Hans-Ulrich Pfaffmann

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Herr Seidenath, gestatten Sie mir, auf Ihre Aussage zu erwidern, Sie hätten ein Vermächtnis für die bayerische Flüchtlingspolitik vorgelegt. Mir ist es ein Bedürfnis, hier festzustellen: Es ist ein erbärmliches Vermächtnis, das Sie hier vorgelegt haben.
Deswegen würde ich dieses Wort nicht in den Mund nehmen.
Die Botschaft Bayerns über die Grenzen hinaus ist nicht: Wir wollen euch helfen und gute Rahmenbedingungen schaffen. Die Botschaft ist: Wir wollen euch nicht haben. Diese Botschaft haben Sie in den letzten zehn Jahren ausgesendet, und zwar ohne Beachtung aller Grundlagen der Menschenwürde. Nicht ohne guten Grund hat Kardinal Marx bis vor Kurzem die bayerische Flüchtlingspolitik heftig kritisiert und gebeten, sie zu überprüfen. Das sollten Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben.
Wenn Sie der Meinung sind, Sie täten sich im Hinblick auf Zustimmung mit einem Antrag von uns leichter, wenn die Begründung nicht gilt, dann stelle ich hier fest: Die SPD-Fraktion zieht die Begründung des Dringlichkeitsantrags komplett zurück. Wir stellen den Antrag ohne Begründung zur Abstimmung. Sie haben angekündigt, dass Sie dann zustimmen werden. Ich bin jetzt sehr gespannt auf die Antwort hinsichtlich der Frage, die Förderung der Rückkehrbereitschaft aus der Verordnung zu streichen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich gemeldet, um die Sozialministerin direkt anzusprechen. Liebe Frau Haderthauer, Ihre Rede hat eindrucksvoll bestätigt, dass es mit Ihnen keine humane Flüchtlingspolitik in Bayern geben kann.
Sie polarisieren. Sie haben von Verhetzungspotenzial gesprochen. Sie haben von kriminellen Aktionen gesprochen. Ich sage Ihnen: Man bekommt den Eindruck, Ihnen sind die Stimmen am rechten Rand der Bevölkerung wichtiger als Humanität in der Flüchtlingspolitik.
Zu dem Hungerstreik in München kann man stehen, wie man will. Sie nehmen einfach nicht zur Kenntnis
- Die Aufregung bei den Kollegen der CSU muss ziemlich groß sein.
Liebe Frau Kollegin Haderthauer, Sie wollen nicht zur Kenntnis nehmen, dass der Hungerstreik am Rindermarkt aus Verzweiflung wegen Ihrer Flüchtlingspolitik zustande gekommen ist. Das war kein Versuch, den Staat zu erpressen. Genau das wollen Sie nicht zur Kenntnis nehmen, weil Sie polarisieren wollen. Das ist Ihr politisches Ziel. Das ist keine humanitäre und menschenwürdige Flüchtlingspolitik.
Vielleicht kann ich mir zum Schluss eine persönliche Erklärung sparen. Vorhin ist immer wieder gesagt worden, wir würden uns von der Begründung in unserem Antrag distanzieren. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis: Wir distanzieren uns von gar nichts, vor allen Dingen nicht von unserer Begründung. Wir streichen sie aus unserem Antrag, damit Sie im Interesse einer menschenwürdigen Flüchtlingspolitik zustimmen kön
nen. Das ist der Grund, warum wir die Begründung streichen wollen.
Wir wollen uns nicht von unserer eigenen Begründung distanzieren. Mir ist wichtig, dass das im Protokoll steht, damit Sie in Ihren Stimmkreisen nichts anderes erzählen.
Herr Präsident, man muss nicht auf alles antworten in diesem Hause.
Ich darf nachfragen, aufbauend auf der Frage von Kollegen Hallitzky, die Sie überhaupt nicht beantwortet haben. Ich stelle sie deswegen erneut, verbunden mit der Bitte, es dem Kollegen Huber auszurichten, der das vorhin aufge griffen hat: Meinen Sie wirklich, dass sich die Gewerk schaften selbst entmündigen wollen, indem sie seit Jahren bundesweit einen Mindestlohn von 8,50 Euro fordern? Glauben Sie, dass Sie am Redepult sehr glaubwürdig sind, wenn Sie sich zum Ritter der Ge werkschaften, zum Retter der Gewerkschaftsbewe gung aufschwingen wollen, indem Sie einen Mindest lohn ablehnen? – Lächerlicher geht es überhaupt nicht.
Wollen Sie auch zur Kenntnis nehmen, lieber Herr Kollege von Gumppenberg, dass es hier darum geht, einen Mindestlohn einzuführen, der die Menschen in die Lage versetzt, von ihrem Lohn leben zu können? – Das ist weder ein regionales Thema noch sonst ein wirtschaftspolitisches, sondern das ist eine Grund satzfrage zu der Grundsatzaussage, übrigens nicht nur der Parteien und der Gewerkschaften, sondern auch der Kirchen, dass Menschen von ihrem Lohn an ständig leben können müssen.
- Und der Bayerischen Verfassung. Das sichert im Übrigen nicht die Diskussion über allgemeinverbindli che Tarifverträge, sondern nur die Festlegung einer allgemein verbindlichen Lohnuntergrenze, nämlich
eines Mindestlohns für alle Branchen. Wollen Sie das vielleicht immer noch abstreiten?
Das ist eigentlich nicht verdient, aber es muss jetzt sein. – Ich möchte den Kollegen aus München, der in den letzten Jahren
mit seiner Münchner CSU angeblich so viel für den Wohnungsbau getan hat, fragen, ob ihm bekannt ist, dass es einen Beschluss der Münchner CSU gibt, wonach auch Oberbürgermeisterkandidat Seppi Schmid ein Umwandlungsverbot bzw. einen Genehmigungsvorbehalt gefordert und dies auch der Presse mitgeteilt hat. Daher kann man wohl davon ausgehen, dass die Münchner CSU ohne Widerstände dem Genehmigungsvorbehalt zustimmt.
Jetzt frage ich Sie: Wie werden Sie sich heute bei der Abstimmung verhalten, wenn Ihre Münchner CSU, wohl zu Recht, einem Vetorecht für die Gemeinden zugestimmt hat? Werden Sie heute hier dem Münchner Votum oder dem Koalitionszwang folgen? Überlegen Sie es sich gut; denn wir werden die Wählerinnen und Wähler in Ihrem Stimmkreis Giesing auf Ihr Abstimmungsverhalten in der namentlichen Abstimmung hinweisen.
Herr Präsident, ich bin etwas verwundert. Denn dass ein Gesetz, das in der Ersten Lesung und im Ausschuss ohne Aussprache von allen Fraktionen mitgetragen worden ist, hier mit Aussprache aufgerufen wird, kann nur einen Grund haben: Man möchte halt noch einmal erklären, wie gut man doch ist.
Ich nutze jetzt die Gelegenheit, einen anderen Aspekt zu beleuchten. In dem Gesetzentwurf ist auch geregelt, dass die Kommunen die Sozialhilfesätze erhöhen dürfen. An dieser Stelle möchte ich einen Rückblick zum Besten geben: Vor gar nicht allzu langer Zeit wollte unsere Sozialministerin der Stadt München
und anderen Städten verbieten, die Sozialhilfesätze um 20 Euro zu erhöhen. Es hieß damals, das gehe nicht und es gebe auch keinen Grund dafür, dass die Kommunen den ärmsten Menschen ein bisschen mehr im Monat zahlen. Sie lehnte diesen Vorschlag vehement ab. Dazu fand auch eine ausführliche Debatte in diesem Hause statt. Das wollte ich bei dieser Gelegenheit noch einmal erwähnt haben. Wir haben damals von einer "Sozialministerin der Kälte" gesprochen.
Ein paar Monate später ist sie auf Druck zurückgerudert; es gab auch heftige Kritik aus der CSU-Fraktion. In dem vorliegenden Gesetzentwurf wird das klargestellt; wir begrüßen das. In Zukunft dürfen die Kommunen aus eigener Kraft als freiwillige Leistung die Sozialhilfesätze erhöhen, wie wir es schon damals verlangten. Das ist prima, und das ist ein Grund dafür, warum wir diesem Gesetzentwurf zustimmen werden. Lieber Herr Unterländer, das liegt auch in Ihrem Interesse; denn Sie haben damals einen "Brandbrief" an die Staatregierung geschrieben. Daran möchte ich erinnern, wenn Sie denn wünschen, dass über dieses Thema hier noch einmal debattiert wird.
Um es noch einmal für alle zu sagen: Entgegen der Auffassung der Frau Sozialministerin, die sie noch vor kürzester Zeit geäußert hat, man dürfe den Sozialhilfeempfängern nicht mehr zahlen als den Regelsatz – auch nicht 20 Euro mehr, selbst dann nicht, wenn es den Staat nichts kostet, sondern wenn die Kommunen es freiwillig finanzieren –, stellt das Gesetz nunmehr klar, dass dem nicht so ist. Darüber freuen wir uns, lieber Herr Unterländer. - Ich bedanke mich noch einmal dafür, dass Sie mir Gelegenheit gegeben haben, im Plenum darauf hinzuweisen.
Danke schön, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist eben der Unterschied in der Diskussion, und das sind auch die Mängel des Gesetzentwurfes: Hier wird die Chance verpasst, in einem Gesetzentwurf zu definieren, was gute Pflege ist. Die Regierungsparteien beschränken sich auf eine ordnungspolitische Diskussion. Wir würden gerne einen Schritt weitergehen und den Versuch unternehmen, zumindest ansatzweise in einem Gesetz zu definieren, was gute Pflege ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU und von der FDP, diese Chance haben Sie wieder einmal verpasst. Wenn man die demografische Entwicklung betrachtet, wenn man die Daten und Fakten analysiert, beispielsweise, dass künftig circa 80 % der Patientinnen und Patienten in der stationären pflegerischen Versorgung Demenzerkrankungen haben, sieht man: Es ist an der Zeit, endlich zu definieren, was gute Pflege bedeutet. Hier wäre das möglich gewesen. Diese Frage, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eben gerade keine ordnungspolitische, sondern eine inhaltliche Frage. Es wäre deshalb besser, wenn wir diese Fragen nicht auf dem Verordnungsweg behandelten, sondern im zuständigen Sozialausschuss des Parlaments diskutieren und klären und anschließend in ein Gesetz schreiben würden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht in der Tat um die Veröffentlichung von Prüfberichten. Auch wir, und daran besteht kein Zweifel, haben hohes Interesse an einer transparenten Bewertung der jeweiligen Einrichtung. Wir haben auch überhaupt kein Problem mit der Veröffentlichung der Prüfberichte. Man muss aber schon einmal einen Blick hinter die Kulissen werfen. Was steckt denn hinter den Prüfungen? – Bevor ich vergleichen kann, muss ich doch wissen, wie die Pflege definiert ist. Das fehlt aber, und deshalb hätten wir das zuerst machen müssen. Das Ziel ist doch, dass Angehörige und Betroffene vergleichen können, wenn sie entscheiden, welches Haus und welche Ein
richtung sie auswählen, wo sie hingehen wollen. Sie haben aber nur Prüfberichte die, wie Sie selbst zugeben, mangelhaft sind. Was hat das denn für einen Aussagewert? – Ich sage: gar keinen. Die Angehörigen können mit veröffentlichten Prüfberichten, die wenig über die Qualität aussagen, nur sehr wenig anfangen. Deswegen genügt es eben gerade nicht, Vergleiche zu veröffentlichen, sondern man sollte vorher definieren, was überhaupt vergleichbar ist und was gute Pflege ist.
Da haben Sie aber riesige politische Defizite, wenn Sie mir diesen kleinen Ausflug gestatten. Was gute Pflege bedeuten kann, ist doch seit Jahren definiert. Ich erinnere an die Ergebnisse des runden Tisches zur Pflegequalität, der so wunderbare Formulierungen aufgenommen hat wie die, dass Pflege nicht nur "sauber und satt" bedeutet, sondern auch Teilhabe an der Gesellschaft.
Alle diese Begriffe liegen auf dem Tisch, und zwar schon seit Jahren. Aber ein eindeutiges politisches Bekenntnis zur Definition des runden Tisches fehlt. Genau das hat Ihre Regierung in Berlin in den letzten Monaten und Jahren nicht gefördert, sondern vielmehr verhindert. Das ist das Problem, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich würde Ihnen deshalb gerne Zusammenarbeit bei dieser Frage anbieten. Wenn Sie die Kraft nicht haben, den Begriff der Pflegebedürftigkeit umzusetzen, dann machen wird das doch gemeinsam. Das ist doch der entscheidende Punkt.
Wenn dieser Pflegebedürftigkeitsbegriff also endlich geklärt ist, dann sind wir bestimmt sehr schnell einig darüber, dass die Prüfung der jeweiligen Einrichtung veröffentlicht werden kann. Dann weiß man nämlich, worum es geht, wenn man Prüfberichte liest.
In diesem Zusammenhang darf ich einen weiteren Aspekt ansprechen, der hier völlig ausgeblendet ist. Hier wird eine zweite Chance vergeben, eine wichtige Diskussion zu führen. Ich bin bei allem Verständnis für Transparenz davon überzeugt, dass Prüfberichte die Qualität nicht verbessern. Sie haben hier zwar einige Punkte definiert, lieber Herr Unterländer, doch die gehen nicht weit genug. Wenn es nicht gelingt, den dramatischen Personalmangel in den Einrichtungen zu beheben, wenn es nicht gelingt, die Bezahlung der Fachkräfte so zu gestalten, dass sie der Arbeit auch angemessen ist, wenn es nicht gelingt, die Arbeitsbedingungen in den pflegerischen Einrichtungen so zu
gestalten, dass die Fachkräfte auch motiviert sind, dort zu arbeiten, wenn also all dies nicht gelingt, dann können wir jeden Tag noch so viele Pflegeberichte ins Internet stellen, wir werden das Grundproblem nicht lösen. Deshalb löst auch der Gesetzentwurf, den Sie heute vorlegen, das Grundproblem nicht.
Die gesamte Situation, und das ist hier immer wieder das Gleiche, hat eine wichtige Ursache: Die Pflegeversicherung heutiger Ausgestaltung ist massiv unterfinanziert. Das ist sie seit Jahren.
Genau dieses Grundproblem, zur Verbesserung der Qualität für ausreichend Personal zu sorgen, lösen Sie aber nicht. Sie überlassen auch mit den neuen gesetzlichen Regelungen aus Berlin die Pflegeversicherung der privaten Hand. Sie sind auf dem besten Weg, die Pflegeversicherung langfristig zu privatisieren. Ich sage Ihnen: Das ist das Ende einer guten Pflege und nicht der Anfang einer guten Pflege.
Deswegen brauchen wir brauchen Transparenz und auch Vergleichbarkeit, aber mit einer klaren Definition. Genau diese Definition geben Sie aber nicht vor. Deshalb werden wir Ihren Gesetzentwurf heute ablehnen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jawohl, in der Tat, wir machen einen entscheidenden Schritt zu einer Verbesserung der Situation im Fachkräftebereich. Wir machen einen entscheidenden Schritt zur Verbesserung der Integration von Fachpersonal mit im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen. Das ist wohl alles wahr. Ich begrüße deswegen, dass das nun endlich zur Beratung im Bayerischen Landtag ansteht.
Es ist ein Landesgesetz notwendig; auch das ist richtig, Frau Sozialministerin. Aber eines muss ich in diesem Zusammenhang doch sagen: Sie erwecken den Eindruck, als wäre Ihnen die Innovation des Jahres eingefallen, als ob Sie, die Staatsregierung, nun endlich einen entscheidenden Schritt vorangehen. Dieses dringend notwendige Gesetz wird seit ungefähr zweieinhalb Jahren in diesem Landtag und in der parlamentarischen Arbeit beraten, berücksichtigt und dis
kutiert. Es ist also keine Innovation, die heute, am 20. März 2013, hier vorgetragen wird. Diese Problematik ist so alt, dass sie schon fast einen Bart hat. Wir hätten schon lange eine bessere Situation, wenn nicht genau Sie, Frau Kollegin hier im Bayerischen Landtag sämtliche Initiativen der letzten zwei Jahre abgelehnt hätten.
Das darf ich hier erwähnen. Ich habe das auch aufgeschrieben, weil es wichtig ist.
Bereits im Mai 2011 haben wir den Antrag gestellt, man möge bitte ein Landesgesetz zur Anerkennung von Berufsqualifikationen, die im Ausland erworben wurden, schaffen. Das haben Sie mit Ihrer Mehrheit hier im Haus abgelehnt. Auch in den Folgejahren ist das nahezu jährlich thematisiert worden. Aber in der Konsequenz wurde es immer abgelehnt.
Jetzt plötzlich, wo sich die Bundesländer offensichtlich darauf einigen, dass man landesgesetzliche Regelungen machen müsste, sind Sie dabei. Sie machen das auch ganz gut. Nachdem Sie zwei Jahre in dieser so wichtigen Frage geschlafen haben, erwecken Sie jetzt plötzlich den Eindruck, Sie hätten die Dinge erfunden. Diese Strategie kennen wir, aber sie verfängt nicht. Deswegen war es mir wichtig, das hier zu erwähnen.
Wir werden das Gesetz selbstverständlich sehr konstruktiv begleiten; denn was darin steht, ist richtig, wenn es auch nicht neu ist. Diejenigen, die zu uns kommen, sollen also einen Anspruch auf individuelle Prüfung erwerben. Das war Bestandteil eines sozialdemokratischen Antrags, den Sie abgelehnt haben. Das war im Mai 2011. Aber gut.
Wenn Sie nach bald zwei Jahren Überlegungszeit endlich zu der Erkenntnis kommen, dass ein solches Gesetz doch gut sei, soll es jetzt an der Opposition nicht scheitern. Deswegen werden wir uns selbstverständlich im Ausschuss an der Beratung beteiligen. Auch die Vereinheitlichung und transparente Veröffentlichung der entsprechenden Verfahren − auch das war Bestandteil eines sozialdemokratischen Antrags aus dem Jahr 2011 − wurden von der Mehrheit leider abgelehnt. Dennoch wird es an uns nicht scheitern.
Zusammenfassend sage ich in der Ersten Lesung ein Dankeschön dafür, dass die Regierungsmehrheit − die Mehrheit macht immer, was die Verwaltung sagt − einem Oppositionsbegehren zustimmen wird, welches wir seit zwei Jahren vortragen. Aber den Eindruck, dass Sie die Dinge erfunden hätten, werden wir natürlich nicht zulassen; wir werden die Zusammenhänge entsprechend kommentieren.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann Frau Schorer im Großen und Ganzen recht geben. Dieses Gesetz hat große Vorteile; es ist ein Schritt nach vorn.
Die Helfergleichstellung und viele andere Dinge haben wir im Ausschuss intensiv und konstruktiv diskutiert. Wir werden dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Form zustimmen, obwohl es das eine oder das andere gibt, worüber man noch reden müsste. Ich denke da zum Beispiel an die Frage der Sachlichkeit und der Behandlung des notärztlichen Dienstes. Da gibt es durchaus noch ein paar offene Fragen. Aber das ist kein Grund, dem Gesetz nicht zuzustimmen.
Gestatten Sie mir dazu einige grundsätzliche Bemerkungen. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat dem Rettungsdienst den Markt geöffnet. Ich muss ehrlich sagen, dass ich das außerordentlich bedauere. Ich meine, nicht alle Dienstleistungen, die im öffentlichen Interesse sind, sind unbedingt wettbewerbsrelevant.
Das will ich hier einmal deutlich sagen. Dazu gehört der Rettungsdienst ebenso wie die Feuerwehr und viele andere Dienste auch. Ich würde mir eine sehr konstruktive Diskussion von Brüssel über Deutschland bis nach München zu der Frage wünschen, ob Leistungen im öffentlichen Interesse wirklich dem freien Spiel der Kräfte zugeführt werden dürfen. Diese Diskussion wäre sinnvoll und spielt hier eine große Rolle. Ich weiß, dass das der FDP nicht gefällt; denn ohne Privatisierung aller Leistungen geht bei den Kollegen der FDP gar nichts. Das unterscheidet uns von Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, in der Programmatik.
Ich hätte mir übrigens gewünscht, dass im Rahmen der europäischen Diskussion über die Wasserprivatisierung − da steht derzeit ja auch die Dienstleistungsrichtlinie auf der Tagesordnung, wie von unseren Vertretern der europäischen Kommission gewünscht
−genau diese Diskussion geführt worden wäre. Wir haben die Protokolle angesehen. Es gab keine einzige Wortmeldung vonseiten der Bundesregierung zu dieser Frage, die doch für unsere Organisationen von hoher Bedeutung ist.
Ich würde mir manchmal wünschen, bevor wir hier an den Mikrofonen immer das große Lob ausschütten − berechtigterweise! −, dass wir in dem einen oder anderen Falle auch Taten folgen zu lassen, zumindest bei den entsprechenden Debatten in den jeweiligen Parlamenten.
Das geschieht leider nicht. Ich finde, die öffentlichrechtlichen Organisationen im Rettungsdienst haben in den vergangenen Jahren eine hervorragende Qualität bewiesen. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. In Bayern haben wir eines der besten Rettungswesen. Auch dem kann ich gern zustimmen. Das ist eben den öffentlich-rechtlichen Organisationen zu verdanken. Darauf will ich ausdrücklich hinweisen. Deshalb finde ich es nicht angemessen, dass man als Dankeschön für diese wunderbare Hilfeleistung für die Bürger dieses Landes sozusagen eine Öffnung auf dem freien Markt hinterherschiebt mit teilweise manchmal sehr schwierigen Angeboten, die von anderen Dienstleistungsunternehmen abgegeben werden. Das muss man auch sagen dürfen.
Bei der Frage der Helfergleichstellung schließe ich mich Ihren Ausführungen an, liebe Frau Kollegin Schorer. Das ist richtig.
Und jetzt noch ein Satz zu unserem Antrag. Sie wollen den Mindestlohn von 8,50 Euro nicht mittragen. Ich sage Ihnen unabhängig von der Grundsatzdebatte zum Mindestlohn: Wenn in diesem Bereich kein Mindestlohn eingeführt wird, schaden Sie den öffentlichrechtlichen Einrichtungen ganz gewaltig.
Ich will das gern begründen. Wir haben beispielsweise beim Bayerischen Roten Kreuz sowie beim Arbeiter-Samariter-Bund und auch bei anderen Organisationen eine sehr gute tarifliche Bezahlung, die über dem Mindestlohn liegt. Das ist festzuhalten. Wenn sich jetzt sozusagen der Markt bei der Ausschreibung von Dienstleistungen im öffentlichen Rettungsdienst öffnet, dann können Sie darauf warten, wer die günstigeren Angebote abliefern kann. Nachdem nun einmal der große Teil der Kosten Personalkosten sind, werden Sie in kürzester Zeit deutlich günstigere Angebote privater Anbieter auf dem Tisch haben. Bei dem Gebot der Wirtschaftlichkeit können Sie sich ganz
schnell ausrechnen, wer diese Ausschreibungen gewinnen wird,
bestimmt nicht mehr die öffentlich-rechtlichen Rettungsdienste.
Die werden dann folgendermaßen reagieren: Sie werden es mit der Erhöhung des ehrenamtlichen Anteils ausgleichen. Da frage ich mich schon, ob das in unserem Interesse ist. Ich sage: Nein. Deswegen wäre der Mindestlohn unabhängig von der Grundsatzdebatte sozusagen ein Schutzmechanismus gewesen. Aber leider wollen Sie das nicht mittragen. Der Arbeitgeberverband, der in der Tat gegründet wurde, wird sicherlich nicht so schnell reagieren können, obwohl wir uns in der Zielsetzung eines allgemein verbindlichen Tarifvertrages für diesen Bereich sehr einig sind.
Ich bedaure sehr, dass Sie diesen Weg nicht mitgehen können, obwohl − gestatten Sie mir diesen Seitenhieb − Sie überall im Lande herumlaufen und Lohnuntergrenzen fordern. Ich bin dabei, wenn Sie sagen: Gut, wir machen eine Lohnuntergrenze; denn wenn es nur am Wort liegt, können wir zustimmen. Wenn wir eine Lohnuntergrenze im Rettungsdienst von 8,50 Euro machen − das versprechen Sie überall -, sind wir auch dabei.
Liebe Frau Kollegin Sandt! Wer jahrelang Umwandlungsverbote und somit günstige Mieten verhindert, wer jahrelang die Schaffung gerechter Mietspiegel verhindert, wer jahrelang Kappungsgrenzen verhindert und jetzt, kurz vor der Wahl, eine Kappungsgrenze einführen will, allerdings auf zwei Jahre befristet, und wer am liebsten die GBW-Wohnungen der Landesbank verscherbeln und privatisieren möchte, von dem brauchen wir hier keine Ratschläge in der Mietpolitik.
Sie haben die pfiffige Aktion der Gorillas in der Müllerstraße angesprochen.
Ist Ihnen denn bekannt, liebe Frau Kollegin Sandt, dass die Häuser, von denen Sie sprechen, teilweise baufällig sind? Wollen Sie denn wirklich und ernsthaft baufällige Häuser sozusagen auf die Schnelle renovieren und dann vermieten? Das ist doch ein Witz. Ist Ihnen bekannt, dass die Landeshauptstadt München anstelle der baufälligen Häuser in der Müllerstraße mehr soziale Wohnungen bauen will, keine einzige Eigentumswohnung oder private Wohnung, sondern Sozialwohnungen, und zwar mehr, als es dort jetzt gibt? Ist Ihnen das alles bekannt? Wenn ja, sollten Sie aufhören, hier populistische Äußerungen anzuführen, und stattdessen die Wohnungspolitik der Landeshauptstadt München objektiv bewerten. Es gibt keine einzige Stadt in Deutschland, die über 60.000 Wohnungen im Eigenbesitz hat. Darauf gehen Sie nicht ein, während Sie Landesbankwohnungen verscherbeln wollen. Das ist die Wahrheit.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es wird Zeit, dass sich das Parlament mit der Causa Christine Haderthauer beschäftigt, und zwar heute.
Es ist doch einiges zusammengekommen, wenn man die Berichte in den Zeitungen der letzten Tage liest: Weigerungen, Gespräche zu führen, pauschale Beschimpfungen von Journalisten, Vorwürfe der Manipulation gegenüber Fotografen. Und dann in der Folge die höchst unangenehme Konsequenz rechter Posts auf Facebook-Seiten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, das ist Grund genug, dass wir uns hier mit Frau Haderthauer auseinandersetzen und zu diesen Themen Aufklärung verlangen. - Liebe Frau Sozialministerin, es ist nicht das erste Mal, dass Sie auffallen. Ich will ein paar Punkte nennen.
- Darauf komme ich gleich noch. Frau Haderthauer, Sie haben sich geweigert, ein Gespräch mit den Würzburger Flüchtlingen zu führen. Sie haben das mit der Begründung abgelehnt, der Staat lasse sich nicht erpressen. Ich sage: Sie haben kein Interesse, mit Flüchtlingen zu sprechen, weil Sie dann Ihre Flüchtlingspolitik verteidigen müssten, die in der Tat nicht einem würdigen Umgang mit diesen Menschen entspricht.
Außerdem sage ich: Wer Gespräche verweigert, hat Angst.
Ich behaupte: Genau das ist der Grund, warum Sie mit den Flüchtlingen nicht sprechen wollen. Sie haben
Angst zu erklären, warum Sie die Menschen, die zu uns kommen, so behandeln, wie Sie sie behandeln.
Sie wollten verhindern, dass die Stadt München die Regelsätze der Sozialhilfe freiwillig erhöht. In der Presse war zu lesen: Haderthauer will das nicht zulassen. − Das ist dann Gott sei Dank nicht so gekommen, wie Sie wollten, aber auch das zeigt, welches Verständnis von Sozialpolitik Sie haben. Wenn eine Sozialministerin verhindern will, dass eine Kommune freiwillig mehr Leistungen für arme Menschen bezahlt, dann handelt sie gegen die Interessen der Menschen, die unsere Hilfe brauchen. Dabei geht es eben nicht um Flüchtlinge, sondern um Menschen, die Regelsätze in der Sozialhilfe beanspruchen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Frau Staatsministerin für Soziales verärgert die Wohlfahrtsverbände, indem sie Sozialberichte herausgibt, ohne mit ihnen zu sprechen, sie überrumpelt usw. usf. Sie haben sich gegen Zuschüsse für Arme bei der Rentenberechnung geäußert. Auch das ist in der langen Liste zu unserer Sozialministerin aufzuführen. Liebe Frau Haderthauer, Sie sind eine schlechte Repräsentantin der Sozialpolitik hier in Bayern und bundesweit.
Konkret geht es um Ihren Besuch in Würzburg. Sie haben am Treffen mit den Organisationen, die sich um Flüchtlinge kümmern, teilgenommen. Unter anderem waren Bischof Dr. Friedhelm Hofmann und andere wichtige Persönlichkeiten dabei, die sich mit der Flüchtlingspolitik auseinandersetzen und ohne die die Situation noch schlechter aussehen würde. Ich zitiere nun einen Teilnehmer an dem Gespräch: Beim Gespräch sei die "Eiseskälte der real existierenden CSUAsylpolitik" deutlich geworden. "Haderthauer zeigte uns die kalte Schulter".
Herzlichen Glückwunsch zu dieser Art und Weise, mit wichtigen Persönlichkeiten der Flüchtlingshilfe zu sprechen! Sie sind eine eiskalte Sozialministerin, wenn es um die Flüchtlingspolitik in Bayern geht.
Weiter wurde in der Zeitung aus dem Gespräch zitiert, die Ministerin habe Gesprächsteilnehmer "abgebügelt, aggressiv unterbrochen" und Fragen "teilweise mit kalter Häme" beantwortet. Danke schön im Interesse der Flüchtlinge und Asylbewerber für dieses letztendlich nicht menschenwürdige Verhalten gegenüber den Betroffenen, die zu uns kommen und unsere Hilfe brauchen! Herzlichen Glückwunsch zu dieser Art und Weise, mit Menschen umzugehen, und das im Zeichen der Christlich-Sozialen Union, liebe Kolleginnen
und Kollegen! Was Sie hier abgeliefert haben, ist unwürdig.
Nachdem infolge dieser Behandlung sowohl der Akteure in der Flüchtlingspolitik als auch der Flüchtlinge selber ein Sturm der Entrüstung in den Medien nachzulesen war, sollen plötzlich alle anderen schuld sein: Die Journalisten sind schuld, die falsch berichten und die Sie beschuldigen, dass man etwas schreibt, was gerade in die Story passt. Das ist Pauschalkritik an der Berichterstattung, nur weil Sie Ihnen nicht passt, liebe Frau Kollegin Haderthauer.
Das ist der eigentliche Grund: ein Pauschalangriff auf die öffentliche Berichterstattung.
Dann ist der Fotograf schuld, der ein Bild montiert. Das ist der Vorwurf der Manipulation, liebe Frau Kollegin Haderthauer, gegenüber all denen, die Bilder machen und sie veröffentlichen.
- Ich sage das, auch wenn Sie noch so laut schreien.
Sie werfen den Journalisten Manipulation der öffentlichen Berichterstattung vor. Das dürfen Sie als Repräsentantin dieses Landes nicht.
Dann sind die Flüchtlinge schuld, die Ihrer Meinung nach das Asylrecht missbrauchen. Es sind immer die anderen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nein, es sind nicht die anderen. Das Problem ist die Sozialministerin in Bayern. Es wird Zeit, dass das hier problematisiert wird. Ich empfehle Ihnen, sich hier zu entschuldigen, und zwar für Ihr gesamtes Verhalten in dieser Sache: bei den Journalisten, dem Fotografen, dem Flüchtlingsrat und den Flüchtlingen, die wahrlich kein schönes Leben hier haben, obwohl Sie manchmal den gegenteiligen Eindruck erwecken wollen.
Frau Sozialministerin, ich vermisse auch Ihre Distanzierung von den in der Folge und als Konsequenz auf Ihr Verhalten auf "Facebook" aufgetauchten rechtsradikalen Äußerungen. Nicht irgendwer hat das provoziert, sondern Sie, liebe Frau Sozialministerin.
Der Hinweis, dass jeder für seine Posts selbst verantwortlich sei, reicht eben nicht, um sich von solchen
Äußerungen zu distanzieren. Das Schlimme ist, dass daran deutlich erkennbar wird, dass man solche Tendenzen provozieren kann. Genau das haben Sie gemacht.
Ich werfe Ihnen nicht vor, dass Sie irgendetwas damit zu tun haben.
Ich werfe Ihnen vor, dass Sie solche Äußerungen auf "Facebook" provoziert haben. Sie haben das ermöglicht. Auch dafür sollten Sie sich entschuldigen, liebe Frau Kollegin Haderthauer.
Lieber Herr Kollege, das war ein schwacher Versuch, Ihre Ministerin zu verteidigen. Ich beantworte Ihre Fragen aber gerne. Ja, ich entnehme der Zeitung die politische Lage. Ich bin bis heute der Auffassung, dass man die öffentliche Berichterstattung durchaus ernst nehmen kann, wenn sie mir auch nicht immer gefällt, im Gegensatz zu Ihrer Ministerin, die offensichtlich den Eindruck zu erwecken versucht, dass hier manipulierend berichtet würde.
Und ja, ich habe keinen Zweifel daran, dass das Zitat eines Teilnehmers, das als solches in der Zeitung gekennzeichnet ist, stimmt. Ich wiederhole: "Eiseskälte …".
Ich wiederhole: Herr Pfarrer Burkhard Hose hat gesagt − ich zitiere noch einmal -: Eiseskälte der real existierenden CSU-Asylpolitik ist deutlich geworden. Das ist Zitat. Wenn Sie es anzweifeln, empfehle ich Ihnen, geeignete Schritte einzuleiten.
Frau Kollegin Stamm, dass Sie soziale Kompetenz haben, bezweifelt niemand. Die haben Sie bewiesen. Das war auch nicht Gegenstand der Diskussion von heute. Mich würde interessieren, wie Sie es beurteilen, dass die bayerische Sozialministerin Gespräche mit Betroffenen verweigert, und zwar nicht das erste Mal. Mich würde interessieren, wie Sie es beurteilen, dass Journalisten, die missliebig schreiben, pauschal verurteilt werden, und dass Fotografen der Manipulation verdächtigt werden. Mich würde interessieren, wie Sie es werten, dass gerade Sie und Ihre Fraktion eine Erweiterung der Erstaufnahmeeinrichtungen seit Jahren verweigern. Sie haben eben selber davon gesprochen, dass es zu wenig Unterkünfte für die Erstaufnahme gibt.
Wie beurteilen Sie, dass es immer noch − Frau Kollegin Schopper hat es gesagt − Essenspakete und so weiter und so fort gibt?
Im Interesse einer sachlichen Diskussion würde es mich auch interessieren, wie Sie es beurteilen, dass Ihre Fraktion vor der Beratung des Doppelhaushalts die Mittel für die Beratung von Asylsuchenden und Flüchtlingen gekürzt hat, was Sie jetzt wieder rückgängig gemacht haben und was anzuerkennen ist. Darum geht es in der Debatte. Genau zu diesen Themen haben Sie nichts gesagt. Ich bin nicht empfindlich. Sie können mich auch beschuldigen. Ich würde persönliche Angriffe sogar starten.
Es wäre einmal interessant zu erfahren, welche persönlichen Angriffe Vertreterinnen und Vertreter Ihrer Fraktion in den letzten Plenarsitzungen hier zum Besten gegeben haben. Aber sei’s drum.
Mich würde interessieren, wie Sie das Verhalten der Sozialministerin in der Sache in den letzten Monaten beurteilen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man Herrn Seidenath so hört, muss man als unbeteiligter Zuhörer den Eindruck bekommen, die Asylpolitik und die Lage der Asylbewerber, der Flüchtlinge hier in Bayern, sei eine Insel der Seligen, ein Schlaraffenland sozusagen. Lieber Herr Kollege Seidenath, ich kann die Aussage von Frau Kollegin Tolle bestätigen. Das Gegenteil ist der Fall. Ihre Asylpolitik macht krank.
Das kann man schon sehen, wenn man die Zeitungen liest, die Demonstrationen der Betroffenen sieht oder mit den Betroffenen spricht. Wir werden morgen im sozialpolitischen Ausschuss einen Bericht erhalten. Herr Kollege Seidenath, Sie werden dann sehen: Ihre Asylpolitik macht krank.
Es geht nicht um die Frage, ob das eine oder andere verbessert wurde. Es gab Verbesserungen, zum Beispiel die Erhöhung der finanziellen Zulagen. Das ist keine Frage. Es gab auch Verbesserungen bei der Beratung. Dies ist jedoch nicht der Kernpunkt der Debatte, die wir zu diesen drei Anträgen führen. Der Kernpunkt ist die Frage, ob wir eine Asyl- und Flüchtlingspolitik betreiben wollen, deren Überschrift lautet: Sie sind uns willkommen und eine Bereicherung unserer Gesellschaft, oder ob wir eine Flüchtlingspolitik betreiben wollen, über der steht: Sie sind uns nicht willkommen. Sie müssen wieder zurück. Wir haben Misstrauen und wollen Sie eigentlich nicht haben.
Letzteres ist Ihre Linie der Flüchtlingspolitik. Unsere Linie ist eine andere. Lieber Herr Kollege Seidenath, dabei geht es nicht um Detailfragen, sondern um Grundsatzfragen. Ich möchte ein paar dieser Grundsatzfragen nennen, die Sie hier immer wieder übergehen und versuchen, sie mit kleinen Detailthemen zu überspielen.
Artikel 1 des Grundgesetzes lautet:
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Oktober 2012 waren in Zirndorf 1.043 Menschen untergebracht. Aktuell sind es 683 Menschen. Sie leben in Containern und Zimmern, die für sechs Menschen vorgesehen, teilweise aber mit acht Menschen belegt sind. Frau Staatsministerin, so schön die neuen Container sein mögen, in ihnen befinden sich lediglich ein Stockbett, ein Tisch, zwei Stühle und ein Spind. Nennen Sie das menschenwürdig, wenn Menschen, die zu uns kommen, so über Jahre hinweg wohnen müssen? Nein, meine Definition von Menschenwürde ist das nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für 100 Menschen steht eine Küche zur Verfügung. Sechs-Bett-Zimmer sind mit acht Personen überbelegt. Noch schlimmer wird es, wenn man den Blick in die Flüchtlingseinrichtung Würzburg richtet: Sie ist für 700 Personen ausgelegt und eingezäunt. Zum Betreten braucht man eine Erlaubnis. Man muss dazu seinen Pass abgeben. Patrouillen des Sicherheitsdienstes sind im Einsatz. Familien mit zwei Kindern leben zusammen auf 24 Quadratmetern. Pro Stockwerk stehen ein Waschraum, eine Gemeinschaftsdusche und eine Toilette für 80 Personen zur Verfügung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nennen Sie das menschenwürdig, trotz aller Verbesserungen, die nicht wegzudiskutieren sind?
Ich sage: Das hat mit Menschenwürde nichts, aber auch gar nichts mehr zu tun. Richten wir unseren Blick auf das Männerhaus in Würzburg. Acht Männer leben in einem Zimmer. Für 50 bis 60 Personen steht eine Dusche zur Verfügung. Nennen Sie das menschenwürdig? Ich sage: Das ist menschenunwürdig. Das ist der Kernpunkt der Flüchtlingspolitik hier in Bayern. Ich möchte diese Debatte noch mit dem Zitat eines Bewohners, eines Flüchtlings, bereichern, der
gesagt hat: Sie behandeln uns nicht wie Menschen. Sie, damit ist die bayerische Bevölkerung gemeint.
Das ist die Realität in den Flüchtlingseinrichtungen. Da hilft es auch nicht, wenn Sie vorbeten, dass Sie wieder irgendwo drei Stellen geschaffen haben. Nein, wir brauchen einen Paradigmenwechsel im Sinne von Teilhabegerechtigkeit und Menschenwürde in der Flüchtlingspolitik. Das ist der Kernsatz dieser Debatte. Alles andere ist Ablenkung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt in der Tat ein universelles Menschenrecht in Artikel 25 der Menschenrechtsdeklaration der UN, nämlich das Recht auf Arbeit. Sie handeln genau dagegen.
Sie und Ihre Freunde in Berlin haben ein Arbeitsverbot für Asylbewerber erlassen; ebenso gilt die Nachrangigkeitsregel. Das hat nichts mit dem Recht auf Arbeit zu tun. In der Bayerischen Verfassung gibt es auch einen Artikel 100. Dieser Artikel sichert einen unantastbaren Bereich der privaten Lebensgestaltung. Ich wiederhole: Einen unantastbaren Bereich der privaten Lebensgestaltung. Er verbürgt ferner ein menschenwürdiges Existenzminimum. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen Sie die Pflichtunterbringung in völlig überfüllten, mit menschenunwürdigen Zuständen gesegneten Einrichtungen denn wirklich mit dem Artikel 100 der Bayerischen Verfassung für vereinbar erklären? Das können selbst Sie nicht, wenn Sie wirklich in sich gehen und nachdenken.
Ist die Residenzpflicht mit dem Artikel 100 der Bayerischen Verfassung vereinbar, in dem den Menschen ein unantastbarer Bereich privater Lebensgestaltung zugesichert wird? Die Residenzpflicht bedeutet exakt das Gegenteil. Es mag so sein, dass Juristen und Rechtskundige diese beiden Dinge für vereinbar erklären. Das ist eine formaljuristische Diskussion. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite gibt es aber vor dem Hintergrund solcher Gesetze auf keinen Fall eine moralische Legitimation, eine solche Flüchtlingspolitik zu betreiben, wie Sie dies tun.
Das Taschengeld, also die Finanzzuweisungen, wurde von vormals 40 auf jetzt 137 Euro erhöht. Das ist anzuerkennen. Sie sollten jedoch mehr Demut walten lassen. Sie verkünden das als die Wohltat schlechthin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, von 137 Euro würde keiner von uns hier im Saal auch nur einen halben Monat leben können. Sie sprechen hier von Teilhabe an dieser Gesellschaft. Wer weiß, dass
eine Kinokarte und ein Ticket im öffentlichen Personennahverkehr 20 Euro kosten, weiß, dass dies für eine Teilhabe nicht reicht.
Ich möchte einen letzten Punkt ansprechen: Wir alle halten die christlichen Wertvorstellungen immer wieder hoch, Sie vielleicht mehr als andere. Das muss jeder für sich entscheiden. Ich sage Ihnen aber eines: Sie verstoßen hier moralisch und ethisch nicht nur gegen geltende Verfassungsgesetze, das Grundgesetz und internationales Recht, Sie verstoßen auch ganz gravierend gegen Ihre eigenen Ansprüche, nämlich die christlichen Werte, die Sie immer so gern hochhalten. Ich sage das nicht, weil ich Ihnen etwas Böses will. Vielmehr haben die deutschen und die bayerischen Bischöfe vor Kurzem erklärt, dass Ihre Asylpolitik so nicht geht.
Die Bischöfe haben das ganz konkret formuliert. Die Bischöfe, die Gralshüter der christlichen Soziallehre, haben gesagt: Die Residenzpflicht muss weg. Die Bischöfe haben gesagt: Es ist eine Sache der Menschenwürde, die Arbeitsaufnahme zu ermöglichen.
Es ist letztendlich nicht nur ein rechtliches Thema, sondern wir diskutieren hier die christlichen Werte. Ich sage Ihnen: Sie verstoßen gegen die christlichen Werte, die Sie jeden Sonntag in die Kirche tragen.
Das sollten Sie sich einmal gut überlegen. Das ist der Grundsatz dieser Debatte. Wir werden den drei Anträgen zustimmen, weil sie den Kern treffen. Sie sollten, wenn Sie sich selber sonntags oder sonst wo ernst nehmen, diesen Anträgen zustimmen.
Frau Präsidentin, der Herr Staatsminister hat mich eben beschuldigt, ich beschuldigte die Koalitionsfraktionen wiederum vorsätzlich und die Regierung wegen ihrer Flüchtlingspolitik. Ich will hier klarstellen: Meine Äußerungen, denen zufolge Sie die christliche Soziallehre verletzen, beruhten nicht auf einer persönlichen Meinung des Abge
ordneten Pfaffmann, sondern auf der Erklärung der Bischöfe in ihrer Frühjahrsvollversammlung in Waldsassen in der Oberpfalz. Diese erklärten, die Residenzpflicht solle abgeschafft und die Arbeits-, Studien-, Schul- oder Arbeitsplatzsuche ermöglicht werden, und es sei ein Gebot der Menschenwürde, ihnen Bildung oder Arbeitsaufnahme zu ermöglichen. Alle diese Positionen lehnen Sie mit der heutigen Ablehnung der heutigen Anträge ab. Deshalb meine Aussage, dass Sie gegen die christliche Soziallehre verstoßen, und dabei bleibe ich.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Staatsministerin, Sie haben recht: Unsere Pflegekräfte leisten Großes, tagsüber, nachts und am Wochenende. Ich würde mir wünschen, dass sie besser bezahlt würden.
Ich würde mir wünschen, dass Sie an unserer Seite dafür kämpften, dass eine ausreichende Zahl von Pflegekräften in den Einrichtungen beschäftigt ist. Ich würde mir auch wünschen, dass Sie Ihren Widerstand gegen eine kostenfreie Ausbildung dieser Kräfte aufgeben.
Schließlich würde ich mir wünschen, dass die Absicherung des Pflegefallrisikos nicht auf die Familien delegiert wird, weil dadurch diese Familien in die Armut geführt würden. Damit wollte ich eine kleine Übersicht über das Problem geben, über das wir reden.
Sie tragen mit diesem Gesetzentwurf einem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs Rechnung. Das ist in Ordnung. Auch Ihre Vorlage ist im Prinzip in Ordnung. Allerdings gibt es einige Punkte, über die wir diskutieren müssen. Darauf werden wir sicherlich in der Ausschussberatung zu sprechen kommen.
Sie haben in Artikel 17 a Absatz 2 den Maßstab festgelegt, nach dem geprüft werden soll. Dieser Maßstab entspricht dem anerkannten Stand der pflegewissenschaftlichen Erkenntnis. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin sehr gespannt, was aus Ihrer Sicht der anerkannte Stand der pflegewissenschaftlichen Erkenntnis ist und wie Sie ihn definieren. Die ganze diffuse Situation macht eine Verordnung notwendig. Ich bin sehr gespannt, wie im Rahmen einer solchen Verordnung eine genaue und objektive Prüfung, die auch rechtsfest ist, aussehen wird. Wenn dies nicht gelin
gen sollte, werden die Träger klagen. Sie haben gesagt, Ihr Haus arbeite daran. Wir werden sehen.
Ich bin der Meinung, die Prüfkriterien, die durchaus transparent sein sollten, sollten festgelegt werden. Frau Vorsitzende, wir müssen im Ausschuss dafür einen Weg finden. Wir müssen durch die Beteiligung der Fachverbände bei dieser Festlegung der Prüfkriterien Objektivität sicherstellen. Ich bin davon überzeugt, dass es besser wäre, die Prüfkriterien in einem Landtagsausschuss festzulegen und sie nicht auf dem Verordnungswege von der Verwaltung fixieren zu lassen. Soviel zu meiner Bewertung dieses Gesetzentwurfs. Uns passt es nicht, das sage ich ganz offen, dass diese Verordnung, die objektive Kriterien festlegen soll, nicht öffentlich diskutiert werden darf. Deshalb werden wir im Ausschuss ausführlich darüber sprechen, wie es gelingen kann, objektive Prüfkriterien festzulegen. Ein transparentes Verfahren ist sinnvoll. Auch wir sind dieser Meinung. Die Beteiligung der Fachverbände und des zuständigen Ausschusses bei der Festlegung der Prüfkriterien ist ebenfalls sinnvoll.
Lassen Sie mich zum Schluss noch eine Bemerkung machen: Prüfkriterien sind völlig in Ordnung. Wir wollen sie auch. Wir wollen, dass die Angehörigen wissen, wie ein Heim oder eine Pflegestelle zu bewerten sind. Häufig sind Prüfkriterien aber auch gefährlich. Manchen Einrichtungen wird unrecht getan, wenn keine objektiven Prüfberichte veröffentlicht werden. Nicht jeder Pflegeexperte legt objektive Kriterien an, wenn er öffentlich über die eine oder andere Einrichtung herzieht. Deswegen brauchen wir größtmögliche Objektivität. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn diese sichergestellt ist, sind wir dafür, Prüfberichte zur Orientierung für die Angehörigen zu veröffentlichen.
Die Prüfberichte sind sicher nicht das allergrößte Thema, mit dem wir uns hier beschäftigen. Wir sollten uns in diesem Hause viel stärker mit der Frage beschäftigen, wie das Lebensrisiko Pflege für die Angehörigen besser abgesichert werden kann. Das ist die entscheidende Frage; alles andere sind Details, die wir lösen werden.
Frau Kollegin Sandt, sind Sie denn sicher, dass Sie zum richtigen Gesetzentwurf geredet haben? Sie versuchen die ganze Zeit, eine Gemeinschaftsschule abzulehnen. Ist Ihnen denn bewusst, dass in dem Gesetzentwurf, der hier zur Beratung steht, das Wort "Gemeinschaftsschule" gar nicht drinsteht?
Sie sind noch nicht dran.
Na also, das sage ich doch. Danke schön.
Sie reden die ganze Zeit von Bildungspolitik, vom dreigegliederten Schulsystem und von vielen anderen Dingen; die sind ja alle wunderbar. Sie haben im Übrigen in allen Fragen nicht recht. Das, wovon Sie sprechen, steht in diesem Gesetzentwurf nicht drin. In diesem Gesetzentwurf steht drin, dass da, wo Eltern, Lehrer und Kommunen, also die Schulfamilie, das gerne hätten, alternative Schulmodelle zugelassen werden sollen. Im Gesetzentwurf steht übrigens auch nicht drin, dass alle dazu verpflichtet werden sollen, alternative Schulmodelle einzuführen; das steht nirgends drin. Sie lehnen also etwas ab, was da gar nicht drinsteht. Ich würde Sie sehr bitten, in einer Gesetzesberatung auch zum Gesetz zu reden und nicht zu irgendetwas.
Deswegen frage ich Sie noch einmal, liebe Frau Kollegin Sandt:
Sind Sie dagegen, dass da, wo alle das wollen, die Schule, die Kommunen, die Gemeinderäte, die Lehrer, die Eltern, alternative Schulmodelle − ich habe im Übrigen auch nicht gesagt, welche − zugelassen werden, oder wollen Sie mit Ihrer Ablehnung den Regionen verbieten, dass alternative Schulmodelle zugelassen werden, wie sie in ganz Europa üblich sind? Das steht zur Abstimmung, und wir führen hier nicht irgendeine schulpolitische Debatte. Wenn Sie heute diesen Gesetzentwurf ablehnen, verbieten Sie den Regionen, innovative und alternative Schulmodelle zuzulassen. Wollen Sie das wirklich,
nachdem Sie, liebe Frau Sandt, vor der Landtagswahl den Menschen versprochen haben, dass Sie eine andere Schulform zulassen wollen?
Lehnen Sie das jetzt heute ab?
Frau Staatsministerin, in Ihrer bekannten Art und Weise haben Sie der bayerischen Bevölkerung wieder mal einen Strauß von Halbwahrheiten und Schönfärbereien unterbreitet.
Aus diesem Grund möchte ich Sie mit ein paar Fragen konfrontieren, deren Beantwortung Sie aus Ihren Reden immer wieder tunlichst ausblenden. Ich denke dabei zum Beispiel an die Frage, warum in diesem wunderbaren sozialen Bayern 90.000 Menschen nach Feierabend aufs Sozialamt gehen müssen, damit sie ihre Familien ernähren können, während Sie nach wie vor jede Art von Mindestlohn oder Tariftreueregelung ablehnen.
Das ist Punkt eins.
Punkt zwei. Können Sie mir erklären, warum in der Pflegepolitik, die Sie so loben und preisen, Ihre Partei die Umsetzung des Demenzbegriffes und die Aufnahme in die Finanzierung der Betreuung demenzkranker Menschen ablehnt? Warum lehnt Ihre Partei das ab? Diese Haltung steht in krassem Widerspruch zu dem, was Sie hier gesagt haben.
Ferner möchte ich Sie fragen, warum Sie hier immer wieder mit Halb- und Unwahrheiten argumentieren.
Beispielsweise haben Sie gesagt, Sie unterstützten die generalistische Pflegeausbildung. Ich darf Sie
demgegenüber daran erinnern, dass Ihre Partei entsprechende parlamentarische Anträge hier im Hause abgelehnt hat.
Sie sagen auch immer wieder, Sie wollten die kostenfreie Ausbildung in den Pflegeberufen. Darf ich Sie daran erinnern, dass es Ihre Partei war, die im Hause parlamentarische Anträge auf Kostenfreiheit der Ausbildung in Pflegeberufen abgelehnt hat?
Das heißt: Sie bringen hier rhetorisch wohlformuliert einen Strauß von tollen Dingen, die mit der Wahrheit nichts zu tun haben. Sie, liebe Frau Staatsministerin, sagen bewusst die Unwahrheit.
Sie sagen bewusst die Unwahrheit.
Erneut behaupten Sie, bei der Kinderbetreuung sei München hinten dran. Das ist die Unwahrheit.
Herr Präsident, lieber Herr Staatsminister! Sie haben uns bei der Unterstützung der Hilfsorganisationen an Ihrer Seite. Wir beraten heute ein Gesetz, das für die Notfall- und Krankenversorgung in Bayern eine große Bedeutung hat. Ich will die Gelegenheit nutzen, mich auch für meine Fraktion ganz herzlich bei den Hilfsorganisationen zu bedanken, die bisher nicht nur in den Ballungszentren, sondern flächendeckend − das spielt hier eine große Rolle − für eine schnelle, kompetente, qualitätsvolle Versorgung der Verunglückten oder der hilfebedürftigen Personen gesorgt haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bedaure − das darf ich schon sagen -, dass die Vorrangstellung der Hilfsorganisationen durch das Verfassungsgerichtsurteil sozusagen infrage gestellt worden ist. Ich bedaure das, weil ich sehe, dass die Hilfsorganisationen bisher bestens gearbeitet und die Rettungskette in Bayern kompetent, flächendeckend und schnell organisiert haben. Ich finde dieses Verfassungsgerichtsurteil schwierig, aber man muss damit umgehen − keine Frage.
Das Innenministerium hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem man durchaus in der Lage ist, den rettenden Hilfsorganisationen in dieser Frage zu helfen. Das erkennen wir an. Die Verknüpfung von Rettungsleistungen mit Vorhaltungen für Großschadensereignisse ist genau der richtige Weg. Es kann nämlich nicht sein, Kolleginnen und Kollegen, dass man Rosinenpickerei betreibt und sich im Bereich des Rettungsdienstes gezielt wirtschaftliche Bereiche herauspickt, während man dann, wenn es darum geht,
teure Vorhaltungen für Großschadensereignisse und Katastrophenfälle zu haben, nicht mehr dabei ist. Das ist nicht unsere Auffassung eines funktionierenden Rettungsdienstes. Deswegen ist die zukünftige Verknüpfung, die in Ihrem Gesetzentwurf zu Ausschreibungen für Rettungsdienste bei gleichzeitigem Vorhalten für Großschadensereignisse, also für Katastrophenfälle vorgesehen ist, richtig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt offene Fragen in diesem Gesetzentwurf. Ich verweise dabei auf die Stellungnahme der Verbände. Sie, Herr Innenminister, haben das angesprochen. Es gibt Abrechnungsfragen und organisatorische Fragen, die zu beantworten sind. Ich will in diesem Zusammenhang nur auf die Luftrettung hinweisen. Da wird es sicherlich Übergangslösungen geben müssen, aber ich denke, die kann man auch noch im Rahmen der Ausschussberatungen entsprechend organisieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin allerdings auch der Auffassung, dass es im Rahmen der Novellierung des Rettungsdienstgesetzes eine Möglichkeit gibt, die tarifliche Bezahlung der Betroffenen anzusprechen und im Zusammenhang mit der Frage der Beschäftigung der Kolleginnen und Kollegen im Rettungsdienst auf den Tariflohn hinzuweisen.
Aber auch das werden wir im Rahmen der Ausschussberatungen problematisieren und uns entsprechend einbringen.
Grundsätzlich kann ich Unterstützung für diese Novellierung zusagen, vor allen Dingen deshalb, weil sie im Kern die klassischen Hilfsorganisationen unterstützt und gleichzeitig ein Verfassungsgerichtsurteil umsetzt. Das finden wir prima. In diesem Sinne freuen wir uns auf die Ausschussberatungen.
Lieber Herr Kollege Bertermann, Sie müssten zunächst definieren, was Sie mit "andere Hilfsorganisationen" meinen. Dann könnte man konkret antworten. Ich schließe da gar nichts aus. Der Gesetzentwurf hat die richtige Antwort, nämlich: Es gibt Ansprüche an die Qualität und an Vorhaltungen bei künftigen Bewerbungen. Im Gesetzentwurf steht auch, dass jeder, der sich an die Ausschreibungskriterien hält und von der zuständigen Stelle, nämlich dem Rettungszweckverband, einen Zuschlag erhält, das machen kann. Aber mit diesem Gesetzentwurf wird es sicherlich schwierig, kleine Bereiche herauszunehmen, ohne sich im Hintergrund für Großschadensereignisse zu rüsten. Das geht nicht. Das ist, finde ich, der richtige Weg.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich zunächst zur Geschäftsordnung zu Wort gemeldet. Ich beantrage eine Änderung der heutigen Tagesordnung mit dem Ziel, die Zweite Lesung zum Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz abzusetzen. Das werde ich jetzt begründen.
Wir haben heute ein sehr wichtiges Gesetz mit massiven Auswirkungen auf die Träger von Kindertageseinrichtungen vor uns. Wir haben ein Gesetz endzuberaten, welches massive Auswirkungen auf Eltern, auf die Qualität der Bildung, auf die Finanzierung und vieles andere hat.
Zu dem Gesetzentwurf gab es über 80 Petitionen. Zu deren Beratung gab es heute Morgen eine Sondersitzung. Das kommunikative Ende der Sitzung war um 9.30 Uhr. Bis 9.30 Uhr konnten wir die Petitionen aber nicht zu Ende beraten, sodass genau zu diesem Thema noch viele Petitionen offen sind. Heute soll ein Gesetz beschlossen werden, obwohl viele Petitionen, die sich mit wesentlichen Inhalten des BayKiBiG beschäftigen, noch nicht beraten sind. Ich halte das für eine Missachtung des Petitionsrechts.
Ich halte es auch für eine Missachtung der Anliegen der Petentinnen und Petenten, die sich zu wesentlichen Punkten des Gesetzentwurfs geäußert haben, nämlich zur Erhöhung des Basiswertes, zur besseren Finanzierung, zur Verbesserung der Anrechnungsschlüssel, zur besseren Finanzierung des BayKiBiG insgesamt, zu einer Erhöhung von Gewichtungsfaktoren − also zur Berücksichtigung besonderer Situationen von Kindern − und zu vielen anderen Punkten. Diese Petitionen sind noch nicht beraten.
- Genau! Danke für den Hinweis. Auch die Stadt Augsburg hatte durch den Oberbürgermeister eine Petition eingereicht, die heute nicht beraten worden ist.
Wenn Sie heute mit der abschließenden Beratung dieses Gesetzentwurfs Fakten schaffen, Kolleginnen und Kollegen, dann ist auch das ein deutliches Zeichen gegenüber den Petentinnen und Petenten. Dieses Zeichen heißt: Es ist uns völlig egal, was Sie hier vorschlagen; wir werden dieses Gesetz auf Teufel komm raus heute beschließen.
Ich beantrage die Absetzung dieser Zweiten Lesung auch im Namen der anderen Oppositionsfraktionen, das heißt auch der Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN und den FREIEN WÄHLERN, die im sozialpolitischen Ausschuss heute ein seltsames Schauspiel erleben durften. Es wurden über 80 Petitionen im Schweinsgalopp durchgehechelt.
Wir haben uns gemeinsam entschieden, die Absetzung dieser Zweiten Lesung zu beantragen. Ich bitte die Regierungsfraktionen, sozusagen ihrer Position als Vertreter des Volkes Rechnung zu tragen und dieser Absetzung zuzustimmen, damit ausreichend Gelegenheit besteht, diese Petitionen, die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger in dieser Gesetzesberatung ausreichend zu würdigen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einer Klarstellung zu dem Wortbeitrag des Kollegen Unterländer beginnen: Er hat gesagt: "Wir haben eine Anhörung durchgeführt", und somit den Eindruck erweckt, die Regierungsmehrheit habe hierfür für eine Anhörung gesorgt. Zur Klarstellung darf ich festhalten: Sie mussten zu dieser Anhörung gezwungen werden, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition.
Sie wollten eigentlich gar keine. Im Gegenteil, Sie wollten dieses Gesetz kurz vor der Sommerpause möglichst still und leise durchpeitschen.
Nur der Opposition ist es zu verdanken, dass es noch zu einer Anhörung gekommen ist. Gleichwohl stelle ich fest, dass in dem Gesetzentwurf nahezu keine Forderung der Verbände und Organisationen, die bei der Anhörung zahlreich vertreten waren, berücksichtigt worden ist. Auch das gehört zur Wahrheit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir beraten heute über ein Gesetz, das für die Erziehung, Bildung und Betreuung der Kinder von entscheidender Bedeutung ist. Mittlerweile herrscht in der Gesellschaft und in der politischen Landschaft Konsens, dass Bildung vor der Schule auch Bildung ist.
Wenn Bildung vor der Schule auch Bildung ist, muss diese aber auch entsprechend finanziert werden. Dann geht es nicht an, bei der Finanzierung Unterschiede zu machen.
Nächster Punkt: Der Stellenwert der Bildung, auch der frühkindlichen Bildung, wird immer wieder betont, vor allen Dingen in Sonntagsreden oder bei der Eröffnung von Kindertageseinrichtungen. Es wird immer wieder gesagt, wie bedeutend doch die frühkindliche Bildung sei. Ich stelle fest: Diese immer wieder vorgetragene Bedeutung findet in dem vorliegenden Gesetz keinerlei Berücksichtigung.
Auch die Behauptung, das Gesetz bedeute einen Qualitätsschub, weisen wir zurück. Vor allen Dingen die Frau Staatsministerin gewichtet offenbar die öffentliche Wirkung von Ankündigungen höher als tatsächliche Verbesserungen.
Das Gesetz führt nicht zu einem Qualitätsschub, sondern eher zu einem Rückschritt, was die Qualität in unseren Einrichtungen angeht. Bevor ich diese Aussage begründe, will ich noch ein paar Sätze zur Finanzierung sagen: Sie von der Koalition beschließen heute ein Gesetz, dessen finanzielle Auswirkungen Sie noch nicht kennen. Sie sehen 33 Millionen Euro für die Verbesserung des Anstellungsschlüssels vor, können das aber nicht konkretisieren. Auf unsere entsprechende Frage erhielten wir die Antwort, darüber verhandele man mit Trägern und Gemeinden.
Sie wissen nichts von den Auswirkungen des Gesetzes. Schon das zeigt, wie schlampig Sie gearbeitet haben, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition.
Ich will auch mit der immer wieder gern gewählten Formulierung, man betreibe die Entlastung der Eltern, aufräumen. Ja, es stimmt: Im letzten Kindergartenjahr sollen die Eltern von Beiträgen entlastet werden. Sie verschweigen, dass der verpflichtende Anstellungsschlüssel nahezu 80 Millionen Euro kosten wird − so die Verbände -, Sie aber maximal 33 Millionen bereitstellen. Das heißt in der Konsequenz: Die Finanzierung des Mindestanstellungsschlüssels müssen Träger und Kommunen leisten. Die Kommunen werden die Belastungen nicht vollständig auffangen können, die Träger auch nicht. Ich behaupte: Die Eltern werden höhere Beiträge zu leisten haben, und zwar vom ersten Tag des Kindergartenbesuchs an. Mit anderen Worten: Zunächst einmal müssen Eltern über mehrere Jahre hinweg höhere Beiträge zahlen, damit sie im letzten Kindergartenjahr um 50 Euro entlastet werden können. Ich behaupte, dass dieses Gesetz − in der
Konsequenz betrachtet − die Eltern insgesamt mehr belasten wird, als Ihre Entlastungsbeiträge für Eltern letztendlich hergeben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf die Frage, wer den Mindestanrechnungsschlüssel bezahlen soll, hört man aus dem Ministerium: Da müssen die Träger zu den Kommunen gehen. Siehe "Nürnberger Nachrichten"! Hierzu stelle ich fest: Sie greifen bei der Frage der Kinderbetreuung und -bildung ganz ungeniert in die öffentlichen Kassen der Gemeinden und Städte. Das ist ein Grund dafür, dass diese das Gesetz ablehnen. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Träger. Ich darf Ihnen das einmal ausrechnen. Sie haben 33 Millionen Euro für angebliche Qualitätsverbesserungen in diesem Gesetz eingestellt; brauchen würden wir 80 Millionen. Wenn wir nun die 33 Millionen nehmen und mit den circa 500.000 Kindern in Bayern und den 8.400 Einrichtungen in Bezug setzen, kommen wir auf eine Verbesserung von sechs Euro pro Kind. Ich gratuliere Ihnen, Herr Unterländer, und Ihnen Frau Sozialministerin, zu dieser grandiosen Qualitätsverbesserung von sechs Euro pro Kind. Das ist geradezu lächerlich. Und da titeln Sie in Ihrer Presseerklärung: "Qualitätsschub durch das BayKiBiG". Das können Sie vergessen; es funktioniert genau anders herum.
Sie berücksichtigen in gar keiner Weise besondere Situationen bei der Betreuung. Es wird nicht berücksichtigt, wenn Kinder einen besonderen Bedarf haben. Das drücken schon die Gewichtungsfaktoren aus. Bei diesen gibt es keine Änderung. Also: Wo ist denn die Qualitätsverbesserung, wenn es um die Berücksichtigung von Kindern mit besonderem Betreuungsbedarf oder Bildungsbedarf geht?
Ein Weiteres. Auch die Lage der Erzieherinnen und Erzieher wird in gar keiner Weise berücksichtigt. Die Arbeitsbedingungen in den Kindertageseinrichtungen sind schlecht. Trotzdem gibt es hier keinerlei Verbesserung für das entsprechende Fachpersonal.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dieser Meinung stehen wir nicht allein.
Wir erfinden diese Argumente auch nicht in unserer Parteizentrale, sondern wir reden mit den betroffenen Verbänden und Organisationen. Ich verlese sie einmal ganz einfach, damit Sie wissen, wer sich alles zu diesem Gesetz geäußert hat. Das war unisono negativ. Es gibt von folgenden Verbänden Ablehnung und die massive Forderung nach Nachbesserungen: Der
Evangelische Kindertagesstättenkreis, die Arbeiterwohlfahrt, das Bayerische Rote Kreuz, die Bischöflichen Ordinariate in Bayern, die Caritasverbände, der Verband der Katholischen Kindertagesstätten in Bayern, die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, der Diözesanrat der Katholiken, der Landesverband katholischer Kindertageseinrichtungen in Bayern, die Lebenshilfe im Landesverband Bayern, sämtliche Elternverbände, der Städtetag, der Gemeindetag und der Landkreistag. Alle diese Verbände und Organisationen lehnen Ihren Gesetzentwurf in der Sache ab.
Deswegen handeln Sie hier nicht nur gegen die Petenten und Petentinnen, sondern Sie handeln auch gegen die gesamte Fachwelt in der Kinderbetreuungspolitik in Bayern. Das muss Ihnen bewusst sein.
Frau Kollegin, da ist sie wieder: die immer wieder beschworene Wichtigkeit der Kinder. Ohne Kinder ist alles nichts, Kinder sind unsere Zukunft − das haben Sie soeben wieder erklärt. Deswegen würde mich jetzt interessieren: Sind Sie als Teil der Regierungskoalition bereit, dieser Forderung auch endlich etwas Geld nachzuschieben, um diese Aussage zu untermauern?
Die Verbände haben folgende Rechnung aufgemacht: Sie stellen 33 Millionen zur Realisierung des Anstellungsschlüssels von 1 : 11,0 bereit, einen Betrag, der von vornherein nicht ausreicht. Die Verbände sagen, es seien 80 Millionen erforderlich, um das zu realisieren. Der Anstellungsschlüssel − das bedeutet, mehr Personal für die Kindertageseinrichtungen − ist mit 50 Millionen Euro unterfinanziert. Das wird letztendlich dazu führen, dass die Elternbeiträge steigen und den Kommunen und den Trägern ungeniert in die Kasse gegriffen wird. Sind Sie denn bereit, diesen Qualitätsverbesserungsanspruch ausreichend zu finanzieren,
um mehr zu tun, als hier schöne Worte zu sagen?
Was sagen Sie eigentlich zum Vorwurf des Städtetages, dass dieses Gesetz rechtswidrig ist, weil die Finanzierung nicht gesichert ist? Sind Sie bereit, aufgrund des Vorwurfs der fehlenden Rechtssicherheit den Gesetzentwurf zurückzuziehen?
Herr Kollege Runge, es wird Sie nicht wundern, dass ich mich noch einmal zu Wort melde. Zum Ersten. Ich habe Ihrer Argumentation aufmerksam zugehört, die Sie seit Monaten und Jahren vortragen. Allerdings habe ich bis auf Selbstverständlichkeiten keine Alternativvorschläge gehört. Die Ertüchtigung und die Verbesserung der Signale sind Selbstverständlichkeiten. Sie haben heute keine Alternative zur zweiten Stammstrecke präsentiert, sondern haben mit Griff in die 20 Jahre alte Mottenkiste das vorgetragen, was Sie schon immer sagen.
Zum Zweiten: Sie haben eine erstaunliche Präsentation über die fachliche Beurteilung der Röhre gegeben. Lieber Herr Kollege Runge, die gesamte Gutachterwelt − alle Gutachten, die vorliegen, alles, was auf dem Tisch liegt − bezeichnet die zweite Stammstrecke als alternativlos. Nur Herr Kollege Runge aus dem Bayerischen Landtag weiß es besser. Der Herr Mattar weiß es auch besser. Insofern − das mögen Sie mir verzeihen − verlasse ich mich auf die vorliegenden Gutachten der Fachleute und nicht auf immer wieder vorgetragene Anzweifelungen.
Zum Dritten: Sie haben gerade gesagt, das Verkehrsaufkommen und die 800.000 Fahrgäste seien nicht so schlimm; in Wahrheit seien es nur 250.000 Fahrgäste. Ich habe den Eindruck, Sie fahren selten S-Bahn. Ich habe den Eindruck, Sie haben wenig Ahnung.
Wer sich nämlich tatsächlich zu den Stoßzeiten in der Hauptverkehrszeit in der U-Bahn bewegt, stellt fest, dass die Kapazitäten des Münchner S-Bahn-Systems
die Grenzen überschreiten. Sie sagen, das sei alles kein Problem.
Ich habe vor einigen Tagen in der Zeitung gelesen, dass die FDP ein neues Programm habe. Das wurde mit verschiedenen Punkten groß angekündigt. Unter anderem enthält es die Forderung nach Errichtung einer dritten Erstaufnahmeeinrichtung. Können Sie den Widerspruch aufklären, dass Sie hier im Landtag sagen, wir bräuchten diese Einrichtung doch nicht so schnell und so akut, dass Sie aber auf der anderen Seite in Ihrem Programm den Wählerinnen und Wählern im Hinblick auf das Wahljahr 2013 sagen, Sie forderten eine dritte Einrichtung?
Das Gleiche gilt für die Essenspakete. Sie fordern in Ihrem neuen Programm für das Wahljahr 2013 die Abschaffung der Essenspakete. Hier lehnen Sie die entsprechenden Anträge ab. Es nimmt Ihnen jeder ab, liebe Frau Meyer, dass Sie in der Flüchtlingspolitik anders handeln würden, wenn Sie nicht in der Koalition wären. Das ist völlig unstrittig.
Zur Ehrlichkeit gehört aber auch, dass man solche Widersprüche aufklärt. Es geht nicht, auf der einen Seite etwas zu fordern, auf der anderen Seite hier, wenn es um die Entscheidung geht, die Forderung zu relativieren. Vielleicht können Sie das aufklären.
Meine Frage wäre einfacher gewesen, Frau Will. Haben Sie denn vergessen, dass Sie vor der Landtagswahl mit mir zusammen bei einer Podiumsdiskussion in Ebersberg den Wählerinnen und Wählern versprochen haben, dass Sie eine längere gemeinsame Schulzeit und andere Schulmodelle einführen würden? Haben Sie verdrängt, dass in Ihrem Wahlprogramm unter "Bildung" steht, wenn Sie an die Macht kämen, was Sie ja jetzt geschafft haben, würden Sie eine längere gemeinsame Schulzeit realisieren? Sind Sie mit mir einer Mei
nung, dass Sie durch die Verhinderung einer Öffnungsklausel Ihre Wahlversprechen ganz eindeutig brechen?
Sind Sie mit mir auch einer Meinung, dass Sie entgegen Ihren vielen blumigen Redensarten noch keinen Deut Ihrer Versprechungen vor der Landtagswahl bezüglich einer längeren gemeinsamen Schulzeit umgesetzt haben? Und heute setzen Sie dieser ganzen Geschichte noch die Krone auf, indem Sie die einzige Möglichkeit, solche innovativen Schulkonzepte zu realisieren, ablehnen, weil Sie diesen Gesetzentwurf ablehnen, der eine solche Möglichkeit für die Kommunen eröffnen würde.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Kollegin Stamm, Ihre Angriffe auf die Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN sind völlig ungerechtfertigt. Ich muss Frau Bause aber nicht verteidigen.
Was Sie hier abgeliefert haben, war wirklich bemerkenswert.
Sie haben eine Reihe von Allerweltsweisheiten zum Besten gegeben, nämlich die, dass Kinder Liebe und Geborgenheit und Zuverlässigkeit bräuchten. - Jawohl, das brauchen alle Kinder. Glauben Sie denn wirklich, mit Ihrem Betreuungsgeld würden Sie Liebe, Zuverlässigkeit und Geborgenheit ersetzen können? Bestimmt nicht.
Außerdem suggerieren Sie, liebe Frau Kollegin Stamm, dass nur Sie die Liebe und Geborgenheit und Zuverlässigkeit als politisches Ziel gepachtet hätten.