Protokoll der Sitzung vom 07.04.2011

(Beifall bei der SPD)

Es waren nicht hinreichende Veränderungen. Die inhaltlichen Defizite des Etatentwurfs der Staatsregierung sind CSU und FDP bekannt. Diese Fraktionen haben eine Chance vertan, obwohl die Steuermehreinnahmen für 2010 gegenüber der Bekanntgabe des Entwurfs mindestens 600 Millionen Euro betragen und Rückflüsse aus dem Länderfinanzausgleich in Höhe von 430 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

Sie haben nicht die Kraft gehabt, die fundamentalen Schwächen des Haushalts konsequent auszumerzen. Deshalb bleibt die Erkenntnis: Ein Aufbruch Bayerns findet mit diesem Doppelhaushalt 2011/12 definitiv nicht statt.

(Beifall bei der SPD)

Dann gab es Änderungen, die CSU und FDP sprichwörtlich in letzter Sekunde im Entwurf des Doppelhaushalts vorgenommen haben, insbesondere beim Einzelplan 13 und beim Haushaltsgesetz. Diese Fraktionen haben sich wahrscheinlich für den Entwurf der Staatsregierung doch etwas geschämt, aber vor allem auch dafür, dass die Staatsregierung und die Regierungsfraktionen den Entwurf als Aufbruch zelebriert haben, obwohl aus vielen Teilen das Gegenteil spricht.

Gerade diese Änderungen, Herr Kollege Winter, zeigen die Schwächen des Haushalts noch deutlicher, als es jede Oppositionskritik aufzeigen könnte.

Ein wunderbares Beispiel ist der Staatsstraßenhaushalt. CSU und FDP wollten uns doch tatsächlich den Staatsstraßenhaushalt im Entwurf der Staatsregierung als Aufbruch verkaufen. Der Staatsstraßenbau stand im Aufbruchpaket. Die Wahrheit waren aber massive Kürzungen. Diese waren trotz der massiven Finanzierungsprobleme der Straßenbauämter und trotz der mittlerweile Bände füllenden Mahnungen des Obersten Rechnungshofs vorgesehen.

Die Staatsregierung musste zurückrudern. Es ging um 25 Millionen Euro für die Sanierung von Staatsstraßen. Das Geld ist dringend überfällig, und zwar unabhängig davon, ob die Winter streng oder nicht streng sind. CSU und FDP mussten auch zurückrudern bei der Aufstockung von Mitteln um 41 Millionen Euro für 2011.

Aber was passiert 2012? Ich lese immer etwas von einem Doppelhaushalt 2011/12. Was heute beschlossen wird, gilt ja auch für 2012.

Für das nächste Jahr sehen Sie offenbar einen dramatischen Absturz der Finanzierung der Staatsstra

ßen vor. Es ist ein Absturz um 80 Millionen Euro. Sie entfachen ein Strohfeuer für 2011, aber 2012 löschen Sie die Flamme. Das ist inakzeptabel und unseriös.

(Beifall bei der SPD)

Was ist das für eine Haushaltspolitik bei einer zentralen Infrastrukturaufgabe? Hier wird ein Wackelkurs geboten, der seinesgleichen sucht. Wenn der Aufbruch für Bayern so unstetig aussieht, dann gute Nacht!

Der "Dank" der SPD-Fraktion geht an den Innenminister Herrmann für seinen Beitrag zur Ehrlichkeit in diesem Bereich durch sein wunderschönes buntes Faltblatt, das Sie alle kennen. In dem Faltblatt sind die Gesamtausgaben der Staatsbauverwaltung dargestellt. Da gibt es einen Balken für 2011 und einen für 2012.

Nun will man uns erzählen, dass der drastische Rückgang von 2011 nach 2012 für Bayern ein Aufbruch sein soll. Einen Aufbruchshaushalt schaffen Sie noch nicht einmal mit Ihrer wunderbar begnadeten Aufbruchsrhethorik. Den bekommen Sie nicht hin, weil er inhaltlich nicht wahr ist.

(Beifall bei der SPD)

Ich schaue nun auf die Rückseite. Da zeigen Sie den "Mut", zu Ihrem eigenen Haushaltsentwurf zu stehen. Unten sieht man die Balken zur Staatsstraßenfinanzierung. Für 2011 ist ein Balken enthalten. Bei einem Doppelhaushalt 2011/12 muss man doch auch eine Darstellung für 2012 erwarten. Aber das Papier ist plötzlich zu Ende. Der Balken fehlt. Das bedeutet doch: Sie trauen sich noch nicht einmal, ihr Haushaltskonzept für 2012 in den Werbemaßnahmen der Staatsregierung darzustellen. Das ist ein finanzpolitisches und infrastrukturelles Armutszeugnis.

(Beifall bei der SPD)

Es ist auch keine Haushaltspolitik mit Sinn und Verstand, wenn Sie ohne klare Perspektiven und Ausrichtungen - Sie haben von Zielen gesprochen, Herr Kollege Winter - und ohne Planungssicherheit für diejenigen, die sich um die Infrastruktur in diesem Freistaat kümmern müssen, vorgehen.

Was bei den Staatsstraßen passiert, geschieht an vielen anderen zentralen Punkten dieses Doppelhaushalts auch. 2011 finden sich viele Kürzungen und mit Ach und Krach auch manche normale Mittelausstattung. Aber im Jahre 2012 gibt es deutliche Rückschritte, Kürzungen und völlig offene Baustellen.

Fakt ist, Sie haben diesen Doppelhaushalt 2011/2012 in eine Schieflage gebracht. Sie beschließen einen schiefen Doppelhaushalt. Insofern legen Sie in Wirklichkeit nur formal einen Doppelhaushalt vor. Inhaltlich ist das ein Haushalt für das Jahr 2011 mit einem angeschlossenen Fragezeichenhaushalt für 2012. Das ist weder stetig noch verlässlich. Es ist nicht solide; es lähmt die Arbeit der Verwaltung und verunsichert diejenigen, die planen und vorausschauen müssen. Zahlreiche Projekte hängen in der Luft, die Kommunen werden im Ungewissen gelassen, die notwendige Verlässlichkeit für Institutionen und Einrichtungen fehlt. Das ist keine solide Finanzpolitik.

(Beifall bei der SPD)

Ich greife einen weiteren Punkt auf, wo Sie Änderungen vorgenommen haben und da sage ich: Gott sei Dank. Aber man muss dennoch genau hinsehen. Bei der Betreuung von Menschen mit Behinderung haben Sie einen Haushaltsentwurf vorgelegt, den Sie als "Aufbruch Bayern" bezeichnen. Sie haben jedoch Kürzungen vorgenommen bei den dringend notwendigen Versorgungsstrukturen für ältere Behinderte, die nach dem Besuch der Werkstätten eine Betreuungsstruktur brauchen. Das ist eine zentrale Aufgabe. In diesem Bereich hat die Staatsregierung im Entwurf gekürzt; es wurden Mittel gestrichen. Das ist ein sozialer Skandal. So kann man das durchaus nennen. Darüber hinaus haben Sie auch im Behindertenplan die Mittel drastisch gekürzt. Gleichwohl haben Sie diesen Haushaltsentwurf als "Aufbruch" bezeichnet.

Wenn Sie nun für 2011 Mittel für die Versorgungsstruktur vorsehen, weil Sie sich draußen vor Ort mit diesem Haushaltsentwurf sehen lassen wollen und sich nicht dafür schämen wollen, dass Sie von "Aufbruch" sprechen und es dann für das Jahr 2012 in Ihrer eigenen Vorlage heißt, dass diese Mittel künftig wegfallen, frage ich Sie: Was ist das für eine Sozialpolitik? Was für ein Signal ist das für die Behinderten, wenn Sie sagen, 2011 machen wir etwas und 2012 fällt alles wieder weg? Das ist inakzeptabel.

(Beifall bei der SPD)

Das Gleiche gilt für die Baudenkmalpflege. Darüber haben wir schon beim Einzelplan 15 geredet. Auch das ist ein zentraler Punkt dieses Einzelplans. 2011 wird eine Million Euro zusätzlich aufgenommen; das ist auch sinnvoll. 2012 fällt diese Summe wieder weg.

Sie fahren auch hier einen unglaublichen Zickzackkurs. Das Gleiche gilt für die Staatsbibliothek. Ich könnte viele weitere Beispiele bringen, will das aber aus Zeitgründen nicht tun.

Aber man muss da doch fragen, lieber Kollege Winter und weitere Kollegen im Haushaltsausschuss: Wenn wir Änderungsanträge im Ausschuss einbringen, um diese Schieflage zu korrigieren, und wenn wir dringend notwendige Verbesserungen durchsetzen wollen, warum kommt dann immer das ewig gleiche Mantra, wie vorgestanzt "Es geht nicht; wir wollen eine solide Finanzpolitik"? Es wird Zeit, endlich ehrlich zu sein. Sagen Sie doch, dass Sie deshalb so viele Kürzungen im Doppelhaushalt vornehmen und deswegen so viele Maßnahmen und Projekte ablehnen, dass Sie Verbesserungen bei Bildung, Familie und Soziales, Umwelt, Infrastruktur und Wissenschaft, Kultur und Ehrenamt ablehnen, nicht weil Sie eine solide Finanzpolitik machen wollen, sondern weil Sie Haushaltsprobleme haben, die das Ergebnis der von Ihnen betriebenen unsoliden Finanzpolitik sind.

(Beifall bei der SPD)

Diese unsolide Finanzpolitik ist der Grund, warum Sie in der eben geschilderten Art und Weise agieren.

Ich komme nun zum Thema Landesbank. Dieses Thema ist auch schon gestreift worden. Es ist dies eine massive, gravierende Belastung der Haushalte der kommenden Jahre. Ich halte es für Chuzpe - eigentlich könnte man schon von Frechheit sprechen -, wenn uns Georg Schmid von der CSU, Verwaltungsrat a. D. der Landesbank, hier vorrechnet, dass unsere Änderungsanträge 330 Millionen Euro mehr kosten würden. Sie, Herr Schmid, haben durch Ihr dokumentiertes Verschulden bei der Landesbank einen Schaden für den Freistaat Bayern von mehr als 3,75 Milliarden Euro zu verantworten. Insgesamt ist es ein Schaden von 10 Milliarden; die Zinsen betragen 372 Millionen Euro im Jahre 2011 und 384 Millionen Euro im Jahre 2012. Da wollen Sie uns vorhalten, dass unsere Vorschläge im Umfang von 330 Millionen Euro unsolide sind.

(Georg Schmid (CSU): Sie müssen sich schon genau ansehen, um was es geht!)

Ihre Finanzpolitik der Vergangenheit ist unsolide und darunter sollen die Menschen in Bayern nach Ihrer Auffassung jetzt leiden.

(Beifall bei der SPD)

Seien Sie in Zukunft ehrlich, lassen Sie allen Popanz weg, reden Sie nicht von solider Finanzpolitik, sondern sagen Sie einfach: Wir haben bei der Landesbank massiv Fehler gemacht. Deshalb können wir jetzt beispielsweise bei den Lebensmittelkontrollen und auch bei den Waffenkontrollen nur das Notwendigste durchziehen. Sagen Sie, dass Sie wegen der Landesbank die längst überfälligen Verbesserungen

für den überlasteten Justizbereich nicht tätigen können. Mehr Richter, Staatsanwälte, Rechtspfleger und Justizvollzugsbeamte sind nicht möglich. Sagen Sie, dass die Kommunen aufgrund des Landesbankdebakels bei der Krankenhausfinanzierung massive Kürzungen hinnehmen müssen, und sagen Sie, dass die Bezirke wegen der Landesbank mit den steigenden Anforderungen bei der Fürsorge für die Behinderten allein gelassen sind. Das wäre haushaltspolitische Ehrlichkeit.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie den Firlefanz mit der soliden Finanzpolitik weg und sagen Sie, woran das Debakel außerdem noch liegt, nämlich an Ihrer Steuerpolitik. Ich nenne da nur das "Wachstumsbeschleunigungsgesetz". Ich lasse die Bereiche Kinderfreibetrag und Kindergeld weg und ich nenne lediglich das Hotelsteuerprivileg, von dem sich mittlerweile auch die bayerische FDPVorsitzende distanziert, weil sie das offensichtlich genauso sieht wie wir. 90 Millionen Euro pro Jahr Vergünstigung für Erben, 180 Millionen Euro pro Jahr Vergünstigungen für bestimmte Unternehmen! Sagen Sie ehrlich, dass Sie wegen Ihrer eigenen Steuerpolitik, Ihres "Wachstumsbeschleunigungsgesetzes" beispielsweise faktisch keine zusätzlichen Lehrer an die Schulen bringen können, dass Sie wegen dieser Steuerpolitik die Schulsozialarbeit nicht ausweiten können und dass Sie wegen dieser Steuerpolitik die Jugendarbeitsmittel kürzen müssen wie auch die Mittel für Sportvereine und Ähnliches. Wenn Sie sich dazu bekennen, ist das ein Beitrag zur Ehrlichkeit in diesem Hohen Hause.

(Beifall bei der SPD)

Ich könnte das gleiche Spiel bei der Wohnraumförderung, bei der Städtebauförderung, bei den Mitteln für die Staatsstraßen und beim Bereich Soziales machen. Es ist ein Eiertanz ebenso wie bei den Altenpflegeschulen oder bei der Umsetzung der UN-Konvention im Sozialhaushalt. Auch das kostenfreie Kindergartenjahr gehört zu den Punkten. Sagen Sie doch, dass wir das in Zukunft nicht mehr machen können, weil Sie bei Ihrer Steuerpolitik Fehler gemacht haben, sodass das alles nicht mehr solide zu finanzieren ist. Seien Sie doch bitte irgendwann einmal ehrlich in diesen Punkten.

(Beifall bei der SPD)

Auch wenn der Finanzminister beim nächsten Thema immer etwas rudert und laut wird, weil es ein wunder Punkt der bayerischen Politik ist, sollten Sie ehrlich sagen, dass Sie wegen der schlechten Personalausstattung bei den Finanzämtern Steuerausfälle von mindestens 500 Millionen Euro pro Jahr haben.

Sagen Sie es ehrlich und sagen Sie dann auch, dass Sie aus diesem Grund im Umweltbereich die Einstellung des Klimaprogramms 2020 bereits ins Jahr 2011 vorgezogen haben. Es sollte bis zum Jahre 2020 laufen! Ihr Klimaprogramm 2020 endet damit im Jahre 2011, und für 2012 sehen Sie praktisch keinen einzigen Cent mehr dafür vor. Das ist inakzeptabel.

(Beifall bei der SPD)

Wenn der Umweltminister heute einen Beitrag zur Energiepolitik liefert, dann muss man feststellen, dass sein Beitrag im Augenblick Dampfplauderei und heiße Luft ist.

(Christa Naaß (SPD): Immer!)

In diesem Doppelhaushalt - Zeit genug hätten wir dafür gehabt - findet sich zur Energiewende kein einziger zusätzlicher Cent. Im Gegenteil wurden die Mittel für die Energiewende, die Sie ja an anderer Stelle propagieren, gestrichen. Es findet sich in keiner Form etwas von finanzpolitischer Glaubwürdigkeit. Auch das ist inakzeptabel.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte Ihnen anhand des heutigen Pressespiegels des Bayerischen Landtages zeigen, wie die CSU-Fraktion vorgeht. Auf der Seite 5 ist zu lesen "Kein zusätzliches Geld für Abschied von Atomkraft" das hatten wir in der Plenardebatte gemeinsam diskutiert und auf der Rückseite ist zu lesen: "CSU fordert Milliarden".

(Heiterkeit)

Wunderbar! Das ist Ihre Vorgehensweise. Mit dem Finger auf Berlin zeigen, sich im Land aber dagegen wehren, dass man nach einer solchen Katastrophe und nach klaren verbalen Äußerungen auch nur einen einzigen Cent für die Energiewende in Bayern in diesen Doppelhaushalt einstellt.