Protocol of the Session on April 2, 2009

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Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich heiße Sie alle zur frühen Morgenstunde herzlich willkommen. Diejenigen, die da sind, haben einen besonders freundlichen Gruß verdient.

(Heiterkeit)

Ich eröffne die 18. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde erteilt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Haushaltsplan 2009/2010; Einzelplan 06 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen

hierzu:

Änderungsantrag von Abgeordneten der SPD-Fraktion (Drs. 16/297)

und

Änderungsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN (Drs. 16/315)

Im Ältestenrat wurde für die Aussprache eine Gesamtredezeit von 1 Stunde und 30 Minuten vereinbart. Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 22 Minuten, auf die SPD-Fraktion 14 Minuten, auf die Fraktionen der Freien Wähler und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN jeweils 11 Minuten und auf die FDP-Fraktion 10 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich an der Redezeit der stärksten Fraktion; sie kann deshalb bis zu 22 Minuten sprechen, ohne dass sich dadurch die Redezeiten der Fraktionen verlängern.

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner das Wort Philipp Graf von und zu Lerchenfeld.

Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank für die freundliche Begrüßung zu dieser frühen Stunde. Es freut mich ganz besonders, dass ich heute zum Einzelplan 06 sprechen darf, wenn meine Stimme auch etwas angeschlagen ist. Das ist nicht auf eine lange Nacht, sondern auf eine Erkältung zurückzuführen.

Herr Präsident, Hohes Haus, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute beraten wir den Einzelplan 06 des Finanzministeriums, dem seit jeher ein besonderes Interesse gilt, hat doch dieser Haushalt beispielgebende Funktion.

Der Einzelplan 06 ist ein klassischer Verwaltungshaushalt. Er wird im Wesentlichen von Personalausgaben dominiert. Schwerpunkte sind dabei die Verbesserung der Personalausstattung und die Schaffung zusätzlicher Beförderungsmöglichkeiten sowie zusätzliche Mittel für die EDV-Ausstattung unserer Finanzverwaltung.

Der Personaleinsatz muss effizient und sehr zielgenau erfolgen. Der Ausbau moderner Techniken in der öffentlichen Verwaltung ist deshalb unverzichtbar. Ich werde darauf im Einzelnen noch kurz zu sprechen kommen.

Aber bevor ich zum eigentlichen Einzelplan 06 komme, möchte ich gern eine Vorbemerkung zum Gesamthaushalt aus der Sicht des Haushälters machen. Der Doppelhaushalt 2009/2010 ist gekennzeichnet von einer massiven Stellenausweitung in fast allen Bereichen. Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass mir das als Haushälter Sorge bereitet. Dieser Stellenausbau ist Ausdruck des politischen Willens unserer Koalition und kommt dabei sicherlich auch zumindest teilweise den Vorstellungen der Opposition entgegen.

Ich sehe aber die Ausweitung des Personals im öffentlichen Dienst mit deutlich gemischten Gefühlen. Seit den Siebzigerjahren wurde kein so großer Ausbau der Stellen im öffentlichen Dienst mehr vorgenommen. Allein die fast 2.300 Stellen im Bildungsbereich sind ein ungeheurer Kraftakt für diesen Haushalt, hinter dem leider viele andere Dinge zurückstehen müssen.

Diese Investition in Köpfe und Bildung ist notwendig und richtig. Wir müssen uns aber dessen bewusst sein, dass wir uns auf diese Art und Weise Kosten auch für die Zukunft aufbürden. Wir erreichen hoffentlich eine hohe Qualität im Bildungswesen und reagieren auf die Probleme der Gegenwart richtig, müssen aber auch die Zukunft ins Kalkül ziehen. Ich hoffe deshalb, dass wir oder unsere Nachfolger im Hohen Hause in den nächsten Jahren die Kraft aufbringen werden, der demografischen Entwicklung gerecht zu werden und diesen großen Stellenaufbau, den wir in den letzten Jahren und besonders in diesem Doppelhaushalt vorgenommen haben,

(Christa Naaß (SPD): Was ist denn da in den letzten Jahren geschehen?)

auch der Entwicklung der Zukunft anpassen werden. Die Lasten, die wir uns und unseren Nachfolgern mit diesen vielen neuen Stellen aufbürden, werden uns sicherlich in anderen Bereichen noch Schwierigkeiten bereiten.

Lassen Sie mich nun auf ein paar Punkte auf der Einnahmenseite des Einzelplanes 06 eingehen. Erfreulicherweise kann das Einnahmesoll bei der Schlösser

verwaltung deutlich gesteigert werden; die Pachteinnahmen erhöhen sich hier. Das zum Bayerischen Landesamt für Steuern gehörende Rechenzentrum Nord erbringt Leistungen für verschiedene Bereiche der Staatsverwaltung, insbesondere natürlich für die Finanzämter. Bei der Inanspruchnahme von diesen Dienstleistungen soll künftig das Verursacherprinzip gelten, wonach die Verwaltung, die Dienstleistungen eines Rechnungswesens in Anspruch nimmt, grundsätzlich auch die Kosten dafür tragen muss. Damit wird eine bedarfsgerechte, wirtschaftliche und sparsame Inanspruchnahme von Dienstleistungen sicherlich gefördert werden. Die Umsetzung dieses Ziels erfolgt im Rahmen des von der Staatsregierung beschlossenen Verrechnungskonzepts durch haushaltstechnische Verrechnungen. Es handelt sich dabei allerdings um reine interne Rechnungen, also nur um buchungstechnische Abwicklungen, durch die dem Staatshaushalt keine Belastungen zusätzlich entstehen.

Im Rahmen des Projektes KONSENS - das heißt "Koordinierte neue Softwareentwicklung der Steuerverwaltung" - werden bestimmte Ausgaben im Rahmen der Kostenverteilung auch von anderen Bundesländern getragen. Die Einnahmen aus diesen Erstattungen steigen in den kommenden Jahren auf 8,4 Millionen bzw. 10,6 Millionen aufgrund der Übernahme größerer Projekte durch das Land Bayern an. Im gleichen Umfang müssen natürlich die EDV-Ausgaben der Steuerverwaltung erhöht werden.

Bei der Ausgabenseite des Einzelplans 06 ist festzustellen, dass der Anstieg etwa dem des Gesamthaushaltes entspricht. Wir werden eine Steigerungsrate von 5,4 Millionen im Jahr 2009 und von 2,6 Millionen im Jahr 2010 vor dem Hintergrund des bereinigten durchschnittlichen Zuwachses verzeichnen. Die Mehrausgaben des Einzelplanes sind im Wesentlichen durch Personalausgaben verursacht, die einschließlich der Versorgungs- und Beihilfeausgaben, wie eingangs bereits erwähnt, fast 79 % der Gesamtausgaben dieses Einzelplans ausmachen. Es wird dabei deutlich, dass sich gerade bei diesen Verwaltungshaushalten die personalintensive Struktur im besonderen Maße auswirkt.

Für die Finanzämter ist eine wesentliche Verbesserung der Personalausstattung geplant. 500 neue Stellen sind für diesen Bereich vorgesehen, die bereits im Jahr 2009 von A 7 bis A 14 durchgeschlüsselt sind. 2010 sind Anwärterstellen mit Haushaltsvermerk zur Umwandlung in Planstellen nach Abschluss der Ausbildung vorgesehen. Damit sollen insbesondere die Außendienste, aber auch diejenigen Arbeitsbereiche im Innendienst, bei denen die Aufgaben in den letzten Jahren besonders kräftig zugenommen haben, verstärkt werden. Daneben wurden beim Landesamt für Finanzen durch die Umwandlung von Personalmitteln insgesamt 17 zu

sätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen. Hier soll insbesondere der Bereich der Dienstleistungen gestärkt werden.

Zur Verbesserung der Beförderungssituation enthält der vorliegende Haushaltsplan der Staatsregierung insgesamt 1.710 Hebungen. Durch die im Haushaltsentwurf des Einzelplans vorgesehenen Hebungen und Beförderungsmöglichkeiten aus neuen Stellen ergeben sich insgesamt 2.330 zusätzliche Beförderungsmöglichkeiten, davon alleine 1.681 im Bereich der Finanzämter.

Zusammen mit den Maßnahmen der letzten vier Doppelhaushalte wurden und werden damit innerhalb von 10 Jahren - seit 2001/02 - 5.827 zusätzliche Beförderungsmöglichkeiten in der Steuerverwaltung geschaffen. Kolleginnen und Kollegen, die Petitionen, die im Haushaltsausschuss vorgelegt wurden, zeigen, dass wir in den nächsten Jahren noch einiges zulegen müssen; denn die Beförderungsmöglichkeiten sind in manchen Bereichen wirklich als schwierig zu beurteilen.

Bauunterhaltsmittel wurden bereits im Nachtragshaushalt 2008 in allen Einzelplänen um 10 % erhöht. Im Jahr 2009 wurde in allen Ressorts wiederum eine generelle Erhöhung um 10 % veranschlagt, um dem Reparaturbedarf angemessen nachzukommen.

Das Hauptaugenmerk der Sach- und Investitionsausgaben liegt für die beiden Jahre auf den EDV-Ausgaben. Hier sind sowohl Ausgaben für das Rechenzentrum Nord als auch für das eGovernment deutlich erhöht worden. Wir werden von den anderen Ländern, wie bereits gesagt, davon einiges erstattet erhalten. Auch nach Berücksichtigung dieses Umstandes verbleibt eine deutlich überproportionale Erhöhung der EDV-Ausgaben um fast 18 %. Die Schwerpunkte liegen, wie gesagt, bei der Steuerverwaltung und bei eGovernment-Projekten verschiedener Dienststellen im Einzelplan 06.

Die im Jahressteuergesetz 2009 vorgesehene Zuständigkeit zur Veranlagung beschränkt steuerpflichtiger Rentner soll zentralisiert werden. Diese Aufgabe wird im Interesse der Wirtschaftlichkeit auf der Basis eines Verwaltungsabkommens zentral vom Finanzamt Neubrandenburg in Mecklenburg-Vorpommern abgewickelt. Zur Finanzierung der hierfür anfallenden Kosten wurden im bayerischen Staatshaushalt 0,9 Millionen Euro im Jahr 2009 und 2,8 Millionen Euro im Jahr 2010 veranschlagt.

Lassen Sie mich zu guter Letzt noch kurz einen Blick auf die vom Land Bayern zu erbringenden Entschädigungsleistungen im Rahmen der Wiedergutmachung werfen. Unter Berücksichtigung der bei den Einnahmen veranlagten Erstattung des Bundes ist insgesamt eine

weiter rückläufige Tendenz der Landesbelastungen festzustellen. Der Ausgabenanstieg im Jahr 2009 resultiert aus einer Erhöhung der Entschädigungsrenten zum 1. Juli 2008 um insgesamt 7,8 %. Hier ergibt sich eine Erhöhung der Landesbelastung um 2,6 Millionen Euro 2009 und im Jahr 2010 ein Rückgang um 3 Millionen Euro.

Abschließend möchte ich mich ganz besonders herzlich bei unserem Finanzminister, bei unserem Finanzstaatssekretär und bei allen Mitarbeitern im Ministerium bedanken. In einer wirklich sehr schwierigen Zeit haben sie einen Gesamthaushalt aufgestellt, der einerseits den Notwendigkeiten der konjunkturellen Krise Rechnung trägt und andererseits die besonderen Bedürfnisse eines ausgeglichenen Haushalts widerspiegelt. Bayern ist zum Vorbild für alle anderen Bundesländer geworden. Die Verhandlungen im Rahmen der Föderalismusreform über die Finanzen der Länder und des Bundes mit einer Begrenzung der Schuldenaufnahme sind erfolgreich abgeschlossen worden. Auch hierfür möchte ich unserem Finanzministerium ganz besonders herzlich danken.

Mein Dank gilt aber auch der Opposition, die in den Verhandlungen, zumindest in unserem Ausschuss, mit großem Sachverstand und viel Verständnis für die Probleme diskutiert hat. Mein besonderer Respekt gilt dabei der stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses, der hoch ehrenwerten Kollegin Rupp,

(Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN und Ab- geordneten der SPD)

die sich ebenso wie die anderen Kollegen der Opposition in die verschiedenen Sachverhalte hervorragend eingearbeitet hat. Die Diskussionen in unserem Ausschuss waren nicht nur von gegenseitigem Respekt geprägt, sondern auch von dem Bemühen, das Beste für unser Land und seine Bürger zu erreichen. Im Gegensatz zu manchen Diskussionen, die ich in den letzten zwei Tagen hier im Hohen Hause erleben durfte, kann ich feststellen, dass die Kollegen im Haushaltsausschuss ihre wichtige Aufgabe immer ernst nehmen, fachlich gut vorbereitet sind und dass vor allem in der Sache ehrlich diskutiert wird und nicht billige Polemik im Vordergrund steht.

Ich möchte mich bei allen Kollegen in unserem Ausschuss sehr herzlich für die gute Atmosphäre und die sachlichen Auseinandersetzungen bedanken. Ich bitte Sie, dem Einzelplan 06 in der vorliegenden Fassung zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Graf Lerchenfeld, ich danke Ihnen für diesen stilbildenden Beitrag.

(Allgemeine Heiterkeit)

Bevor ich in der Tagesordnung fortfahre, möchte ich noch einen Glückwunsch aussprechen. Heute feiert Kollege Peter Winter einen halbrunden Geburtstag. Ich wünsche ihm im Namen des gesamten Hauses und persönlich alles Gute und viel Erfolg für seine parlamentarischen Aufgaben.

(Allgemeiner lebhafter Beifall)

Wir kommen jetzt zum nächsten Redner. Herr Florian Ritter, Sie haben das Wort, bitte schön.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Du bist zwar kein Graf, aber ein Ritter!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch ich möchte mich zu Beginn meiner Ausführungen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowohl des Landtagsamtes als auch des Finanzministeriums recht herzlich bedanken. Wir haben in den letzten Wochen wirklich eine Vielzahl von Änderungsanträgen und Nachschublisten behandelt. Ich finde es außerordentlich bemerkenswert, mit welcher Geduld die Mitarbeiter tatsächlich mit uns umgegangen sind.

Herr Finanzminister Fahrenschon, auch Sie wollte ich fast schon loben, allerdings nicht wegen des Haushalts und der Einzelpläne, die Sie eingebracht haben; daran haben wir ja in diesem Hause unsere Kritik schon formuliert, ob es dabei um Bildung ging, um Hochschule, im Inneres oder um Landwirtschaft. Eigentlich wollte ich Sie wegen Ihrer Einbringungsrede loben. Darin haben Sie nämlich sehr schön erklärt, wie man in der jetzigen Situation reagieren sollte: in schwierigen Zeiten investieren, in guten konsolidieren und dabei die Einnahmen des Staates nicht aus den Augen verlieren. Aber leider wurde dieser Grundsatz, das muss man feststellen, im Haushalt so nicht umgesetzt.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben bei der Verteilung der Bundesgelder durch die Nachschublisten einiges aus unserem Programm "Bayerischer Rettungsschirm für Arbeitsplätze" abgeschrieben. Das zeigt, dass wir die richtigen Ideen hatten und dass die Koalition offensichtlich über keine Ideen verfügt. Die Koalition hat jede eigene Anstrengung, jedes eigene Bemühen vermieden, in der bayerischen Wirtschaft die nötigen Impulse zu setzen. Herr Wirtschaftsminister Zeil hat gestern Ihre durchaus bemerkenswerte Einbringungsrede als reine Sonntagsrede

dastehen lassen. Er hat klargestellt, nach welchem Prinzip hier verfahren wird. Das war schon sehr aufschlussreich. Zuerst werden die, die verantwortlich handeln, angepöbelt und zwar - Zitat-: "… in einer Zeit, in der überall Pakete in Milliardenhöhe geschnürt werden, als seien die Quellen des Staates unerschöpflich". Die anderen sind also wieder die Ahnungs- und Verantwortungslosen.