Ich möchte noch kurz auf Asylbewerber eingehen. Frau Weikert, es sind keine Vorurteile, wenn ich sage, dass zwei Drittel der Antragsteller, die einen Asylantrag stellen, unsere Gastfreundschaft ausnutzen. Das sind ganz harte Zahlen des Bundesamtes. Mehr haben die Anerkennung 2010 halt nicht bekommen. Das können Sie in jeder Statistik nachlesen. Dieses Recht und Gesetz und die Vorgaben, wem ein Asylrecht zusteht und wem nicht, sind nicht unter Schwarz-Gelb entstanden, sondern unter Rot-Grün. Insofern, meine ich, kann man uns nicht vorwerfen, dass wir das genau beachten und diejenigen, die ein Recht haben, bei uns zu sein, mit allen Sozialleistungen ausstatten und an sämtlichen Integrationsmaßnahmen teilhaben lassen - aber eben nicht diejenigen, denen dieses Recht nicht zusteht.
Ich möchte noch auf die Frage des Integrationsbeauftragten und des Integrationsrates eingehen. Natürlich haben sie beratende Funktionen. Sie haben hier keine Vorschläge gemacht, wie Sie das anders ausgestalten wollen. Ich habe von Ihnen auch nicht gehört, dass Sie der Meinung sind, dass sie die gleiche Funktion wie ein demokratisch legitimiertes Parlament haben sollten. Damit hätte ich, ehrlich gesagt, meine Probleme; denn Abgeordnete sind demokratisch legitimiert, aber Beratungsgremien, derer wir uns bedienen, können und sollen sehr fruchtbar beraten - und sie tun das auch. Aber es muss immer noch Sache des Parlaments sein, was dann tatsächlich in der Politik umgesetzt wird.
Meine Kolleginnen und Kollegen, ich möchte zum Schluss noch auf das Thema "Menschen mit Migrationshintergrund, die älter werden" eingehen und dazu eines deutlich machen: Wir haben gerade bei Familien mit Migrationshintergrund noch ganz andere Familienzusammenhänge und -zusammenhalte, als dies oft in der Gesellschaft ohne Migrationshintergrund der Fall ist. Daran liegt es häufig, dass bestimmte Einrichtungen noch nicht in dieser Weise in Anspruch genommen werden. Das heißt, auch dort stellt sich letztendlich die Frage: Wie gehe ich mit einer Pflegesituation usw. nach den Wünschen der Betroffenen um? Wenn es dort eine Kultur gibt, die noch sehr viel stärker auf die Familienleistung, auf den Fa
milienzusammenhalt baut, dann halte ich das per se für nichts Negatives, sondern wir müssen miteinander sehr sensibel die Bedarfe sehen, die sich entwickeln.
Ich möchte noch anfügen, da es immer wieder Irritationen gibt, dass wir sehr wohl kein Einwanderungsland sind; denn Einwanderungsländer sind nach der Definition der Bevölkerungsspezialisten jene, die wie Kanada mit positiven Kriterien sagen, wer zu ihnen kommen darf. Das tun wir nicht, sondern wir sagen, jeder darf zu uns kommen - mit Ausnahmen -, und wir sagen in unseren derzeitigen Zuwanderungsregelungen auch, wer nicht kommen sollte. Das heißt, man könnte uns eher als ein Zuwanderungsland bezeichnen. Ein Einwanderungsland sind wir nicht. Ich sage lieber: Wir sind ein Integrationsland. Mir geht es darum, dass sich alle Menschen, die bei uns leben, in unsere Gesellschaft einbringen können.
Zum Schluss folgender Gedanke: Es wäre schön, wenn die Opposition in diesem Haus Menschen mit Migrationshintergrund auch als Leistungsträger wahrnehmen würde. Man darf nicht alle Menschen mit Migrationshintergrund über einen Kamm scheren und damit den Eindruck erwecken, als ob sie generell nicht bereit seien, sich bei uns einzubringen.
Wenn Sie das behaupten, dann ist das unerträglich für diejenigen, die ihrer Verantwortung nachkommen. Wenn Sie mit gut integrierten Menschen reden würden - ich weiß, dass das nicht Ihre Klientel ist -, dann wüssten Sie, was sie fordern: Die Politik soll von denjenigen, die sich nicht integrieren, genau diese Integration noch viel konsequenter einfordern; sonst sind die eigenen Anstrengungen völlig umsonst gewesen. Eine solche Einstellung müssen wir honorieren.
Vielen Dank. Bitte bleiben Sie noch vorn; wir haben noch die Zwischenbemerkung der Kollegin Kamm abzuarbeiten. Frau Kollegin Kamm, ich erteile Ihnen das Wort.
Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie haben gesagt, die bayerische Integrationspolitik funktioniere gut. Ich stelle fest: Sie funktioniert trotz der ideologischen Ausrichtung der Staatsregierung gut, und zwar vor allen Dingen - Sie haben es schon gesagt - in den Städten München, Augsburg und Nürnberg. Dort, wo sie gut funktioniert, liegt das aber nicht an den Maßnahmen der Bayerischen Staatsregierung, sondern am Engagement der Kommunen und der ehrenamtlich Tätigen.
Es liegt auch an EU-Projekten sowie am Engagement der Migrationsvereine und der Ausländervereine selbst, die Großes leisten.
Wenn die Kinder mehr als anderswo Kindertagesstätten besuchen, dann ist das auf das große Engagement der zum Beispiel in Augsburg über 80 zumeist ehrenamtlich tätigen Stadtteilmütter zurückzuführen, nicht aber auf das Engagement der Bayerischen Staatsregierung.
Gestern in Schleißheim waren beim Sommerempfang auch Bürger zu Gast, die seit Jahren Woche für Woche ehrenamtlich Deutschkurse für Menschen in Flüchtlingsunterkünften geben; die dort Lebenden haben leider keinen Anspruch auf Integrationskurse. Aber auch, wenn Kurse ehrenamtlich angeboten werden sollen, sind bestimmte Mittel notwendig, zum Beispiel für die Deckung der Raumkosten. Das entsprechende Projekt ist ab September dieses Jahres gefährdet, weil die Folgefinanzierung fehlt. Dauernd werden gute Einrichtungen ausgebremst. Die Schwierigkeiten, Maßnahmen kontinuierlich durchzuführen, sind unendlich groß. Von den ehrenamtlich Tätigen wird insofern viel gefordert. Die bayerische Integrationspolitik hat noch viel zu tun.
Frau Ministerin, wenn Sie den Umstand, dass Alteneinrichtungen von Migranten im Wesentlichen nicht genutzt werden, allein mit der Kultur der Betroffenen erklären, dann ist das nicht die ganze Wahrheit. Teilweise muss sich auch die Kultur der Einrichtungen ändern, auch sie haben ihren Beitrag zu leisten.
Wir bedauern es außerordentlich, dass Sie in Ihrem Vortrag alle Ausländerinnen und Ausländer über einen Kamm geschoren haben. Fakten zu den Integrationsbemühungen der Staatsregierung haben leider gefehlt.
Ich hätte zwar meine komplette Regierungserklärung noch einmal vortragen können, gehe aber davon aus, dass jeder hier im Saal die geistige Kapazität hat, sich an das zu erinnern, was ich im November letzten Jahres an dieser Stelle gesagt habe.
milie gepflegt werden wollen. Ich würde mir das auch wünschen und kann daran nichts Negatives erkennen. Warum soll es negativ sein, wenn auch Menschen mit Migrationshintergrund diesen Wunsch äußern?
Frau Kamm, Sie haben die Städte gelobt. Leider fehlen in München und Nürnberg massenweise Krippen-, Kindergarten- und Hortplätze,
sodass gerade dort Kinder mit Migrationshintergrund nicht so gut an den Chancen teilhaben können wie in anderen Großstädten Bayerns.
Es ist richtig, dass wir für Kinder mit zwei ausländischen Elternteilen die Förderhöhe um ein Drittel erhöht haben. Warum begrenzen wir das auf diese Kinder? Wenn ein Elternteil deutschsprachig ist und die Familie in Deutschland lebt, dann kann ich wohl davon ausgehen, dass in diesen Familien Deutsch gesprochen wird. Hoher Integrationsbedarf besteht doch gerade dann, wenn beide Elternteile ausländischer Herkunft sind.
In dem Lob der Kommunen und der niederschwelligen Angebote sind wir uns einig. Das widerspricht übrigens nicht meinen Äußerungen. Wir wollen bewusst kein staatlich oktroyiertes Programm. Wir brauchen insoweit keine einheitliche bayerische Förderrichtlinie, auf deren Grundlage sich dann alle engagieren. Wir fördern spezifisch das, was vor Ort entsteht. Ich halte unseren Ansatz für deutlich besser geeignet als Ihre Vorschläge.
Zum Schluss eine Anmerkung zu den Deutschkursen für diejenigen, die Sie "Flüchtlinge" nennen - ich nenne sie "nicht anerkannte Asylbewerber" -: Es ist nur begrenzt sinnvoll, jemandem, der kein Bleiberecht hat, Deutschkurse zu verpassen.
Frau Haderthauer, geben Sie mir recht, wenn ich sage, dass in München der Betreuungsbedarf gerade bei Kindern von null bis drei Jahren - nicht von eins bis drei Jahren - wesentlich höher ist als anderswo und dass hier der gesetzliche Anspruch schon mit der Tagespflege erfüllt ist, im gesamten Land Bayern aber nicht? Die Staatsregierung erfüllt nicht den gesetzlichen Anspruch!
Geben Sie mir ferner recht, wenn ich sage, dass der Freistaat in jedem Jahr 180 Millionen Euro Schulkostenersatz nicht zahlt?
Geben Sie mir schließlich recht, wenn ich sage, dass Sie erst seit einigen Jahren überhaupt Geld für die Krippen- und die Hortbetreuung zur Verfügung stellen? Die Mittel sind erst in den vergangenen Jahren aufgestockt worden.
Wenn Sie München und Nürnberg eine Schuld zuweisen, dann weise ich darauf hin, dass Sie sehr wohl Ihren Anteil an der Situation haben. Der Bedarf in München liegt wesentlich höher. Von daher sind nicht genügend Plätze da, nicht aber, weil die Quote so niedrig wäre.
Erstens. Die Bedingungen - vor einigen Jahren waren es noch andere - gelten für ganz Bayern. Es trifft nicht zu, dass München oder Nürnberg selektiv schlechtere Förderbedingungen hatten.
Zweitens. Natürlich ist der Bedarf in Großstädten höher. Wenn man jedoch mit einem Rucksack an Altlasten auf neue Bedarfslagen reagieren soll und seit Jahren über 5.000 Kindergartenplätze fehlen, dann wird es schwieriger, mit den Krippenplätzen hinterherzukommen. Das ist in München nun einmal der Fall.
Rechnen wir München heraus, stellen wir fest, dass die Bedarfsdeckung in Bayern schon bald erreicht wäre.
Ende des Jahres hatten wir, bezogen auf den Freistaat, eine Bedarfsdeckung von 29 %. Ohne die in München fehlenden Plätze hätten wir den angestrebten Anteil schon erreicht.
Gleiches gilt für die Hortplätze. Ich stelle fest: Durch alle Altersgruppen hindurch fehlen in den bayerischen Großstädten, die sozialdemokratisch regiert sind, flächendeckend Betreuungsplätze.
Weitere Zwischenbemerkungen sehe ich nicht. - Damit ist die Aussprache geschlossen und dieser Tagesordnungspunkt erledigt.
Antrag der Abgeordneten Georg Schmid, Alexander König und Fraktion (CSU) , Markus Rinderspacher, Harald Güller und Fraktion (SPD) , Thomas Hacker, Tobias Thalhammer und Fraktion (FDP) Einsetzung einer Kommission zur parlamentarischen Begleitung der Energiewende in Bayern (Drs. 16/9117)