastungen führen, wie es beispielsweise bei PublicPrivate-Partnership-Projekten der Fall ist.
In unserem Gesetzentwurf gibt es weitere ebenso spannende wie wichtige Details. So wollen wir abweichend von der sonstigen einfachgesetzlichen Regelung die Feststellung einer Naturkatastrophe oder einer außergewöhnlichen Notsituation von einer Zweidrittelmehrheit im Landtag abhängig machen. Darüber wurden im Ausschuss Diskussionen geführt. Damit wollen wir vermeiden, dass eine Regierung, wer auch immer sie führt, relativ leicht eine solche Situation erklären kann. Vielmehr muss immer auch die Opposition zustimmen, außer, ihr habt wieder eine Zweidrittelmehrheit, aber davon träumt ihr ja selber nicht mehr. Dadurch würde vermieden, dass eine Regierung eine Notsituation ausruft, obwohl keine Not herrscht. Diese Regelung hält das Tor für die Ausnahmegenehmigungen, die der Bund uns hier bietet, sehr eng. Wir wollen auch, dass dieses Tor sehr eng bleibt. Und wir wollen, dass alle Verschuldungen, die auf diesen drei Grundlagen basieren, zwingend mit einer Tilgungsregelung zu verbinden sind. Auch das steht detailliert in unserem Gesetzentwurf.
Wir als GRÜNEN-Fraktion bekennen uns klar zur Schuldenbremse. Das zeigt auch der vorliegende Gesetzentwurf. Wenn Sie es ebenfalls mit der Umset
zung der Schuldenbremse in Bayern ernst meinen, können Sie also einfach zustimmen. Sie tun damit nichts Unrechtes.
Lieber Kollege Pschierer, lieber Kollege Klein usw., der Bund hat seine Regelung für sich und für alle Länder getroffen. Wir gewinnen auf der juristischen Seite nicht einen einzigen Millimeter dadurch, dass wir sie auch in die Bayerische Verfassung schreiben. Von daher macht es durchaus Sinn – ich habe es in meiner Rede eben immer wie
der so formuliert -, dass wir unser Ausführungsgesetz nach wie vor auf das Grundgesetz stützen.
Es mag eine schöne Botschaft sein, wenn die Bevölkerung zustimmt. Das ist sogar ein gutes Argument aus eurer Sicht, wenn die Bevölkerung die Position unterstützt. Aber juristisch ist nach wie vor entscheidend, was im Grundgesetz steht. Daher ist unser Ausführungsgesetz, das auf dem Grundgesetz basiert, auch vom heutigen Zeitpunkt her gesehen sinnlogisch und muss nicht erst diskutiert werden, wenn wir die Verfassung in Bayern geändert haben.
Insoweit stelle ich fest, dass sich juristisch nichts ändert.
Der Beschluss eines Landtags mit Zweidrittelmehrheit, eine bestimmte Situation, einen Notfall festzustellen, bleibt ein einzelner Beschluss. Die Haushaltsordnung zu ändern ist ein anderes Verfahren, das wohl mit einfacher Mehrheit möglich wäre. Aber es macht durchaus Sinn, für die Feststellung eines solchen Falles ein qualifiziertes Quorum einzuführen. Das klingt zunächst zwar ein bisschen schräg, aber wenn man bedenkt, dass man bei der Haushaltsordnung ein ganzes Paket ändern müsste, wird einem klar, dass es sich hier um einen Einzelbeschluss handelt.
Sie haben ja selber gesagt, die Zweidrittelmehrheit mache von der Sache her Sinn, weil dann nämlich eine Regierung nicht hopplahopp einen Notfall ausrufen kann. Insoweit glaube ich, dass die wesentlichen Argumente, die von dieser Seite kommen, wohl entkräftet sind.
Jetzt sind alle Kollegen für die nächste namentliche Abstimmung hier. Ich wollte ihnen mit meinen Ausführungen einfach die Zeit geben, hierher zu kommen. Ich weiß zwar, dass das umsonst war, aber wir werden das Thema im Herbst wieder diskutieren. Eventuell darf ich nicht "wir" sagen; der eine oder andere von uns fällt ja wohl der Diskontinuität zum Opfer. Jedenfalls wird das Thema noch einmal diskutiert werden. Man wird dann sehr nahe an dem bleiben, was wir heute hier eingereicht haben.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Görlitz, wenn Frau Goderbauer im Stau steht, dann sind wir die Letzten, die sagen, dass sie nicht reden dürfe. Aber normalerweise meldet die Fraktion solches an. Nur wurde stattdessen gesagt, es gebe einen Fraktionsbeschluss, wonach Sie für Frau Goderbauer reden sollten. Aber einen solchen Beschluss gab es wahrscheinlich nicht; ich unterstelle es einmal. Irgendwie ist hier etwas schiefgelaufen. Aufgrund dessen haben die anderen Fraktionen jetzt etwas gut.
CSU und FDP zeigen in ihrem Gesetzentwurf zunächst einmal, dass sie bei der Landesbank zu allem
bereit sind, nur zu einem nicht: Verantwortung wahrzunehmen.
Schon mit dem ersten Satz Ihrer Begründung betreiben Sie Geschichtsklitterung. Der Satz heißt: "Die Bayerische Landesbank geriet im Zuge der internationalen Finanzmarktkrise Ende 2008 in eine existentielle Krise." Was dieser Satz aussagt, ist aber nicht wahr. Ursache und Hauptverantwortliche für die größte Kapitalvernichtungsaktion der bayerischen Nachkriegsgeschichte waren die Mitglieder der CSU-geführten Staatsregierung durch ihre politischen Vorgaben und ihr dramatisches Kontrollversagen, das bis zur völligen Verweigerung jeder Kontrolle ging.
Allein die Milliardenschäden durch die HGAA haben mit der Finanzmarktkrise überhaupt nichts zu tun. Sie waren für diese Bank aber existenzbedrohend. Ich nenne weiter: die Finanzierung von Leo Kirchs Formel-1-Geschäft; die völlig kenntnisbefreiten Abenteuer auf den strukturierten Wertpapiermärkten in den USA; Lehman Brothers; den Versuch, in Island die Ratings zu retten, indem man noch mehr Geld hineinsteckte. Überall waren Sie die Treiber! Das hatte weiß Gott mit der Finanzmarktkrise nichts zu tun.
Damit habe ich die Gründe für die Pleite der BayernLB und für das größte finanzielle Desaster der bayerischen Nachkriegsgeschichte genannt. Maßgeblich war nicht die Finanzmarktkrise als exogener Faktor. Es war nicht Pech; es waren Sie.
Heute wollen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf die Konsequenzen aus diesem Versagen ziehen. Aber erneut geht es Ihnen nicht darum, die Kontrolle und die Verantwortlichkeiten klarer zu greifen und zusammenzuführen. Ganz im Gegenteil, Sie wollen die Geschäftspolitik der Landesbank weiterhin beeinflussen und kontrollieren, künftig aber sichergehen, dass Sie immer dann, wenn es schiefgeht, nicht zu sehen und nicht zu fassen sind.
Was Sie mit Ihrem Gesetz inszenieren, ist der Traum aller Strippenzieher. Es ist ein schwarzer Tag für Bayern, wenn die Fraktionen der rechten Seite des Hauses den Mitgliedern der Staatsregierung angesichts des von Ihnen angerichteten materiellen Schadens für Bayern diesen Vorab-Persilschein für ihre künftigen Missetaten ausstellen.
Wie soll das funktionieren? Sie schaffen sich mit der beabsichtigten Umbesetzung des Kontrollgremiums der Landesbank, des Verwaltungsrats, den Sie künftig Aufsichtsrat nennen wollen, eine ideale Situation für
alle Spieler, die gern ihre Marionetten tanzen lassen, aber in dem Moment, wo es schiefgeht, die Seile abschneiden und nicht mehr zu sehen sind.
Statt selber ihre Kontrollfunktion wahrzunehmen, planen Sie, künftig Ihre eigenen Beamten vorzuschicken. Diese sind zwar im Hinblick auf ihr Aufsichtsratsmandat nicht unmittelbar weisungsgebunden, aber niemand in diesem Hause hängt doch ernsthaft der Utopie an, dass ein Beamter des Finanzministeriums in diesem Gremium kontrolliert, ohne sich mit dem Minister abzusprechen, umso mehr, als auch die Spitze des Ministeriums schon gesagt hat, dass man die Geschäftslinie der Landesbank selbstverständlich weiter mitzugestalten und mitzubestimmen gedenkt.
Diese Konstruktion hat also überhaupt nichts mit Entpolitisierung zu tun. Was Sie hier betreiben, ist der Versuch, sich durch eine selbstbegünstigende Gesetzeskonstruktion gegenüber der juristischen Verantwortung für eigene Fehlentscheidungen zu immunisieren, weiter nichts. Deshalb schicken Sie Ihre Beamten vor und aus keinem anderen Grund. Von einer verantwortlich agierenden Opposition können Sie für so etwas – das ist klar – keine Zustimmung erwarten. Allenfalls können Sie von uns das Versprechen erwarten, dass wir die Selbstimmunisierung, wenn sie denn heute beschlossen wird, nach der Wahl rückgängig machen.
Die kernigen CSU-Finanzexperten haben ja durchaus Erfahrung, wie schön es ist, wenn man sich selber vor dem Kadi schützen kann. Deswegen schrieben Sie sich in die Landesbanksatzung ein Haftungsprivileg, wonach die Verwaltungsräte nicht schon bei einfacher, sondern erst bei grober Fahrlässigkeit haften sollen.
Dass Sie dieses sich selbst begünstigende Haftungsprivileg in die Satzung irgendwann hineingeschrieben hatten, war keineswegs zufällig. Nein, damals wurde es von den verantwortlichen Verwaltungsräten aus einem konkreten Schutzbedürfnis in die Landesbanksatzung hineingeschrieben. Seinerzeit ging es darum, dass sich der damalige Bundeskanzlerkandidat Edmund Stoiber die Sympathien der Privatsender von Leo Kirch sichern wollte und ihm deshalb zu zwei Milliarden DM – es war im Jahr 2001, dem letzten DMJahr – zur Refinanzierung von Leo Kirchs Formel-1Rechten verhalf, obwohl alle Experten der Landesbank und anderer Banken angesichts der drohenden Pleite von Leo Kirch davor warnten.
Aus unlauteren Motiven, zwecks Wohlverhaltens der Privatsender im Wahlkampf und gegen den Rat der
Finanzfachleute wurden zwei Milliarden DM Steuergelder aufs Spiel gesetzt.
- Kollege Weidenbusch, Sie können gern nachher eine Intervention machen.
In dieser Situation handelten die sonst meist sehr schweigsamen Verwaltungsräte der Bank plötzlich ganz schnell; wir haben ja die Sitzungsprotokolle. Schon in der ersten Sitzung nach Kirchs Pleite schrieb man sich die Selbstbegünstigung in die Satzung. Die Konsequenz der Kirch-Pleite war also nicht der Gedanke, wie man künftig ernsthafter agieren und kontrollieren könnte, sondern allein der Gedanke, wie man sich gegen die Folgen des eigenen Nichtstuns und der eigenen Fehlentscheidungen absichern könnte.
Damit wurde das Haftungsprivileg für Verwaltungsräte der BayernLB für die Bank existenzgefährdend und zu einer Gefahr für die Steuerzahler. Es war mit eine Ursache für die Milliardenpleite.
Die Opposition hat deshalb von Anfang an und mit großem Recht die Streichung des Haftungsprivilegs gefordert. Nur, das Privileg erst jetzt, nach einer gewissen Schonfrist – dazu hat Kollege Wengert etwas gesagt – abzuschaffen, nachdem Sie Ihre Politiker aus der Verantwortung herausgezogen haben, ist nicht nur als besonders schräg zu bezeichnen, sondern als unverschämt, weil es beweist, dass es Ihnen bei dem Haftungsprivileg zu keinem Zeitpunkt um das Wohlergehen der Bank, sondern immer nur um Ihr eigenes Wohlergehen ging. Wir wollen aber nicht, dass die Kontrolleure der BayernLB ruhiger schlafen als bisher, sondern wir wollen, dass sie endlich ihre Arbeit tun.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die GRÜNEN stehen deshalb zur politischen Verantwortung für die BayernLB, weil sie eine politische Bank ist. Sie ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie gehört zu über 75 % dem Freistaat. Sie hat einen öffentlichen Auftrag. Die Steuerzahlerinnen und -zahler Bayerns stehen mit einem zweistelligen Milliardenbetrag für sie gerade. Sie wird in dem öffentlich-rechtlichen Sektor auf Dauer bleiben, weil sie nicht privatisierbar ist. Allein in den vergangenen Jahren wurde immer wieder angekündigt: Wir zahlen das Geld und die Schulden zurück, indem wir die BayernLB am Ende verkaufen und privatisieren. Das ist dummes Gefasel. Die Bank ist nicht privatisierbar, und zwar nicht nur wegen des knapp 25-prozentigen Sparkassenanteils, den sie
künftig aufweist. Vielmehr ist sie wegen der existenziellen Bedeutung der Sparkassen für ihre Refinanzierung nicht privatisierbar. Genau diese Refinanzierung, dieses Retailgeschäft, wäre das Spannende für einen Käufer, wenn es denn einen gäbe. Genau diese Refinanzierung fällt aber in der Sekunde weg, in der eine Privatbank die BayernLB kauft, weil in dieser Sekunde die Sparkassen ihre überschüssigen Gelder umschichten und sie weg von der Landesbank auf andere, im öffentlichen Bereich bleibende Banken verlagern.
Deshalb ist und bleibt die Zukunft der BayernLB im öffentlich-rechtlichen Sektor. Und deshalb ist und bleibt die BayernLB auch dauerhaft eine politische Bank im überwiegenden Staatsbesitz; da beißt die Maus keinen Faden ab. Wer aber Eigentümer einer Bank ist, der hat die verdammte Pflicht, sich dieser Verantwortung zu stellen.
Nun haben wir erstens in den vergangenen Jahren in dramatischer Weise erkennen müssen, dass die Mitglieder der Staatsregierung weitgehend kontrollunwillig und, wie die Vergangenheit gezeigt hat, auch kontrollunfähig sind. Zweitens ist die BayernLB – darauf wurde hingewiesen - aufgrund ihrer Größe die einzige Beteiligung des Freistaats, die geeignet ist, die Budgethoheit und damit das Königsrecht des Parlaments faktisch auszuhebeln, was wir 2008 erlebt haben. Aus beiden Gründen, wegen Ihrer fehlenden Kontrollbereitschaft und der Budgethoheit des Landtags, ist nur eine Konsequenz zu ziehen – die haben die beiden Vorredner schon genannt -: Dem Verwaltungsrat müssen künftig auch Vertreterinnen und Vertreter des Parlaments angehören. Aber auch diese Kontrollmöglichkeit, die zwingende Kontrollnotwendigkeit des Parlaments, wollen Sie dem Parlament künftig verweigern. Sie müssen wirklich sehr, sehr viel zu verbergen haben. Auch deshalb lehnen wir Ihren Gesetzentwurf ab.
Geschätzter Kollege Klein, Sie sind mutmaßlich in der FDP. Weil Sie immer wieder nette Vergleiche mit anderen Bundesländern, mit historischen Verhältnissen und womit auch immer anstellen, will ich Sie einmal mit ein paar Zahlen konfrontieren. Von 1999 bis 2005, als es eine SPDGRÜNE-Regierung gab, gab es im Bund im Durchschnitt eine jährliche Neuverschuldung von 22,6 Milliarden. Das ist dramatisch. Aber noch viel schlimmer: Als CDU/CSU und FDP davor für 15 Jahre
an der Regierung waren, gab es 36,6 Milliarden jährliche Neuverschuldung.
In den letzten beiden Jahren, in denen wieder Ihre Große Koalition am Werk ist, gab es jahresdurchschnittlich 112,9 Milliarden Euro Nettoneuverschuldung; das war ohne Wiedervereinigung.
Sie wollen mit Ihren jetzigen Steuergeschenkvorschlägen – sie wurden in der Debatte eben bereits genannt – den Staat weiter arm machen. Damit erreichen Sie einerseits einen kaum noch handlungsfähigen Staat. Das gilt für die anderen Bundesländer noch viel mehr. Darüber gehen Sie mit großem Zynismus immer hinweg. Aber es gilt auch für Bayern. Denken wir an Bildungsaufgaben und an die Aufgaben des Hochwasserschutzes. Andererseits zeigt es, dass es in historischer Sicht immer wieder zu zusätzlichen Überschuldungen kam, die niemand so brillant schaffte wie eine Regierung, an der die FDP beteiligt war. Das zeigt, wie unsolide Ihre Finanzpolitik ist, wie wenig durchgerechnet sie ist.
Deshalb heißt mein "ceterum censeo": Man kann der FDP, so leid es mir tut, nicht das Geld der Bürgerinnen und Bürger anvertrauen.
Herr Minister, die Bemerkung zu Ihrem alten Rollenverständnis haben Sie ja gehört. Es ist in der Tat so, dass, wenn die Ehepartner annähernd gleich viel verdienen, die ganze Kritik, die Sie gegenüber dem grünen Konzept geäußert haben, nicht sticht.
Ich will jetzt nicht das wiederholen,
was von mehreren Personen hier gesagt wurde, dass Sie sich nämlich in der jetzigen Situation nicht zu dumm sind, mit ständig neuen Steuererleichterungsversprechungen - übrigens hat das Frau Merkel auch noch von Ihnen abgeschrieben – durchs Land zu ziehen. Das Ergebnis davon ist, dass Sie Klientelpolitik für die reichsten 10 % dieser Gesellschaft machen.
Das ist die Realität. Wenn man sich – das können Sie nachrechnen – die Veränderung des Nettoeinkommens bei einem Ehepaar anschaut, wobei drei Viertel der Ehemann verdient und ein Viertel die Ehefrau, was Ihrem Rollenverständnis sehr nahekommt, und die Wirkungen von Kindergrundsicherung, Einkommensteuer und Ehegattensplitting berücksichtigt, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass man, wenn Kinder da sind, über 8.000 Euro im Monat verdienen muss, um mehr Steuern zu zahlen. Über 8.000 Euro im Monat – das ist nicht der Mittelstand, das hat nichts mit dem Mittelstandsbauch zu tun, das hat
nichts mit den normalen Leuten zu tun, sondern das hat etwas zu tun mit Leuten in der Größenklasse von Fraktionsvorsitzenden oder von "Hoeneßen" oder weiß ich von wem.
Sie wissen, dass die Zahlungen für unsere Fraktionsvorsitzende nicht aufgedoppelt werden, wie das bei Ihnen üblich ist. Das nur als Randbemerkung, bevor Sie sagen, ich hätte Frau Bauses Einkommen irgendwie im Blick gehabt.
Es geht, wohlgemerkt, bei diesen 8.000 Euro um das zu versteuernde Einkommen, wobei Werbungskosten und Ähnliches abgezogen sind. Wenn Sie da behaupten, das träfe die Breite der Gesellschaft, dann weiß die CSU endgültig nicht mehr, was die Menschen verdienen, für welche Menschen wir Politik machen müssen und von welchen Menschen wir Geld nehmen müssten, wenn wir denn welches brauchen. Und ich denke, wir brauchen welches angesichts der Herausforderungen, die uns bevorstehen.
Ihre Politik ist eine Politik für die Reichen und sonst für niemanden.
Herr Minister, ich habe gerade die Zahlen genannt. Die hätten Sie als geneigter Zuhörer - geneigt wie Sie nun einmal sind – wahrnehmen können. Sie hätten gemerkt, dass das eine Zahl ist, von der Sie sagen, sie stimme nicht. Möglicherweise stimmt sie. Oder wollen Sie behaupten – das haben Sie getan -, dass wir, indem wir sagen, bei über 8.000 wollen wir in der Tat rangehen, meinen, alle unter 8.000 seien faule Säcke?
Sie haben uns vorgehalten, die Fleißigen sollen belastet werden. Fleißige sind nach diesem GRÜNENSteuerkonzept für uns auch diejenigen, die weniger als 8.000 Euro verdienen.
Ein zweiter Aspekt: Bei der kalten Progression haben wir nie gesagt – das werden Sie auch der Rede der Kollegin Stamm nicht entnehmen können -, dass diese Forderung per se falsch sei. Die Kollegin Stamm hat in der Tat darauf hingewiesen, und zwar mit Recht, dass man an die kalte Progression ranmüsse. Aber bitte nur mit Gegenfinanzierung! Wir werfen Ihnen hier das unlautere Spiel vor, dass Sie ständig sagen, hier schenken wir etwas, da schenken wir etwas und dort schenken wir etwas, aber wir bezahlen es nicht. Wir sagen, wir müssen es bezahlen. Und dafür haben wir Konzepte, Sie aber nicht.
Geschätzte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ist es nicht armselig, zu versuchen, mit dem Fall Hoeneß Politik zu machen, wie es eine mir nicht weiter bekannte CSUBundestagsabgeordnete namens Hasselfeldt gemeint hatte? Dazu zunächst einmal eine klare Ansage: Nein, denn der Fall Uli Hoeneß lenkt den Blick der Öffentlichkeit endlich auf das, was die GRÜNEN und unsere Oppositionskollegen von SPD und FREIE WÄHLER, was der Bayerische Oberste Rechnungshof und alle, denen an Steuergerechtigkeit und Steuerehrlichkeit gelegen ist, seit Jahren mit allem Nachdruck und völlig zu Recht heftigst kritisieren. Dieses Thema lautet: Die Bayerische Finanzpolitik schafft einen idealen Nährboden für Steuerbetrüger und für den allgemeinen Verfall der Steuermoral.
Das ist es, worüber wir heute reden müssen. Das und nichts anderes ist der Grund für unseren heutigen Dringlichkeitsantrag. Wir wollen also nicht reden über den Fall eines überaus erfolgreichen Spielers, Managers und Präsidenten des FC Bayern und über seinen
hohen moralischen Anspruch, mit dem seine eigene Wirklichkeit offensichtlich nicht mithalten kann. Ich werde jetzt auch nicht weiter nachbohren bei der Frage des Zusammenhangs einer zweistelligen Summe als Darlehen und Bürgschaft an die Privatperson Hoeneß durch den früheren Adidas-Chef und den Einstieg von Adidas beim FC Bayern.
Ich werde mich heute auch nicht weiter dazu äußern, dass einige Minister und der Ministerpräsident offensichtlich über vielfache Wege frühzeitig über den Fall von Uli Hoeneß informiert worden sind, obwohl es viele Fragen gäbe: Ist es eigentlich normal, dass drei Minister und der Ministerpräsident von einer steuerlichen Selbstanzeige informiert wurden? War das Kriterium für die Information die Schwere des im Raume stehenden Deliktes, die Prominenz der Person oder aber seine Nähe zur CSU und zu den handelnden Spitzen der Staatsregierung? Welchen Sinn kann diese Information eigentlich haben? Wem kann sie nutzen? Ich habe derzeit keine Indizien dafür, dass die Spitzen der Exekutive entgegen ihren leutseligen Beteuerungen zu diesem frühen Zeitpunkt direkten oder indirekten Einfluss auf das Verfahren genommen haben. Das gilt auch in Bezug auf die Aussetzung des Haftbefehls nach Zahlung einer millionenschweren Kaution. Sie wussten vorher schon Bescheid.
Nein, über die Causa Hoeneß reden wir heute nicht, auch wenn der eine oder andere dies gern täte. Stattdessen reden wir über den finanzpolitischen Rahmen, den diese Staatsregierung und ihre Vorgängerregierungen gesetzt haben, einen Rahmen, der es Steuerbetrügern in Bayern besonders leicht macht. Es klingt vielleicht hart, aber es ist genauso gemeint: Die Staatsregierung macht sich politisch der Beihilfe zum Steuerbetrug schuldig.
Um es mit der Rhetorik des FDP-Kollegen Klein von heute Nachmittag zu formulieren: Stellen Sie sich ein Land vor, in dem Steuerbetrüger gerne leben. Sie brauchen es sich nicht vorzustellen, es gibt dieses Land schon: Bayern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zahlen sind bekannt. Bayern befindet sich bei praktisch allen Kennzahlen zur Personalausstattung der Finanzverwaltung auf dem letzten Platz in Deutschland. Fast bis zu 50 % der erforderlichen Stellen gegenüber der Personalbedarfsberechnung sind unbesetzt. Das gilt vor allem für Umsatzsteuersonderprüfer, Steuerfahnder und Betriebsprüfer.
Liebe Kolleginnen und Kollegen auf der rechten Seite, das sind keine Meinungsäußerungen dümmlicher Oppositionspolitiker, die den großen Finanzminister Söder nicht mögen. Das sind statistische Fakten, die der Bayerische Oberste Rechnungshof Jahr für Jahr bestätigt und in aller Schärfe kritisiert. Es geht um eine Milliardensumme mutwillig unentdeckter Steuervergehen in Bayern. Dass Sie vor diesem dramatischen Hintergrund nicht einmal bereit sind, die Wiederbesetzungssperre für Finanzbeamte abzuschaffen, zeigt, dass Sie es genauso wollen, so und nicht anders. Deswegen sage ich noch einmal: Wer sich so zum Säulenheiligen der Steuerbetrüger Deutschlands macht und in deren Interesse auch Bayern zu einem Steuerparadies machen will, der macht sich zumindest politisch der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig.
Finanziell könnte dieses Buhlen um reiche Deutsche und potenzielle Steuerbetrüger mit dem laxem Steuervollzug in Bayern vielleicht sogar aufgehen. Für einige andere Steueroasen in dieser Welt geht es auch auf. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass die Beggar-my-neighbourpolicy innerhalb des Föderalstaats Deutschlands völlig verantwortungslos ist; denn die Nachbarn, auf deren Kosten Sie sich als innerdeutsche Steueroase Bayern bereichern, das sind wir letztlich alle hier in Deutschland. Herr Söder, bewerben Sie sich von mir aus als Finanzminister auf den Cayman Islands oder auf den Virgin Islands, aber verschonen Sie Bayern und Deutschland mit Ihrer Politik.
Vielleicht sage ich an dieser Stelle noch zwei Sätze zu Ihrer sehr durchsichtigen Verteidigungsstrategie. Zum einen gefallen Sie sich darin, dass die Pro-KopfErgebnisse der bayerischen Finanzverwaltung besser sind als in anderen Bundesländern. Das, meine Lieben, ist eine logische Folge der dramatischen Unterbesetzung. Das hängt mit dem abnehmenden Grenzertrag zusätzlicher Steuerbeamter zusammen. Das ist Mathematik Oberstufe. Vielleicht ist das nicht ganz Ihr Ding, Herr Söder. Zwar bedeuten mehr Steuerbeamte weniger Ertrag pro Kopf, aber sie bedeuten vor allem einen wesentlich höheren Gesamtertrag.
Zum Zweiten versuchen Sie immer wieder, die Kritik an der bayerischen Finanzpolitik, also an Ihnen und an den Kolleginnen und Kollegen aus dem Parlament, auf die Beschäftigten der Finanzverwaltung abzuleiten und sich dann in perfekt inszenierter Scheinheiligkeit vor diese zu stellen. Deshalb nochmals in aller Klar
heit: Die Kritik gilt Ihrer Person, Ihrer Politik und nicht den fleißigen Finanzbeamtinnen und -beamten in Bayern, die angesichts eines dramatischen Personalmangels eine super Arbeit machen, die wir sehr hoch schätzen.
Damit Sie mir nicht nachsagen können, ich hätte mich nicht klar genug ausgedrückt: Der Fisch stinkt vom Kopf.
Kommen wir zum deutsch-schweizerischen Steuerabkommen, das der bayerische Finanzminister sozusagen als internationale Verlängerung seiner steuerbetrügerschonenden bayerischen Politik bis heute unbedingt haben will und auf das CSU-Kumpel Hoeneß auch so optimistisch gesetzt hatte.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer Steuerbetrug wirksam bekämpfen will, der muss sich für Transparenz einsetzen und gegen eine anonyme Abgeltungssteuer sein.
Deshalb ist es gut, dass dank der Grünen und der Roten das Steuerabkommen mit der Schweiz in Deutschland gestoppt werden konnte. Jetzt ist der Weg frei für den automatischen Informationsaustausch und ein steueroasenfreies Europa.
Erinnern wir uns: Bei der Anhörung zum deutschschweizerischen Steuerabkommen im Finanzausschuss des Bundestages waren 23 Sachverständige anwesend. Genau vier von Ihnen befürworteten das Abkommen uneingeschränkt: der Staatssekretär des Schweizer Finanzministeriums, UBS, die Schweizerische Bankiervereinigung und ein deutscher Steuerberater. Alle anderen warnten vor der Ratifizierung. CSU, FDP und CDU hakten sich aber bei UBS und beim Schweizer Finanzminister unter. Liebe Freundinnen und Freunde, das ist die unerträgliche Realität, für die Sie sich eigentlich heute noch schämen müssten.
Das Steuerabkommen mit der Schweiz war genau das Gegenteil einer guten Bekämpfung von Steuerhinterziehung – es war ein echter Sündenfall. Steuerhinterziehung wäre in der Dunkelheit der Anonymität geblieben. Der internationale Prozess des automatischen Informationsaustausches wäre direkt zum Erliegen gekommen. Davor hatten auch die USA gewarnt. Der Kampf gegen Geldwäsche wäre deutlich erschwert worden. Deshalb ist das, was der bayerische Finanzminister im Sinne der Schweizer Banken und
der deutschen Betrüger wollte und bis heute will, absolut verantwortungslos.
Was haben wir denn mit unserer rot-grünen Mehrheit im Bundesrat erreicht, was Sie abgelehnt haben?
Erstens: Seit das Steuerabkommen mit der Schweiz im Bundesrat gescheitert ist, ist die Zahl der Selbstanzeigen dramatisch angestiegen. Auch die Schweizer Banken raten mittlerweile zur Selbstanzeige. Uli Hoeneß ist hier nur die Spitze des Eisbergs. Das Scheitern des Steuerabkommens ist ein Erfolg von RotGrün. Sie hielten es mehr mit den Steuerbetrügern und deren Interessen.
Zweitens. Richtig und wichtig für unsere großen Erfolge war und ist der Ankauf von Steuerbetrüger-CDs, den Sie bis heute ablehnen.
Drittens. Ganz entscheidend war das Scheitern des Schweizer Abkommens auch für die Strafverfolgung von Steuerbetrügern in Deutschland. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter sagte dazu, es wäre die größte Begnadigung deutscher Straftäter gewesen, die die Geschichte je gesehen habe. Da ein hoher Anteil der Vermögensmassen in der Schweiz aus kriminellen Aktivitäten stammen dürfte, würde nun eine der größten Geldwäscheanlagen Europas legalisiert. In der Tat, das deutsch-schweizerische Steuerabkommen hätte so, wie es geplant war, unseren Steuerfahndern fast jedes Instrument aus der Hand geschlagen. Die Steuerfahnder können dank Rot-Grün aufatmen. Die Betrüger schlafen schlechter. Das ist gut, danke RotGrün!
Viertens. Nach dem Scheitern des Abgeltungssteuerabkommens mit der Schweiz hat der Finanzminister Luxemburgs Herr Frieden zugesagt, der EU-Zinsrichtlinie zuzustimmen und nicht länger die Ausweitung auf andere Einkommensarten zu blockieren. Auch die Schweiz und, wenn auch etwas zäh, Frau Fekter aus Österreich bewegen sich jetzt. Wir sehen einen Dammbruch in Richtung eines automatischen Informationsaustausches, den wir wollen. Das alles war nur möglich, weil wir gegen Söder und Kollegen den Stöpsel gesteckt und das Steuerabkommen verhindert haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Hoeneß war nicht der einzige Vermögende, der offenbar berechnend darauf gebaut hat, unter die kuschelige Decke des Steuerabkommens schlüpfen zu können, das seine Anonymität gewahrt hätte. Söder hätte ihm gerne geholfen. Wir aber sagen: Zocken darf sich nicht loh
nen! Deshalb brauchen wir in Bayern eine Politik, die Steuerbetrug auf allen Ebenen bekämpft, auch wenn die Menschen in Bayern vielleicht noch bis zur Landtagswahl darauf warten müssen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir zunächst eine Vorbemerkung zum Thema Heimlichkeit. Das steht in Ihrem Dringlichkeitsantrag im Betreff und in der Begründung. In § 32 a des Einkommensteuergesetzes finden Sie die einschlägigen Bestimmungen. Das Gesetz ist öffentlich. Nichts von dem, was Sie als heimlich bezeichnen, ist heimlich. Ich sage das für den Fall, dass Sie das wirklich einmal suchen wollen. Wahrscheinlich wollen Sie das aber gar nicht.
Ich komme nun zum kleinen Rest Ihres unbedeutenden Dringlichkeitsantrags.
Die Debatte, ob - oder besser: wie - wir die unteren und mittleren Einkommen steuerlich entlasten können, ist notwendig. Unser Vorwurf an dieser Stelle deckt sich mit dem des Kollegen Halbleib: Es ist politisch unredlich, eine solche Forderung hinauszuposaunen, wenn der Staat diese Entlastung nicht verkraften kann und kein Wort über die notwendige Gegenfinanzierung verloren wird.
Seit Jahren kritisieren wir von der Opposition unisono mit dem ORH, dass der bayerische Staatshaushalt strukturell im Minus ist. In der Mehrzahl der vergangenen Jahre lagen die Einnahmen des Staates unter den Staatsausgaben. Lesen Sie den ORH-Bericht doch einmal durch. Darin steht das alles, sogar im neuesten. Auch in diesem Wahljahr erleben wir ein strukturelles Minus. Söder, der Finanzminister, gibt wiederum mehr Geld aus, als er einnimmt, und muss Rücklagen aufbrauchen, obwohl die Steuereinnahmen diesmal, worauf hingewiesen wurde, wie nie zuvor sprudeln. Die Existenz des Weihnachtsmannes, jahreszeitlich bedingt des Osterhasen, ist leichter zu belegen als das populistische wie falsche Gerede vom x-ten ausgeglichenen Haushalt in Folge.
Das belegt auch, dass der Staat – das sind wir alle, die wir hier verantwortlich Politik machen – in Bayern wie übrigens auch in allen anderen Bundesländern und im Bund selber längst über die Grenzen steuerlicher Entlastungen hinausgegangen ist, die ohne Gegenfinanzierung verantwortbar sind.
Es kommt noch schlimmer. Um den offiziellen Haushalt aufzuhübschen, verschiebt der Finanzminister gewaltige Lasten in die Zukunft. Wohin wir blicken, sehen wir verdeckte Verschuldung. Die erfolgt übrigens heimlich, Kollege Klein. Ich nenne den Sanierungsstau im Hochbau, im Tiefbau, im Straßenbau, bei den staatlichen Theatern und Museen. Überall herrscht riesiger Sanierungsstau. Das sind künftige Milliardenbelastungen, die Bayerns Steuerzahlerinnen und Steuerzahler irgendwann überrollen werden. Auch hierfür brauchen wir in der Zukunft eine Finanzierung, auch wenn wir sie heute aus dem Haushalt wegdrücken. Ich nenne auch die Pensionslasten. Sie weigern sich, die Rücklagen dafür so zu bedienen, wie dieses Hohe Haus es ursprünglich festgelegt hat. Auch dadurch rollt eine gigantische Milliardenkosten
lawine auf den Freistaat zu. Die Verschiebung von Lasten in die Zukunft bei gleichzeitigen Luftblasenversprechen ist eine der wenigen Konstanten in Seehofers und Söders Finanzpolitik.
Unter Ihrer Regierung sind die ausgewiesenen Schulden so stark angestiegen wie nie zuvor in der bayerischen Geschichte. Unter Ihrer Regierung sind auch die verdeckten Schulden wie nie zuvor in der bayerischen Geschichte angestiegen. Das ist die Realität in Bayern, nicht Ihre selbstgerechten Sprüche.
Vielleicht können Sie einmal zur Kenntnis nehmen, warum ORH, GRÜNE, SPD, manchmal auch die FREIEN WÄHLER – sie sind schließlich frei –
oder die Medien Ihre Haushaltspolitik so kommentieren, wie sie sie kommentieren: "Berechtigte Kritik" lautet die Überschrift im "Donaukurier"; "Der ganz große Bluff", so stand es in der "SZ"; "Bayerische Finanzpolitik Prädikat ‚unsolide’", so lief es sogar über "dpa"; "’Blauäugig’: Herber Rüffel für Söder", so stand es im "Münchner Merkur"; "Rechnungshof: Staatsregierung soll sparen", so zurückhaltend titelte selbst die wirklich schwarze "PNP"; "Bayerns Haushalt in Gefahr", eine Überschrift in der "Mainpost"; die "Nürnberger Nachrichten" überschreiben mit dem Titel "Luftnummer". Unsolide, dein Name sei Söder!
Es kommt aber noch schlimmer: Sie versprechen den Bürgerinnen und Bürgern in dieser Situation im Wahljahr weiterhin das Blaue vom Himmel. Sie wollen das Wohngeld erhöhen, die Heizkostenpauschale wieder einführen mit Kosten von rund 300 Millionen Euro. Gegenfinanzierung? –
Sie wollen die Mütterrente erhöhen. Das kostet rund 14 Milliarden Euro. Eventuell zahlt das kurzfristig für ein Jahr die Rentenkasse, die eigentlich einem anderen Zweck dienen soll. Danach müssen das der Bund und die Länder übernehmen. Gegenfinanzierung? –
Sie wollen den Abbau der kalten Progression und die Erhöhung des Grundfreibetrags. Kosten: 4 Milliarden Euro Bund, 250 Millionen Euro Länder. Gegenfinanzierung, Herr Söder? –
Das war übrigens genau der Punkt, zu dem Sie den Dringlichkeitsantrag gestellt haben. Es lohnt sich gar nicht, diese eine Forderung unter zahllosen Ihrer Luftblasenversprechen herauszuziehen; denn das ist nur eine unter ganz vielen. Die Summe macht’s.
Sie wollen den Arbeitnehmerpauschbetrag auf 1.500 Euro erhöhen. Kosten: 2 Milliarden Euro. Gegenfinanzierung? –
Sie wollen einen Hightech-Bonus für kleine Unternehmen. Die meisten dieser Vorhaben sind ja für sich betrachtet gut. Wir brauchen aber eine Gegenfinanzierung. Denn auch hier gilt: Gegenfinanzierung? –
Sie wollen einen Bayernplan umsetzen, die Einkommensteuer regionalisieren, verbunden mit dreiprozentiger Absenkung der Einkommensteuer hier in Bayern. Das ist eine typische Luftbuchung. Sie haben keinerlei verfassungsrechtliche Kompetenz, das umzusetzen. Sie haben auch keine Unterstützer dafür. Sie haben auch keine Gegenfinanzierung dafür. – Sorry, jetzt habe ich das Ritual gebrochen.
Sie wollen eine Regionalisierung und Halbierung der Erbschaftsteuer. Gegenfinanzierung? – Jetzt dürft ihr noch einmal.
Sie nennen nicht nur keine Gegenfinanzierung für all Ihre Versprechen. Dieser Vollzug in Bayern, die Erbschaftsteuer zu halbieren, zeigt: Sie wollen reiche Erben schützen. Sie wissen doch selber, dass Erbschaftsteuer in der heutigen Form für einen durchschnittlichen Erben überhaupt nicht anfällt. Das zeugt von der sozialpolitischen Verantwortungslosigkeit des bayerischen Finanzministers.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Haushalte Bayerns, aller übrigen deutschen Bundesländer und Deutschlands als Gesamtstaat können unfinanzierte Geschenkkörbe, die Sie verteilen wollen, nicht verkraften. Das gilt, wie gesagt, für Bayern, die übrigen Länder und den Bund.
Bayern kann sich also Söder als Finanzminister nicht leisten, schon deshalb nicht, weil er den Haushalt Bayerns ruiniert. Beide Vorredner haben schon darauf
hingewiesen: Bayern liegt bei fast allen Kennzahlen zur Personalausstattung der Finanzverwaltung auf dem letzten Platz: Umsatzsteuer-Sonderprüfung, Steuerfahndung, betriebsnahe Veranlagung, Betriebsprüfung – überall sind zwischen 20 und 50 % der notwendigen Stellen nicht besetzt.
Das mag jetzt hart klingen, ist aber genau so gemeint: Wer sich so zum Säulenheiligen der Steuerbetrüger Deutschlands macht und in deren Interesse Bayern sogar zum – ich zitiere aus einer Zeitung – "Steuerparadies" entwickeln will, der macht sich zumindest politisch – jetzt zitiere ich einen SPD-Vorsitzenden – der "Beihilfe zur Steuerhinterziehung" schuldig.
Auch deshalb freue ich mich auf die Wahl. Ihren Antrag kann ich jetzt endlich wegschmeißen.
Zum Antrag der SPD-Fraktion: Was darin steht, ist richtig. Aber die offensichtlich substanzlose Sinnlosigkeit des CSU/FDP-Wischs hätte es nicht verdient, dass man sich der Mühe unterzieht, dem einen ernsthaften Antrag an die Seite zu stellen. Nachdem Sie sich diese Arbeit aber gemacht haben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, können Sie mit unserer Zustimmung rechnen.
Vielen Dank. Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Herr Söder hat mir eben in seiner Rede – er ist "vom Winde verweht" –
vorgeworfen, ich hätte die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der bayerischen Finanzverwaltung, weit über 10.000, in die Nähe der Beihilfe zur Steuerhinterziehung gerückt.
Als hätte ich diese angesprochen! Das ist sachlich falsch und deswegen auch persönlich beleidigend. Ich habe wörtlich in einer Rede über den Finanzminister gesagt:
Wer sich so zum Säulenheiligen der Steuerbetrüger Deutschlands macht und in deren Interesse aus Bayern ein Steuerparadies machen will, der macht sich – zumindest politisch – der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig.
Das habe ich gesagt und nichts anderes. Im Übrigen stimmt das auch, und ich bewundere die bayerische Finanzverwaltung, wie sie unter dieser Person arbeiten kann. Ich danke Ihnen für das geneigte Zuhören bei dieser persönlichen Erklärung.
Frau Kollegin Zacharias, Sie haben natürlich recht mit Ihrer sehr süffisanten Darbietung dessen, was CSU und FDP verzweifelt versuchen. Die Koalition versucht nämlich verzweifelt, uns hinterherzuspringen, uns GRÜNEN, Roten und FREIEN WÄHLERN, und sie versuchen, dies als eigene Leistung zu verkaufen. Würden Sie Herrn Goppel aber bitte erklären, dass er, wenn er schon gegen den Länderfinanzausgleich klagt, wenigstens den Hauch einer Ahnung davon haben sollte, wie dieser funktioniert.
Erklären Sie ihm bitte, dass sich das Geld, das Bayern in den Länderfinanzausgleich einzahlt, um keinen Cent ändert, egal was Bayern mit dem Geld macht. Ob es damit Studiengebühren abschafft oder verdoppelt, ob es damit Hochschulen finanziert, sich verschuldet oder Schulden zurückzahlt, das ändert die Einzahlung Bayerns in den Länderfinanzausgleich überhaupt nicht. Jemand, der Kläger gegen den Länderfinanzausgleich ist und behauptet, der Länderfinanzausgleich funktioniere nicht, der sollte vielleicht einen Hauch von Ahnung davon haben, was der Länderfinanzausgleich überhaupt ist und wie er funktioniert. Ich bitte Sie deshalb, dies dem geneigten Kollegen Goppel, der schon darauf wartet, zu erklären.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Aktuellen Stunde reden wir im Prinzip darüber, warum der Länderfinanzausgleich bescheuert ist und warum eine Klage dagegen mindestens genauso bescheuert ist.
Stellen wir uns doch einmal vor, der kommunale Finanzausgleich in Bayern wäre so organisiert wie der Länderfinanzausgleich. Die Städte und Landkreise in Bayern würden einen Vertrag schließen, demzufolge die unterschiedliche Finanzkraft der einzelnen Regionen durch direkte Zuflüsse der reichen Regionen kompensiert würde. Ich höre Sie schon, all die lokalen Söders und Kleins aus Aschaffenburg, Erlangen, dem Speckgürtel um München, aus den einnahmestarken Regionen, die sich gerade in Wahljahren mit wachsendem Wehklagen weigern würden, arme, aber sexy Wahlkreise wie Freyung, Wunsiedel oder Hof zu unterstützen − Hof insbesondere natürlich deshalb, weil Sie sich dort auch noch einen unsinnigen Flughafen leisten. − Berlin lässt grüßen.
Der Landkreis Starnberg würde sich umso mehr weigern, weil nach Lage der Dinge Besserung nicht in Sicht ist. Ganz gleich, wie Wunsiedel sich abstrampelt, es wird niemals die durchschnittliche Finanzkraft der bayerischen Kreise erreichen. Döhler-Land bleibt Nehmerland auf Jahrzehnte. Das wissen Sie auch.
Die Unterschiede zwischen den Bundesländern, was die Finanzkraft angeht, sind sogar noch größer. Die Ostländer haben eine originäre Finanzkraft von rund 50 % bis 60 % des Bundesdurchschnitts, BadenWürttemberg, Bayern und Hessen von rund 120 % bis 130 %. Bei dieser auseinanderklaffenden Einnahmesituation darauf zu setzen, dass über die freiwillige Solidarität der reichen Geberländer ein Konzept erarbeitet wird, kann nicht funktionieren. Ja, es ist − dies ist ein handelsübliches Zitat von Kretschmann − "bescheuert", den Auftrag aus Artikel 107 des übrigens auch in Bayern geltenden Grundgesetzes, die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen auszugleichen, über einen Ausgleich zwischen den Ländern zu regeln. Deswegen fordern wir eine Vertikalisierung des Ausgleichs. Darüber können wir
uns unterhalten, aber das ist ein Element unseres Konzepts,
da ja auch niemand von Ihnen auf die Idee käme, den bayerischen kommunalen Finanzausgleich über eine andere Ebene als über die Zentrale in München laufen zu lassen.
Das heutige System des Länderfinanzausgleichs ist aus einem zweiten Grund bescheuert. Die Länder tragen nämlich die Kosten für die Steuerverwaltung, also für die Beschaffung der Einnahmen, der Großteil der zusätzlich erzielten Einnahmen fließt aber in das Ausgleichssystem. Das gilt sowohl für Geber- als auch für Nehmerländer. Ich betone das noch einmal, weil immer so getan wird, als gelte das für Bayern nicht. Ein Nehmerland erhält weniger Ausgleich, wenn es Zusatzeinnahmen hat, ein Geberland zahlt noch mehr ein. Geber- wie Nehmerländer müssen also − auch das ist eine Anforderung an die Reform − mehr von dem behalten können, was sie durch zusätzliche Anstrengungen ihrer Finanzverwaltung einnehmen.
Unstrittig ist also: Handlungsbedarf zur Reform des Länderfinanzausgleichs besteht. Darin sind wir uns ja einig. Dieser Handlungsbedarf besteht auch unabhängig davon − dies nur als Randbemerkung -, dass Bayern von der Forschungsförderung im Ländervergleich überdurchschnittlich profitiert und dass NRW als enges, sonnen- und windarmes Bundesland alleine durch die EEG-Umlage Verluste in Milliardenhöhe trägt, während Bayern diesbezüglich Profiteur ist. Ich will nur daran erinnern, dass der Länderfinanzausgleich lediglich einen Teil der gesamten Finanzverschiebungen zwischen den Ländern abbildet und Bayern bei anderen Dingen durchaus massiv profitiert. − Das nur als Versuch einer Aufklärung, bevor Sie sich wieder Ihrem Wehklagen und Ihrer Klage zuwenden − womit wir wieder beim Thema sind.
Zu fragen ist: Ist denn eine Klage sinnvoll, um die Änderungen zu erreichen, die wir durchführen müssen? Die gnadenlos populistische Antwort hat eben der Fraktionsvorsitzende der CSU gegeben. Sie lautet: Ja. Bayerisches Geld für bayerische Kinder, bayerische Bildung, mehr München, weniger "arm aber sexy" à la Wowereit; mia san mia; wir sind solidarisch, aber nicht blöd. − Das sind alles Slogans, die sich super für einen Wahlkampf eignen.
- Das ist Ihre unsinnige Selbsteinschätzung.
Weil Wahlkampf Ihre alleinige Triebfeder ist, Herr Kollege Schmid, habe ich auch wenig Hoffnung, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen auf der Rechten, deren großer Vorsitzender bereits in einem großen verbalen Fehlgriff die nächste Landtagswahl zur "Mutter aller Schlachten" ausgerufen hat, sachlichen Argumenten zugänglich sind. Aber vielleicht ist es jemand anderer.
Ich will es trotzdem mit sachlichen Argumenten gegen die Klage versuchen.
Erstens. Die Klage ist schädlich, weil sie Verhandlungen nicht befördert, sondern verhindert, weil alle wie das Kaninchen vor der Schlange darauf warten werden, was das Verfassungsgericht entscheidet.
Zweitens. Die Klage ist sinnlos, weil das Verfassungsgericht die Aufgabe zur Verhandlung an die Politik zurückgeben wird. Es wird Ihnen keine Arbeit abnehmen.
Drittens. Die Klage ist unredlich, weil die Staatsregierung gar keine vernünftige Konzeption hat und in den letzten Jahren auch hinsichtlich der Frage, was sie denn ändern sollte und wie der Finanzausgleich künftig aussehen könnte, keine hatte. Die Botschaft "Ich will weniger zahlen!" ist ja wohl keine ernsthafte Konstruktion.
Viertens ist die Klage riskant, weil die Gefahr besteht, dass die Kommunen stärker als bisher einbezogen werden. Das würde Bayern in einem hohen dreistelligen Millionenbetrag schaden. Dafür spricht übrigens nach den bisherigen Verlautbarungen des Bundesverfassungsgerichts einiges.
Mit Ihrer Klage, mit Ihrer Aktuellen Stunde und mit Ihrem Bekenntnisantrag, über den wir uns leider gleich auch noch unterhalten müssen, zeigen Sie nur eines: Ihnen geht es nicht um eine ernsthafte Neuregelung eines wichtigen Problems unseres Föderalstaats. Ihnen geht es allein um die Lufthoheit an den Stammtischen. Dafür sind Sie bereit, ein ziemlich mieses Spiel zu spielen, das der Rolle Bayerns als wesentlicher Teilstaat der Bundesrepublik Deutschland weder angemessen ist noch Bayern dauerhaft nutzen wird. − Vielen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über die Landesbank reden wir ein anderes Mal, Philipp, dann vielleicht auch ein wenig "fachmenschlicher", als Sie es gerade hier versucht haben.
Herr Söder hat sich neulich ein neues T-Shirt mit dem Aufdruck "Steuerfahndung SKS" geleistet. Das ergab ein schönes Bild, und er hat auch bei der Begründung dafür, dass er so ein schönes neues T-Shirt hat, natürlich nicht mit großen Worten gespart: Hintergrund sei die Gründung seiner spektakulären neuen Sonderkommission "Schwerer Steuerbetrug", und damit habe Bayern ihm jetzt ein richtiges Steuer-FBI zu verdanken. Ich will jetzt lieber nicht wissen, ob Herr Söder eigentlich eine Ahnung hat, welche Aufgaben das FBI als bundespolizeiliche Ermittlungsbehörde des USJustizministeriums hat; sie reichen von der Terrorismusbekämpfung bis zur Spionageabwehr. Unklar ist auch, was das seiner Auffassung nach mit seinen eigenen Aufgaben als Finanzminister zu tun hat. Wahrscheinlich hat er nur einen spannenden James-BondFilm gesehen und gedacht: Das ist klasse, das will ich auch. Allerdings ist ihm dabei mutmaßlich entgangen, dass das FBI einen Personalbestand von 50.000 Leuten hat. Spätestens da hätte er seine Show um die Steuerfahndung SKS eigentlich selbst als lächerlich empfinden müssen; denn sein persönliches SteuerFBI besteht aus gut 50 Leuten. Was noch viel besser ist: Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind alte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und überhaupt nicht neu.
Vielmehr wurde die seit 2002 bestehende Abteilung "Geldwäsche und organisierte Kriminalität" einfach in SKS umbenannt. Zu so viel Mut zum Blendwerk gehört schon ein beachtliches Stück Unverfrorenheit, Herr Söder.
Damit sind wir mitten im Thema, nämlich bei der tatsächlichen Situation der Steuerverwaltung in Bayern. Wie sieht es denn hinter der schönen Scheinfassade der neuen T-Shirts aus? Tatsache ist, dass das Fi
nanzministerium Halter eines einsamen Rekords bei den Beanstandungen durch den Bayerischen Obersten Rechnungshof ist, durch Bayerns unabhängigen Regierungs-TÜV. Bei den Anmerkungen des ORH geht es eigentlich immer nur um eines: Bayern hat in allen Bereichen der Steuerverwaltung viel zu wenig Personal. Bayern befindet sich bei praktisch allen Kennzahlen zur Personalausstattung im Deutschlandvergleich auf dem letzten Platz − nicht in der Champions League, ist nicht mal dem Abstieg entronnen wie Nürnberg. Nein, Söders Bayern ist Letzter, Letzter, Letzter, egal wohin man schaut. Und das, meine Lieben, ist kein Kavaliersdelikt, sondern belegt ein massives Versagen an der politischen Spitze des Ministeriums.
Ich nenne nur ein Beispiel: In der Umsatzsteuersonderprüfung müsste es in Bayern laut Bund-Länder-Arbeitsgruppe 446 Vollzeitkräfte geben. Es gibt 237 − also eine Unterbesetzung, die bald 50 % − 50 %! − erreicht. In der gesamten Steuerverwaltung fehlen viele, viele tausend Stellen. Aber diese Realität, Kollege Philipp von und zu Lerchenfeld, geht Sie offensichtlich nichts an, wie ich soeben Ihrem Redebeitrag entnehmen musste. Sie leben weiter in Ihrem Wolkenkuckucksheim, in der Vorstellung, der bayerischen Finanzverwaltung gehe es gut. Eine dramatische Unterbesetzung und Überalterung, das ist die bayerische Realität. Die Folgen dieser völlig unzureichenden Personalpolitik des Finanzministers muss Bayern sehr teuer mit einem Steuerausfall, der sich Jahr für Jahr auf bis zu einer Milliarde Euro summieren dürfte, bezahlen. Das ist kein Kavaliersdelikt. Wir müssen als Gesellschaft auch die gefährlichen Konsequenzen daraus tragen, müssen ertragen, dass damit die Steuergerechtigkeit auf der Strecke bleibt.
Mittelfristig ist das wiederum eine große Gefahr für die Steuerehrlichkeit und die Steuermoral aller bayerischen Bürgerinnen und Bürger. So schafft das CSU-geführte Ministerium den Nährboden für viele, die ihre Gelder am Fiskus vorbei auf ausländische Konten schleusen. Das ist nicht bloße Theorie: Ich weiß nicht, wer von Ihnen heute schon das Glück hatte, in der Zeitung zu lesen, dass Starbucks beispielsweise im Windschatten der unterbesetzten bayerischen Finanzverwaltung jährlich Millionengewinne ins Ausland transferiert.
Ohne Personal, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht nichts. Es geht aber auch nichts ohne politischen Willen − für einen guten und einheitlichen Steuervollzug in Deutschland, für Initiativen zur Steuerharmonisie
rung in Europa und das Austrocknen von Steueroasen, für die klare Ansage, dass kriminelle Steuerhinterziehung nicht durch ein Abkommen mit der Schweiz auch noch belohnt werden darf. Deshalb braucht Bayern einen Finanzminister, der seine Aufgaben und seine Arbeit ernst nimmt
und dem es eben nicht genug ist, wenn er auf Fotoshootings starke Sprüche und neue T-Shirts präsentiert. Wir stimmen dem Antrag der SPD deswegen zu, der genauso gut von den GRÜNEN, vom Bayerischen Obersten Rechnungshof oder von den steuerehrlichen Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land hätte geschrieben werden können. − Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Präsident. Wenn man zu wenig Leute hat, ist das Ergebnis pro Prüfer naturgemäß höher, als wenn man ausreichend Leute hat. Das ist trivial. Das ist kein Beleg Ihrer besonderen Klasse, sondern ein Beleg dafür, dass Sie zu wenig Personal haben. Nicht nur die Opposition, auch der ORH sagt, dass mehr Personal ein Vielfaches der Kosten für dieses Personal einspielen würde. Ich habe den Eindruck, Sie ignorieren die Einwände aller Fachleute, von der Opposition bis zum ORH, und glauben, dass sich nur Herr Dr. Söder auskennen würde.
Diese Nichtbesetzung der Stellen ist auch der Grund dafür, warum auf Bundesebene quer durch alle Fraktionen die Debatte um eine Bundessteuerverwaltung läuft. Sie haben das sehr schräg dargestellt. Kein Landespolitiker will das. Aber diese Debatte ist doch eine Reaktion darauf, dass die Länder ihrer Verantwortung für ausreichende Steuererhebungen nicht gerecht werden. Das ist wiederum ein Ergebnis der fehlenden Kongruenz zwischen denen, die für die Steuerverwaltung zahlen, und denen, die von den Einnahmen profitieren. Ich habe das bereits in der Aktuellen Stunde skizziert.
Eine letzte Bemerkung zu einem anderen Thema: Sie haben gesagt, Sie seien zu einem Fan für die Harmonisierung bzw. Angleichung der Steuern in Europa geworden. Das überrascht mich, weil Sie innerhalb Deutschlands der Einzige sind, der die Vorstellung eines Steuerwettbewerbs in Deutschland aufs Tapet gebracht hat. Das wäre genau das Gegenteil einer Harmonisierung. Wenn Sie aber Saulus-PaulusWandlungen haben, wäre ich sehr dankbar, wenn Sie sich auf europäischer Ebene über Bundesratsinitiativen dafür einsetzten. Ich warte auf die erste Bundesratsinitiative zu diesem Thema von Herrn Dr. Söder.