Hohes Haus, Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, Kollege Lerchenfeld, Herr Ministerpräsident, Herr Minister, Herr Staatssekretär! Kollege Lerchenfeld, es wird Sie nicht verwundern, dass wir das so nicht stehen lassen können, und wir haben das in den Haushaltsberatungen auch eindeutig aufgezeigt, insgesamt in den Beratungen zum Doppelhaushalts 2011/2012, aber auch speziell zu dem Einzelplan 06, zu dem Plan des Finanzministeriums.
Einseitig, ungerecht und unsozial - so sehen wir den Doppelhaushalt insgesamt, aber auch ganz speziell den Einzelplan 06, den des Finanzministeriums. Auszeichnungswürdig ist er wahrhaft nicht; einen Preis wird er ganz sicher nicht bekommen, weder der Doppelhaushalt und schon gar nicht der Einzelplan 06.
Und kommen Sie nicht mit Worten wie "Aufbruch Bayern" - das haben wir alles dargestellt, das wird auch heute noch mehrmals kommen: Es ist eher ein Abbruch Bayerns.
Sie sehen natürlich immer nur die Ausgabensituation, aber nicht, dass man nicht nur kürzen und streichen muss, sondern dass es auch eine Möglichkeit gibt, die Einnahmen zu verbessern. Hier müssten Sie auch entsprechend Mittel einsetzen, um der eigentlichen Aufgabe, der Einnahmesituation Rechnung zu tragen, auch nachkommen zu können.
Wir hören immer die Worte "intelligente Haushaltspolitik". Dahinter machen wir ein dickes Fragezeichen. Wir hören die Worte "stete Finanzpolitik" - auch hier ein dickes Fragezeichen. Da brauchen Sie sich nur den Haushalt anzuschauen. Wie ist es mit den Ausgaben/Einnahmen in 2011, speziell den Ausgaben in 2011? Für 2012 ist zum Verhältnis Ausgaben/Einnahmen noch nichts angedeutet. Verabschieden wir hier einen Doppelhaushalt für zwei Haushaltsjahre oder für einen einzigen Haushalt? - Der Haushaltsplan ist wirklich immer nur auf Interessens-, Klientelpolitik ausgerichtet, und zwar auch das, was Sie jetzt im Nachhinein an Verbesserungen auf den Tisch gelegt haben.
Und wieder kommen auch vom Kollegen Graf Lerchenfeld Worte wie "solide, nachhaltig, ohne Nettoneuverschuldung".
Ich frage mich nur und beantworten Sie mir doch ganz einfach die Frage: In welchen Haushaltsjahren - ganz konkret, Herr Kollege von und zu Lerchenfeld - haben die Staatseinnahmen die Staatsausgaben tatsächlich gedeckt? Wenn Sie mir diese Frage beantworten, dann können wir über die Frage diskutieren, ob Nettoneuverschuldung ja oder nein,
Die Steuerverwaltung ist am Rande der Funktionsfähigkeit, und dies haben nicht die Beschäftigten verschuldet. Ganz im Gegenteil, sie leisten hervorragende Arbeit,
was auch in unseren Anfragen immer wieder bestätigt wird. Die Beschäftigten gerade in der Finanzverwaltung leisten hervorragende Arbeit. Sie arbeiten bis zum Anschlag. Schauen Sie sich an, wie dort die Krankheitsquote aussieht etc. etc., welche Arbeit dort geleistet wird! Wir waren als Arbeitskreis Haushalt der SPD-Landtagsfraktion zu vielen Finanzämtern in Bayern unterwegs, und uns wurde überall immer wieder die gleiche Situation dargestellt: Wir haben nicht ausreichend Personal, gerade in der Steuerverwaltung auf Landesebene, aber auch in den Finanzämtern, um überhaupt die Einnahmeseite entsprechend zu verbessern, und dies geht zulasten unserer Beschäftigten.
Haben Sie schon einmal etwas gehört von der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers den Beschäftigten gegenüber oder auch dem Anrecht von Bürgerinnen und Bürgern, von Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern auf Steuergerechtigkeit? Solche Worte sind Ihnen wohl fremd. Ihnen geht es nicht darum, die Einnahmesituation zu verbessern. Sie werben sogar damit, dass es im Freistaat Bayern keine Steuergerechtigkeit gibt. Mit den Prüfungsabschnitten von Unternehmen und selbstständigen Betrieben werben Sie. Von Steuergerechtigkeit gibt es hier wahrhaft keine Spur.
gaben, also über 1,4 Milliarden Euro, sind im Personalsektor zu finden. Aber dem ist nicht so. In diesem Haushalt steckt, wie ich das schon kurz angedeutet habe, zumindest aus unserer Sicht sehr viel Explosionskraft.
Ich nenne ganz bewusst noch einmal die Steuergerechtigkeit. Diese ist für uns das A und das O. Solange wir das Potenzial des Geldes, das wir einnehmen könnten, nicht ausschöpfen, brauchen wir uns als Opposition nicht die Argumente anzuhören, dass kein Geld da sei und sich der Staat nicht in die Verschuldung stürzen dürfe. Kommen Sie erst einmal Ihren eigentlichen Aufgaben nach und sorgen Sie für eine bessere Einnahmesituation.
Fragen Sie doch einmal die Kommunalpolitikerinnen und die Kommunalpolitiker im Land. Viele Kolleginnen und Kollegen dieses Hauses sind in den Kommunen tätig. Fragen Sie einmal, was passiert, wenn bei der Bayerischen Staatsregierung Zuschüsse beantragt werden, um vor Ort Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Diese Anträge betreffen meistens das Finanzministerium. Dann wird erst einmal bei den Kommunen geprüft, ob sie alle Einnahmequellen ausgeschöpft haben. Vorher erhalten sie keine Förderung und keine Bezuschussung. Es wird geprüft, ob alle Kommunen ihre Straßenausbaubeitragssatzung umgesetzt und ihr Potenzial bei den Steuerhebesätzen ausgeschöpft haben.
Viele Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sowie die Vertreter des Gemeindetages, des Landkreistages und des Städtetages werden das bestätigen. So ist es. Herr Kollege Miller, Sie wissen das auch. Erst wird geprüft, ob die Kommunen ihr Einnahmepotenzial ausgeschöpft haben.
Wenn Sie das von den Kommunen erwarten, dann gehen Sie doch mit gutem Beispiel voran. Wir können von den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern in Bayern nicht erwarten, dass sie Vorgaben erfüllen, um Zuschüsse und Förderungen zu bekommen, während wir in diesem Hause das Einnahmepotenzial für den Freistaat Bayern nicht ausschöpfen.
Ich werde Ihnen das jetzt eindeutig aufzeigen. Wie sieht es in Bayern aus? Wir haben kein Ausgabenproblem, sondern ein Einnahmenproblem. Wie sieht es mit den aktuellen Belastungen des Staatshaushalts durch CSU und FDP aus? Diese betreffen ganz spezi
ell den Einzelplan 06. Unser Fraktionsvorsitzender Markus Rinderspacher hat darauf beim Auftakt dieser Haushaltsberatungen bereits hingewiesen. Sie haben nicht für mehr Steuereinnahmen in Bayern gesorgt, sondern für das Gegenteil. Die Zinszahlungen für die Kapitalmaßnahmen der BayernLB belaufen sich auf 305 Millionen Euro. Das sind nur Zinszahlungen. Das muss man sich einmal überlegen. Insgesamt geht es um 10 Milliarden Euro. Sie sagen zwar, dass der Freistaat keine neuen Schulden aufnimmt; über Nacht mussten Sie aber 10 Milliarden Euro mehr Schulden aufnehmen und haben damit unseren Schuldenstand um ein Drittel erhöht. Diese Zinsausgaben sind verantwortungslos. Diese Politik hat ausschließlich die CSU, haben ausschließlich die Kolleginnen und Kollegen auf der rechten Seite dieses Hohen Hauses zu verantworten.
Nennen Sie einmal den Bürgerinnen und Bürgern draußen diese Zinszahlungen. 10 Milliarden Euro das klingt immer so, als wenn das keine große Summe wäre. Man muss sich diese Zinszahlungen einmal ansehen und auf der anderen Seite unsere Haushaltsanträge, die Sie alle durch die Bank abgelehnt haben. Mit diesen Haushaltsanträgen wollten wir eine bessere Bildungspolitik und eine sozial gerechtere Politik in diesem Lande erreichen sowie eine gute Finanzausstattung unserer Kommunen. Sie haben all diese Anträge, egal zu welchem Thema, abgelehnt und gesagt, dafür sei kein Geld da. Sie sind aber dafür verantwortlich, dass wir in jedem Jahr einen Millionenbetrag an Zinsen zahlen. Dafür haben weder wir noch die Bürgerinnen und Bürger draußen im Lande Verständnis.
Für den Ersatz der Zinsen und Dividenden für die Fonds der "Offensive Zukunft Bayern" wurden 29 Millionen Euro veranschlagt. Die Steuermindereinnahmen für den Freistaat Bayern durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz liegen bei 360 Millionen Euro. Bei den bayerischen Kommunen liegen die Steuermindereinnahmen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz bei 126 Millionen Euro. Die Belastung beläuft sich allein für das Jahr 2010 auf 820 Millionen Euro. Sie sagen, es sei kein Geld da, betreiben aber auf Bundes- und Landesebene eine Politik, die dazu führt, dass Sie Anträge ablehnen müssen, die unserem Land gut tun würden. Diese Anträge wären gut für unsere Kinder und ihre Ausbildung, für viele Familien, für die Alleinstehenden und damit für unsere Zukunft.
Sie sagen immer wieder, die Opposition habe nur Forderungen gestellt. Herr Kollege Graf von und zu Lerchenfeld hat sogar gesagt, dass in der Folge der Doppelhaushalt verdoppelt werden müsste. Das ist eine Unverschämtheit. Wir haben Ihnen unsere Argumente mehrfach dargelegt. Sie wollen sie nicht hören, sondern ignorieren sie einfach. Ich habe mehrfach die Vorschläge dargestellt, die die SPD eingebracht hat. Wir wollen Kürzungen bei Maßnahmen, die unserer Meinung nach nicht notwendig sind. Wir wollen eine Reduzierung der Ausstattung von Herrn Dr. Stoibers und Herrn Dr. Becksteins "Staatskanzlei", die Streichung der Nebenstaatskanzlei Zeil und die Privatisierung der Eon-Beteiligungen. Diesen Vorschlag haben Sie aufgegriffen, und ihn sich an Ihre Fahne geheftet. Wir haben die Streichung des Landeserziehungsgeldes vorgeschlagen. Wir haben die Rückforderung des zinslosen Darlehens an die Flughafen München GmbH gefordert. Wir haben eine lange Liste von Maßnahmen, die wir gestrichen oder bei denen wir Kürzungen vorgenommen hätten, um mit dem eingesparten Geld unsere Schwerpunkte zu realisieren.
Wahrscheinlich werden Sie heute wieder unseren Antrag ablehnen, zusätzliche Steuerfahnder und Betriebsprüfer einzustellen. Davon gehe ich aus. Sehen wir uns einmal die Situation an: Bayern ist nicht vorne. Bayern ist nicht Spitze. Bayern ist nicht die Nummer eins. Nicht nur die Finanzgewerkschaft, sondern auch der Oberste Rechnungshof bestätigt, dass Bayern beim Steuervollzug nicht vorne liegt, sondern das Schlusslicht ist. Beim Personal, das Einkommen- bzw. Körperschaftssteuerfälle zu bearbeiten hat, liegen wir im Vergleich mit allen Bundesländern auf dem 16. Platz.
Bezüglich des Personalstandes der Betriebsprüfer liegen wir auf dem elften Platz. Wir sind in vielen Bereichen des Steuervollzugs und bei der Steuergerechtigkeit im Vergleich zu allen anderen Bundesländern in Deutschland das Schlusslicht. Beim Personal für die Umsatzsteuersonderprüfung bei Unternehmen belegen wir den 15. Platz. Auch hier sind wir das Schlusslicht. Hinsichtlich des Personalbedarfs im Vergleich zur Ist-Besetzung bei der Steuerprüfung belegen wir den 16. Platz. Das ist auch wieder der letzte Platz. Alle anderen Bundesländer leisten sich nicht diesen Luxus, wichtige Einnahmequellen durch die Steuerfahndung oder Betriebsprüfungen in den Sand zu setzen oder diese nicht in Anspruch zu nehmen.
Wir fordern deshalb 500 zusätzliche Stellen für die Steuerprüfung, für die Betriebsprüfung und für die Umsatzsteuersonderprüfung. Wir haben diese klaren Forderungen dargestellt. Kommen Sie jetzt nicht mit
dem Finanzausgleich. Wir haben nämlich ebenfalls dargestellt, welche Mittel des Finanzausgleichs trotzdem in Bayern blieben. Wir haben Ihnen das immer wieder vorgerechnet, und wir sind nicht allein. Auch eine Finanzgewerkschaft und ein Oberster Rechnungshof haben Ihnen das vorgerechnet. Sie wissen ganz genau, dass wir pro Jahr die Möglichkeit hätten, eine Milliarde Euro mehr einzunehmen. Sie wollen diese Möglichkeit jedoch nicht ausschöpfen.
Es gäbe eine ganze Reihe von weiteren Beispielen. Ich möchte nur auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Ankauf von Steuer-CDs verweisen. Auch diese Möglichkeit wurde in Bayern völlig vernachlässigt. Wir haben ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Wir schonen die Ganoven aber noch. Der kleine Steuerzahler und die kleine Steuerzahlerin müssen ihre Steuern pünktlich bezahlen. Sie führen diese Menschen an der Nase herum. Die Steuerkriminalität ist für Sie ein Kavaliersdelikt. Die CSU macht sogar den Weg für derartige Delikte frei. Sie lassen die Ganoven davonkommen, und hinterher wollen Sie den Menschen weis machen, dass für zusätzliche Lehrer, die Reparatur von Straßen oder für die Unterstützung der Kommunen kein Geld da sei. Diesen Haushalt tragen wir nicht mit, er ist verantwortungslos, er ist nicht ehrlich, er ist nicht solide, er ist nicht nachhaltig. Klare Ablehnung vonseiten der SPD-Landtagsfraktion.
Frau Kollegin Biedefeld, Herr Kollege Rinderspacher hat sich für eine Zwischenfrage oder eine Zwischenbemerkung gemeldet. Eine Zwischenfrage geht nicht mehr, weil die Redezeit zu Ende ist. Ich deute es deshalb in Ihrem Sinne als Zwischenbemerkung um, damit Sie zu Wort kommen. Bitte schön, Herr Rinderspacher.
Vielen Dank, Herr Präsident. Frau Kollegin Biedefeld, vielen Dank, dass Sie noch einmal ausgeführt haben, welche Vorschläge tatsächlich existieren, um die Einnahmesituation in Bayern zu verbessern. Wir alle waren heute überrascht, dass ausgerechnet die FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger den Vorschlag gemacht hat, das Steuerprivileg für die Hoteliers zurückzunehmen. Wir erinnern uns, die schwarz-gelbe Koalition im Bund sagte, man müsse für die Hoteliers Verbesserungen herbeiführen mit der Folge, dass seit der Einführung dieses Steuerprivilegs bis zum Ende des Jahres 2012 im Haushalt des Freistaats Bayern und bei den Kommunen insgesamt 180 Millionen Euro fehlen. Nun sagt ausgerechnet die FDP-Vorsitzende: Dieses Steuergeschenk müssen
wir zurücknehmen; in Zeiten einer schwierigen Haushaltslage sei es nicht wirklich darstellbar, und im Übrigen entspreche es nicht einer soliden Steuersystematik. Für wie glaubhaft halten Sie diesen Vorschlag? Halten Sie es tatsächlich für denkbar, dass SchwarzGelb in diesem Hohen Hause dem Vorschlag der FDP-Landesvorsitzenden folgt und dieses Steuerprivileg für die Hoteliers zurücknimmt?