Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

Herr Kollege Winter, auch ich wünsche Ihnen alles Gute zu Ihrem heutigen Geburtstag; vielleicht können wir das alles mehr in einen Diskussionsprozess überleiten.

Die anderen sind also wieder ahnungs- und verantwortungslos. Die Hand wird aber trotzdem aufgehalten für die heruntergekommenen Staatsstraßen, für die kaputt gesparten staatlichen Gebäude und für den abgewirtschafteten Fuhrpark der Bayerischen Polizei. Was für eine Doppelmoral, meine Damen und Herren, was für eine Doppelmoral!

(Beifall bei der SPD)

Herr Zeil sagte weiter: "Ich muss daran erinnern, dass für alles, was der Staat jetzt ausgibt, eines Tages uns und unseren Kindern die Rechnung präsentiert wird." - Das klingt durchaus logisch, aber für das, was Sie heute nicht tun, wird die Rechnung noch deutlich höher sein.

(Beifall bei der SPD)

Jedes Unternehmen weniger, jeder verlorene Arbeitsplatz in Bayern ist eine schwere Hypothek für die Zukunft der betroffenen Regionen und der Menschen. Hier stehlen Sie sich aus der Verantwortung. Völlig aberwitzig wird die gesamte Haushaltslogik der Koalition aber erst mit dem Satz: "Natürlich haben wir uns vom Bund viel stärkere Impulse für die privaten Investitionen gewünscht, vor allem durch das Vorziehen von Steuerentlastungen." Das hat jetzt aber alles überhaupt nichts mehr mit dem zu tun, was der Finanzminister in seiner Einbringungsrede hier gesagt hat.

Zusammengefasst heißt das Ganze nämlich: Wir nehmen doch keine Schulden auf für die Absicherung der bayerischen Wirtschaft, das wäre völlig verantwortungslos. Soll das doch der Bund machen, soll doch der die Schulden aufnehmen und damit angeblich verantwortungslos handeln. Gebt uns bitte sofort das Geld rüber, damit wir uns hier in das rechte Licht rücken können.

(Beifall bei der SPD)

Außerdem ist es uns als Bayerischer Staatsregierung natürlich völlig egal, ob sich der Bund jemals konsolidieren kann. Darum reduziert gefälligst eure Einnah

men, egal, ob ihr eure Schulden, die ihr jetzt auch für Bayern aufnehmt, jemals zurückzahlen könnt.

Der Wirtschaftsminister sagt, das sei die Geisteshaltung des Mittelstandes. Man ist fast versucht, ein Wortspiel zu machen und zu sagen: Mittelmaß ist auch eine Geisteshaltung,

(Zuruf des Abgeordneten Eduard Nöth (CSU))

wenn es denn tatsächlich Mittelmaß wäre. Aber das, was Sie gestern hier abgeliefert haben, ist tatsächlich eher unterirdisch. Diejenigen, die verantwortlich handeln, sollen sich wie Hasardeure verhalten, damit die, die nicht handeln, den größtmöglichen Nutzen für sich herausschlagen können. Das ist am Ende dieselbe Haltung, die jene hatten, die Subprime-Papiere ahnungslosen Sparern angedreht haben.

Stellt man die Aussagen der Minister Fahrenschon und Zeil einander gegenüber und betrachtet die Realität des vorliegenden Haushalts, stellt sich die Frage, ob der Finanzminister überhaupt noch Herr seines Ressorts und der Aufgaben ist, die er als Koordinator des Haushalts zu erledigen hat.

Kolleginnen und Kollegen, gestern ist hier immer wieder versucht worden, Behauptungen in die Welt zu setzen, die völlig an der Realität vorbeigehen. Die SPD habe keine Konzepte. Da reden die Richtigen!

(Beifall bei der SPD)

In schlechten Zeiten investieren, in guten konsolidieren und dabei die Einnahmenseite nicht aus dem Auge verlieren - das haben Sie, Herr Minister Fahrenschon, in Ihrer Einbringungsrede hier vorgetragen. Das ist die Konzeption der Sozialdemokratie, das ist auch die Grundlage für das Konjunkturpaket II, das auch ein Kind der SPD ist und das 1,4 Milliarden Euro in den bayerischen Staatshaushalt spült.

(Beifall bei der SPD)

1,4 Milliarden, die Sie gerade mal mit 100 Millionen Euro aus eigenen Mitteln aufstocken und mit denen Investitionen vorgenommen werden, die Sie in den letzten Jahren vor sich hergeschoben haben, unabhängig davon, wie notwendig sie gewesen wären.

(Harald Güller (SPD): Aber zuerst noch Bundesgeld den Kommunen klauen!)

- Ja, genau. Wir haben Vorschläge mit einem Volumen von insgesamt 800 Millionen Euro gemacht, die in einem ausgeglichenen Haushalt gänzlich gegenfinanziert gewesen wären. Da sind natürlich die Leute, die lesen können, im Vorteil. Ich fordere Sie auf, sich die

Änderungsanträge und die Konzepte der SPD im Bayerischen Landtag anzuschauen und zum Taschenrechner zu greifen. Das würde weiterhelfen. Die Wahrheit ist: Ideenlos und konzeptlos ist die Koalition. Schwerpunkte des Konjunkturpakets II haben Sie bei uns abgekupfert.

Kommen wir zum vorliegenden Einzelplan des Finanzministeriums. Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen: Ein wichtiger Punkt auch in der Krise ist nicht nur die Investition, sondern auch die Konsolidierung der Einnahmenseite. Ich weiß, Herr Zeil würde alles, was der Staat einnimmt, am liebsten an die Klientel der FDP ausschütten.

(Zurufe von der FDP: He, He!)

Wir haben Vorschläge gemacht, wie die Einnahmenseite durch eine bessere personelle Ausstattung der Finanzämter konsolidiert und verstetigt werden kann. Dieser Vorstellung sind Sie in kleinen Schritten, wirklich in kleinen Schritten nachgekommen, aber nicht in dem Maße, wie es notwendig wäre. Der Einzelplan, der uns hier heute vorliegt, ist wie die anderen Einzelpläne, die die Staatsregierung eingebracht hat, ein Einzelplan der Mutlosigkeit, der Ideenlosigkeit und der Konzeptlosigkeit. Wir werden ihn ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat Herr Kollege Mannfred Pointner das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Graf von und zu Lerchenfeld, zunächst vielen Dank für Ihre netten Worte. Wir haben im Haushaltsausschuss tatsächlich eine sehr faire und vernünftige Zusammenarbeit, auch wenn unsere Anträge abgelehnt wurden. Die menschliche Stimmung passt aber einigermaßen. Ich möchte mich auch dafür bedanken, dass die Neuen gut aufgenommen worden sind und sich einbringen dürfen.

Heute geht es um den Einzelplan 06. Ich werde jetzt keine grundsätzlichen Ausführungen zum Haushalt insgesamt machen, weil wir dafür heute Nachmittag noch Zeit haben. Ich werde mich in meiner Rede ausschließlich auf den Einzelplan 06 beschränken. Herr Staatssekretär Pschierer hat Herrn Kollegen Hallitzky und mich bei den Haushaltsberatungen gerügt und erklärt, er hätte erwartet, dass wir das Positive im Einzelplan 06 darstellten. Ich möchte das heute nachholen und einige Dinge dazu sagen.

Zunächst möchte ich auf das Personal der Finanzbehörden und der Steuerbehörden eingehen. Der Einzelplan 06 ist von den Personalausgaben geprägt. 79 %

dieses Einzelplans betreffen die Personalausgaben. Ich möchte mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Finanz- und Steuerbehörden bedanken, dass sie trotz teilweise schwieriger technischer und personeller Rahmenbedingungen hervorragende Leistungen erbringen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Finanzbehörden sind es, die die notwendigen Mittel beschaffen, damit unser Staat funktioniert, damit die Bildung, die innere Sicherheit, die Infrastruktur, die soziale Sicherheit und vieles andere gewährleistet werden können. Noch einmal herzlichen Dank an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Nun zu den einzelnen Punkten, die teilweise auch positiv sind: Positiv ist anzumerken, dass Sie 250 neue Planstellen für das Jahr 2009 und 250 Anwärterstellen für das Jahr 2010 geschaffen haben. Diese Anwärterstellen können später umgewandelt werden. Diese Erhöhungen waren nach den Sparmaßnahmen der letzten Jahre aber auch bitter notwendig. Sie reichen noch nicht aus, wie Herr Kollege Graf von und zu Lerchenfeld festgestellt hat.

Positiv zu bewerten ist auch die Verbesserung der Beförderungsmöglichkeiten durch die Stellenanhebungen, die im Einzelplan 06 enthalten sind. Dadurch wird die Motivation der Mitarbeiter sicher gefördert. Damit wird auch verhindert, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit 40 oder 45 Lebensjahren das Ende ihrer Laufbahn erreicht haben, vorzeitig in den inneren Ruhestand gehen. Diesen Menschen werden Perspektiven eröffnet. Wichtig ist vor allem, dass sich die überlangen Wartezeiten auf Beförderungen verkürzen. Graf von und zu Lerchenfeld hat jedoch zu Recht festgestellt, dass diese Maßnahmen noch nicht ausreichen.

Positiv ist auch die Erhöhung der Investitionsmittel in Höhe von 13 Millionen Euro im Haushalt. Diese werden noch um 10,8 Millionen Euro aus dem Konjunkturprogramm ergänzt. Allerdings gibt es auch hier einen Wermutstropfen, da die Kofinanzierungsmittel in Höhe von 2,5 Millionen Euro, die der Freistaat beisteuern musste, nicht zusätzlich in die Hand genommen wurden, sondern durch Umschichtungen zustande kamen. Das Geld des Bundes, das durch Kredite finanziert wird, wurde verwendet, aber es wurde kein eigenes Geld draufgelegt.

Wir haben einmal gefordert, frisches Geld in die Hand zu nehmen. Das wurde gestern angeprangert. Offenbar ist es für Sie kein Problem, wenn sich der Bund verschuldet, was durch Ihre Forderungen und Anträge unterstützt wird. Wenn jedoch gegenüber dem Freistaat Bayern solche Forderungen erhoben werden, wird das als Verstoß gegen das ungeschriebene Gesetz des ausgeglichenen Haushalts verstanden. Die Schulden

des Bundes sind Schulden von uns allen. Wir alle werden diese Schulden einmal zurückzahlen müssen. Da Bayern besser als andere Länder dasteht, wird es an der Schuldentilgung überproportional beteiligt sein.

Positiv sind auch die 42 Millionen Euro zu bewerten, die zusätzlich für die EDV ausgegeben werden. Auch für das eGovernment wurden Mittel eingestellt, wodurch die Verfahren für die Bürger hoffentlich erleichtert werden können. Wir alle wissen, dass eine Vereinfachung oder Entbürokratisierung unseres Steuerrechts natürlich weitaus effektiver wäre. Herr Staatssekretär Pschierer, ich kann allerdings Ihrem Argument nicht folgen, wonach die Verbesserung der EDV-Ausstattung eine geringere Personalausstattung im Vergleich zu anderen Ländern rechtfertige. Liebe Kolleginnen und Kollegen, unumstritten ist, dass wir in der Finanz- und Steuerverwaltung gut ausgebildetes, motiviertes und gut ausgestattetes Personal brauchen. Wir brauchen ausreichend Personal, um Aufgaben wie die Herstellung der Steuergerechtigkeit und die Beschaffung der erforderlichen Einnahmen zu lösen.

Die Steuerverwaltung ist nach wie vor - trotz der Stellenmehrungen - unterbesetzt. Die Wartezeiten bis zur Beförderung sind zu lang. Die Freien Wähler haben zum Einzelplan 06 keinen eigenen Antrag gestellt. Wir unterstützen aber die beiden Anträge der GRÜNEN und der SPD zu diesem Thema. Dass ein Bedarf vorhanden ist, belegen nicht nur die Quervergleiche mit anderen Ländern, sondern auch die zahlreichen Beschwerden und Eingaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir sind sicherlich nicht so blauäugig zu glauben, dass wir jeder Beschwerde oder jeder Eingabe nachkommen könnten. Die meisten Eingaben waren jedoch sachgerecht und nachvollziehbar.

Meine Damen und Herren, die Einsparung von Personal in der Finanz- und Steuerverwaltung zur Erreichung eines ausgeglichenen Haushalts ist eine Milchmädchenrechnung. Jeder gut ausgebildete Steuerbeamte und Angestellte rechnet sich doppelt und dreifach. Natürlich gibt es Grenzen der Effektivität. Diese sind aber bei weitem noch nicht erreicht. Wir müssen auch an die Bediensteten vor Ort denken: Stress und Frustration stellen sich ein, wenn der Mitarbeiter vor Ort wegen seiner Arbeitsüberlastung Erklärungen nicht bearbeiten und Prüfungen nicht durchführen kann und in der Folge Gelder, die dem Staat und der Allgemeinheit zustehen, nicht hereingeholt werden können. Eigentlich begeht ein Beamter dadurch eine Pflichtverletzung, was für einen staatstreuen Bediensteten zu einer erheblichen psychischen Belastung werden kann.

Auch die beste EDV-Ausstattung kann die Arbeit des Personals nicht ausgleichen. Wir sehen das im Landtag. Zu viel EDV bedeutet auch Mehrarbeit, weil erst

einmal die Fülle der Informationen abgearbeitet werden muss. Der Oberste Rechnungshof hat festgestellt, dass die Personalstruktur auf die Aufgaben zugeschnitten werden muss. Wenn nicht genügend Personal vorhanden ist, sind auch die Aufgaben abzubauen. Davon ist leider nichts zu erkennen. Dafür ist natürlich nicht dieses Haus verantwortlich. Bei der Steuergesetzgebung müssen wir jedoch nach wie vor einen kräftigen Zuwachs verzeichnen. 80 % aller Steuergesetze der Welt stammen aus Deutschland. Das ist Fakt.

Wer sich mit dem Steuerrecht beschäftigt, sieht, dass es immer komplizierter wird. Dadurch entsteht Mehrarbeit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deshalb sind zusätzliche Stellen bitter notwendig. Wir werden diesen Einzelplan 06 aus den von mir genannten Gründen ablehnen. Wir hoffen aber, dass sich das, was Kollege Graf von und zu Lerchenfeld gesagt hat, in den nächsten Jahren bewahrheiten wird, nämlich dass die Stellensituation in der Finanz- und Steuerverwaltung verbessert wird, damit die notwendige Arbeit geleistet werden kann, um genügend Geld in die Staatskassen zu bringen.

Aktuell sind durch Steuererleichterungen und Steuervereinfachungen allein im Doppelhaushalt 2009/2010 Mindereinnahmen in Höhe von rund 3,5 Milliarden Euro entstanden - Mindereinnahmen, die auf der Gesetzgebung beruhen und für die keine Gegenfinanzierung beschlossen worden ist. Es heißt doch immer, man muss einen Gegenfinanzierungsvorschlag unterbreiten. Bei diesen Entscheidungen gab es jedenfalls keine Gegenfinanzierung, und deswegen ist es wichtig - auch wenn das den Haushalt für die nächsten Jahre nicht retten wird -, dass genügend Leute in der Steuerverwaltung tätig sind.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Danke schön, Herr Kollege Pointner. Als Nächster hat Herr Abgeordneter Eike Hallitzky das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Hallitzky.

Sehr geehrter Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, Herr Staatsminister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie werden es kaum glauben, aber wir werden auch diesem Einzelplan, dem Einzelplan des Finanzministeriums, nicht zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Bernd Sibler (CSU): Oh!)

- Wenn das ein Weckruf für Sie war, dann ziehen Sie doch Nutzen aus der Rede, die ich jetzt halte. Hören Sie gut zu, dann werden Sie hinterher auch nicht mehr zustimmen, Herr Kollege Sibler. Ich will an drei Punkten

kurz erläutern, warum wir diesem Einzelplan nicht zustimmen können.

Erstens. Die bayerische Finanzverwaltung ist hoffnungslos unterbesetzt. Die Mittel, die wir alle für die Gestaltung von Politik brauchen, werden im Einzelplan 06 beschafft oder eben nicht beschafft - dann haben wir diese Mittel nicht. Deshalb haben die GRÜNEN die Bayerische Staatsregierung seit rund fünf Jahren immer wieder mantramäßig darauf hingewiesen, dass die bayerische Steuer- und Finanzverwaltung personell zu gering ausgestattet ist. Sie kann ihren eigentlichen Aufgaben damit nicht mehr nachkommen, nämlich durch motivierte Mitarbeiter Steuergerechtigkeit zu schaffen und dem Staat die ihm zustehenden Einnahmen umfassend zu beschaffen.

Die personelle Unterausstattung hat in den letzten Jahren dramatische Züge angenommen bei gleichzeitig steigenden Anforderungen, insbesondere forciert von jenen, die ständig vereinfachte Steuersysteme fordern. Nach den letzten verfügbaren Zahlen liegt Bayern in nahezu allen Rankings im Vergleich mit den anderen Bundesländern bezüglich der Ausstattung der Steuerverwaltung auf dem letzten oder auf dem vorletzten Platz. In der Summe ergibt sich eine dramatische Unterbesetzung: Rund 2.000 Planstellen fehlen.