Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

Die personelle Unterausstattung hat in den letzten Jahren dramatische Züge angenommen bei gleichzeitig steigenden Anforderungen, insbesondere forciert von jenen, die ständig vereinfachte Steuersysteme fordern. Nach den letzten verfügbaren Zahlen liegt Bayern in nahezu allen Rankings im Vergleich mit den anderen Bundesländern bezüglich der Ausstattung der Steuerverwaltung auf dem letzten oder auf dem vorletzten Platz. In der Summe ergibt sich eine dramatische Unterbesetzung: Rund 2.000 Planstellen fehlen.

Zudem werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht so bezahlt, wie das ihrer Tätigkeit entspräche. Der Beförderungsstau in der Finanzverwaltung ist legendär. Kollege von und zu Lerchenfeld hat es eben selbst zugeben müssen. Mit dieser Mängelverwaltung verantwortet der Bayerische Finanzminister, dass die Mitarbeitermotivation nicht stimmt, dass die Steuergerechtigkeit auf der Strecke bleibt und dass die Einnahmenbeschaffung nicht funktioniert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine ordnungsgemäße Besteuerung ist kaum mehr möglich, weil wegen der eklatanten Unterbesetzung die Überprüfung nicht mehr nach Maßgabe der Gesetze erfolgen kann. Herr Finanzminister, Sie sind es, der damit den Nährboden für eine Steuerentzugsmentalität in diesem Lande schafft - für die großen und kleinen Zumwinkels in Deutschland.

Herr Staatssekretär Pschierer - Herr Pointner hat eben darauf hingewiesen - bat darum, dass ich hier heute offiziell loben solle, dass der Finanzminister in therapeutischen Dosen beginnt, die völlige Ignoranz seiner Vorgänger bezüglich der Ausstattung der Steuerverwaltung aufzugeben. Herr Pschierer, das ist natürlich fachlich kaum geboten, aber ich konzediere gern, nach fünf Jahren des Drängens durch die Opposition hat sich die Schnecke in Bewegung gesetzt. Dafür lobe ich Sie.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dennoch bleibt es im Ergebnis dabei, dass Bayern die Folgen der unzureichenden Personalpolitik sehr teuer bezahlen muss. Wir können davon ausgehen, dass allein dadurch dem Staatshaushalt jährlich ein Betrag in einer Größenordnung von etwa einer Milliarde Euro verloren geht. Deshalb ist das, was Sie betreiben, im Ergebnis keine Einsparung, sondern eine massive Verschwendung von dem Staat zustehenden Steuereinnahmen, auf die wir gerade in dieser Zeit nicht verzichten können. Deswegen werden die GRÜNEN Ihre Politik nicht mittragen, und Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsseite, sollten es auch nicht tun.

Zweitens. Ihr Haushaltsentwurf ist in unverantwortlicher Weise schöngerechnet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es war kein Schicksalsschlag, der zum Desaster der Bayerischen Landesbank führte und damit zur Notwendigkeit einer in Deutschland in den Ländern einzigartigen Neuverschuldung von 10 Milliarden Euro. Nein, es war das Versagen der Mitglieder der Staatsregierung im Verwaltungsrat, das jeden Bayern und jede Bayerin auf einen Schlag um rund 1.000 Euro ärmer machte. Es waren die Mitglieder der Staatsregierung, die es der Landesbank ohne Geschäftsmodell erlaubten, sich mit rund 50 Milliarden Euro an Krediten vollzusaugen, ohne dass es irgendeine Verwendung für diese Mittel gegeben hätte. Es waren die Mitglieder dieser Staatsregierung - Herr Wirtschaftsminister, Sie haben Glück, ich schaue auf die andere Seite -

(Zuruf des Ministerpräsidenten Horst Seehofer)

- Sie sind nie dabei, das weiß ich schon, Herr Seehofer. Sie sind nie dabei.

Es waren die Mitglieder dieser Staatsregierung, die die Landesbank dann in das weitab jeden öffentlichen Auftrags liegende internationale Kreditersatzgeschäft getrieben haben. Und es waren die Mitglieder dieser Staatsregierung, die den Kauf der Hypo Group Alpe Adria - HGAA - vorangetrieben haben, dieses undurchschaubaren Geflechts von 111 Töchtern in 16 Ländern, die vor allem zwei Dinge auszeichnet: eine ungeheure Volatilität der Märkte und kein Zusammenhang mit dem öffentlichen Auftrag der BayernLB. Auch wenn - das konzediere ich gern, Herr Fahrenschon - die jüngsten Vorstandsbesetzungen bei der Hypo Group Alpe Adria okay sind - Respekt, die Leute sind gut -, bleibt es bei unserer Beurteilung, es war niemals und wird niemals Aufgabe einer bayerischen Staatsbank sein, die Gelder der bayerischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dafür einzusetzen, auf den Märkten Südosteuropas herumzuturnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Es war das Kontrollversagen der Staatsregierung, das eine Fehlentscheidung nach der anderen produziert hat, als es darum hätte gehen müssen, möglichst früh wieder aus diesen Märkten - von ABS-Papieren bis zum Island-Geschäft - herauszukommen. Die BayernLB ist deshalb die Krönung finanzpolitischer Verantwortungslosigkeit der Staatsregierung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, nun versuchen Sie, mit Haushaltskosmetik in diesem Doppelhaushalt so zu tun, als würde das alles den Steuerzahler nicht betreffen. Tatsache ist, dass die Aufnahme der 10 Milliarden Euro auf dem Kapitalmarkt rund 5 % Zinsen kostet. Das sind 500 Millionen Euro pro Jahr. Hinzu kommen die Kosten für Liquiditätsgarantien, die Kosten für die Fondsübernahme im Haushalt und die Kosten für Bürgschaften. Wenn man das alles zusammenzählt, kommt man auf einen Betrag in der Größenordnung von etwa 1 Milliarde Euro, den wir künftig in jedem Jahr für die Bedienung der Landesbanklasten brauchen. Aber anstatt diese Ausgaben offen im Haushalt auszuweisen, stopfen Sie das Loch einmalig mit alten Zusatzeinnahmen und verprassen hierfür die Haushaltssicherungsrücklage, die eigentlich dazu da ist, auf die Konjunkturkrise reagieren zu können. Die Konjunkturkrise ist da - das Geld ist weg.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer die Kosten für das zum großen Teil selbstverschuldete Desaster der BayernLB im Doppelhaushalt ignorieren will, der handelt finanzpolitisch in hohem Maße unseriös, der streut den Menschen Sand in die Augen. Das, was Sie hier veranstalten, ist nichts als dick aufgetragene Finanzkosmetik.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abgeordneten Johanna Werner-Muggendorfer (SPD))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht erst zum nächsten Doppelhaushalt 2011/2012, nicht erst zum regulären Nachtragshaushalt, den wir im Herbst behandeln werden, schon bei der nächsten Steuerschätzung wird für jeden sichtbar werden, dass das Parlament heute einen Doppelhaushalt beschließt, der bereits zum Zeitpunkt seines Beschlusses reine Makulatur ist. Weil wir aber davon ausgehen müssen, dass die Wirtschaftskrise weitere Milliardenlöcher in den bayerischen Staatshaushalt reißen wird, wäre es Ihre Aufgabe, Herr Fahrenschon, dafür zu sorgen, dass finanzpolitische Vernunft bei der Inanspruchnahme des Konjunkturpakets und der Verwendung der Mittel zum Einsatz kommt. Sie müssen Ihrem Ministerpräsidenten ins Wort fallen, wenn keiner seiner Ausflüge aus der Staatskanzlei ohne neue teure Versprechungen zu Ende geht. Ich erinnere nur an die jüngste Schwabenreise. Das alles haben Sie nicht getan, und damit, Herr Minister, sind Sie selbst zum Haushaltsrisiko geworden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen doch alle, dass der Staat an die Grenze seiner Leistungsfähigkeit gekommen ist. Wir wissen doch alle, dass die verbleibende finanzielle Basis viel zu schmal ist. Wir alle wissen auch, dass es die wichtigste Aufgabe des Finanzministers ist, diese finanzielle Basis zu sichern, und wir alle sehen, dass der bayerische Finanzminister genau das Gegenteil tut. Sie wollen eine ermäßigte Mehrwertsteuer in der Gastronomie. Das sind ungefähr 100 Millionen Euro. Sie wollen einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz für das Handwerk. Das sind etwa 500 Millionen Euro. Sie wollen die Erbschaftsteuer abschaffen. Das sind knapp 1 Milliarde Euro. Sie wollen mit dem Ministerpräsidenten die Eigenheimzulage wieder einführen. Das kostet 350 Millionen Euro. Herr Seehofer, dass Sie immer nicken, weiß ich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das alles verlangen Sie in einer Situation, in der Bayern in den kommenden Jahren mehrere Milliarden Euro zum Ausgleich des Haushalts fehlen werden. Sie verlangen das ohne jeden Vorschlag für eine Gegenfinanzierung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Manche Ihrer steuerpolitischen Vorschläge mögen für sich gesehen durchaus begründet sein. Das streiten wir überhaupt nicht ab. Gerade jetzt aber muss die Maxime doch wie folgt lauten: Weil der Staat keinen Cent übrig hat, müssen alle Steuererleichterungen, die auf Dauer den Staatshaushalt belasten, auch dauerhaft gegenfinanziert sein, sonst sind sie finanzpolitisch unverantwortlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Fahrenschon, ich erwarte von Ihnen nicht, zu wissen, dass die wiederholt von Struktureinbrüchen gebeutelten skandinavischen Länder ihre Haushalte immer wieder deshalb ausgleichen konnten, weil sie - unabhängig davon, ob die Regierung konservativ war oder nicht - Hochsteuerländer waren und es bis heute auch noch sind. Skandinavien wäre daher ein gutes Vorbild. Ich erwarte aber von Ihnen, dass Sie alles tun, um der vor allem von der CSU verursachten und durch die jetzige Wirtschaftskrise dramatisch beschleunigten Erosion der Staatseinnahmen entgegenzutreten. Deshalb bin ich zutiefst enttäuscht von Ihnen, dass Sie in einem Jahr mit Wahlen im Quartalsrhythmus genauso als finanzpolitischer Hasardeur auftreten wie Ihr Chef.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist letztlich genau das gleiche kurzfristige Quartalsdenken, mit dem uns die Banker, die Verwaltungsräte und die Manager in diese Finanzkrise hineingeritten haben. Ihren wohlfeilen Steuerpopulismus, Ihre finanzpolitische Geisterfahrt lassen wir Ihnen nicht durchgehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Sinne einer dauerhaft soliden Finanzpolitik und im Interesse der Rückgewinnung des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger in die Politik wäre es sehr gut, wenn die Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen unserer Kritik folgen würden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich kurz zusammenfassen. Erstens. Die bayerische Staatsverwaltung hat viel zu wenig Beschäftigte in der Steuerverwaltung. Steuergerechtigkeit und Steuerehrlichkeit werden ignoriert. Sie sind schuld, wenn dem Staat Milliarden oder zumindest ein hoher dreistelliger Millionenbetrag jährlich verloren gehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zweitens. Mit Tricksereien rund um die Landesbank wird der Haushaltsentwurf schöngerechnet. Das ist kein Ersatz für eine seriöse Haushaltspolitik.

Drittens und letztens. Wenn ich die steuerpolitischen Aussagen des Finanzministers in diesem Wahljahr dem finanzpolitisch Möglichen gegenüberstelle, bedauere ich zutiefst, Herr Präsident, dass sich der Ausdruck Wahllüge auf den parlamentarischen Begriff der Präsidialrüge reimt.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Lassen Sie mich es deshalb so formulieren: Herr Finanzminister, Ihre Beine werden immer kürzer. Passen Sie auf sich auf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben sich zu Beginn darüber gewundert, dass die Grünen den Einzelplan des Finanzministers ablehnen. Ich glaube, dass jetzt alle in diesem Haus verstehen werden, dass ich mich wundere, wenn auch nur einer von Ihnen diesem Entwurf zustimmt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als nächster hat Herr Kollege Prof. Barfuß das Wort.

Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, Herr Finanzminister, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, was die Kollegen

von der CSU und der FDP machen. Ich stimme aber dem Haushalt nachher zu.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Ich bin begeistert darüber, wie klar man hier diskutiert. Im Ausschuss war man höflich. Jetzt merke ich aber, dass es so nicht mehr geht. Sind wir hier eigentlich in der Bremischen Bürgerschaft oder im Senat von Berlin? Sie stellen ein Szenario dar, als wäre dieser Staat am Ende. Das Gegenteil ist der Fall. Der Freistaat Bayern ist nach wie vor die Nummer eins in der Finanzwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei der FDP und der CSU - Georg Schmid (CSU): Sehr gut!)

Herr Ministerpräsident, neben Herrn Dr. Heubisch und Martin Zeil ist Staatsminister Fahrenschon mit Sicherheit ein Ass in Ihrem Ärmel. Lieber Herr Fahrenschon, wir sind sehr froh und dankbar dafür, dass Sie bei uns sind. Wir haben volles Vertrauen zu Ihnen.

(Beifall bei der FDP und der CSU - Ministerpräsi- dent Horst Seehofer: Und was bin dann ich?)

- Sie sind der Ober, aber das Ass ist schon er.

(Allgemeine Heiterkeit)

Spaß beiseite, wir brauchen einander alle.

Lieber Herr Ministerpräsident, ich freue mich darüber, dass Sie neulich in Schwaben waren. Es wurde hier angesprochen. Wir bringen das auf einen ordentlichen Weg. Ganz herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)