Protocol of the Session on April 7, 2011

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Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die 74. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Bevor ich in die Tagesordnung eintrete, möchte ich dem Kollegen Siegfried Schneider zu seinem heutigen halbrunden Geburtstag gratulieren. - Er wird es sicherlich mitgeteilt bekommen, wenn er hier eingetroffen ist. Ich wünsche ihm im Namen des gesamten Hauses und persönlich alles Gute und viel Erfolg in seiner parlamentarischen Arbeit, die er bald beendet, sowie in seinem neuen Amt, das er demnächst antritt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 14 auf:

Haushaltsplan 2011/2012; Einzelplan 06 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen

hierzu:

Änderungsantrag von Abgeordneten der SPD-Fraktion (Drs. 16/7138)

und

Änderungsantrag der Fraktion FREIE WÄHLER (Drs. 16/7148)

und

Änderungsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN (Drs. 16/7151)

Im Ältestenrat wurde für die Aussprache eine Gesamtredezeit von einer Stunde und dreißig Minuten vereinbart. Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 22 Minuten, auf die SPD-Fraktion 14 Minuten, auf die Fraktionen der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN jeweils 11 Minuten und auf die FDP-Fraktion 10 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich an der Redezeit der stärksten Fraktion. Die Landesregierung kann deshalb bis zu 22 Minuten sprechen, ohne dass sich dadurch die Redezeit der Fraktionen verlängert.

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat Graf von und zu Lerchenfeld das Wort. Bitte sehr, Herr Kollege.

Hohes Haus, sehr geehrter Herr Präsident, Herr Staatssekretär! Ich freue mich, dass das Interesse aller Kollegen auch am dritten Tag der Haushaltsdebatte immer

noch ungebrochen ist, wenngleich die Reihen noch etwas dünn besetzt sind.

(Heiterkeit)

Wir behandeln heute den Einzelplan 06 und damit einen typischen Verwaltungshaushalt, der vor allem durch Personalausgaben gekennzeichnet ist.

Ich möchte mich gleich zu Beginn beim Minister, beim Staatssekretär und bei den Mitarbeitern des Ministeriums ganz besonders herzlich dafür bedanken, dass sie bei der Aufstellung dieses Doppelhaushalts eine wirklich hervorragende Arbeit geleistet haben.

(Beifall bei der CSU)

Bei den Vorstellungen, die in den verschiedenen Ministerien geherrscht haben, und bei den Forderungen, die von allen Seiten gegenüber dem Finanzministerium erhoben wurden, war es sicherlich nicht leicht, einen Haushalt vorzulegen, der auf der einen Seite Schwerpunkte für die wichtigen Zukunftsaufgaben unseres Landes setzt, auf der anderen Seite aber auch wieder ohne neue Schulden auskommt.

Wie schon in den vergangenen Jahren schaffen wir es auch mit diesem Doppelhaushalt erneut, einen ausgeglichenen Haushalt zu beschließen. Dank einer vernünftigen, nachhaltigen Finanzpolitik in den Vorjahren konnten wir sogar in den beiden Krisenjahren, die wir hinter uns haben, einen ausgeglichenen Haushalt erreichen, weil wir in guten Jahren ausreichend Rücklagen aufgebaut haben. Genau das ist die Aufgabe, der wir uns jetzt, da uns die Konjunktur eventuell wieder etwas günstigere Steuereinnahmen beschert, wieder stellen müssen.

Es war und ist gerade die Stärke einer klugen Finanzpolitik in Bayern, dass wir in den Zeiten, in denen wir günstige Einnahmesituationen haben, Rücklagen für Krisenzeiten aufbauen. Die Haushaltspolitik in Bayern ist eben solide und nachhaltig.

Hohes Haus, verehrte Kolleginnen und Kollegen, natürlich können wir uns darüber freuen, dass das Wirtschaftswachstum in Bayern wieder erstarkt ist und wir wieder mit höheren Einnahmen des Staates rechnen können. Aber unsere Aufgabe muss es natürlich sein, uns für die kommenden Jahre zu wappnen. Denn auch wenn die Konjunktur derzeit durchaus erfreulich verläuft, so mehren sich doch die Anzeichen, dass die Katastrophe in Japan, die Krise im Nahen Osten und in den Staaten um das Mittelmeer tatsächlich Auswirkungen auch auf das Wirtschaftswachstum bei uns in Europa haben werden. Bedeutende Industriezweige melden bereits Lieferengpässe und Preissteigerungen bei fast allen Rohstoffen und Zuliefererteilen. Die

guten Konjunkturaussichten können sich sehr schnell wieder eintrüben, und damit kann auch wieder ein deutlicher Rückgang bei den Staatseinnahmen drohen.

Heute wird wahrscheinlich die EZB aufgrund der Inflationsgefahren, die uns drohen, den Zinssatz anheben. Auch das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass wir nicht unbedingt nur mit ganz klaren Konjunkturaussichten rechnen dürfen.

Wir haben uns in den Beratungen mit den Kollegen der Opposition durchaus interessante Redegefechte geliefert. Ich möchte mich bei den Ausschusskollegen vor allem für die sachliche Auseinandersetzung und konstruktive Zusammenarbeit ganz herzlich bedanken. Es herrschte ein Klima einer vernünftigen Auseinandersetzung. Ein herzlicher Dank geht an die Kollegen der Opposition und natürlich auch an die Kollegen der FDP.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Aufgrund der erfreulichen Einnahmesituation konnten wir noch einige Akzente im Doppelhaushalt setzen. Dazu zählt im Personalbereich die Rücknahme der geplanten Kürzung der Wegstreckenpauschale. Diese Kürzung hätte vor allem die Mitarbeiter der Finanzverwaltung im Außendienst getroffen, die als Prüfer letztlich dafür verantwortlich sind, die Einnahmen des Staates zu sichern. Ich habe mich sehr gefreut, dass sich die Bayerische Finanzgewerkschaft bei den Mitgliedern des Bayerischen Landtags für diese Maßnahme ausdrücklich bedankt hat.

Ebenso haben wir die Streichung der Jubiläumszuwendungen zurückgenommen und die Absenkung der Eingangsbesoldung auf nunmehr 18 Monate gekürzt.

Wir können natürlich nicht alle Wünsche und Vorstellungen erfüllen; denn dann würden wir uns sehr schnell in die gleiche Gefahr begeben, in der sich jetzt Nordrhein-Westfalen befindet. Die dortige Regierung zeigt nicht die geringsten Anzeichen von Haushaltsdisziplin und versucht sogar nach dem vernichtenden Urteil durch das Verfassungsgericht noch immer, einen Haushalt mit unglaublich hohen Schulden vorzulegen, weil sie sich einfach nicht traut, eine vernünftige Ausgabendisziplin einzuhalten.

(Beifall bei der CSU - Markus Rinderspacher (SPD): Schwarz-Gelb hatte in Nordrhein-Westfalen eine Neuverschuldung von 6 Milliarden!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich bedauere ich es, dass wir in Bayern nicht in der Lage sind, den Versorgungsfonds wieder in voller Höhe aufzufüllen. Aber das entsprechende Gesetz gibt uns die Möglich

keit, außer bei einer Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichts auch bei wichtigen Gründen auf die Zuführung zum Versorgungsfonds zu verzichten. Die Vermeidung neuer Schulden ist sicherlich Grund genug, in diesen beiden Jahren auf eine Zuführung zu verzichten; denn der Verfassungsgerichtshof in Nordrhein-Westfalen hat in seinem Urteil ausdrücklich festgestellt, dass die Zuführung zu Rücklagen bei gleichzeitiger Schuldenaufnahme nicht mit unseren Verfassungen übereinstimmt. Wir müssen uns natürlich darüber Gedanken machen, wie wir das in den nächsten Jahren entsprechend aufholen werden.

Sehr verehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen! Erfreulicherweise sind in der Finanzverwaltung derzeit 1.400 Anwärter und Anwärterinnen in der Ausbildung, und wir verstetigen die Zahl der Ausbildungen in diesem Doppelhaushalt. Pro Jahr werden circa 600 Anwärter und Anwärterinnen aufgenommen werden, damit auch eine vernünftige Personalentwicklung in der Finanzverwaltung stattfindet. Außerdem werden circa 180 Stellenhebungen vorgenommen werden, und damit wird Platz für notwendige Beförderungen geschaffen.

Von der Opposition wird in schöner Regelmäßigkeit der Vorwurf erhoben, wir hätten zu wenig Betriebsprüfer.

(Christa Naaß (SPD): Der stimmt!)

Dabei, verehrte Kolleginnen und Kollegen, übersehen Sie vollständig, dass wir in Bayern sämtliche Steuerfälle prüfen, sowohl maschinell wie auch durch entsprechend gutes Personal in unseren Finanzämtern. Das durchschnittliche Mehrergebnis unserer 3.000 Betriebsprüfer in Bayern liegt mit 2,3 Millionen Euro pro Prüfer um 150 % über dem Bundesdurchschnitt. Das ist natürlich dem Umstand zu verdanken,

(Zuruf von der SPD)

dass alle Großbetriebe und alle Steuerpflichtigen mit hohen Einkommen vollständig und zeitlich lückenlos geprüft werden. Bayern liegt damit an der Spitze der Mehrergebnisse der Betriebsprüfungen in Deutschland, und die einfache Rechnung, die Sie immer wieder aufmachen, dass wir nur mehr Prüfer einstellen sollen und dann erhöhe sich das entsprechende Einkommen linear, stimmt so nicht; das ist eine Milchmädchenrechnung, meine lieben Kolleginnen und Kollegen!

(Markus Rinderspacher (SPD): Sogar Ihr Finanzminister sagt, dass es so ist!)

Zu den guten Erfolgen unserer Prüfer trägt auch bei, dass wir in den vergangenen Jahren konsequent in die EDV-Ausstattung unserer Finanzämter investiert haben, wie wir das auch in diesem Doppelhaushalt wieder machen werden.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen und von hier aus allen Mitarbeitern in der Finanzverwaltung von ganzem Herzen für ihren Einsatz danken; denn unsere Finanzverwaltung ist sowohl auf dem Gebiet der Steuererhebung wie auch auf dem Gebiet der Weiterentwicklung unseres Steuersystems führend in Deutschland.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

In meinen Dank möchte ich auch alle Mitarbeiter des Hohen Hauses und alle Mitarbeiter der Ministerien, die uns bei den Ausschussberatungen unterstützt haben, ganz besonders herzlich einschließen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wenn man so alle Änderungsanträge, die Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, vorgelegt haben, zusammenzählt, dann müssten wir den Doppelhaushalt noch einmal verdoppeln.

(Christa Naaß (SPD): Das stimmt doch gar nicht! Alles gegenfinanziert!)

Es wird deutlich erkennbar, dass Sie nach dem Motto leben "Spare in der Not, dann hast du Zeit dazu!" und nicht nach unserem Motto in Bayern: "Spare in der Zeit, dann hast du in der Not!"

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zuruf des Ab- geordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Wir wollen auch mit diesem Doppelhaushalt wiederum nachweisen, dass wir eine nachhaltige Finanzpolitik betreiben

(Zuruf von den GRÜNEN: Aber die Einnahmesei- te!)