(Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP): Darf ich darauf antworten, Herr Hallitzky? Denn Sie wissen nicht, was Sie tun!)
- Nein, ich habe jetzt zwei Minuten. Herr Präsident, Herr Gumppenberg möchte mich nicht ausreden las sen.
(Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP): Ich lasse Sie ausreden! - Widerspruch bei der FDP und der CSU)
Herr Präsident, ich habe einen ersten Punkt genannt, aber Herr Gumppenberg redet mir dazwischen. Könn te ich bitte zuerst reden?
Zweitens. Von Ihrer Seite und von Herrn Huber ist behauptet worden, es gäbe einen Überbietungswettbewerb dazu, wie hoch der Mindestlohn sein soll. Würden Sie vielleicht zur Kenntnis nehmen, dass 8,50 Euro der Einstieg in ein Wage Council sind, das paritätisch zu je einem Drittel von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Wissenschaft besetzt ist und das die Entwicklung des Mindestlohns bestimmt, nicht die Politik, und dass jemand, der etwas anderes behauptet, keine Ahnung hat, worüber er spricht?
Drittens. Sie sagen: Mindestlohn. Wir haben ganz viele Mindestlöhne. Das genau ist das Problem. Der gesetzliche Mindestlohn setzt eine ethische Unter grenze, unterhalb der Menschen nicht arbeiten müs sen. Das ist der Unterschied.
Nach Ihrer Idee wird es weiterhin Menschen geben, die für weniger als 8,50 Euro pro Stunde arbeiten müssen. Das ist ethisch unverantwortlich. Solche Ar beitsplätze anzubieten, ist unmoralisch. Wir fordern deshalb eine Untergrenze. Wenn Sie wollen, dass Menschen für weniger als 8,50 Euro pro Stunde arbei ten, dann sagen Sie das jetzt! Wenn Sie das nicht wollen, dann stimmen Sie in Gottes Namen dem ge setzlichen Mindestlohn zu!
Lieber Herr Kollege Hallitzky, wenn Sie sich ernsthaft mit dem Thema Mindestlohn, mit struktureller Arbeits losigkeit, mit Jugendarbeitslosigkeit aus einandersetzen und den Bayerischen Wald, der wie auch ich zu Niederbayern gehört, mit der Großstadt München vergleichen, dann werden Sie sehen, dass das nicht möglich ist. Sie können die Löhne im Bayeri
schen Wald nicht analog denen in München ansetzen. Auch die ifo-Studie besagt eindeutig, dass Menschen sonst um ihren Arbeitsplatz gebracht werden. Das kann doch nicht in Ihrem Sinne sein, Herr Hallitzky.
Ich bin der festen Überzeugung, Herr Hallitzky, dass es möglich sein muss, dass Menschen auch für 6,50 Euro pro Stunde arbeiten, ebenso wie es Men schen gibt, die für 12 Euro oder für 22 Euro pro Stun de arbeiten.
Das muss möglich sein. Nach meinem Verständnis ist diese Flexibilität notwendig, um auf allen Ebenen und in den sozial unterschiedlich strukturierten Regionen Arbeitsplätze zu erhalten und jungen Menschen die Chance zu eröffnen, zu arbeiten.
Wir haben noch zwei Zwischenbemerkungen: zu nächst Herr Kollege Huber, dann Herr Kollege Pfaff mann. – Zunächst Herr Huber, bitte schön.
Ich möchte Sie bitten, den Befürwortern des gesetzli chen Mindestlohns von 8,50 Euro einmal nahezubrin gen, dass 8,50 Euro eine willkürlich gesetzte, politi sche Grenze sind, die keine wirtschaftliche Grundlage hat
Das Zweite ist: Natürlich gibt es einen Überbietungs wettbewerb, Herr Kollege Hallitzky. Das erleben Sie doch gerade; die Linke sagt: 8,50 Euro, das ist doch nichts, auf 10 Euro, auf 12 Euro muss das Niveau an gehoben werden. Das halte ich für verhängnisvoll.
Herr Kollege von Gumppenberg, vielleicht können Sie die Opposition belehren, obwohl das wenig aussichts reich erscheint, dass die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen nicht nur die Frage der Lohnhöhe um fasst, sondern dass das gesamte Tarifgitter, zum Bei spiel Arbeitszeit, Urlaubsanspruch und Arbeitsbedin gungen, auf diese Art und Weise für allgemeinverbindlich erklärt wird. Für die Arbeitneh mer ist das viel besser, als nur die Mindestlohnhöhe für eine Stunde festzulegen.
Ich darf nachfragen, aufbauend auf der Frage von Kollegen Hallitzky, die Sie überhaupt nicht beantwortet haben. Ich stelle sie deswegen erneut, verbunden mit der Bitte, es dem Kollegen Huber auszurichten, der das vorhin aufge griffen hat: Meinen Sie wirklich, dass sich die Gewerk schaften selbst entmündigen wollen, indem sie seit Jahren bundesweit einen Mindestlohn von 8,50 Euro fordern? Glauben Sie, dass Sie am Redepult sehr glaubwürdig sind, wenn Sie sich zum Ritter der Ge werkschaften, zum Retter der Gewerkschaftsbewe gung aufschwingen wollen, indem Sie einen Mindest lohn ablehnen? – Lächerlicher geht es überhaupt nicht.
Wollen Sie auch zur Kenntnis nehmen, lieber Herr Kollege von Gumppenberg, dass es hier darum geht, einen Mindestlohn einzuführen, der die Menschen in die Lage versetzt, von ihrem Lohn leben zu können? – Das ist weder ein regionales Thema noch sonst ein wirtschaftspolitisches, sondern das ist eine Grund satzfrage zu der Grundsatzaussage, übrigens nicht nur der Parteien und der Gewerkschaften, sondern auch der Kirchen, dass Menschen von ihrem Lohn an ständig leben können müssen.
- Und der Bayerischen Verfassung. Das sichert im Übrigen nicht die Diskussion über allgemeinverbindli che Tarifverträge, sondern nur die Festlegung einer allgemein verbindlichen Lohnuntergrenze, nämlich
Ich weiß, dass wir am 15. September Landtagswahlen haben, und ich weiß, dass wir am 22. September Bundestagswahlen haben. Das zentrale Wahlkampf thema der SPD ist die Einführung des Mindestlohns. Das ist es doch!
Um Ihre Frage konkret zu beantworten, sage ich: Ich habe großen Respekt vor den Gewerkschaften. Ich habe eine Vielzahl positiver Erlebnisse mit der Ge werkschaft. In der sozialen Marktwirtschaft in diesem Land muss es aber beide Seiten geben, die Arbeitge ber auf der einen und die Gewerkschaften auf der an deren, die gemeinsam den Weg beschreiten, den das Gesetz vorschreibt,
nämlich im Rahmen der Tarifautonomie Tarifverträge zu schließen und befriedigende Lösungen zu finden. Das ist meine Auffassung, Herr Pfaffmann, und dazu stehe ich.
(Beifall bei der FDP und der CSU - Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Frage immer noch nicht beant wortet!)